:: 3/2017

Mehr Kinder mit Migrationshintergrund in den Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs

Einrichtungen der Kindertagesbetreuung stellen in Baden-Württemberg mit Blick auf die Bildungsverläufe der jungen Generation die erste reguläre Bildungsinstitution dar. Auch Kinder, die ansonsten nicht von der Kinder- und Jugendhilfe erreicht werden, können hier bedarfsgerecht gefördert werden. Der überwiegende Anteil der Kindertagesbetreuung findet in Kindertageseinrichtungen statt. Die Daten der Statistik zur Kinder- und Jugendhilfe »Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen« geben Aufschluss über die Situation in den Kindertageseinrichtungen am Stichtag 1. März 2016.

Zunehmend mehr Kleinkinder in Tageseinrichtungen

Im März 2016 wurden in den 8 740 Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs insgesamt 413 609 Kinder betreut. Das waren 7 179 (+1,8 %) mehr als im Vorjahr. Den Hauptteil der betreuten Kinder machten die 3- bis unter 6-jährigen (66 %) aus. Jeweils 17 % der Kinder waren unter 3 Jahren oder älter als 6 Jahre. Im Vergleich zum Vorjahr ist insbesondere die Anzahl der unter 3-Jährigen angestiegen (+ 4,4 %).

Von den Kindern im Alter von 3 bis unter 6 Jahren in Baden-Württemberg waren 94 % in einer Kindertageseinrichtung untergebracht. Bei den unter 3-Jährigen war der Anteil deutlich geringer. Nach der Einführung des Rechtsanspruchs auf Kleinkindbetreuung im Jahr 2013 ist die Besuchsquote der Kinder unter 3 Jahren in den Kindertageseinrichtungen von knapp 22 % auf gut 24 % im Jahr 2014 gestiegen. Seitdem ist die Besuchsquote trotz zunehmender Anzahl der unter 3-Jährigen bedingt durch steigende Geburtenzahlen und Zuwanderung weitestgehend konstant geblieben.

37 % der Kinder haben einen Migrationshintergrund

Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund lag im März 2016 in den Kindertageseinrichtungen bei gut 37 %. Während sich die Anzahl der Kinder in Kindertageseinrichtungen insgesamt seit dem Jahr 2007 um knapp 9 % erhöht hat, ist die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen in diesem Zeitraum von rund 117 100 Kindern auf über 154 200 und demnach um 32 % gestiegen (i-Punkt »Migrationshintergrund«).

Bei 92 343 (60 %) der Kinder mit Migrationshintergrund wird in der Familie vorwiegend nicht Deutsch gesprochen, bei den weiteren 61 872 (40 %) Kindern mit Migrationshintergrund ist hingegen Deutsch die in der Familie vorwiegend gesprochene Sprache. Die Kindertageseinrichtungen bieten Kindern eine gute Chance die deutsche Sprache frühzeitig und alltagsintegriert durch Kommunikation mit Gleichaltrigen und gezielte Sprachförderung zu erlernen.

Betreuungszeiten werden länger

Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellen adäquate Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen eine wichtige Rahmenbedingung dar. Knapp 7 000 Tageseinrichtungen (80 %) öffneten im März 2016 zwischen 7:00 und 7:30 Uhr. Vor 7:00 Uhr öffneten lediglich 6 % der Kindertageseinrichtungen. Bei rund 1 250 Einrichtungen (14 %) begann die Öffnungszeit später als 7:30 Uhr. Mehr als jede zweite Tageseinrichtung schloss vor 16:30 Uhr. Später als 18:00 Uhr endete die Öffnungszeit bei knapp 1 %. Jede zehnte Einrichtung öffnete nach 7:30 Uhr und beendete die Öffnungszeit vor 16:30 Uhr. Im Vergleich zum Jahr 2015 ist sowohl die Anzahl der Einrichtungen, die vor 7.30 Uhr öffneten (+1,3 %), als auch die Anzahl derjenigen, die nach 16:30 Uhr schlossen (+2,7 %), gestiegen.

Längere Öffnungszeiten begünstigen die Rahmenbedingungen für eine Ganztagsbetreuung. Mehr als 7 Stunden durchgängig pro Betreuungstag wurden knapp 26 % der Kinder in Kindertageseinrichtungen betreut. Jedes vierte Kind im Alter von 3 bis unter 6 Jahren befand sich in Ganztagsbetreuung. Das sind 1,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Bei den unter 3-Jährigen ist der Anteil von 38 % im Jahr 2015 auf 40 % im Jahr 2016 gestiegen. Eine Mittagsverpflegung in der Einrichtung erhielten 45 % der Kinder in Kindertageseinrichtungen.

