:: 6/2016

Das Baugewerbe in Baden-Württemberg 2015

Im Jahr 2015 verzeichnete die Baubranche im Land im 6. Jahr in Folge einen Geschäftszuwachs. Die entscheidenden Impulse kamen dabei vom Wirtschaftsbau. Im Wohnungsbau und im Straßenbau wurde das Niveau vom Vorjahr gehalten. Die gute wirtschaftliche Lage und das optimistische Geschäftsklima zeigten sich auch schon in den getätigten Investitionen im Vorjahr. Die Auftragsbücher waren am Ende des Jahres 2015 voll und erlauben die Annahme, dass das Jahr 2016 auch im Wohnungsbau und im Straßenbau wieder Steigerungen bringen wird.

Das Bauhauptgewerbe

Umfassende Strukturdaten über die Betriebe und die Beschäftigten des Bauhauptgewerbes liegen in der amtlichen Statistik aus der jährlich stattfindenden Ergänzungserhebung vor. Sie wird für den repräsentativen Monat Juni durchgeführt.1

Für das Jahr 2015 zeigte sich insgesamt ein positives Bild. Der leichte Wachstumstrend seit dem Jahr 2009, dem Jahr der Wirtschafts- und Finanzkrise, setzte sich fort. In Baden-Württemberg waren es 7 158 Betriebe, die Bauleistungen im Bauhauptgewerbe erbrachten und die für die Befragung im Juni verpflichtet wurden.2 Das waren 1 % weniger als im Jahr 2014, es wurden aber mehr Beschäftigte gemeldet (siehe i-Punkt). Mit rund 92 500 tätigen Personen hat sich damit die Beschäftigungslage im Bauhauptgewerbe im 6. Jahr in Folge verbessert. Nur die Zahl der Auszubildenden ist im Jahr 2015 weiter zurückgegangen. Sie liegt mit rund 4 700 Lehrlingen deutlich unter dem Spitzenwert im Jahr 2013 als noch über 4 900 Lehrlingen gemeldet wurden. Die Betriebe erwirtschafteten im Juni 2015 einen Gesamtumsatz von 1,2 Mrd. Euro. Das übertraf den Wert vom Juni 2014 um fast 9 %.

Laufende Konjunkturdaten zum Bauhauptgewerbe werden aus monatlichen und vierteljährlichen Erhebungen gewonnen. Über das gesamte Jahr 2015 betrachtet, fällt der Vorjahresvergleich im Hinblick auf den baugewerblichen Umsatz in fast allen Geschäftsbereichen positiv aus.3 Insgesamt wurde ein baugewerblicher Umsatz von knapp 13,5 Mrd. Euro abgerechnet. Das bedeutet eine Steigerung von 4 % gegenüber dem Jahr 2014. Deutlich hat der Tiefbau zugelegt. Mit rund 4,4 Mrd. Euro lag der nominale Umsatz dort 6 % über dem Vorjahreswert. Im Straßenbau, der zum Tiefbau gezählt wird, wurde dabei das Niveau vom Vorjahr gehalten. Der sogenannte Wirtschaftstiefbau, zu dem auch der Umsatz gehört, der für die Deutsche Bahn AG abgerechnet wird, und der Öffentliche Tiefbau konnten aber kräftig zulegen: der Wirtschaftstiefbau um rund 8 % und der Tiefbau für öffentliche Auftraggeber sogar um mehr als 12 %. Auch im Hochbau ergab sich mit einem Umsatz von 9 Mrd. Euro eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Sie betrug 3 % und wurde von Arbeiten für gewerbliche Auftraggeber getragen, mit denen die Baubetriebe nahezu 7 % mehr Umsatz abrechnen konnten als im Vorjahr. Im Wohnungsbau, der prozentual den höchsten Anteil am Hochbau bildet, ergab die Entwicklung im Vergleich zu 2014 eine »schwarze Null«.

Das Ausbaugewerbe

Auch die Ausbauer konnten das Jahr 2015 mit einer positiven Bilanz abschließen. Zum Ausbaugewerbe zählen Betriebe, die im weitesten Sinne Bauinstallationen vornehmen. Dazu gehört zum Beispiel die Elektroinstallation, aber auch der Einbau von Gas-, Wasser-, Heizungs- und Klimaanlagen, die Bautischlerei, Fliesenleger, Maler, Glaser und Stuckateure.

Die Zahl der Betriebe mit mindestens zehn Beschäftigten, die für die jährliche Strukturerhebung im Ausbaugewerbe berichtspflichtig sind, lag im Jahr 2015 bei 2 748. Das waren 2 % mehr als im Jahr 2014. Diese Betriebe meldeten zum Stichtag Ende Juni 2015 insgesamt 71 127 beschäftigte Personen, davon 70 130, die unmittelbar im Ausbaugewerbe tätig sind. Damit stieg die Anzahl ihrer Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr um rund 3 %. Die Betriebe erwirtschafteten im 2. Quartal 2015, dem repräsentativen Quartal für das Gesamtjahr, einen Gesamtumsatz von 2 Mrd. Euro. Das entsprach in etwa dem Wert aus dem 2. Vierteljahr 2014.

