:: 7/2017

Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg

Teil 3: Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund

Der Übergang in die Erwerbstätigkeit gelingt der jungen Generation ohne Migrationshintergrund (siehe Übersicht) besser als derjenigen mit Migrationshintergrund. Im Wesentlichen ist dies auf die deutlich niedrigere Erwerbstätigenquote der 20- bis unter 35-jährigen Frauen mit Migrationshintergrund zurückzuführen. Die Erwerbsbeteiligung der männlichen Bevölkerung mit Migrationshintergrund unterscheidet sich dagegen kaum von der einheimischer Männer in dieser Altersphase. Der folgende Beitrag wurde für den Themenband »Migration und Bildung in Baden-Württemberg« im Rahmen der Bildungsberichterstattung erstellt. Der Themenband entstand in Kooperation zwischen Landesinstitut für Schulentwicklung und Statistischem Landesamt und wurde am 20. Februar 2017 der Presse vorgestellt. Der vollständige Themenband kann unter www.bildungsbericht-bw.de heruntergeladen und dort als Printversion bestellt werden.

In Teil 3 der Analysen zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg wird ihre Erwerbsbeteiligung anhand der Ergebnisse des Mikrozensus 2015 untersucht. Die Teile 1 und 2 erschienen in den Heften 4 und 5/2017 der Statistischen Monatshefte.

Von den gut 2 Mill. Baden-Württembergern im Alter von 20 bis unter 35 Jahren gingen 77 % im Jahr 2015 einer Erwerbstätigkeit nach, 3,4 % waren erwerbslos1 und annähernd 20 % zählten zu den Nichterwerbspersonen, das heißt zu den Personen, die weder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben noch suchen (Schaubild 1). Als erwerbstätig gelten im Mikrozensus Personen ab 15 Jahren, die im Berichtszeitraum mindestens 1 Stunde gegen Entgelt gearbeitet haben bzw. in einem festen Beschäftigungsverhältnis stehen.

Eintritt in das Berufsleben: Personen mit Migrationshintergrund häufiger erwerbslos

Werden beide Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der Beteiligung am Erwerbsleben getrennt betrachtet, zeigen sich signifikante Unterschiede. Bei den 20- bis unter 35-Jährigen ohne Migrationshintergrund lag die Erwerbstätigenquote – der Anteil der Erwerbstätigen an der gleichaltrigen Bevölkerung – im Jahr 2015 bei nahezu 80 %, während sie bei dieser Altersgruppe mit Migrationshintergrund bei nur annähernd 72 % lag. Gleichzeitig war der Anteil der Erwerbslosen an der Bevölkerung bei dieser Personengruppe mit 4,9 % rund 2 Prozentpunkte höher als bei den gleichaltrigen Personen ohne Migrationshintergrund (2,7 %). Deutliche Unterschiede zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zeigen sich auch bei den Nichterwerbspersonen: Über 23 % der jüngeren Menschen mit Migrationshintergrund zählten zu den Nichterwerbspersonen, bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund waren es nur nahezu 18 %.

Erwerbstätigenquote bei Frauen mit Migrationshintergrund am niedrigsten

Unterschiede bei der Erwerbstätigenquote zeigen sich nicht nur zwischen den Bevölkerungsgruppen, sondern zum Teil auch zwischen Männern und Frauen. Insbesondere bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sind deutliche Unterschiede hinsichtlich der Beteiligung am Erwerbsleben ersichtlich. Während annähernd 80 % der 20- bis unter 35-Jährigen männlichen Bevölkerung mit Migrationshintergrund erwerbstätig war, erreichten die Frauen derselben Personengruppe nur eine Erwerbstätigenquote von rund 63 % (Schaubild 2). Die im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund niedrigere Erwerbstätigenquote der jungen Menschen mit Migrationshintergrund (annähernd 72 %) ist damit weitestgehend der geringen Quote der Frauen geschuldet. Dies könnte am Festhalten an Erwerbsverhaltensmustern aus dem Herkunftsland bzw. an kulturell bedingten Prägungen liegen. Grundsätzlich sind jedoch Unterschiede hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung bzw. deren Entwicklung je nach Herkunftsregion feststellbar.2

Die Erwerbstätigenquote der Männer ohne Migrationshintergrund im Alter von 20 bis unter 35 Jahren betrug im Jahr 2015 nahezu 81 % und lag damit nur geringfügig über der Erwerbstätigenquote der Frauen dieser Personengruppe mit fast 79 %.

Die Erwerbslosenquote bezeichnet den Anteil der Erwerbslosen an den Erwerbspersonen, das heißt an den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen zusammen. Während die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund in der Altersgruppe der 20- bis unter 35-Jährigen im Jahr 2015 eine Erwerbslosenquote von 3,3 % aufwies, war sie bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in derselben Altersgruppe mit 6,4 % fast doppelt so hoch (Schaubild 3). Bei den Frauen mit Migrationshintergrund war sie mit 6,8 % nur geringfügig höher als bei den Männern der jeweiligen Vergleichsgruppe (6,1 %).

