:: 11/2015

Der mittlere Bildungsabschluss wird auch künftig der häufigste sein

Aktualisierte Modellrechnung zur Entwicklung der Schulabsolventenzahlen bis 2025

Die Entwicklung der Absolventenzahlen wird nicht nur von den demografischen Rahmenbedingungen bestimmt, sondern auch von bildungspolitischen Weichenstellungen. In der Modellrechnung kommt dies insbesondere bei den mittleren Schulabschlüssen zur Geltung. Hier wirken sich mit der Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, dem Ausbau der Gemeinschaftsschulen und der Einführung des regulären Erwerbs des Hauptschulabschlusses an Realschulen mehrere Änderungen im Schulsystem aus. Dennoch bleibt eines konstant: Der mittlere Bildungsabschluss wird auch künftig der Abschluss sein, der in Baden‑Württemberg am häufigsten erworben wird.

Für das Jahr 2025 ergibt die Modellrechnung 58 400 mittlere Abschlüsse, 46 900 Hochschul- und 18 200 Fachhochschulreifezeugnisse sowie 21 100 Hauptschulabschlüsse. 3 800 Jugendliche würden die Schulen nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht ohne Hauptschulabschluss verlassen.

Die Zuwanderung und die Veränderungen in der Schullandschaft Baden‑Württembergs werden nicht nur die künftige Entwicklung der Schüler-, sondern auch der Absolventenzahlen beeinflussen. Auf Basis der aktuellen Modellrechnung der Schülerzahlen1 hat das Statistische Landesamt daher eine Modellrechnung zur Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen bis 2025 durchgeführt.

Die Methodik folgt dabei weitgehend dem in der Vergangenheit bereits verwendeten Verfahren. Hierbei werden für die relevanten Klassenstufen aller Schularten Abschlussquoten für die jeweiligen Abschlüsse ermittelt. Da bei beruflichen Schulen auch Bildungsgänge unterschiedlicher Dauer zu einer Gruppe zusammengefasst werden, beziehen sich die Quoten in diesen Fällen auf die Schülerzahlen mehrerer Klassenstufen. Aus den Ergebnissen der Modellrechnung der Schülerzahlen und diesen Quoten ergeben sich dann die entsprechenden Absolventenzahlen für die einzelnen Abschlussarten.2

Über 30 % der allgemeinbildenden Abschlüsse an beruflichen Schulen erworben

Im Jahr 2014 hatten in Baden‑Württemberg 113 535 Schülerinnen und Schüler eine allgemeinbildende Schule nach dem Erwerb des Hauptschulabschlusses, des Realschulabschlusses oder einer Hochschulzugangsberechtigung verlassen. 5 868 Jugendliche waren abgegangen, ohne den Hauptschulabschluss erreicht zu haben. Von diesen hatten 2 304 den Abschluss der Förderschule und 1 044 den Abschluss der Schule für Geistigbehinderte erworben und somit das jeweilige Bildungsziel des von ihnen besuchten Bildungsgangs erreicht. Nur 2 524 Jugendliche hatten somit eine allgemeinbildende Schule nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht ohne einen Abschluss verlassen.

Auch an den beruflichen Schulen können die Schülerinnen und Schüler einen allgemeinbildenden Abschluss erwerben. Im Jahr 2014 hatten 51 570 Absolventinnen und Absolventen dieses Ziel erreicht. Damit wurden mehr als 30 % der Zeugnisse für einen allgemeinbildenden Abschluss von einer beruflichen Schule ausgestellt. Allerdings steht bei den meisten Bildungsgängen an beruflichen Schulen nicht der Erwerb eines allgemeinbildenden Abschlusses im Vordergrund, sondern die Vermittlung berufsbezogener Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Gesamtzahl der erfolgreichen Abschlüsse eines Bildungsgangs an einer beruflichen Schule lag daher mit 159 963 weit über der Zahl der allgemeinbildenden Abschlüsse. Gut 82 % aller Abgänge von beruflichen Schulen waren mit einem erfolgreichen Abschluss des Bildungsgangs verbunden.