Neben dem Umsatz im 2. Quartal 2015 wird mit der Strukturerhebung auch der Gesamtumsatz im vorangegangenen Geschäftsjahr erhoben. Er betrug für das Geschäftsjahr 2014 insgesamt 8,7 Mrd. Euro. Dieser Wert übertrifft den Gesamtumsatz von 2013 um 53 Mill. Euro und damit um weniger als 1 %.4

Die Bauträger

Die Erhebungen im Ausbaugewerbe liefern auch Daten über die Bauträger. Bauträger befassen sich mit der Erschließung von unbebauten Grundstücken im Rahmen von Bauvorhaben zum späteren Verkauf durch Sicherstellung der Finanzierung und technischen Ausführung. Da sich ihre Tätigkeit damit von den Ausbauern stark unterscheidet, melden sie nur ein eingeschränktes Merkmalsprogramm: die Anzahl der tätigen Personen insgesamt, die Entgelte und den Gesamtumsatz.

Zur jährlichen Erhebung in diesem Geschäftsfeld waren in Baden-Württemberg im 2. Quartal 2015 insgesamt 56 Bauträger mit mehr als zehn tätigen Personen berichtspflichtig. Sie meldeten insgesamt rund 1 900 Beschäftigte. In diesem 2. Quartal wurde ein Gesamtumsatz von rund 323 Mill. Euro erzielt, während für das gesamte Kalenderjahr 2014 rund 1,3 Mrd. Euro Gesamtumsatz gemeldet wurden. Bei der verhältnismäßig geringen Zahl von Berichtspflichtigen und der Art ihrer Tätigkeit ist es aber nicht sinnvoll, Veränderungsraten gegenüber 2014 bzw. 2013 zu berechnen. Denn in den einzelnen Jahren, in denen mehrjährige Projekte fertig gestellt werden, können sehr hohe Umsätze erzielt werden. Es gibt auch buchhalterische Effekte, wenn fertig gestellte Gebäude nicht sofort verkauft werden und in das Vermögen der Unternehmen übergehen.

Die Investitionstätigkeit

Im Rahmen der Investitionserhebungen werden Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit im Vorjahr befragt. Die Meldungen für das abgeschlossene Jahr 2014 lagen der amtlichen Statistik also im Jahr 2015 vor. Als Bruttoanlageinvestitionen sind der Wert der erworbenen und selbst erstellten Sachanlagen für betriebliche Zwecke zu melden, darunter die Anschaffung von Grundstücken und Ausrüstungen. Seit 2009 zählt zusätzlich die Frage nach der Investition in beschaffte Software zum Erhebungsprogramm.

Die Unternehmen des Bauhauptgewerbes in Baden-Württemberg investierten im Jahr 2014 insgesamt 6 % mehr als im Jahr 2013. Der Wert der nominalen Bruttoanlageinvestitionen5 der Unternehmen des Bauhauptgewerbes belief sich auf rund 334,4 Mill. Euro und hat damit im Vergleich zum Vorjahr um 19 Mill. Euro zugelegt. Den Hauptanteil bildeten dabei die Investitionen in Ausrüstungen für 304,4 Mill. Euro, also die Neuanschaffung von Maschinen und Geräten oder beispielweise auch von Gerüsten oder Schalungen. Damit verzeichnete dieser Bereich gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von annähernd 9 %. Dagegen wurden in Immobilien wie Grundstücke mit Geschäfts-, Fabrik-, Wohngebäuden oder auch unbebaute Grundstücke6 mit einer Summe von rund 30 Mill. Euro 14 % weniger investiert als 2013. Die Investitionen in Software beliefen sich im Jahr 2014 auf 3,2 Mill. Euro. Das lag 14 % über dem Vorjahreswert.

Die Unternehmen des Ausbaugewerbes (ohne Bauträger) mit 20 und mehr Beschäftigten mit Hauptsitz in Baden-Württemberg investierten im Jahr 2014 insgesamt gut 14 % mehr als im Jahr 2013. Der Wert der Bruttoanlageinvestitionen der Unternehmen des Ausbaugewerbes belief sich insgesamt auf rund 109 Mill. Euro und hat damit im Vergleich zum Vorjahr um 13,6 Mill. Euro zugelegt. Darunter wurden für Ausrüstungen 100,9 Mill. Euro investiert, das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 15 %. Die Investitionen in Immobilien hatten mit fast 8,2 Mill. Euro ein Plus von etwa 4 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. In Software wurde 2014 weniger investiert als 2013. Die Ausbauunternehmen erwarben Software für 2,4 Mill. Euro und damit fast 17 % weniger als im Vorjahr.

