:: 5/2016

Beerenzuwachs in Baden-Württemberg

Heidelbeeren, Himbeeren, die »exotischen« Minikiwis und weitere »finger-food« Früchte werden immer beliebter und kommen zunehmend auch aus lokalem Anbau. Obwohl Strauchbeeren erst seit 2012 in einer eigenen Erhebung erfasst werden, erfolgten innerhalb der geringen Zeitspanne bis 2015 doch deutliche Veränderungen im Anbau. Allein in Baden-Württemberg stieg der Flächenumfang von 1 500 ha auf aktuell 1 730 ha an und auch bundesweit zeigte die Richtung mit einer Zunahme um 1 280 ha auf 8 120 ha nach oben. Aber nicht nur die Früchte, die frisch angeboten werden, gewannen dazu. Auch Johannisbeeren, Sanddorn und Aroniabeeren, die vor allem zu Saft und Konfitüren verarbeitet werden, expandierten.

Weitgehend unabhängig von den Jahreszeiten besteht im Handel mittlerweile ganzjährig ein großes Beerenangebot. Fast nahtlos wird nach Ende der heimischen Beerenzeit die Lücke in den Wintermonaten durch Kulturheidelbeeren aus Chile oder spanischen Himbeeren abgedeckt. Und die Nachfrage ist groß. So stieg die nach Deutschland importierte Menge an frischen Beeren innerhalb weniger Jahre aus Chile von 1 180 t (2010) auf 2 600 t1 im Jahr 2015 an. Auch aus Spanien wurde mit fast 15 000 t mehr als das Dreifache gegenüber 2010 an Beeren für den Frischmarkt eingeführt. Das wichtigste Lieferland für Deutschland stellte 2015 Polen mit insgesamt 12 000 t Frischware und weiteren 45 000 t für Konserven und Tiefkühlkost dar. Fast die Hälfte der importierten Beeren zum Frischverzehr bestand aus Himbeeren, knapp ein weiteres Drittel waren Heidelbeeren. Himbeeren stammten vor allem aus Polen (7 800 t)2, weitere 6 900 t waren spanischer Herkunft. Aus Spanien kam auch die größte Einfuhrmenge an Heidelbeeren (6 400 t), gefolgt von Polen und Chile mit jeweils rund 2 500 t. Innerhalb Europas ist Polen (12 700 t)3 neben Deutschland (10 300 t) der größte Produzent von Heidelbeeren, weltweit hatten die USA (239 000 t) und Kanada (109 000 t) deutlich die Nase vorn.

Der Selbstversorgungsgrad4 fällt für die einzelnen Strauchbeerenarten in Deutschland sehr unterschiedlich aus. Während Himbeeren 2012/2013 mit ungefähr 6 % relativ niedrig lagen, erreichten Johannisbeeren immerhin 26 %.5 Im Vergleich zu anderen Obstarten wie Erdbeeren, die zu 47 % aus heimischer Produktion stammten, ist also durchaus noch Luft nach oben. Auch beim Pro-Kopf-Verbrauch lag Beerenobst 2012/2013 mit 2,1 kg Brombeeren, Preiselbeeren und Heidelbeeren weit hinter den beliebten Zitrusfrüchten (35,2 kg) und Äpfeln (25 kg) zurück. Während bei Brombeeren, Preiselbeeren und Heidelbeeren seit 2009 (1,7 kg)6 deutlich aufgeholt wurde, blieb der Verbrauch von Johannis-, Stachel- und Himbeeren dagegen mit 1,5 kg7 pro Kopf seit 2010/2011 unverändert.

