:: 11/2015

Direktinvestitionen in und aus Baden‑Württemberg

Die Globalisierung der Märkte, nicht zuletzt begünstigt durch Innovationen bei den Informations- und Kommunikationstechnologien und im Logistikbereich, schreitet immer weiter voran. Im Zuge dessen steigt auch die Bedeutung der Direktinvestitionen, das heißt der Kapitalbeteiligung von Unternehmen im Ausland. Zwar spielt der Export für die baden-württembergische Wirtschaft nach wie vor eine große Rolle, anhand der Direktinvestitionsquote von gut 44 % zeigt sich aber, dass auch Investoren aus Baden‑Württemberg im bundesweiten Vergleich relativ stark im Ausland engagiert sind. Auf der anderen Seite fallen Investitionen aus dem Ausland in Baden‑Württemberg mit einer Quote von nur knapp 9 % unterdurchschnittlich aus.

Die Gründe, neben dem Export an Waren und Dienstleistungen auch Investitionen direkt im Ausland vorzunehmen, können vielseitig sein. So könnte die Markterschließung ein Beweggrund sein, ebenso aber auch die Vermeidung von Importbarrieren und die Verkürzung von Transportwegen. Ausschlaggebend kann auch die Rohstoffsicherung sein, wenn Unternehmen besonders auf natürliche Ressourcen angewiesen sind und diese günstiger und verlässlicher erhalten, indem sie Unternehmen gründen oder übernehmen, welche sich in ressourcenreichen Gegenden befinden. Um Zugang zu hochentwickelten Technologien und Fertigkeiten zu erlangen, werden oftmals auch Investitionen in Ländern vorgenommen, die eine hohe Qualität an wissenschaftlicher und technologischer Infrastruktur aufweisen und zudem eine hohe Verfügbarkeit an gut ausgebildeten Fachkräften haben.1 Die dadurch entstehenden Spill-Over-Effekte können so auch für das inländische Mutterunternehmen genutzt werden. Die Entscheidung für eine Direktinvestition in einem bestimmten Land wird nicht zuletzt auch von den jeweiligen gesetzlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen und vom Zustand und Umfang der Infrastruktur beeinflusst. Die ausländische Direktinvestition kann in Form von Übernahmen und Fusionen, aber auch als Neugründung von Niederlassungen und Tochterunternehmen sowie als Kapitalerhöhung bzw. -beteiligung in bestehenden Unternehmen erfolgen. Im folgenden Beitrag wird mit unmittelbaren und mittelbaren Direktinvestitionsbeständen argumentiert (i-Punkt).

Die Direktinvestitionsquote, also der Anteil des Bestands an im Ausland getätigten unmittelbaren und mittelbaren Direktinvestitionen am nominalen Bruttoinlandsprodukt, liegt in Baden‑Württemberg über jener für Deutschland insgesamt. Sie betrug 2013 gut 44 % und lag damit um über 11 Prozentpunkte höher als die bundesweite Quote. Im Bundesländervergleich weist nur Hessen mit gut 64 % einen höheren Wert auf.

Wichtigstes Zielland für Investitionen aus Baden‑Württemberg waren 2013, wie auch schon in den Jahren zuvor, die USA. Gut 68 Mrd. Euro bzw. knapp 37 % des gesamten Direktinvestitionsbestands von knapp 186 Mrd. Euro entfielen 2013 auf die Vereinigten Staaten. Trotz einer leichten Verringerung zum Vorjahr überstiegen die Investitionen in die USA damit erneut jene in die Nationalstaaten der EU (gut 35 %). Im zweitwichtigsten Zielland, dem Vereinigten Königreich, belief sich der Bestand auf gut 16 Mrd. Euro bzw. fast 9 % des Gesamtinvestitionsvermögens im Ausland. An dritter Stelle folgte China, das in den letzten Jahren als Zielland zunehmend an Bedeutung gewann. Die kumulierten Direktinvestitionen aus Baden‑Württemberg beliefen sich dort auf knapp 12 Mrd. Euro, das sind über 6 % der gesamten Direktinvestitionen.

