:: 10/2016

Aspekte der Bautätigkeit im Wohnbau 2015

Ende 2015 wurden in Baden-Württemberg rund 5 191 000 Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie in Wohnheimen ermittelt. Der Anteil von Einfamilienhäusern am Wohngebäudebestand ist in den hauptsächlich ländlich geprägten Landkreisen am höchsten, während in den Stadtkreisen natürlich die Mehrfamilienhäuser dominieren. Bei den neu zum Bau freigegebenen Wohnungen waren private Haushalte die anteilsmäßig stärkste Bauherrengruppe dicht gefolgt von Wohnbauunternehmen. In Fertigteilbauweise werden inzwischen 25 % aller neu zu errichtenden Wohngebäude erstellt.

Das intensivste Neubaugeschehen der letzten 3 Jahre gemessen an der Einwohnerzahl fand in den Landkreisen Biberach und im Bodenseekreis statt, gefolgt vom Alb-Donau-Kreis, dem Stadtkreis Ulm sowie den Landkreisen Böblingen und Breisgau-Hochschwarzwald.

Nach einem Jahr reger Bautätigkeit wurde zum Jahresende 2015 in Baden-Württemberg ein Bestand von 5,191 Mill. Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden gezählt, knapp 0,7 % mehr als noch 2014.1 Statistisch gesehen teilen sich 2,1 Personen eine Wohnung, diese sogenannte Belegungsdichte ist seit 2011 konstant. 1950 belegten noch 4,5 Personen eine Wohnung. Im abgelaufenen Jahr bewohnte jede Baden-Württembergerin und jeder Baden-Württemberger rechnerisch eine Wohnfläche von knapp 46 m2. Auch dieser Wert hat sich seit 2011 fast nicht verändert.

Die 2015 genehmigten Wohngebäude werden durchschnittlich 4,2 Räume je Wohnung aufweisen. Das ist ein etwas geringerer Durchschnitt als noch in den Hochzeiten des Wohnungsbaus im Jahre 1974 mit 4,4 Räumen je Wohnung. Die Durchschnittsbetrachtung verdeckt aber, dass die Wohnungen heute anders aufgeteilt werden als noch in den 1970er-Jahren. Der Anteil der Wohnungen mit 5 oder mehr Räumen ging von 48 % auf 41 % aller Neubauwohnungen zurück. Heute werden hingegen mehr kleinere Wohnungen mit einem oder zwei Räumen gebaut. Waren es 1974 noch 13 %, sind es heute 19 %. Der Anteil der Wohnungen mit drei oder vier Räumen ist mit 39 % gleichgeblieben. Da die Familien kleiner geworden sind, werden heute eben weniger Kinderzimmer benötigt und Alleinlebende, deren Zahl zugenommen hat, bescheiden sich häufig mit weniger Räumen.

Betrachtet man die 2,387 Mill. Wohngebäude des Landes aufgeteilt nach der Gebäudeart so handelt es sich hierbei zu 61 % um Einfamilienhäuser, das sind 1,458 Mill. Wohngebäude mit einer Wohnung. Der Anteil von Einfamilienhäusern am Wohngebäudebestand ist in den hauptsächlich ländlich geprägten Landkreisen am höchsten, während in den Stadtkreisen natürlich die Mehrfamilienhäuser (Wohngebäude mit drei oder mehr Wohnungen) dominieren. So bestanden zum Beispiel Ende 2015 im Zollernalbkreis 78 % der Wohngebäude aus Einfamilienhäusern, in Stuttgart waren es dagegen 35 %.

Welche Bauherrengruppen bestimmen das Baugeschehen?

Wer baut heutzutage in Baden-Württemberg neue Wohnungen? Wirft man einen Blick auf die das Baugeschehen bestimmenden Bauherrengruppen zeigt sich, dass 48 % aller fertiggestellten Neubauwohnungen im vergangenen Jahr von Unternehmen und 49 % von privaten Haushalten gebaut wurden. Die Bauherrengruppe »Unternehmen« besteht überwiegend aus Bauträgern, die als Wohnungsunternehmen auftreten. Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich das Verhältnis der Bauherrengruppen zueinander zugunsten der Unternehmen verschoben. Damals zeichneten private Haushalte für 54 % bezugsfertige Neubauwohnungen verantwortlich, Unternehmen für 45 %.2 Aufgeschlüsselt nach Gebäudeart, wie in Tabelle 1 dargestellt, werden Wohngebäude mit einer Wohnung, das sind in der Regel Einfamilienhäuser, weit überwiegend von privaten Bauherren errichtet. 2015 waren dies 81 %. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (nämlich Wohngebäude mit drei oder mehr Wohnungen), die einen Anteil von 52 % an allen fertiggestellten Neubauwohnungen hatten, wurden hingegen hauptsächlich von Unternehmen als Bauherren erstellt (77 %).

Mit welchen Baustoffen wird heute gebaut?