Zahl der Hochschulzugangsberechtigungen bleibt auf hohem Niveau

Im Jahr 2014 hatten an den allgemeinbildenden Schulen 33 531 Absolventinnen und Absolventen die Hochschulreife erworben. Stärker besetzte Schülerjahrgänge ergeben bei den allgemeinbildenden Gymnasien voraussichtlich bis 2018 Absolventenzahlen, die über diesem Wert liegen. Der Höhepunkt dürfte bereits beim Abitur 2015 erreicht worden sein. In der Modellrechnung ergeben sich für dieses Jahr 35 200 Hochschulreifezeugnisse. Von 2020 bleibt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulreife bis 2025 beständig auf einem hohen Niveau bei Werten zwischen 30 000 und 31 000. Die Marke von 30 000 Hochschulreifezeugnissen an allgemeinbildenden Schulen war in Baden‑Württemberg erstmals im Jahr 2007 überschritten worden.

Der in den letzten Jahren erfolgte Ausbau der beruflichen Gymnasien führt zunächst zu weiter steigenden Abiturientenzahlen im Bereich der beruflichen Schulen. Ausgehend von den 16 992 Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulreife im Jahr 2014 ergibt die Modellrechnung – einschließlich der Berufsoberschulen – einen Anstieg der Absolventenzahlen um über 12 % auf 19 100 im Jahr 2017. Im weiteren Verlauf bis 2025 könnte die Zahl der an beruflichen Schulen erworbenen Hochschulreifezeugnisse dann wieder mit 16 600 in etwa wieder das 2013 und 2014 erreichte Niveau annehmen.

Die Gesamtzahl der Hochschulreifezeugnisse würde nach den Ergebnissen der Modellrechnung bis 2016 auf 53 700 ansteigen. Dies wären gut 6 % mehr als die 50 523 Absolventinnen und Absolventen mit Hochschulreife im Jahr 2014. Erst ab 2020 läge die Zahl der Hochschulreifezeugnisse im Land wieder unter 50 000.

Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit Fachhochschulreife könnte zunächst noch das derzeitige Niveau von rund 20 000 in etwa halten. Bis 2025 dürfte diese Zahl auf 18 200 absinken. Dies wären knapp 10 % weniger als im Jahr 2014.

Mit dem Zeugnis der Fachhochschul- oder der Hochschulreife hatten im Jahr 2014 insgesamt 70 670 Absolventinnen und Absolventen eine Hochschulzugangsberechtigung erhalten. Der Höhepunkt der Entwicklung läge im Modellrechnungszeitraum im Jahr 2016 bei einem Wert von 73 900 und damit knapp 5 % über der 2014 verzeichneten Zahl. Seit 2011 lag die Zahl der Hochschulzugangsberechtigungen beständig über 70 000. Nach den Ergebnissen der Modellrechnung würde diese Marke ab 2020 wieder unterschritten. Im Jahr 2025 wird mit 65 100 Hochschulzugangsberechtigungen gerechnet – rund 8 % weniger als 2014.

Bildungspolitische Weichenstellungen wirken sich auf die Zahl der mittleren Abschlüsse aus

Der erste Absolventenjahrgang der Werkrealschule neuer Art führte 2013 zu einem sprunghaften Anstieg der Absolventenzahl mit mittlerem Abschluss. Der damit verbundene Rückgang der Absolventenzahl mit Hauptschulabschluss führte 2014 dazu, dass die Zahl der – überwiegend an 2-jährigen Berufsfachschulen erworbenen – Fachschulreifezeugnisse absank. Dadurch ging die Gesamtzahl der an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen erworbenen mittleren Abschlüsse von 2013 auf 2014 um gut 1 000 auf 68 496 zurück. Der mittlere Bildungsabschluss blieb aber – mit Ausnahme des Jahres 2012, in dem wegen des »doppelte« Abiturjahrgangs die Hochschulreife vorne lag – mit deutlichem Abstand der am häufigsten erworbene Abschluss.