Kinder mit Migrationshintergrund wurden etwas häufiger ganztagsbetreut als Kinder ohne Migrationshintergrund. Dies gilt vor allem für Kinder unter 3 Jahren. In dieser Altersgruppe wurden 44 % der Kinder mit Migrationshintergrund an ihren Betreuungstagen durchgängig mehr als 7 Stunden betreut, bei Kindern ohne Migrationshintergrund waren es 38 %.

Erhöhter Personalbedarf durch Zuwachs an betreuten Kindern

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der beschäftigten Personen in den Kindertageseinrichtungen von 93 123 auf 97 139 im März 2016 gestiegen (+4,3 %). Knapp 88 % waren als pädagogisches, Leitungs- oder Verwaltungspersonal (Fachkräfte) angestellt, die weiteren 12 % entfielen auf Personal im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich. Das Durchschnittsalter der Fachkräfte lag bei 39,5 Jahren, der Frauenanteil betrug 95 %.

Mehr als die Hälfte des Fachpersonals in Kindertageseinrichtungen hatte einen Beschäftigungsumfang unter 38,5 Wochenstunden und war demnach teilzeitbeschäftigt. Das sind 5 % mehr Teilzeitkräfte als im Jahr 2015. Der hohe Anteil der Teilzeitbeschäftigten in Kindertageseinrichtungen korrespondiert unter anderem mit dem sehr hohen Frauenanteil.

Über 56 660 Personen und somit zwei Drittel des Fachpersonals waren am 1. März 2016 Erzieherinnen und Erzieher. Obwohl diese Berufsgruppe nach wie vor den größten Anteil des Personals ausmacht, ist der Anteil seit 2013 leicht rückläufig. Gemessen am Jahr 2015 ist vor allem die Zahl der staatlich anerkannten Kindheitspädagogen (+22 %) gestiegen. Im März 2016 hatten 971 Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen einen Abschluss des seit wenigen Jahren bestehenden Studiengangs. Auch der Zuwachs an Auszubildenden von rund 3 020 im Jahr 2015 auf knapp 3 560 im Jahr 2016 (+18 %) ist sehr hoch.

Bundesweit niedrigster Personalschlüssel

Ein zentrales Qualitätsmerkmal der Kindertagesbetreuung stellt der Personalschlüssel dar. Dieser beschreibt das rechnerische Verhältnis einer Betreuungsperson zu der Anzahl betreuter Kinder. In den Gruppen mit Kindern im Alter von 2 bis unter 8 Jahren in den Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs betreute im März 2016 eine pädagogisch vollzeittätige Person rechnerisch sieben Ganztagskinder. Damit hat Baden-Württemberg, wie bereits in den 2 Jahren zuvor, den niedrigsten Personalschlüssel im Bundesvergleich. Deutschlandweit liegt das Betreuungsverhältnis in dieser Gruppenart bei 1:8,7. Auch bezüglich der Kleinkindgruppen ist der Personalschlüssel in Baden-Württemberg mit 1:3,0 am niedrigsten und liegt deutlich unter dem Bundesdurschnitt von 1:4,3 (i-Punkt »Personalschlüssel«).1

Personalstruktur unterscheidet sich je nach Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund

Die Herausforderungen des Fachpersonals können sich je nach dem Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in der Kindertageseinrichtung deutlich unterscheiden. Einrichtungen mit hohem Anteil müssen ihr Personal dementsprechend quantitativ und qualitativ an die Bedürfnisse der betreuten Kinder anpassen.

Knapp die Hälfte der Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs hatte 2016 einen Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund unter 30 %. In jeder vierten Einrichtung hatten mindestens 50 % der Kinder einen Migrationshintergrund. In 170 Kindertageseinrichtungen lag der Anteil der betreuten Kinder mit einem Migrationshintergrund bei mindestens 90 %.

Der Anteil des Personals mit Hochschulabschlüssen steigt mit zunehmendem Migrationsanteil der Kinder in den Einrichtungen an. In den Einrichtungen mit einem entsprechenden Anteil unter 30 % hatten 5 % der Fachkräfte einen Hochschulabschluss. In den Kindertageseinrichtungen mit einem Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund von mindestens 90 % machten akademische Abschlüsse 7 % aus.