Aber auch Asien insgesamt, inzwischen mit einem Anteil von 13 %, wird als Investitionsregion zunehmend bedeutender. Dabei fällt auf, dass Asien und insbesondere China als Zielland für baden-württembergische Investitionen einen größeren Stellenwert einnimmt als für Deutschland insgesamt. Dafür spielt Luxemburg als Investitionsziel bundesweit mit einem Anteil von knapp 7 % eine bedeutend größere Rolle als für baden-württembergische Investoren (Anteil von 1 %). Für die Niederlande ergab sich ein negativer Direktinvestitionsbestand, da bei dessen Berechnung die Kapitalbeziehungen innerhalb multinationaler Konzerne saldiert werden. Dies gibt einen Hinweis auf den Umstand, dass die Niederlande in Europa (neben Luxemburg) als bedeutender Standort für Holdinggesellschaften und somit als Transitland für ausländisches Kapital gelten. Es existieren dort spezielle Gesetzgebungen, die multinationalen Konzernen steuerliche2 Vorteile bieten, um diese Länder als »Korridor« zu nutzen.

Knapp 31 % (oder gut 57 Mrd. Euro) des Bestands baden-württembergischer Direktinvestitionen im Ausland waren 2013 dem Verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Gut ein Viertel des Gesamtinvestitionsbestands lag im Bereich Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, fast 24 % im Handel. Der Anteil des Bereichs Information und Kommunikation lag mit knapp 8 % zudem doppelt so hoch wie in Deutschland insgesamt. Die investierenden baden-württembergischen Unternehmen stammten dabei zu einem großen Teil aus dem Verarbeitenden Gewerbe (gut 47 %) und dort vor allem aus dem Fahrzeugbau (ein Drittel der Gesamtinvestitionen). Dies spiegelt damit zum Teil auch die besondere Branchenstruktur Baden‑Württembergs wider. Allerdings waren auch hierzulande knapp 37 % der gesamten Direktinvestitionen im Ausland auf Beteiligungsgesellschaften zurückzuführen. Es ist dabei ein Unterschied zur Situation in Deutschland insgesamt festzustellen. Hier machten Beteiligungsgesellschaften mit über 47 % den Großteil aus, während nur gut 27 % aus dem Verarbeitenden Gewerbe stammten. Die ausländischen Investitionsobjekte waren dabei, wie im baden-württembergischen Fall, zu einem großen Teil (gut 34 %) im Verarbeitenden Gewerbe angesiedelt. Aber auch der Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen wies einen relativ hohen Anteil auf (knapp 25 %). Der Handel als Ziel für Direktinvestitionen ist bundesweit von etwas geringerer Bedeutung (knapp 15 %).

Baden‑Württemberg als Zielland für ausländische Direktinvestitionen – gemessen am Bestand der unmittelbaren und mittelbaren Direktinvestitionen im Jahr 2013 – ist im Gegen­satz zu den aus Baden‑Württemberg getätigten Investitionen im Ausland von vergleichsweise geringerer Bedeutung. Der Investitionsbestand baden-württembergischer Unternehmen und Privatpersonen lag im Jahr 2013 um mehr als das Fünffache über jenem der ausländischen Unternehmen und Investoren, die in Baden‑Württemberg investierten. Der Investitionsbestand ausländischer Investoren fiel mit einer Höhe von über 36 Mrd. Euro bzw. annähernd 9 % des Bruttoinlandprodukts auch im bundesweiten Vergleich relativ niedrig aus. Deutschland insgesamt wies mit gut 458 Mrd. Euro Direktinvestitionen aus dem Ausland eine Direktinvestitionsquote von über 16 % auf. Von allen Bundesländern lag die Direktinvestitionsquote in der Hansestadt Hamburg am höchsten. Diese belief sich auf gut 32 %. Aber auch die Flächenländer Hessen (gut 27 %), Nordrhein-Westfalen (über 24 %) und Bayern (gut 18 %) lagen deutlich über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Trotzdem kam eine Studie der Ernst & Young GmbH zu dem Ergebnis, dass Baden‑Württemberg im Jahr 2013 mit 222 Direktinvestitionsobjekten die meisten ausländischen Projekte verzeichnete (Fusionen und Übernahmen wurden nicht berücksichtigt). Durch diese Direktinvestitionen seien im Land knapp 1 500 Arbeitsplätze geschaffen worden.3 Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich der Bestand ausländischer Direktinvestitionen immerhin um gut 2 %, während die Direktinvestitionen ins Ausland leicht fielen.

