:: 12/2016

Das Handwerk in Baden-Württemberg

Ergebnisse der registergestützten Handwerkszählung 2014

Das Handwerk ist ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft in Deutschland und in Baden-Württemberg. »Die Wirtschaftsmacht von nebenan« – so der Werbeslogan des deutschen Handwerks – spielt nicht nur eine wichtige Rolle in den wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozessen, sondern ist darüber hinaus auch ein bedeutender Arbeitgeber. Nicht zuletzt kommt dem Handwerk bei der beruflichen Ausbildung und der Weitergabe und Pflege von Wissen eine zentrale Stellung zu. Im vorliegenden Beitrag wird nach einem einleitenden Überblick über das Handwerk in Baden-Württemberg und Deutschland die Bedeutung des baden-württembergischen Handwerks für die Wirtschaft im Land insgesamt betrachtet.

Ferner werden die Strukturen und die Entwicklung des Handwerks in Baden-Württemberg dargestellt. Die Daten stammen aus der Handwerkszählung. Seit dem Berichtsjahr 2008 werden die Ergebnisse der Handwerkszählung nicht mehr durch direkte Befragung der Handwerksunternehmen gewonnen, sondern basieren auf der Auswertung des statistischen Unternehmensregisters und auf Daten der Handwerkskammern.

Rund 17 % des bundesweiten Umsatzes im Handwerk stammt aus baden-württembergischen Handwerksunternehmen

Nach den Ergebnissen der Handwerkszählung 2014 gab es in Baden-Württemberg im Geschäftsjahr Jahr 2014 knapp 80 000 Handwerksunternehmen. In diesen Unternehmen arbeiteten nahezu 740 000 Personen. Der von baden-württembergischen Handwerksunternehmen im Jahr 2014 erwirtschaftete Umsatz belief sich auf gut 85,9 Mrd. Euro. Bundesweit wurden im Rahmen der Handwerkszählung 2014 nahezu 590 000 Handwerksunternehmen mit über 5,1 Mill. Mitarbeitern gezählt. Der von den Handwerksunternehmen in Deutschland erwirtschaftete Umsatz belief sich auf rund 519,2 Mrd. Euro Umsatz. Damit hatten rund 14 % der Unternehmen dieser Branche ihren Unternehmenssitz in Baden-Württemberg. Baden-Württembergische Handwerksunternehmen stellen somit über 14 % der Arbeitsplätze dieser Branche bundesweit. Und rund 17 % des Umsatzes des Handwerks in Deutschland stammt von baden-württembergischen Unternehmen.

Darüber hinaus wies das baden-württembergische Handwerk im Bundesländervergleich die mit Abstand höchste Produktivität auf. Das Handwerk im Land erwirtschaftete im Jahr 2014 im Durchschnitt gut 116 000 Euro je tätiger Person. Der Bundesdurchschnitt lag lediglich bei etwa 101 000 Euro je tätiger Person. Die mit Abstand höchsten Umsätze je tätiger Person im Land wurden im Kraftfahrzeuggewerbe mit gut 232 000 Euro erzielt.

Die Entwicklung im baden-württembergischen Handwerk war in den letzten Jahren insgesamt betrachtet positiv. Gegenüber 2011 ist die Zahl der Unternehmen um knapp 5 % angewachsen und die Zahl der tätigen Personen um 4 %. Die Umsätze konnten um rund 4 % gesteigert werden. Gemessen an den Umsätzen war ein besonders starker Aufwärtstrend im Bauhauptgewerbe (Umsatzplus gegenüber 2011 um 14,5 %), in den Handwerken für den privaten Bedarf (+ 8,5 %), im Gesundheitsgewerbe (+ 6,2 %) und im Ausbaugewerbe (+ 5,8 %) zu beobachten. Im Kraftfahrzeuggewerbe (– 1,7 %) und im Lebensmittelgewerbe (– 0,8 %) hingegen entwickelten sich die Umsätze im Zeitraum 2011 bis 2014 rückläufig.