Die Pflicht zur Energieeinsparung bei Neubauten im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV vom 24. Juli 2007) und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG vom 7. August 2008)3 bringt auch im Bereich der beim Bauen verwendeten Baustoffe Veränderungen. Gefragt sind zunehmend Baustoffe, die eine gute Wärmedämmung versprechen. Schaubild 1 vergleicht den Anteil der jeweiligen Baustoffe, die bei zum Bau freigegebenen Wohnungen der Jahre 2000 und 2015 vorgesehen waren.4 Während im Jahr 2000 noch Ziegel der am häufigsten benutzte Baustoff war (40 %) und Holz einen Anteil von 15 % besaß, nahm 2015 der Ziegelanteil auf knapp 27 % ab. Holz mit einem Anteil von 27 % an den überwiegend verwendeten Baustoff liegt heute mit dem Ziegelanteil gleichauf. Die »sonstigen Mauersteine« des Befragungsjahres 2000 können seit 2010 weiter differenziert werden: besonders Porenbeton und Kalksandstein sowie Leichtbeton/Bims versprechen eine vergleichsweise hohe Wärmedämmung.

Tabelle 2 schlüsselt die 2015 zur Verwendung kommenden Baustoffe nach Gebäudearten auf. In Einfamilienhäusern soll für die tragende Konstruktion zu 32 % Holz, Ziegel zu 25 % sowie Porenbeton (zu 22 %) zur Verwendung kommen. Im Geschosswohnungsbau, das heißt bei Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen, dominiert Stahlbeton als Baustoff (30 %) und die Ziegelbauweise (28 %), während Holz bei der tragenden Konstruktion kaum eine Rolle spielt. »Sonstiger Baustoff« des Befragungsjahres 2015 ist eine Sammelposition sehr selten verwendeter Baustoffe. Darunter sind zum Beispiel Natursteine oder natürlich vorkommender Sandstein eingeordnet.

Welcher Energieträger liefert die Heizenergie?

In der Statistik der Baugenehmigungen wird die Frage nach der vorgesehenen Heizenergie und die für die Warmwasserbereitung verwendete Energie differenziert erhoben. Insbesondere auch deshalb, weil im Laufe der Jahre der Wechsel von herkömmlichen Energiequellen zu regenerativen Energien dokumentiert werden soll. Nicht verwunderlich ist, dass Kohle, Koks und Briketts als Heizenergie im Neubau heute keine Rolle mehr spielen. In Tabelle 3 wird diese Energiequelle nicht mehr separat ausgewiesen, sondern mit anderen verbleibenden Energien unter »sonstige Energie« geführt.

Bei neu zu bauenden Ein- und Zweifamilienhäusern wird die Hälfte der Gebäude mit Wärmepumpen primär beheizt, die Umwelt- oder in geringerem Umfang Geothermie als Wärmequelle nutzen. In Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen dient Gas häufig als primäre Heizenergie (44 %). Neben Umweltthermie (20 %) ist auch die Versorgung mit Fernwärme (16 %) in dieser Gebäudeart wesentlich vertreten. Die überwiegende Nutzung von Biogas/Biomethan oder sonstiger Biomasse als primäre Heizenergie ist kaum vertreten. Gas als Heizenergie umfasst aber auch Biogas-Beimischungen in unterschiedlichen Anteilen. Auch Fernwärme wird zu einem gewissen Anteil aus erneuerbaren Energien erzeugt. Gebäude ohne primäre Heizenergiequelle spielen im Neubaugeschehen derzeit fast keine Rolle. Diese sogenannten Passivhäuser oder Plus-Energie-Häuser benötigen aufgrund ihrer guten Dämmung und Lüftung keine Primärenergie. Sie können aber zur Warmwasserbereitung zum Beispiel über eine Solaranlage als ergänzenden Energielieferanten verfügen.

Falls eine weitere Energiequelle zur Beheizung eingesetzt wird, wird von einer sekundären Heizenergie gesprochen. Zunehmend finden sich auf den Dächern der Häuser Solarpaneele, die ergänzende Energie bereitstellen. Auch Holzöfen sind als sekundäre Heizenergie beliebt. Häufig wird natürlich mit einem einzigen Energieträger geheizt und Warmwasser aufbereitet, in Mehrfamilienhäusern nach wie vor klassisch mit der Gas-Zentralheizung.

Welche Rolle spielt der Fertigteilbau im Wohnbaugeschehen?

Immerhin ein Viertel oder 3 989 von insgesamt 15 649 im Jahr 2015 zum Bau freigegebene Wohngebäude Baden-Württembergs sollen in Fertigteilbauweise entstehen. Fertigteile sind tragende, mit Anschlüssen versehene Bauteile, die in der Regel nicht auf der Baustelle gefertigt werden. Es handelt sich hierbei um ein Baukostenvolumen von rund 1,14 Mrd. Euro. Im Genehmigungsjahr 2015 wurden insgesamt 6,54 Mrd. Euro Baukosten für die Errichtung von Wohngebäuden in konventioneller Bauweise und Fertigteilbauweise veranschlagt.