Über 77 % der ausländischen Direktinvestitionen in Baden‑Württemberg stammten aus Europa. In Deutschland insgesamt kamen die Investitionen im Jahr 2013 sogar zu über 85 % aus europäischen Ländern. Insbesondere die Niederlande und Luxemburg sind auffällig stark vertreten. Die beiden Länder stellten zusammen 43 % der gesamten ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland. In Baden‑Württemberg spielen niederländische Investoren (knapp 19 %) ebenfalls eine große Rolle, wie auch die Schweiz und die USA. Der Anteil der Investitionen aus Luxemburg fiel jedoch deutlich niedriger aus als in Deutschland insgesamt.

Die ausländischen Unternehmen und Privatpersonen investierten in Baden‑Württemberg überwiegend in Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, welche in Baden‑Württemberg generell von großer Bedeutung sind. Gut 51 % des Gesamtinvestitionsvolumens (18,5 Mrd. Euro) waren in diesem Wirtschaftsbereich gebunden (jeweils etwa 10 % in den Wirtschaftszweig Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen und in den Maschinenbau). Gut ein Fünftel war Beteiligungsgesellschaften zuzuordnen sowie über 14 % dem Handel. In Deutschland insgesamt stellte das Verarbeitende Gewerbe zwar auch den Bereich mit dem größten Anteil an ausländischem Direktinvestitionskapital dar, mit annähernd 26 % war dieser aber nur halb so groß wie in Baden‑Württemberg. Der Maschinenbau wies sogar nur knapp 4 % des gesamten Bestands auf. Dafür investierte das Ausland in Deutschland mit einem Bestandsanteil von etwa einem Fünftel stärker in den Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Auch der Bereich Information und Kommunikation war mit einem Anteil von knapp 13 % wesentlich größer als in Baden‑Württemberg (1,5 %).

Da sich der Großteil des baden-württembergischen Direktinvestitionsbestands in Industrieländern befindet, spricht vieles dafür, dass hauptsächlich die Markterschließung in den jeweiligen Ländern als Hauptgrund angesehen werden kann. Gut ausgebildete Arbeitskräfte sowie eine gute Infrastruktur scheinen demnach wichtigere Beweggründe zu sein als niedrige Lohnkosten oder sonstige Kostenersparnisse. So heißt es zusammenfassend bereits 2008 in einem IAW-Diskussionspapier: »Insgesamt spielt das Markterweiterungsmotiv somit bei rund 88 % der Betriebe bei der Entscheidung, im Ausland zu investieren, eine Rolle. Dagegen nannten lediglich rund 12 % der Betriebe ausschließlich die Kostensenkung als Motiv für die Auslandsinvestition.«4 Auch ist festzustellen, dass die ausländischen Direktinvestitionen nicht als Konkurrenz zu den Exporten stehen. Nach wie vor ist Baden‑Württemberg ein sehr exportstarkes Land. Dies wird erneut durch die sehr hohe Exportquote von 41 % deutlich. Zudem stammte 2013 immerhin knapp ein Fünftel der Warenexporte aller Bundesländer aus Baden‑Württemberg. Der baden-württembergische Bestand an im Ausland getätigten Direktinvestitionen entsprach 2013 gut 20 % der gesamten ausländischen Direktinvestitionen aus Deutschland. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass es sich um das über Jahre hinweg kumulierte Direktinvestitionsvermögen handelt.

1 Vgl. Vetter, Stefan: Recent trends in FDI activity in Europe, Deutsche Bank Research, (August 2014), S. 2.

2 Vgl. Weyzig, Francis: International finance and tax avoidance via Dutch Special Purpose Entities, Radboud University Nijmegen, (2013), S. 3.

3 Vgl. Ernst & Young GmbH: Direktinvestitionen nach Deutschland: Bundesländer im Vergleich – Ausländische Direktinvestitionen im Jahr 2013 und eine aktuelle Befragung ausländischer Investoren, (2014), S. 4.

4 Arndt, Christian/ Mattes, Anselm: Mikroökonomische Determinanten und Effekte von FDI am Beispiel Baden‑Württemberg, IAW Diskussionspapiere, 43, (2008), S. 9.