:: 2/2016

Baden‑Württembergs Wirtschaft mit leichtem Wachstum

Bruttoinlandsprodukt dürfte im 1. Quartal 2016 preisbereinigt um 1 % zulegen

Die wirtschaftliche Dynamik im Südwesten hat im 2. Halbjahr 2015 deutlich nachgelassen. Saisonbereinigt bewegte sich das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 3. Quartal im Vergleich zum Vorquartal seitwärts und es schrumpfte laut unserer Prognose leicht im 4. Quartal. Dennoch dürfte das BIP 2015 um knapp 2 % gestiegen sein und damit stärker als der bundesdeutsche Wert. Im 1. Quartal 2016 sollte das reale BIP um 1 % gegenüber dem Vorjahresquartal wachsen.

Die Auslandsnachfrage verliert im 4. Quartal 2015 deutlich an Dynamik. Angeführt vom Fahrzeugbau (saisonbereinigt −7,8 % zum Vorquartal) verringerte sich der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe saisonbereinigt im 4. Quartal (mit den Monaten Oktober und November) um 3,0 % gegenüber dem Vorquartal. Auch die Auftragseingänge aus dem Ausland sind im 4. Quartal rückläufig, nämlich um 3,5 % gegenüber dem Vorjahresquartal.

Die Binnennachfrage nimmt im 4. Quartal 2015 wieder Fahrt auf und zeigt sich in einem robusten Zustand. So legten die inländischen Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe real um 5,1 % gegenüber dem 4. Quartal 2014 zu. Damit verlagert sich das Wachstum langsam auf die Binnensektoren, denn auch die Investitionsgüternachfrage zog um 3,8 % im Vergleich zum Vorjahr an. Mit −0,9 % zum 3. Quartal sind die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe leicht rückläufig. Besonders auffällig ist hier das Minus von 4,5 % zum Vorquartal beim Maschinenbau.

Insgesamt erhöhten sich 2015 die Verbraucherpreise nur um 0,2 % – ein Ergebnis der stark gesunkenen Ölpreise. Aktuelle Daten der Großhandels- und Erzeugerpreise lassen keinen Inflationsdruck erkennen, da diese im 4. Quartal deutlich gegenüber dem Vorjahresniveau gesunken sind. Der Arbeitsmarkt befindet sich nach wie vor insgesamt in guter Verfassung und so meldeten sich 2015 durchschnittlich nur 3,9 % aller Erwerbspersonen arbeitslos. Dies entspricht einer Zahl von gut 227 000 Arbeitslosen oder knapp 3 300 Personen weniger als im Vorjahr.

Wirtschaftliche Erholung Europas stützt Südwest-Export im 3. Quartal 2015

Die US-Notenbank FED leitete Ende 2015 die Zinswende in den USA ein und erhöhte erstmals seit 9,5 Jahren wieder ihren Leitzins. Der Anstieg um 25 Basispunkte wird die US-Wirtschaft noch nicht entscheidend bremsen; es kommt auf die Geschwindigkeit an, mit der weitere Zinserhöhungen erfolgen werden. Da die EZB zeitgleich ihr Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Staatsanleihen) bis mindestens März 2017 verlängerte und die Zinsen somit für längere Zeit historisch niedrig bleiben, muss sich die baden-württembergische Exportindustrie daher künftig auf divergierende Geldpolitiken dies- und jenseits des Atlantik einstellen. Insgesamt liegt das reale BIP-Wachstum in der Eurozone deutlich unter dem der Vereinigten Staaten und erreichte das Vorkrisenniveau von 2008 bisher noch nicht. Dies gilt aber nicht für alle Mitgliedstaaten. So konnten Deutschland und Baden‑Württemberg den wirtschaftlichen Einbruch nach 2008 mehr als nur ausbügeln, während Länder wie Spanien sich erst langsam aus der tiefen Rezession herausarbeiten.

In den Sommermonaten kam es allmählich zu einem Wandel in der Exportdynamik Baden‑Württembergs. Im Durchschnitt der Monate Januar bis Oktober betrug das Exportplus 9,7 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum, allerdings erhöhte sich das saisonbereinigte Exportvolumen im 3. Quartal 2015 mit 1,3 % gegenüber dem Vorquartal so schwach wie seit 5 Quartalen nicht mehr. Die nächsten Monate werden zeigen, ob diese Entwicklung auf das sehr gute 2. Quartal 2015 zurückzuführen ist, oder sich ein stabiler Trend ergibt.

Der US-Export erhöhte sich von Januar bis Oktober 2015 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um ein Viertel, verzeichnete aber im 3. Quartal ein saisonbereinigtes Minus von knapp 4 % gegenüber dem Vorquartal. Die Musik spielte ab der Jahresmitte in Europa. Das Vereinigte Königreich orderte im Zeitraum Januar bis Oktober 20,5 % mehr Waren aus dem Südwesten, aber auch Länder der Eurozone, wie Italien (+10,9 %) oder die Niederlande (+12,7 %), verzeichneten zweistellige Zuwachsraten. Dieser Trend scheint auch im 3. Quartal 2015 intakt zu sein, da die Ausfuhren ins Vereinigte Königreich saisonbereinigt um 10,7 % und in die Niederlande um 10,3 % im Vergleich zum Vorquartal zulegten. Der wichtige chinesische Markt stagnierte von Januar bis Oktober 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (+0,8 %) und könnte ein Vorbote der wirtschaftlichen Probleme im Reich der Mitte sein.

Die vorliegenden Exportdaten zeigen, dass die baden-württembergische Industrie ihre Produkte geografisch breit diversifiziert anbietet. Auch wenn die Wachstumsdynamik im Jahr 2016 in den gut gelaufenen Märkten wie USA nachlassen sollte, besteht Hoffnung, dass diese Lücke von den sich erholenden Euromitgliedstaaten gefüllt wird.