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Lohnstückkosten in Baden-Württemberg und Deutschland

Entwicklungen während und nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Produktionsstandortes ist von großer Bedeutung, denn ob und in welchem Umfang sich Unternehmen an einem Standort niederlassen, hat unmittelbare Auswirkungen auf Steuereinnahmen, Arbeitsplätze und Investitionen in dieser Region. Bestimmt wird die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes durch mehrere Faktoren. Neben infrastrukturellen Voraussetzungen (wie zum Beispiel Kommunikationsnetze, Verkehrswege oder Energiekosten), dem allgemeinen Ausbildungsniveau, politischer Stabilität und Rechtssicherheit spielen vor allem die anfallenden Lohnkosten1 eine entscheidende Rolle. Denn aus Unternehmenssicht spiegeln diese den Preis des Produktionsfaktors Arbeit wider.

Für die Analyse der preislichen Wettbewerbsfähigkeit greift die isolierte Betrachtung der Lohnkosten allerdings zu kurz, denn die Lohnkosten haben ohne Berücksichtigung der mit dem Faktor Arbeit einhergehenden Produktivität lediglich eine eingeschränkte Aussagekraft. Besser geeignet ist daher die Kennziffer Lohnstückkosten, da diese das angefallene Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer ins Verhältnis zur Produktivität je Erwerbstätigen setzt und somit beide Komponenten berücksichtigt (siehe i-Punkt). Lohnstückkosten sind als Indikator zur Beurteilung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft, einer Region oder eines Wirtschaftsbereichs allgemein anerkannt und fanden im Rückblick auf die Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/2009 besondere Beachtung. Im vorliegenden Beitrag wird die Entwicklung der Lohnstückkosten in Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Euroländern während und nach den Krisenjahren analysiert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der detaillierten Betrachtung der Lohnstückkosten in Baden-Württemberg.

Lohnstückkostenentwicklung im internationalen Vergleich

Im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten der EU weist Deutschland vergleichsweise hohe Lohnkosten auf. Demgegenüber steht jedoch eine überdurchschnittliche Arbeitsproduktivität, welche letztendlich für konkurrenzfähige Lohnstückkosten sorgt. Im Vergleich zum Durchschnitt der EU-Länder war das Lohnstückkostenniveau in Deutschland im Jahr 2013 laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft um insgesamt 6 % höher.2 Mit dem Vereinigten Königreich, Italien und Norwegen wiesen demnach nur drei Länder höhere Lohnstückkosten als Deutschland auf. Ein überdurchschnittliches Lohnstückkostenniveau ist jedoch nicht per se mit einem preislichen Wettbewerbsnachteil gleichzusetzen, sondern kann gerade in hoch entwickelten Volkswirtschaften Ausdruck einer hoch qualifizierten Beschäftigungsstruktur sein. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass der Anteil der Lohnkosten am Bruttoinlandsprodukt ebenso von der Kapitalintensität der Produktion abhängt. Da diese Größe im Konzept der Lohnstückkosten allerdings unberücksichtigt bleibt, sind Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft anhand von Niveaubetrachtungen nur wenig aussagefähig. Im Rahmen internationaler Lohnstückkostenvergleiche informiert vielmehr die Veränderung der Lohnstückkosten im Verhältnis zum Ausland darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Größenordnung sich die Kostenposition eines Landes gegenüber seinen Wettbewerbern verändert hat.

Zwischen 2000 und dem Vorkrisenjahr 2007 zeigt sich eine zunehmende Divergenz der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zwischen Deutschland und dem Durchschnitt der 19 Mitgliedstaaten der Währungsunion. Während sich die nominalen Lohnstückkosten hierzulande um 1,7 % reduzierten, stiegen diese im Euroraum durchschnittlich um 11,4 %. Mit Griechenland (+29,4 %), Irland (+28,9 %), Spanien (+25,6 %) und Italien (+22 %) verzeichneten Länder, die im darauffolgenden Jahr besonders stark unter der Wirtschafts- und Finanzkrise leiden sollten, einen deutlich überdurchschnittlichen Anstieg ihrer Lohnstückkosten. Zurückzuführen ist die vergleichsweise konstante Lohnstückkostenentwicklung in Deutschland jedoch weniger auf eine überdurchschnittliche Zunahme der Arbeitsproduktivität, sondern vielmehr auf die sehr moderaten Lohnsteigerungen, die während des erwähnten Beobachtungszeitraums merklich hinter denen der betrachteten Vergleichsländer zurückblieben. Gegenüber dem übrigen Euroraum hat sich die Wettbewerbsposition der deutschen Exportwirtschaft im Zuge dieser Entwicklung wesentlich verbessert.