Im Rahmen der Baustatistik sind die Investitionserhebungen die einzige Quelle für Aussagen über weibliche Beschäftigte in der Baubranche. Es wird nicht weiter überraschen, dass der Anteil der weiblichen Beschäftigten im Bauhauptgewerbe seit mehr als 5 Jahren lediglich bei rund 10 % liegt. Im Ausbaugewerbe ist die Quote erwartungsgemäß etwas höher. Im Jahr 2014 lag sie bei gut 15 %. Dass die Bauträger nur pro forma zu den Ausbauern zählen, zeigt sich auch an diesem Merkmal: die Statistik ermittelte hier eine Frauenquote von 46 %.

Die Auftragslage zu Beginn des Jahres 2016

Interessant für die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Baubranche in näherer Zukunft sind die Auftragsbestände. Die hier berichtspflichtigen Betriebe im Bauhauptgewerbe melden dafür vierteljährlich die Höhe ihres Auftragsbestandes. Das Auftragspolster, mit dem die Betriebe mit 20 und mehr Mitarbeitern in das Jahr 2016 gehen konnten, kann sich sehen lassen. Gegenüber dem Vorjahr wurde für den nominalen Auftragsbestand im gesamten Bauhauptgewerbe zum Jahresbeginn mit 4,2 Mrd. Euro um fast 8 % mehr gemeldet als zu Beginn des Jahres 2015. Dabei sind die Veränderungsraten in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich. Der Auftragsbestand im Wohnungsbau erreichte einen Anteil von 17 % am Gesamtvolumen und zeigte gegenüber Ende 2014 eine Steigerung von 26 %. Der Straßenbau mit einem Gesamtanteil von 15 % übertraf das noch mit einem Plus von 48 %. Die fest akquirierten Aufträge für Hochbauten für gewerbliche Auftraggeber steuerten zwar nach wie vor den Hauptanteil bei, waren gegenüber Ende 2014 jedoch um gut 7 % geringer. Der Wirtschaftstiefbau dagegen hatte ein um 25 % dickeres Auftragspolster. Bei den Aufträgen, die Bund, Länder und Kommunen7 bis zum Jahresende 2015 für das Jahr 2016 über den Straßenbau hinaus vergeben haben, liegt der Schwerpunkt im Tiefbau. Gegenüber dem Stand zu Beginn des Jahres 2015 waren es im Tiefbau aber 13 % weniger und dafür im Hochbau rund 10 % mehr.

In der Summe betrachtet war der nominale Wert des Auftragsbestandes am Anfang des Jahres 2016 im Hochbau um rund 4 % und im Tiefbau um annähernd 14 % höher als zu Beginn des Vorjahres. Die Baupreise sind im Jahr 2015 gestiegen, aber auch nach einer Preisbereinigung blieben die Tendenzen der Steigerungsraten erhalten.8 Für den Volumenindex des Auftragsbestandes ergab sich im Hochbau eine Steigerung gegenüber dem Vorjahresniveau von gut 2 % und im Tiefbau um 10 %.9

Das deutet auf eine insgesamt positive Perspektive für das Jahr 2016 hin. Nach einer Stagnation im Wohnungsbau und im Straßenbau sind auch in diesen Bereichen wieder Steigerungen zu erwarten.

1 Weitergehende Informationen zum Statistiksystem im Baugewerbe können folgenden Aufsätzen entnommen werden: Dreher, Christoph: Die Statistiken im Bauhauptgewerbe – ein Überblick, Teil 1, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl 11/2002 und Dreher, Christoph: Die Statistiken im Bauhauptgewerbe – ein Überblick, Teil 2, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl 12/2002.

2 Betriebe einschließlich Arbeitsgemeinschaften.

3 Umsatz ohne Mehrwertsteuer. Da es sich um die steuerlich abgerechneten Umsätze handelt, müssen Leistungsperiode und Umsatzmeldung nicht unbedingt zeitlich zusammenfallen.

4 Detaillierte Zahlen finden sich im Internet-Angebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg und in der Fachserie des Statistischen Bundesamtes »Personen und Umsatz der Betriebe im Baugewerbe – Fachserie 4 Reihe 5.1«.

5 Investitionen ohne Umsatzsteuer.

6 Einschließlich Grundstückserschließungs-kosten und Ähnliches.

7 Einschließlich Organisationen ohne Erwerbszweck.

8 Siehe Statistischer Bericht Baden-Württemberg: MI4-vj 4/15 Preisindex für Bauwerke in Baden-Württemberg im November 2015.

9 Volumenindex zum Basisjahr 2010.