:: 2/2016

Kindertageseinrichtungen in Baden‑Württemberg 2015

Kindertageseinrichtungen liefern einen wichtigen Beitrag zu Bildung und Betreuung insbesondere im frühkindlichen Bereich. Im Spannungsfeld zwischen weiterem Ausbau der Kleinkindbetreuung, Verlängerung der Betreuungszeiten und einer zunehmenden Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund sind die Anforderungen an die Kindertageseinrichtungen in Baden‑Württemberg nach wie vor hoch und lassen sich nur mit ausreichendem und gut geschultem Personal erfüllen. Im Folgenden soll die aktuelle Lage der Kindertageseinrichtungen anhand wichtiger Daten aus der Statistik der Kindertageseinrichtungen genauer beleuchtet werden.

Mehr als die Hälfte der Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft

Im Jahr 20151 gab es 8 710 Kindertageseinrichtungen in Baden‑Württemberg mit der Aufgabe der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern. Von ihnen hatten 3 648 Einrichtungen oder 42 % einen öffentlichen Träger, die anderen 5 062 Einrichtungen oder 58 % einen freien Träger. Öffentliche Träger waren insbesondere Städte und Gemeinden. Bei den freien Trägern dominierten mit gut zwei Dritteln die kirchlichen Träger. 497 Einrichtungen wurden durch eine Elterninitiative selbst organisiert, 133 Einrichtungen standen vorwiegend den Kindern von Betriebsangehörigen offen.

Acht von zehn Einrichtungen öffnen morgens zwischen 7:00 und 7:30 Uhr

Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen sind für Eltern eine wichtige Rahmenbedingung im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier ist positiv zu vermerken, dass die übliche Öffnungszeit der Kindertageseinrichtungen in Baden‑Württemberg am frühen Morgen zwischen 7:00 und 7:30 Uhr beginnt. Fast acht von zehn Kindertageseinrichtungen (6 892) öffneten 2015 in diesem Zeitraum. 497 Einrichtungen (6 %) öffneten sogar schon vor 7:00 Uhr. Eine Öffnungszeit nach 7:30 Uhr hatten 1 321 Kindertageseinrichtungen (15 %).

Das Ende der Öffnungszeit lag allerdings bei 4 709 Einrichtungen und damit bei mehr als der Hälfte (54 %) schon vor 16:30 Uhr. Weitere 1 130 Einrichtungen (13 %) schlossen im Zeitraum von 16:30 bis vor 17:00 Uhr. Exakt um 17:00 Uhr machten 2 137 Einrichtungen (knapp 25 %) Schluss. Nach 17:00 bis 18:00 Uhr endete die Öffnungszeit von 670 Einrichtungen (8 %). Nur 64 Einrichtungen im Land schlossen nach 18:00 Uhr.

Zwei Drittel aller betreuten Kinder sind nach wie vor im Kindergartenalter …

In den Kindertageseinrichtungen wurden 406 430 Kinder betreut, davon in den öffentlichen Einrichtungen 175 669 (43 %) und in den Einrichtungen freier Träger 230 761 (57 %).

Kinder im Kindergartenalter von 3 bis 5 Jahren machten mit zwei Dritteln den Hauptteil aller betreuten Kinder aus. Rund 90 800 Kinder im Alter von 4 Jahren und etwa 90 100 Kinder im Alter von 5 Jahren wurden in Kindertageseinrichtungen betreut. Dies waren 96 % aller Kinder des jeweiligen Altersjahres. Weitere gut 85 800 3-Jährige und damit 93 % der Kinder dieses Alters besuchten eine Kindertageseinrichtung. Von den 6-jährigen Kindern im Land erhielten rund 44 600 und damit knapp die Hälfte (46 %) eine Betreuung in einer Kindertageseinrichtung. Dies liegt hauptsächlich darin begründet, dass Kinder in diesem Alter zum Teil auch schon die Schule besuchen. Die Zahl der betreuten Kinder zwischen 3 und 6 Jahren insgesamt ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben.