Kulturheidelbeere in Deutschland auf Platz 1 …

In Deutschland wurden allein in den letzten 4 Jahren die Strauchbeerenflächen um 19 % ausgedehnt und erreichten 2015 einen Umfang von 8 119 ha. Auf Platz 1 der Strauchbeeren standen in Deutschland Kulturheidelbeeren (2 479 ha), die fast ein Drittel der Gesamtfläche beanspruchten. Auch an der gesamten Erntemenge von 37 450 t stellten die kleinen blauen Früchte mit 11 950 t knapp ein Drittel dar. Dahinter reihten sich schwarze Johannisbeeren (1 633 ha), die vorrangig in Baden-Württemberg und Bayern zu Hause sind, Himbeeren (856 ha), rote und weiße Johannisbeeren (768 ha) sowie Sanddorn (709 ha) ein.

Führendes Anbauland von Strauchbeeren ist Niedersachsen (2 074 ha) gefolgt von Baden-Württemberg (1 730 ha) und Bayern mit 1 062 ha. In die Erweiterung der Heidelbeerflächen wurde in den letzten Jahren am stärksten investiert. Seit 2012 entstanden bundesweit auf 644 ha zusätzliche Anlagen, vorzugsweise in Niedersachsen (+438 ha), dem wichtigsten Heidelbeerland mit 1 708 ha Anbaufläche. Dort finden Heidelbeeren, die humose, saure Böden mit einem niedrigen pH Wert lieben, beste Wachstumsbedingungen vor. Die Schwerpunkte des Himbeeranbaus liegen in Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen. Dagegen bevorzugt Sanddorn die leichteren Böden Brandenburgs (360 ha) und Mecklenburg-Vorpommerns (203 ha). Als »newcomer« kann die Aroniabeere oder Apfelbeere (395 ha), die erst seit 2014 separat ausgewiesen wird, bezeichnet werden. Für diese Fruchtart hat sich in Sachsen mit (140 ha) ein Schwerpunkt entwickelt, aber auch in anderen Ländern ist die Tendenz steigend. Die Früchte sind vitaminreich und verfügen über einen besonders hohen Anthocyangehalt. Genießbar sind die kleinen Früchte in getrockneter Form, als Saft oder Gelee.

… und Johannisbeeren in Baden-Württemberg

Nahezu alle Strauchbeeren in Baden-Württemberg werden im Freiland angebaut mit einer klaren Dominanz der Johannisbeere. Die schwarzen und roten8 Früchte standen auf fast zwei Drittel der Flächen, wobei der Anbau von schwarzen Johannisbeeren mit 705 ha überwog. Schwarze Johannisbeeren werden hauptsächlich zu Saft, Marmelade oder Tiefkühlkost weiterverarbeitet, die roten Vertreter (340 ha) sind durchaus auch als Frischware im Einzelhandel zu finden. Johannisbeeren werden, sofern die Ernte für industrielle Zwecke vorgesehen ist, in der Regel maschinell geerntet. Das unterscheidet sie von den meisten anderen Beeren, die in aufwändiger Handarbeit gepflückt werden.

Seit 2012 wurden die Flächen bei den schwarzen Johannisbeeren um 95 ha und bei roten und weißen um 45 ha aufgestockt. Aber auch die »kleineren« Varietäten gewannen fast durchweg dazu. Die Spanne reicht von +4 ha schwarzen Holunders bis +14 ha Brombeeren. Gegen den allgemeinen Trend erlebten die Freilandhimbeeren im Jahr 2015 einen regelrechten Einbruch. Eigentlich waren die Flächen zuvor innerhalb einer Spanne von 310 bis 317 ha konstant, bis 2015 fast 40 ha gerodet wurden. Ein Auslöser dafür könnte das starke Auftreten der Kirschessigfliege im Sommer 2014 gewesen sein, wodurch viele Himbeerbestände nicht mehr abgeerntet werden konnten. Mit dem Rückgang auf nunmehr 274 ha mussten sie ihren zweiten Platz an die roten Johannisbeeren abtreten.