Anteile der Kinder mit Migrationshintergrund in großen Gemeinden höher

Die Analyse der Anteile der Kinder mit Migrationshintergrund nach Gemeindegrößenklassen weist einen eindeutigen Trend auf. Es ist festzustellen, dass mit steigender Gemeindegröße der entsprechende Anteil durchschnittlich zunimmt. Bei den Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern lag im März 2016 der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund durchschnittlich bei knapp 22 %. Dieser Anteil steigt mit zunehmender Gemeindegrößenklasse bis auf knapp 47 % an. In fünf kleineren Gemeinden mit unter 2 000 Einwohnern wurden keine Kinder mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen betreut. Es gab hingegen keine Gemeinde in Baden-Württemberg, in der ausschließlich Kinder mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen betreut wurden.

Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund, in deren Familien vorwiegend nicht Deutsch gesprochen wird, steigt ebenfalls mit der Gemeindegrößenklasse durchgehend an: von durchschnittlich 11 % in den kleinsten Gemeinden bis auf 34 % in der größten Gemeindegrößenklasse. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass in kleineren Gemeinden mit niedrigen Anteilen an Kindern mit Migrationshintergrund der Anreiz die deutsche Sprache zu erlernen größer ist als in größeren Gemeinden mit höheren Anteilen an Kindern mit Migrationshintergrund.

Auch regional bestehen große Unterschiede

Insbesondere bei der Tagesbetreuung von Kindern unter 3 Jahren lassen sich zwischen den Kreisen deutliche Unterschiede erkennen. In den Stadtkreisen wird diese Möglichkeit der frühkindlichen Bildung tendenziell häufiger genutzt als in den ländlicheren Kreisen. Zudem unterscheiden sich die regionalen Herausforde­rungen durch verschiedene Anteile an Kindern mit Migrationshintergrund.

Im März 2016 waren die Anteile der unter 3-Jährigen mit Migrationshintergrund in den Kindertageseinrichtungen vor allem in den Stadtkreisen Pforzheim (52 %), Heilbronn (46 %) und Stuttgart (41 %) überdurchschnittlich hoch, während die niedrigsten Anteile in den Landkreisen Emmendingen und Neckar-Odenwald-Kreis mit jeweils unter 20 % verzeichnet wurden.

Der Anteil der Kinder, in deren Familien vorwiegend nicht Deutsch gesprochen wird, war in den Kreisen mit den hohen Anteilen der Kinder mit Migrationshintergrund am höchsten. Im Stadtkreis Stuttgart waren es 34 % der Kinder unter 3 Jahren in Kindertageseinrichtungen, in deren Familien vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wurde. Im Main-Tauber-Kreis waren es hingegen nur 8 % der Kinder, die in ihren Familien vorwiegend nicht Deutsch sprachen. Der Landesdurchschnitt lag bei rund 17 %.

Höchste Besuchsquote im Stadtkreis Heidelberg

Bei der Kleinkindbetreuung in Kindertageseinrichtungen waren die Besuchsquoten in den Stadtkreisen tendenziell höher als in den ländlicheren Kreisen. Die höchste Besuchsquote wies der Stadtkreis Heidelberg auf. Hier wurden 39 % aller Kinder unter 3 Jahren in einer Kindertageseinrichtung betreut. Auch die Stadtkreise Freiburg im Breisgau (37 %), Stuttgart (34 %) und Karlsruhe (30 %) erreichten vergleichsweise hohe Besuchsquoten bei Kindertageseinrichtungen. Besonders niedrig waren die Besuchsquoten hingegen in den Landkreisen Freudenstadt und Hohenlohekreis mit jeweils unter 17 %.

Fazit

Die individuelle Frühförderung von Kindern stellt nach wie vor ein wichtiges Ziel der deutschen Bildungspolitik dar. Landesweit nimmt durch den Ausbau der Kleinkindbetreuung, längere Betreuungszeiten und den Zuwachs an Kindern mit Migrationshintergrund die Vielfalt in den Kindertageseinrichtungen zu. Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und die Vielfalt als Chance nutzen zu können, benötigt es entsprechendes Fachpersonal – sowohl quantitativ als auch qualitativ.

1 Statistisches Bundesamt 2016: Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen – Methodische Grundlagen und aktuelle Ergebnisse 2016. www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Soziales/KinderJugendhilfe/KindertageseinrichtungenPersonalschluessel5225409169004.html (Abruf 25.01.2017).