… aber die Kleinkindbetreuung nimmt weiter zu

2015 besuchten erstmals mehr Kinder im Alter von 2 Jahren (rund 45 200) eine Kindertageseinrichtung als Kinder im Alter von 6 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der 2-Jährigen um gut 900 (+2 %) an. Damit werden inzwischen 49 % aller Kinder in diesem Alter in Kindertageseinrichtungen betreut. Noch stärker gestiegen ist die Anzahl der betreuten 1-Jährigen. Sie nahm von rund 20 300 im Jahr 2014 auf knapp 21 900 zu (+8 %). Die Besuchsquote der 1-Jährigen erreichte damit 23 %. Leicht zurückgegangen ist die Zahl der betreuten Kinder, die das 1. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Rund 1 800 und damit 2 % der Allerjüngsten erhielten 2015 eine Betreuung in Kindertageseinrichtungen. Insgesamt stieg die Zahl der unter 3-Jährigen in Kindertageseinrichtungen um gut 2 400 oder knapp 4 % an. Die Besuchsquote der unter 3-Jährigen erreichte 24,3 %.

Ganztagsbetreuung ausgeweitet

Nicht nur für den Ausbau der Kleinkindbetreuung wird in den Kindertageseinrichtungen verstärkt Personal benötigt. Auch durch den Anstieg der Ganztagsbetreuung, wenn also Kinder durchgängig mehr als 7 Stunden pro Betreuungstag die Einrichtung besuchen, ist mehr Personal erforderlich. Am 1. März 2015 lag der Anteil der Kinder unter 3 Jahren, die ganztags betreut wurden, an allen betreuten Kindern bei 38,4 % und damit 2,5 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Auch hier setzt sich der steigende Trend der Vorjahre fort: 2007 hatte der Anteil der ganztags betreuten Kinder unter 3 Jahren lediglich 23 % betragen.

In der Altersgruppe der 3- bis unter 6-Jährigen hat sich der Anteil der Kinder, die mit einer durchgehenden Betreuungszeit von mehr als 7 Stunden betreut wurden, ebenfalls laufend erhöht. Er lag 2007 noch bei 8,5 %, 2015 erreichte er 22,6 %.

Durch diese Entwicklungen ist es auch notwendig, dass immer mehr Kinder in den Einrichtungen mit Essen versorgt werden. 2015 erhielten 174 748 Kinder dort eine Mittagsverpflegung. Das entspricht einem Anteil von 43 % aller Kinder in Kindertageseinrichtungen. Auch dieser Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr (40,8 %) erneut gestiegen.

Mehr Kinder mit Migrationshintergrund

Weitere Anforderungen an das Personal in Kindertageseinrichtungen werden durch die steigende Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund gestellt. Hier kann für die vergangenen Jahre eine leichte Zunahme verzeichnet werden. So hatten 2015 von den insgesamt 406 430 Kindern in Kindertageseinrichtungen 147 343 Kinder (36,3 %) mindestens ein Elternteil, das aus dem Ausland stammt. Dies waren rund 3 800 mehr als im Jahr 2014.

Bei 89 539 Kindern wurde in der Familie vorwiegend nicht deutsch gesprochen. Das waren 22 % aller in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder. Im Vergleich zu 2014 hat sich diese Zahl um rund 4 800 (+6 %) erhöht. Im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingssituation ist auch weiterhin mit steigenden Anforderungen an das Personal in Kindertageseinrichtungen zu rechnen.

Personal in Kindertageseinrichtungen steigt weiter

Die verschiedenen Aufgaben in Kindertageseinrichtungen wurden 2015 von insgesamt 93 123 Beschäftigten erfüllt. Gut 39 059 (42 %) waren bei öffentlichen Trägern angestellt, 54 064 (58 %) bei freien Trägern. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Beschäftigtenzahl um rund 5 900 Personen (+6,7 %) an. 81 680 Personen waren als pädagogisches Personal bzw. als Leitungs- oder Verwaltungspersonal beschäftigt. Weitere 11 443 Personen wurden im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich eingesetzt. Rund zwei Drittel dieses hauswirtschaftlichen und technischen Personals kamen in Einrichtungen freier Träger zum Einsatz. 95 % des pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungspersonals waren Frauen.

Da in den Kindertageseinrichtungen sehr viele Beschäftigte in Teilzeit arbeiten, lagen die Vollzeitäquivalente des pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungspersonals mit 63 239 deutlich unter der Anzahl der beschäftigten Personen.