Die weitere Entwicklung der Zahl der mittleren Abschlüsse weist markante Sprünge auf, die nicht allein durch die demografische Entwicklung erklärbar sind. Diese Sprünge betreffen in erster Linie die Absolventenzahlen der allgemeinbildenden Schulen. In den Jahren bis 2017 sinkt die Zahl der Realschulabschlüsse an allgemeinbildenden Schulen ausgehend von 57 043 im Jahr 2014 recht gleichmäßig auf 53 500. Hier schlagen sich schwächer besetzte Abschlussjahrgänge nieder. Von 2017 auf 2018 sinkt die Zahl der Realschulabschlüsse allerdings um 2 700 und damit deutlich stärker als in den Jahren zuvor. Dies ist eine Folge der Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung vor dem Schuljahr 2012/13. Damals ging die Übergangsquote auf die Werkreal- und Hauptschulen von 23,7 % auf 15,8 % zurück. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der 5. Klassenstufe lag somit um knapp 9 400 unter dem Vorjahreswert. 6 Jahre später ergibt sich hieraus ein entsprechend dünner besetzter Abgangsjahrgang aus Klassenstufe 10. Der noch schwach besetzte erste Jahrgang der 10. Klassenstufe an den Gemeinschaftsschulen kann den Effekt, der sich hieraus und aus der demografischen Entwicklung an den Realschulen ergibt, nicht ausgleichen.

In den Jahren 2019 und 2020 wird dagegen jeweils mit einem Anstieg der Zahl der mittleren Abschlüsse um 1 100 bzw. 600 gerechnet. In diesen Jahren können die nun stärkeren Jahrgänge der 10. Klassenstufe an den Gemeinschaftsschulen den weiteren Rückgang der mittleren Abschlüsse an den Werkreal- und Hauptschulen und an den Realschulen mehr als ausgleichen.

Im Jahr 2021 weist die Modellrechnung wieder einen starken Rückgang um 2 300 auf dann 49 500 mittlere Abschlüsse aus, womit die Marke von 50 000 Abschlüssen unterschritten würde. Die Ursache für diesen Einschnitt ist die zum Schuljahr 2015/16 beschlossene Einführung der Möglichkeit, in Klassenstufe 9 der Realschulen regulär den Hauptschulabschluss erwerben zu können. Damit kann 2020 erstmals direkt an den Realschulen die Hauptschulabschlussprüfung absolviert werden. Da hierzu natürlich noch keine Erfahrungswerte vorliegen können, wurde in Absprache mit dem Kultusministerium angenommen, dass die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die mit einer Grundschulempfehlung für die Werkreal- und Hauptschule an eine Realschule gewechselt sind, diese Möglichkeit wahrnehmen. Nach den aktuell vorliegenden Daten für den Übergang auf die weiterführenden Schulen zum Schuljahr 2014/15 besaßen 23,5 % der Schülerinnen und Schüler, die von der Grundschule auf eine Realschule gewechselt sind, eine Empfehlung zum Besuch einer Werkreal- und Hauptschule. Die Schülerinnen und Schüler, die künftig in Klassenstufe 9 mit Hauptschulabschluss abgehen, können demzufolge im nächsten Jahr nicht den Realschulabschluss erwerben. Dies ist die Erklärung für den berechneten Rückgang im Jahr 2021. Ob die getroffene Annahme realistisch war, wird sich allerdings erst in der Zukunft herausstellen.

In den folgenden Jahren bleiben die Ergebnisse der Modellrechnung bei Werten um 50 000. Dies ist zum einen auf eine stabilere zahlenmäßige Besetzung der Schülerjahrgänge an den Realschulen und zum anderen auf die Auswirkungen des angenommenen Ausbaus der Gemeinschaftsschulen in den kommenden Jahren zurückzuführen. Zusammen mit den Absolventinnen und Absolventen der beruflichen Schulen ergibt die Modellrechnung für 2025 insgesamt 58 400 mittlere Abschlüsse – fast 15 % weniger als 2014. Dennoch bleibt der mittlere Abschluss in jedem Jahr der am häufigsten erworbene.

Zahl der Hauptschulabschlüsse könnte sich auf niedrigerem Niveau stabilisieren

Nach dem leichten Anstieg im Jahr 2013 war 2014 an den allgemeinbildenden Schulen mit 22 673 wieder ein spürbarer Rückgang der Zahl an Hauptschulabschlüssen festzustellen. Ausgehend von diesem Stand dürfte ihre Zahl in den nächsten beiden Jahren relativ konstant bleiben, bevor sich bis 2019 ein deutlicher Abwärtstrend bis auf 16 800 Hauptschulabschlüsse durchsetzt. Dieser ist auf die bereits oben angesprochene stark gesunkene Zahl der Wechsel von Grundschülerinnen und -schülern in die Werkreal- und Hauptschulen zum Schuljahr 2012/13 nach Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung zurückzuführen.