Bedeutung des Handwerks für die baden-württembergische Wirtschaft

Auch für das Wirtschaftsleben im Land kommt dem Handwerk eine wichtige Rolle zu. Im Geschäftsjahr 2014 waren 16 % aller Unternehmen in Baden-Württemberg Handwerksunternehmen. Die baden-württembergischen Handwerksunternehmen stellten Arbeitsplätze für gut 13 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land und erwirtschafteten 9 % des Gesamtumsatzes aller im Land ansässigen Unternehmen.

In der regionalen Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in den Stadt- und Landkreisen des Landes recht unterschiedlich ist. So arbeitete im Jahr 2014 im Zollernalbkreis, im Alb-Donau-Kreis sowie in den Landkreisen Schwäbisch-Hall, Emmendingen und Freudenstadt etwa jede bzw. jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Handwerk. Gleichzeitig lagen in den Landkreisen Zollernalbkreis, Schwäbisch Hall, Emmendingen, Freudenstadt und Main-Tauber-Kreis die Umsatzanteile der Handwerksunternehmen am Gesamtumsatz aller Unternehmen dieser Kreise mit Werten zwischen rund 21 % und gut 28 % deutlich über dem Landesdurchschnitt von 9 %. In den Stadtkreisen des Landes hingegen ist die Bedeutung des Handwerks als Arbeitgeber wesentlich geringer. So arbeiteten in Stuttgart nur knapp 4 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Handwerk. In Karlsruhe, Heidelberg, Ulm und Freiburg lagen die Anteile unter der Zehnprozentmarke. Auch die Umsatzanteile aus dem Handwerk waren in den Stadtkreisen Baden-Württembergs am niedrigsten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in ländlichen Gebieten deutlich höher ist als in den großen Städten des Landes. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es in den Großstädten sehr viel mehr Unternehmen gibt und dass die Branchenstruktur eine sehr viel höhere Vielfalt aufweist. Darüber hinaus gibt es in den größeren Städten ein sehr viel größeres Arbeitsplatzangebot auch in der öffentlichen Verwaltung.

Zulassungspflichtiges und zulassungsfreies Handwerk

Die Mehrzahl der Handwerksunternehmen im Land (rund 82 %) ist als zulassungspflichtiges Gewerbe in die Handwerksrolle eingetragen (siehe i-Punkt »Handwerksordnung«). Zum zulassungspflichtigen Handwerk gehörten 2014 gut 65 000 Unternehmen mit nahezu 610 000 tätigen Personen und einem Jahresumsatz von rund 77,9 Mrd. Euro. Die Umsatzproduktivität (Umsatz je tätiger Person) lag bei knapp 128 000 Euro. Im zulassungsfreien Handwerk waren 2014 ca. 14 500 Unternehmen mit über 129 000 tätigen Personen registriert. Das zulassungsfreie Handwerk erzielte einen Jahresumsatz von rund 8 Mrd. Euro. Der Umsatz je tätiger Person lag hier erheblich niedriger als beim zulassungspflichtigen Handwerk, nämlich bei gut 62 000 Euro. Auch die Beschäftigtenstruktur unterscheidet sich deutlich. Im zulassungspflichtigen Handwerk handelt es sich bei der Mehrheit der tätigen Personen um sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (knapp 77 %), nur gut 12 % waren 2014 geringfügig entlohnte Beschäftigte. Beim zulassungsfreien Handwerk ist hingegen nahezu jede dritte tätige Person geringfügig entlohnt, nur rund 58 % waren sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Größte Gewerbegruppen im Land: Ausbaugewerbe und Handwerke für den gewerblichen Bedarf

Die Unternehmen des zulassungspflichtigen und des zulassungsfreien Handwerks sind in sieben Gewerbegruppen mit insgesamt 90 Gewerbezweigen unterteilt.