Zwei Drittel der Fachkräfte sind nach wie vor Erzieherinnen und Erzieher

67 % der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen waren ausgebildete Erzieher oder Erzieherinnen. Weitere 9 % hatten eine Ausbildung als Kinderpfleger oder Kinderpflegerin. Jeweils 4 % absolvierten das Praktikum im Anerkennungsjahr oder befanden sich noch in der Ausbildung, zum Beispiel im Rahmen der praxisintegrierten Erzieherausbildung (PIA). Abschlüsse als Diplom-Sozialpädagoge oder -pädagogin, Diplom-Sozialarbeiter oder -arbeiterin und Erziehungswissenschaftler oder -wissenschaftlerin waren mit gut 3 % vertreten. Jeweils knapp 1 % der Fachkräfte waren staatlich anerkannte Kindheitspädagogen oder -pädagoginnen, Lehrer oder Lehrerinnen, Heilerzieher oder -erzieherinnen und Heilerziehungspfleger oder -pflegerinnen sowie Kranken- und Altenpfleger oder -pflegerinnen.

Anteil der Fachkräfte mit Hochschulabschluss steigt auf 6 %

Obwohl die Erzieherinnen und Erzieher nach wie vor den größten Anteil des Fachpersonals in Kindertageseinrichtungen ausmachen, so ist doch zu beobachten, dass dieser Anteil von Jahr zu Jahr leicht abnimmt. Betrachtet man insbesondere die Entwicklung seit 2013 – dem Jahr, in dem der Landtag von Baden‑Württemberg die Erweiterung des Fachkräftekatalogs verabschiedet hat, so zeigt sich, dass der Zuwachs bei Familienpfleger oder -pflegerinnen, Assistenten oder Assistentinnen im Sozialwesen sowie bei sozialen und medizinischen Helferberufen mit 78 % und bei den Personen aus Gesundheitsdienstberufen mit 64 % deutlich höher lag als etwa bei Erziehern oder Erzieherinnen, deren Zahl im gleichen 2-Jahreszeitraum um 11 % zunahm.

Der Anteil der Fachkräfte mit einem Hochschulabschluss lag im Jahr 2013 noch bei 4,8 %. Im Jahr 2015 waren schon 6 % der Fachkräfte Akademiker. Hierbei macht sich insbesondere auch die erfolgreiche Ausbildung im neuen Studiengang »Kindheitspädagogik« bemerkbar. Die Zahl der Fachkräfte mit einem solchen Hochschulabschluss hat sich seit 2013 mehr als verdoppelt.

Jede siebte Fachkraft in Kindertageseinrichtungen ist befristet beschäftigt

Knapp 11 700 Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen Baden‑Württembergs hatten 2015 einen befristeten Arbeitsvertrag2. Dies entspricht einem Anteil von 14,3 % am gesamten pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungspersonal. Der Anteil der befristet Tätigen ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozentpunkte leicht gestiegen. Fast zwei Drittel der befristet angestellten Personen waren als Zweit- oder Ergänzungskräfte tätig, nur knapp ein Fünftel als Gruppenleitung. Zum Vergleich: Bei den unbefristet Tätigen waren knapp die Hälfte als Zweit- und Ergänzungskräfte und fast 41 % als Gruppenleiter oder Gruppenleiterinnen eingesetzt.

Wichtig für die Beschäftigungsqualität in Kindertageseinrichtungen ist aber gerade auch die Frage nach der Dauerhaftigkeit des Anstellungsverhältnisses. Sichere Beschäftigungsbedingungen fördern einerseits die Bindung und Identifizierung des Personals mit ihrem Arbeitsplatz. Andererseits werden durch Befristungen stabile Beziehungen zwischen den Kindern und dem Personal gefährdet, vor allem dann, wenn es nur über einen kurzen Zeitraum in der Einrichtung angestellt ist.3

1 Die Daten der Statistik der Kindertageseinrichtungen beziehen sich auf den Stichtag 1. März.

2 Ohne Praktikantinnen und Praktikanten und ohne Personal im Freiwilligen Sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst.

3 Christiane Meiner, Eva Strunz: Personalausstattung und Befristung – zwei Qualitätsmerkmale der Kindertagesbetreuung, in KOMDAT (Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe, Informationsdienst der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik, AKJStat, Heft Nr. 3/14 17. Jg., S. 13.