In den Krisenjahren 2008/2009 sind die Lohnstückkosten in Deutschland hingegen vergleichsweise stark angestiegen. So belief sich die jährliche Veränderungsrate im Hauptkrisenjahr 2009 hierzulande beispielsweise auf +6,3 %, während der entsprechende Durchschnittswert im Euroraum lediglich +4,5 % betrug. Einen unterdurchschnittlichen Anstieg verzeichneten unter den hier betrachteten Ländern vor allem Spanien (+1,6 %) und Portugal (+2,7 %). In Irland sanken die Lohnstückkosten gar um 3,4 %. Der gegenüber den krisengeplagten GIIPS-Staaten3 stärkere Lohnstückkostenzuwachs Deutschlands während der Wirtschaftskrise hängt eng mit der auf den umfangreichen Stellenabbau in den GIIPS-Staaten zurückzuführenden, unterschiedlichen Entwicklung der Arbeitsproduktivität zusammen. Denn mit Ausnahme von Italien wurde in diesen Staaten mit massivem Beschäftigungsabbau auf die Krise reagiert.4 Dies hat das Lohnstückkostenwachstum gegenüber Deutschland, wo der Beschäftigungsstand aufgrund hoher interner Arbeitsmarktflexibilität auch in den Jahren 2008 und 2009 weitgehend gehalten werden konnte, gedämpft. Der krisenbedingte Anstieg der deutschen Lohnstückkosten schwächte sich in den Folgejahren allerdings merklich ab und belief sich im Zeitraum 2009 bis 2014 auf durchschnittlich 1,4 % pro Jahr. Eine dauerhafte Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit stellte sich somit nicht ein. Verbessert hat sich die Wettbewerbsfähigkeit seit der Krise hingegen in Irland, Griechenland, Portugal und Spanien. Dort sind die Lohnstückkosten im Zuge eines weiteren Arbeitsplatzabbaus in Kombination mit Lohnkürzungen um 13,5 %, 11,9 %, 5,4 % bzw. 6,6 % gesunken. Nicht verbessert hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit in Frankreich und Italien. Diese Länder verzeichneten einen weiteren Zuwachs ihrer Lohnstückkosten um 7 % bzw. 4,3 % seit 2009.

Personenkonzept führt zu Verzerrung der Ergebnisse

Die Anzahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen hat sich in Deutschland aufgrund der Zunahme flexibler Beschäftigungsformen wie zum Beispiel Teilzeitbeschäftigung oder Minijobs seit den 1990er-Jahren kontinuierlich verringert. Als Konsequenz daraus ist die Berechnung der Lohnstückkosten und deren einzelnen Komponenten unter Zugrundelegung der Arbeitnehmer- bzw. Erwerbstätigenzahl (Personenkonzept) verzerrt. Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, dass insbesondere in den Krisenjahren 2008/2009 der Beschäftigungsabbau in Deutschland vergleichsweise gering war, da viele Unternehmen die Instrumente interner Flexibilisierung (zum Beispiel Abbau von Arbeitszeitguthaben und Kurzarbeit) genutzt haben. Bei den geleisteten Arbeitsstunden wurde daher im Vergleich zur Anzahl der Arbeitnehmer ein deutlich größerer Rückgang verzeichnet. Im zuvor dargestellten internationalen Vergleich der Lohnstückkosten konnte aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit nicht zwischen Personen- und Stundenkonzept differenziert werden. Die Unterschiede zwischen beiden Konzepten werden daher im Folgenden anhand von Daten für Baden-Württemberg aufgezeigt.