Die im Hinblick auf die Zahl der Unternehmen, der Beschäftigtenzahlen und des Umsatzes größte Gewerbegruppe im Land ist das Ausbaugewerbe. Mehr als 32 000 Handwerksunternehmen (gut 40 % aller baden-württembergischen Handwerksunternehmen) gehören zum Ausbaugewerbe. Die insgesamt gut 205 000 tätigen Personen des Ausbaugewerbes erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2014 Umsätze von rund 22,7 Mrd. Euro. Die größte Branche innerhalb des Ausbaugewerbes waren die Elektrotechniker mit über 6 000 Unternehmen, nahezu 56 000 tätigen Personen und einem Umsatz von knapp 6,8 Mrd. Euro. Auch die Installateure und Heizungsbauer (Jahresumsatz 5,1 Mrd.), die Tischler (2,9 Mrd.) sowie die Maler und Lackierer (2,3 Mrd.) gehören zu den umsatzstärksten Gewerbezweigen innerhalb des Ausbaugewerbes.

Die zweitgrößte Gewerbegruppe im baden-württembergischen Handwerk bildeten 2014 die Handwerke für den gewerblichen Bedarf. Die Zahl der Unternehmen lag zwar mit ca. 12 000 deutlich unter der im Ausbaugewerbe. Im Hinblick auf die Zahl der Beschäftigten (rund 203 000) und des Jahresumsatzes (21,3 Mrd.) lagen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf nahezu gleichauf mit dem Ausbaugewerbe. Der größte Gewerbezweig innerhalb der Handwerke für den gewerblichen Bedarf waren die Feinwerkmechaniker (Jahresumsatz 2014 rund 9,1 Mrd. Euro).

Im Ausbaugewerbe und in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf arbeite über die Hälfte der Beschäftigten des baden-württembergischen Handwerks und es wird hier gut die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet.

80 % der Handwerksunternehmen haben weniger als zehn tätige Personen

Das baden-württembergische Handwerk ist traditionell kleinbetrieblich strukturiert. Die Mehrzahl der Unternehmen (knapp 80 %) sind Kleinunternehmen mit weniger als zehn tätigen Personen. Die durchschnittliche Zahl der tätigen Personen je Unternehmen liegt bei neun. Mit durchschnittlich 21 tätigen Personen je Unternehmen weicht das Lebensmittelgewerbe deutlich von diesem Mittelwert ab. In Bäckereiunternehmen arbeiteten im Jahr 2014 durchschnittlich sogar 31 Personen. Auch in anderen Gewerbezweigen finden sich überdurchschnittlich große Unternehmen, so zum Beispiel in Unternehmen von Orthopädietechnikern (26), Gebäudereinigern (25) oder Straßenbauern (23).

Produktivität im Kraftfahrzeuggewerbe am höchsten

Gemessen an der Produktivität, das heißt, am Umsatz je tätiger Person, erwies sich das Kraftfahrzeuggewerbe als führend. Im Durchschnitt des baden-württembergischen Handwerks lag der Umsatz je tätiger Person bei gut 116 000 Euro. Im Kraftfahrzeuggewerbe wurde mit mehr als 232 000 Euro ein doppelt so hoher Umsatz je tätiger Person erwirtschaftet. Auf Platz 2 lag, mit knapp 149 000 Euro Umsatz je tätiger Person, das Bauhauptgewerbe und auf dem dritten Platz mit gut 110 000 Euro je tätiger Person das Ausbaugewerbe.

Weitere Ergebnisse der Handwerkszählung (zum Beispiel Daten für das zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerk sowie Daten in regionaler Gliederung nach Stadt- und Landkreisen bzw. nach Handwerkskammerbezirken, aber auch Ergebnisse über die aktuelle konjunkturelle Entwicklung im Handwerk) können im Internetangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Würt­temberg unter www.statistik-bw.de abgerufen werden.