Betrachtet man die Veränderung der Anteile der genehmigten Wohnungsneubauten in Fertigteilbauweise 2000 und 2015 an allen Neubauten hat sich der Fertigteilbau weitere Marktanteile erkämpft. Im Jahr 2000 wurden von 23 226 genehmigten Gebäuden bei 3 461 oder 15 % angegeben, dass sie in Fertigbauweise errichtet werden sollen. Eine weiter gestiegene Produktqualität der vorgefertigten Bauteile und auf Kunden individuell zugeschnittene Lösungen konnten wohl zunehmend mehr Bauherren als früher vom Fertigteilbau überzeugen. Bei 93 % der zum Bau freigegebenen Wohngebäude im Fertigteilbau 2015 traten private Haushalte als Bauherren auf. Von allen genehmigten Gebäuden in Fertigteilbauweise sind 88 % als Einfamilienhäuser und 9 % als Zweifamilienhäuser geplant. Von den 89 im Jahr 2015 insgesamt genehmigten Wohnheimneubauten sollen 20 Gebäude in Fertigteilbauweise errichtet werden.

Wie Tabelle 4 erkennen lässt, wird im Fertigteilbau weit überwiegend Holz als Baustoff verwendet. Insbesondere die für den Bau freigegebenen Einfamilienhäuser des Jahres 2015 sollen zu 92 % aus Holzfertigteilen entstehen. Daneben spielt noch Stahlbeton als überwiegend verwendeter Baustoff eine nennenswerte Rolle. An der Wahl der bevorzugten Baustoffe hat sich in den letzten Jahren kaum etwas geändert, wobei sich Holz als besonders beliebter Baustoff weiter durchgesetzt hat.5

Stahl gehört (immer noch) zu den »Baustoff-Exoten« im Wohnungsbau. Mitunter kommt Stahl im Fertigteilbau als Tragekonstruktion zum Einsatz (Stahlleichtbauweise), 2015 war dies bei vier neuen Wohngebäuden der Fall. Teilweise findet Stahl auch aufgrund des vergleichsweise geringen Gewichts bei Aufstockung eines Gebäudes Verwendung. Im Nichtwohnbau findet man hingegen Stahl häufiger als überwiegend verwendeten Baustoff in den tragenden Teilen, zum Beispiel bei Lagerhallen, Garagen mit mehreren Etagen oder Bürogebäuden mit großen Glasflächen über mehrere Stockwerke hinweg, besonders flexibler Raumaufteilung und ambitionierter Architektur.

Wo werden in Baden-Württemberg besonders viele Wohnungen gebaut?

Die Zahl der Baugenehmigungen für Neubauten lässt sich den Stadt- und Landkreisen regional zuordnen. Betrachtet man lediglich die absolute Zahl der Baugenehmigungen war der Ortenaukreis 2015 mit 1 733 zum Bau freigegebenen Wohnungen Spitzenreiter im Land. Da die Stadt- und Landkreise gemessen an ihrer Bevölkerungszahl unterschiedlich groß sind, erhält man genauere Vergleichswerte zur Bauintensität, wenn man die Baugenehmigungen für Neubauwohnungen auf 10 000 Einwohner eines Kreises bezieht. Schaubild 2 ist zu entnehmen, dass im Betrachtungszeitraum 2013 bis 2015 in den Landkreisen Biberach, Breisgau-Hochschwarzwald, Böblingen, dem Bodensee- und Alb-Donau-Kreis sowie im Stadtkreis Ulm das intensivste Neubaugeschehen im Wohnungsbau registriert werden konnte. Das geringste Neubaugeschehen war in den sehr ländlich geprägten Kreisen Neckar-Odenwald, Zollernalb, Heidenheim und in den Stadtkreisen Mannheim und Karlsruhe zu verzeichnen.

Erstaunlicherweise haben die ausgewiesenen Zuzugsgebiete der Region Stuttgart, die Landkreise Ludwigsburg, Rems-Murr, Esslingen, Göppingen und die Stadt Stuttgart selbst, im Wohnungsneubau gemessen an ihrer Einwohnerzahl nur durchschnittlich abgeschnitten. In diesen Verdichtungsräumen mit hoher Nachfrage auf dem Wohnungs- und Häusermarkt begrenzen knappes und teures Bauland und weiter steigende Baukosten6 die Zahl der realisierbaren Bauvorhaben. Einer Nachverdichtung im bestehenden Wohnungsbestand und der Ausweisung neuer Baugebiete stehen häufig aber auch Bürger- und Anwohnerinteressen entgegen, wie den Medien zu entnehmen ist, was nicht ohne Einfluss auf das Neubaugeschehen bleiben kann.