Wie Schaubild 2 c) verdeutlicht, hat der Rückgang der Wirtschaftsleistung während der Krise auch in Baden-Württemberg zu einem massiven Einbruch der realen Arbeitsproduktivität geführt. Allerdings ging insbesondere im Hauptkrisenjahr 2009 die Produktivität je Erwerbstätigenstunde deutlich weniger stark zurück (– 3,9 %) als die Produktivität auf Basis der Erwerbstätigenzahl (– 8,4 %). Dass dieser Unterschied tatsächlich ein Reflex auf die angesprochenen Beschäftigungsmaßnahmen während den Krisenmonaten war, zeigt der Vergleich zwischen der Entwicklung der Arbeitnehmeranzahl und Arbeitnehmerstunden. Während sich die Veränderungsrate der Arbeitnehmeranzahl im Jahr 2009 auf gerade einmal – 0,6 % belief, reduzierten sich die geleisteten Arbeitsstunden um das 10-Fache. Da die Arbeitszeiten nach der Krise wieder zügig an die gestiegene Wirtschaftsleistung angepasst wurden, fiel die Produktivitätssteigerung im Nachkrisenjahr 2010 nach dem Personenkonzept im Vergleich zum Stundenkonzept um 1,7 Prozentpunkte höher aus.

Hinsichtlich der nominalen Lohnstückkosten verzeichnete auch Baden-Württemberg krisenbedingt einen sprunghaften Anstieg. Eine Zunahme der Lohnstückkosten kann grundsätzlich durch zwei Faktoren ausgelöst werden. So führt unter Konstanz der jeweils anderen Komponente sowohl ein Anstieg der Lohnkosten als auch ein Produktivitätsrückgang zur Erhöhung der Lohnstückkosten.5 Den dominierenden Einfluss auf die Lohnstückkostenentwicklung in Baden-Württemberg während des erwähnten Beobachtungszeitraums hatte zweifelsfrei der zuvor beschriebene Einbruch der Arbeitsproduktivität. Obwohl diese im Jahr 2009 auf Personenbasis in größerem Umfang abnahm als auf Stundenbasis, stiegen die Lohnstückkosten unter Zugrundelegung der Arbeitnehmer- bzw. Erwerbstätigenstunden stärker (+8,6 %) als auf Basis der Anzahl der Arbeitnehmer bzw. Erwerbstätigen (+7,7 %). Die Ursache hierfür liegt in der unterschiedlichen Entwicklung der Lohnkosten in beiden Konzepten. Während die Lohnkosten nach dem Personenkonzept um 1,4 % gesunken ist, bewirkte der massive Rückgang der geleisteten Arbeitsstunden einen sprunghaften Anstieg der Lohnkosten auf Stundenbasis um 4,4 %.

Der Vergleich der Lohnstückkosten und deren einzelnen Komponenten anhand des Personen- und des Stundenkonzepts hat somit gezeigt, dass die Anwendung des erstgenannten Konzepts, insbesondere während der Krisenjahre, zu Verzerrungen führt. Dies wird dadurch deutlich, indem die Entwicklung der Lohnkosten unterschätzt und der Rückgang der Arbeitsproduktivität überschätzt wird, woraus sich wiederum eine Unterschätzung des Lohnstückkostenanstiegs ergibt.

Nachdem bislang die Entwicklungen und Veränderungen der nominalen Lohnstückkosten im Vordergrund standen, wird im Folgenden das Niveau sowie der Verlauf der realen Lohnstückkosten auf Basis nominaler Bezugsgrößen (vergleiche i-Punkt) in Baden-Württemberg genauer untersucht. Hierfür werden die unterschiedlichen Wirtschaftszweige sowie die einzelnen Bestandteile der Kennziffer »Lohnstückkosten« getrennt voneinander betrachtet.

Lohnstückkosten in Baden-Württemberg: Geringeres Niveau in kapitalintensiven Wirtschaftszweigen…