Ähnliche Erwerbsquoten bei jüngeren Männern mit und ohne Migrationshintergrund – Deutliche Unterschiede bei den Frauen

Die Erwerbsquote ist definiert als der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung. Sie betrug im Jahr 2015 bei den 20- bis unter 35-jährigen Personen ohne Migrationshintergrund circa 82 % (Schaubild 4). Bei den Männern dieser Gruppe lag die Erwerbsquote bei annähernd 84 % und somit 2,6 Prozentpunkte über der Quote der Frauen mit 81 %. Bei den Personen mit Migrationshintergrund derselben Altersgruppe lag die Erwerbsquote bei annähernd 77 %, wobei hier die Unterschiede zwischen Männern und Frauen besonders deutlich waren. Mit rund 67 % lag die Erwerbsquote der jüngeren Frauen mit Migrationshintergrund rund 17 % unter der Quote der Männer, die mit fast 85 % eine leicht höhere Quote erreichten als die Männer ohne Migrationshintergrund.

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch höheres Bildungsniveau

Eine höhere schulische Bildung (sowie ein beruflicher Bildungsabschluss) verbessert in der Regel die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse zur Bevölkerung insgesamt im Alter von 20 bis unter 65 Jahren3 nach Erwerbsstatus und schulischer Bildung zeigen, dass Erwerbstätige tendenziell über ein etwas höheres schulisches Bildungsniveau verfügen als Erwerbslose (Schaubild 5). So konnten 38 % der Erwerbstätigen in dieser Altersgruppe im Jahr 2015 die Hochschulreife und 31 % einen mittleren Abschluss vorweisen. Über 28 % der erwerbstätigen Bevölkerung hatten einen Hauptschulabschluss, während 2,6 % über keinen schulischen Abschluss verfügten. Von allen Erwerbslosen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren konnten dagegen 7,1 % keinen schulischen Abschluss vorweisen und fast 41 % hatten einen Hauptschulabschluss erreicht. Einen mittleren Abschluss hatten rund 23 % der Erwerbslosen und die Fachhochschulreife bzw. das Abitur circa 29 %.

Auch bei der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund im Alter von 20 bis unter 65 Jahren zeigt sich, dass eine höhere Bildung die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessert. So war der Anteil derer, die keinen Abschluss vorweisen können, bei der Gruppe der erwerbslosen Bevölkerung mit Migrationshintergrund 5 Prozentpunkte höher als bei den Erwerbstätigen derselben Personengruppe mit 7,6 %.

In der jüngeren Altersgruppe der 20- bis unter 35-Jährigen war der Anteil derer, die im Jahr 2015 über einen Hauptschulabschluss oder keinen Schulabschluss verfügten, bei den Erwerbslosen ebenfalls deutlich höher als bei den Erwerbstätigen, sowohl bei der Bevölkerung insgesamt als auch bei den beiden Personengruppen mit und ohne Migrationshintergrund (Tabelle). Folglich waren die Anteile derer, die über die Hochschulreife oder einen Realschulschulabschluss verfügten, bei den Erwerbstätigen höher als bei den Erwerbslosen. Rund 38 % der Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund verfügten über die Hochschulreife, während es bei den Erwerbslosen derselben Bevölkerungsgruppe gut 32 % waren. Gleichzeitig war bei den Erwerbslosen mit Migrationshintergrund der Anteil derer, die einen Hauptschulabschluss vorweisen konnten, mit fast 39 % relativ hoch. Von den erwerbstätigen jüngeren Personen mit Migrationshintergrund hatten annähernd 31 % einen Hauptschulabschluss erreicht. 4,1 % der 20- bis unter 35-Jährigen Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund konnten keinen Schulabschluss vorweisen. Bei den Erwerbslosen derselben Bevölkerungsgruppe lag der Prozentsatz gut doppelt so hoch.4

1 Um die einzelnen Bevölkerungsgruppen hinsichtlich Beteiligung am Erwerbsleben zu analysieren, werden hier zunächst die Anteile der Erwerbstätigen, der Erwerbslosen sowie der Nichterwerbspersonen an der jeweiligen Bevölkerung dargestellt. Die nachfolgend betrachtete Erwerbslosenquote hingegen bestimmt den Anteil der Erwerbslosen an den Erwerbspersonen (siehe auch i-Punkt).

2 Vergleiche hierzu auch Höhne, J.: Migrantinnen und Migranten auf dem deutschen Arbeitsmarkt, in: Wirtschaft und Statistik, Sonderheft Arbeitsmarkt und Migration, 7/2016, S. 24–40.

3 Im Folgenden wird zunächst die Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 65 Jahren untersucht, da in der Altersgruppe der 20- bis unter 35-Jährigen, die im Anschluss betrachtet wird, Aussagen hinsichtlich Erwerbsbeteiligung und Schulabschluss nicht in der gleichen Differenzierung möglich sind. Wie bei jeder Stichprobenstatistik tritt auch beim Mikrozensus ein zufallsbedingter Stichprobenfehler auf. Dieser ist umso größer, je schwächer eine Merkmalsausprägung besetzt ist.

4 Eingeschränkte Aussagekraft aufgrund zu geringer Besetzungszahlen.