Die oben beschriebene Möglichkeit des Erwerbs des Hauptschulabschlusses an Realschulen ergibt annahmegemäß im Schuljahr 2020 einen deutlichen Anstieg der Hauptschulabschlüsse an allgemeinbildenden Schulen um 2 900 auf 19 700. Dieses Niveau dürfte im weiteren Verlauf bis 2025 nicht ganz gehalten werden können, mit 18 400 läge die Zahl der Hauptschulabschlüsse aber immer noch deutlich über dem für 2019 erwarteten Wert. Von diesen Abschlüssen würde gemäß den Annahmen der Modellrechnung 2025 nur noch etwa ein Drittel an einer Werkreal- und Hauptschule erworben werden. Rund ein Viertel der Zeugnisse würde von einer Gemeinschaftsschule ausgestellt werden und ein Fünftel von einer Realschule. Die übrigen Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss würden von anderen Schularten abgehen.

An beruflichen Schulen wird die überwiegende Zahl der Hauptschulabschlüsse im Rahmen des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf (VAB) erworben. Da die Zahl der Abgänge ohne Hauptschulabschluss von allgemeinbildenden Schulen in den letzten Jahren abgenommen hat, sank auch die Zahl der nachträglich an beruflichen Schulen erreichten Hauptschulabschlüsse. Der Anstieg der Schülerzahl im VAB aufgrund der verstärkten Zuwanderung dürfte diesen Trend vorübergehend stoppen, auch wenn in den hierfür eingerichteten Klassen sicher der Erwerb von Deutschkenntnissen Vorrang hat und der Hauptschulabschluss in den meisten Fällen zunächst nicht das Ziel sein dürfte. Gegen Ende des Modellrechnungszeitraums würde die Zahl der an beruflichen Schulen erworbenen Hauptschulabschlüsse annahmegemäß auf 2 700 zurückgehen.

Die Gesamtzahl der Hauptschulabschlüsse lag 2014 bei 25 939. Mit den von den Entwicklungen an den allgemeinbildenden Schulen bestimmten Schwankungen könnte die Gesamtzahl der Hauptschulabschlüsse bis 2025 auf 21 100 zurückgehen und läge damit um knapp 19 % unter dem Wert des Jahres 2014.

In den zurückliegenden Jahren wies die Zahl der Schulabgänge ohne Hauptschulabschluss eine sinkende Tendenz auf. Im Jahr 2014 hatten 5 868 Jugendliche die allgemeinbildenden Schulen nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht verlassen, ohne einen Hauptschulabschluss erworben zu haben. Nach den Ergebnissen der Modellrechnung würde die Zahl der Abgänge ohne Hauptschulabschluss weiter absinken und 2025 mit 3 800 um mehr als ein Drittel niedriger liegen als im Jahr 2014.

Laufende Aktualisierung der Modellrechnung weiterhin notwendig

Wie bereits die letzte, im Jahr 2014 veröffentlichte Modellrechnung3 beruht diese Modellrechnung – ebenso wie die im letzten Statistischen Monatsheft dargestellte Modellrechnung der Schülerzahlen – stärker auf Annahmen, die sich nicht allein auf Erfahrungswerte zurückliegender Schuljahre stützen, als die früheren Vorausrechnungen des Statistischen Landesamtes. Im Vergleich zur letzten Modellrechnung liegen zwar mehr Erfahrungen in Bezug auf manche Neuerungen vor. Allerdings haben sich durch die Entwicklung der Zuwanderung nach Baden‑Württemberg, durch die Umsetzung der inklusiven Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit festgestelltem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot sowie durch die Eröffnung der Möglichkeit zum Erwerb des Hauptschulabschlusses an Realschulen neue Aspekte ergeben, die keinen Rückgriff auf Erfahrungswerte erlauben. Daher erscheint es weiterhin erforderlich, die Modellrechnungen zur Entwicklung von Schüler- und Schulabsolventenzahlen jährlich nach Vorliegen der Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik zu aktualisieren.

Auch wenn die hier vorgelegten Ergebnisse mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren sind, können sie dennoch Hinweise auf künftige Entwicklungslinien geben. Im Detail mögen die Ergebnisse durch die laufende Aktualisierung und vor allem durch die Realität bald überholt sein. Dennoch verdeutlicht diese Modellrechnung nach heutigem Kenntnisstand die Grundzüge der künftigen Entwicklung und die Konsequenzen von aktuellen Gegebenheiten.