Hinsichtlich des absoluten Niveaus der Größen Lohnstückkosten, Arbeitsproduktivität und Lohnkosten ergibt sich innerhalb der verschiedenen Wirtschaftszweige ein sehr heterogenes Bild.6 Grundsätzlich sind Wirtschaftsbereiche mit umfangreichen Qualifikationsanforderungen und somit höheren Lohnkosten auch durch eine höhere Arbeitsproduktivität gekennzeichnet. Während 2012 ein Erwerbstätiger im Bereich Energieversorgung beispielsweise 189 093 Euro erwirtschaftete und Lohnkosten in Höhe von 65 197 Euro verursachte, beliefen sich die entsprechenden Werte im Gastgewerbe auf lediglich 22 857 und 17 513 Euro. Des Weiteren lässt sich erkennen, dass kapitalintensive Wirtschaftszweige gegenüber personalintensiven Bereichen deutlich geringere reale Lohnstückkosten aufweisen. Diese Feststellung gilt sowohl im Produzierenden Gewerbe als auch im Dienstleistungsbereich. So liegen die absoluten Lohnstückkosten in den kapitalintensiven Bereichen Energieversorgung sowie Information und Kommunikation mit 34,5 % bzw. 59,6 % beispielsweise deutlich unterhalb des Niveaus der personalintensiven Bereiche Erziehung und Unterricht (90,4 %), Gesundheits- und Sozialwesen (80 %) und Gastgewerbe (76,6 %). Im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei gehen geringe Lohnkosten (18 955 Euro je Arbeitnehmer) mit einer, gemessen am Durchschnitt aller Wirtschaftszweige, noch geringeren Arbeitsproduktivität einher (27 354 Euro je Erwerbstätigen). Die Lohnstückkosten in diesem Wirtschaftszweig liegen daher über jenen des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs.

… und krisenbedingter Anstieg in den Jahren 2008/2009

Schaubild 3 zeigt die Entwicklung der realen Lohnstückkosten und deren Bestandteile differenziert nach stärker zusammengefassten Wirtschaftsbereichen für die Jahre 2001 bis 2014 anhand des Stundenkonzepts. Bei Betrachtung des Produzierenden Gewerbes fällt auf, dass dieser Bereich besonders schwer von der Wirtschafts- und Finanzkrise getroffen wurde. Während die Arbeitsproduktivität in den Jahren 2008 und 2009 um insgesamt 14,3 Prozentpunkte sank, erhöhten sich die Lohnstückkosten um 16,8 Prozentpunkte. Allerdings erreichten die Lohnstückkosten bereits im Jahr 2010 beinahe schon wieder das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2007. Im Falle der Arbeitsproduktivität wurde dies sogar um 4,7 Prozentpunkte übertroffen. Eine nachhaltige Verschlechterung der Wettbewerbsposition der baden-württembergischen Industrie stellte sich durch die Wirtschafts- und Finanzkrise demzufolge nicht ein.

Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich für die gesamte Wirtschaft Baden-Württembergs: Auch hier lagen die Lohnstückkosten 2010 mit 2,3 Prozentpunkten nur geringfügig über ihrem Ausgangswert vor der Krise. Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität übertraf ihr Niveau aus dem Jahr 2007 um 4,4 Prozentpunkte. In der Gesamtbetrachtung fiel der krisenbedingte Einbruch der baden-württembergischen Wirtschaft allerdings geringer aus als im Produzierenden Gewerbe. Dies liegt am Einfluss des weniger konjunkturabhängigen Dienstleistungsbereichs, der während den Krisenjahren keinerlei Produktivitätseinbußen hinnehmen musste. Aufgrund des nahezu synchronen Anstiegs der Arbeitsproduktivität und der Lohnkosten haben sich die Lohnstückkosten in diesem Bereich in den vergangenen 3 Jahren seitwärts entwickelt.

Im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sticht zunächst die immense Steigerung der Arbeitsproduktivität der Jahre 2011 bis 2013 hervor (+41,3 Prozentpunkte). Zurückzuführen ist dieser Anstieg in erster Linie auf die gestiegene Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft, welche sich wiederum aus einem deutlich gestiegenen Produktionswert aufgrund höherer Erzeugerpreise bei gleichzeitig gesunkenen Vorleistungen ergibt. Da die Lohnkosten im selben Zeitraum in wesentlich geringerem Umfang gestiegen sind (+12,8 Prozentpunkte), sanken die Lohnstückkosten zwischen 2010 und 2013 um insgesamt 19,1 Prozentpunkte. Im Jahr 2014 kehrte sich dieser Trend allerdings ins Gegenteil um. So erhöhten sich die Lohnstückkosten bei nahezu konstanten Lohnkosten und rückläufiger Arbeitsproduktivität (−7,3 Prozentpunkte) gegenüber dem Vorjahr um 4,2 Prozentpunkte.