Schwerpunkte im Heilbronner Raum und im badischen Landesteil

Strauchbeeren werden in Baden-Württemberg vor allem dort in größerem Umfang angebaut, wo generell der Obst- und Weinbau eine vorherrschende Rolle spielt. Das sind im Wesentlichen das Neckartal, die südliche Rheinebene und der Bereich nördlich des Bodensees. Eine führende Rolle übernimmt der Heilbronner Raum mit den Kreisen Heilbronn, Hohenlohe und Schwäbisch Hall, die 2015 ein Drittel der gesamten Anbaufläche (602 ha) auf sich vereinten. In diesem Bereich hat sich ein Schwerpunkt des Johannisbeeranbaus gebildet, in dem über 80 % der Anlagen mit schwarzen und roten Früchten konzentriert sind. Ein völlig anderes Bild zeigt sich in der Rheinebene, der zweitwichtigsten Anbauregion Baden-Württembergs. Die Zentren sind vorrangig im Ortenaukreis (322 ha) und im Kreis Emmendingen (118 ha) lokalisiert. Zwar spielen auch im Ortenaukreis die roten und schwarzen Johannisbeeren mit fast der Hälfte der Anbaufläche eine große Rolle. Aber danach folgten mit Anteilen von 10 bis 14 % die verschiedenen Beerenarten wie Brombeeren, Heidelbeeren, Himbeeren und Stachelbeeren. Ganz anders im Landkreis Emmendingen, wo der Himbeere die Hauptrolle gebührt. Mit 59 ha nimmt sie dort die Hälfte der gesamten Strauchbeerenfläche ein. Klimatisch begünstigt steht die südbadische Region traditionell für eine Vielfalt an Obstarten. Bezeichnend für diese Gegend ist die Erzeugung von Frischobst für die Direktvermarktung und die Belieferung der Obstgroßmärkte, die eine größere Vielfalt an Obstarten erfordern. Im Bodenseekreis und Ravensburg wuchsen auf 272 ha Beeren, wobei schwarze Johannisbeeren (121 ha) und Stachelbeeren (48 ha) überwogen.

Stark im Trend: Ein Dach für die (Him-)Beere

Seit Beginn der Strauchbeerenerhebung erfolgte eine rasante Entwicklung des Beerenanbaus im Folientunnel oder im Gewächshaus. Die Flächen wurden bis 2015 auf fast das Vierfache ausgeweitet – von ursprünglich 15 ha auf nunmehr 58 ha. Insgesamt produzierten 52 Betriebe unter Glas oder Folie (2012: 33 Betriebe) ungefähr 490 t. Etwa zwei Drittel der Fläche wurden durch Himbeeren beansprucht, die besonders empfindlich auf nasse Witterung oder intensive Sonneneinstrahlung reagieren. Unter Glas oder Folie waren die Himbeererträge nicht nur wesentlich höher (75 dt/ha) als im Freiland (41 dt/ha), sondern auch zuverlässiger. Fast der gesamte Anbau und die Erzeugung der Unter-Dach-Produktion finden entlang der Rheinebene statt (48 ha; 430 t), wobei insbesondere der Ortenaukreis mit 19 ha hervorsticht (2012: 2,5 ha). Hier war auch der Anteil der Gewächshausflächen an der Gesamtfläche mit 6 % am höchsten. Weitere 17 ha standen im nordbadischen Raum in den Landkreisen Karlsruhe und Rhein-Neckar-Kreis mit überwiegend Himbeerkulturen. Die Entscheidung für diese nicht unerheblichen Investitionen hat sicherlich mehrere Ursachen. Die Einführung des Mindestlohns und ein starker Befall mit Kirschessigfliege im Jahr 2014 dürften den Druck auf die Betriebe erhöht haben, die Kosten zu reduzieren und intensiver zu wirtschaften, das heißt mehr Ertrag von derselben Fläche zu erhalten. Das wird noch dadurch unterstützt, dass unter Folie die Früchte wesentlich früher am Markt positioniert werden können und dadurch auch höhere Preise erzielt werden.