Fazit

Anhand der vorangegangenen Ausführungen wurde deutlich, dass die Lohnstückkosten eine Vielzahl unterschiedlicher Entwicklungen in einer einzigen Kennziffer zusammenfassen. Allerdings muss bei der Verwendung von Lohnstückkosten als Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft oder einer Region berücksichtigt werden, dass diese Größe lediglich eine partielle Betrachtung ermöglicht. So decken die Lohnstückkosten zwar die Kosten des Faktors Arbeit ab, berücksichtigen darüber hinaus allerdings keine weiteren Kosten wie etwa Aufwendungen für Kapital oder Energiekosten. Folglich stellen die Lohnstückkosten lediglich eine Näherung für die preisliche Wettbewerbsfähigkeit dar. Ebenso berücksichtigt werden sollte, dass für Wettbewerbsvergleiche mit Volkswirtschaften außerhalb des Euroraums, wie zum Beispiel China oder den USA, neben den Lohnstückkosten die in diesem Beitrag außer Acht gelassenen Wechselkursentwicklungen eine wesentliche Rolle spielen.7

Im internationalen Vergleich weist Deutschland vergleichsweise hohe Lohnstückkosten auf. Daher ist insbesondere Baden-Württemberg als ausgewiesenes Exportbundesland darauf angewiesen, seine internationale Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig über Technologie- und Qualitätsvorsprünge zu sichern. Großes Potenzial hierfür wird vor allem in der fortschreitenden Digitalisierung gesehen. Insbesondere mit dem Begriff »Industrie 4.0« ist die Hoffnung verbunden, durch Investitionen in innovative Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für ein starkes Produktivitätswachstum zu sorgen.8 Allerdings attestiert das aktuelle Gutachten des Sachverständigenrats der deutschen Wirtschaft zuletzt erhebliche Defizite in der effizienten Nutzung von IKT.9 Somit gilt es zu prüfen, welche Maßnahmen zukünftig ergriffen werden müssen, um das angesprochene Potenzial zur Produktivitätssteigerung in vollem Umfang auszuschöpfen.

1 In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) bezeichnen die Lohnkosten das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer (Personenkonzept) bzw. das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmerstunde (Stundenkonzept).

2 Schröder, Christoph: Produktivität und Lohnstückkosten der Industrie im internationalen Vergleich, in: IW-Trends, Jahrgang 41, Heft 4, 2014.

3 Zu den GIIPS-Staaten gehören Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien.

4 In Griechenland kam es erst ab dem Jahr 2010 zu einem umfangreichen Stellenabbau. 2009 war der Anstieg der Arbeitslosenquote hingegen noch vergleichsweise gering. Der Anstieg der Lohnstückkosten lag daher 2009 in Griechenland aufgrund des massiven Rückgangs der Wirtschaftsleistung mit 7,1 % knapp über dem Wert für Deutschland.

5 Ein Rückgang der Arbeitsproduktivität pro Kopf bzw. pro Stunde kann wiederum entweder auf eine Reduzierung der Wirtschaftsleistung oder auf eine Zunahme der Erwerbstätigenzahl bzw. der Erwerbstätigenstunden zurückzuführen sein. Ebenso kann sich ein Anstieg der Lohnkosten pro Kopf bzw. pro Stunde sowohl durch eine Erhöhung des durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelts als auch durch einen Rückgang der Arbeitnehmerzahl bzw. Arbeitnehmerstunden ergeben.

6 Da in dieser Gliederungstiefe keine Daten auf Stundenbasis vorliegen, werden hier Pro-Kopf-Werte betrachtet.

7 Ein Wechselkursindikator speziell für Baden-Württemberg wird in folgendem Beitrag beschrieben: Debes, Sebastian: Berechnung effektiver Wechselkurse für Baden-Württemberg, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2016, S. 27 ff.

8 Brynjolfsson, Erik/McAfee, Andrew (2014): The Second Machine Age: Wie die nächste digitale Revolution unser aller Leben verändern wird, Kulmbach: Plassen Verlag.

9 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2015): Zukunftsfähigkeit in den Mittelpunkt, Jahresgutachten 2015/16. Wiesbaden.