Kaum Änderungen beim Ökoanbau

In den vergangenen Jahren blieb der Anteil der ökologisch erzeugten Strauchbeeren mit rund 5 % weitgehend konstant. Momentan betreiben 41 Betriebe auf 81 ha vollständig ökologischen Strauchbeerenanbau.9 Dafür bieten sich besonders die weniger empfindlichen Kulturarten an, die zum Beispiel über eine dickere Beerenhaut verfügen. Entsprechend besteht fast die Hälfte der Ökoflächen aus schwarzen und roten Johannisbeeren. Ein weiteres Fünftel sind Anlagen mit schwarzem Holunder und Aroniabeeren. In der Produktion erreichten die Flächenerträge ungefähr die Hälfte bis Dreiviertel der konventionell erzeugten Früchte. An der gesamten Erntemenge betrug somit der Anteil lediglich 2 %.

Vielfältige Betriebsstruktur im Land

Der Anbau von Strauchbeeren erfolgt auf vielen Betrieben als Ergänzung zu Obstarten wie Äpfel, Kirschen, Erdbeeren oder auch Tafeltrauben. Einerseits wird Beerenobst zur Ergänzung des Sortiments herangezogen, andererseits können arbeitswirtschaftliche Lücken zwischen Erdbeersaison oder Kirschenernte und dem Start der Apfelernte genutzt werden. Trotz vieler kleiner Flächen bewirtschaften auch im Strauchbeerenanbau wenige Betriebe den größten Teil der Anbaufläche. Von den insgesamt 472 Betrieben bearbeiteten 2015 rund 80 Betriebe (18 %) mehr als 5 ha und damit fast zwei Drittel der Fläche (1 100 ha). Über weniger als 2 ha Strauchbeeren verfügte über die Hälfte der Betriebe, deren Flächen sich jedoch »nur« auf 103 ha summierten. Unterschiede treten allerdings zwischen den Beerenarten auf. Ganz klar dominieren die größeren Betriebsstrukturen bei den Johannisbeeren, wo aufgrund der maschinellen Ernte leichter großflächigere Einheiten bewirtschaftet werden können. Entsprechend standen 87 % der Flächen mit schwarzen Johannisbeeren auf Betrieben, die in der Kategorie größer als 5 ha einzuordnen sind. Bei roten Johannisbeeren und Himbeeren war es immer noch gut die Hälfte der Anlagen, die zu Betrieben mit mehr als 5 ha gehören. Bei den »kleineren« Strauchbeerenarten rutschte die Marke zum Teil deutlich unter die 50 %.

Der Anbau von Strauchbeeren zeichnet sich durch eine dynamische Entwicklung aus, wie die kontinuierlich steigenden Zuwachsraten der letzten Jahre zeigen. Niedrige Selbstversorgungsraten und ein zunehmender Pro-Kopf-Verbrauch lassen den Schluss zu, dass durchaus noch Potenzial in diesem Bereich vorhanden ist. Allerdings wird eine weitere Expansion aber auch von den Rahmenbedingungen abhängen. Diskussionen und Probleme rund um den Mindestlohn sowie zunehmende Einbußen durch Schädlingsbefall und Pilzkrankheiten könnten die positive Entwicklung auch zum Stoppen bringen.

1 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

2 Statistisches Bundesamt.

3 Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO): Stand 2013.

4 Der Selbstversorgungsgrad ist die Inlandserzeugung von Produkten gemessen am Gesamtverbrauch der Produkte in %.

5 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; Wirtschaftsjahr 2012/2013.

6 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

7 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Presseinformation vom 28.08.2014.

8 Rote und weiße Johannisbeeren werden zusammen erfasst, wobei weiße Johannisbeeren von geringerer Bedeutung sind.

9 Es sind nur die Betriebe berücksichtigt, die ihre Flächen vollständig auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt haben und nach dem Kontrollverfahren zum ökologischen Landbau (EG) Nr. 834/2007 anerkannt sind.