:: 7/2017

Home-Office in Baden-Württemberg

Teil 1: Die Nutzung von Home-Office in Baden-Württemberg und die Auswirkung auf die Zufriedenheit mit Arbeit und Familienleben

Das Arbeiten im Home-Office ist zurzeit öffentlich vielfach diskutiert und wird dabei vor allem als Erleichterung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesehen. Dieser zweiteilige Artikel befasst sich mit der Nutzung von Home-Office in Baden-Württemberg bzw. den Gründen für die Nicht-Nutzung und den Erfordernissen für einen erfolgreichen Umgang mit Home-Office.

Im ersten Teil geht es um die empirische Darstellung der tatsächlichen Nutzung von Home-Office bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen und die Auswirkungen auf die Zufriedenheit mit Arbeit und Familienleben. Im zweiten Teil des Artikels, der im kommenden Monatsheft erscheint, wird die zentrale Rolle von Organisationskultur und Führungskräften bei der erfolgreichen Etablierung von Home-Office in Unternehmen diskutiert.

Die Analysen mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) 2014 für Baden-Württemberg zeigen, dass das Home-Office im Südwesten etwas häufiger von abhängig Beschäftigten genutzt wird als in Gesamtdeutschland (15 % versus 12 %) – aber es bei weit mehr der Arbeitsplätze theoretisch möglich wäre (bei 40 %). Die Nutzung weist außerdem sozialstrukturelle und betriebliche Unterschiede auf.

Durch die zunehmende Digitalisierung erweitern sich die technischen Möglichkeiten für das Arbeiten von zu Hause aus. Dabei sind die relevanten Faktoren die zunehmende Vernetzung, die immer stärkere Nutzung digitaler Endgeräte und die ortsunabhängige Verfügbarkeit von Informationen und Arbeitsinhalten.1 Dadurch wird Arbeiten zunehmend räumlich und zeitlich flexibel. Durch diese Entwicklungen gibt es auch mehr Möglichkeiten für das Arbeiten im Home-Office. Neben der Telearbeit (das Arbeiten am heimischen Fest-PC) gibt es das Mobile Arbeiten (mit mobilen Endgeräten). Durch Rechenzentren kann zudem von verschiedenen Orten aus zusammen an denselben Dokumenten gearbeitet werden. Im Folgenden sollen diese beiden Formen nicht differenziert und das Arbeiten von zu Hause aus mit dem Begriff Home-Office umschrieben werden.2

Die Möglichkeiten für das Arbeiten im Home-Office sind nicht in allen Berufsfeldern gleich. Präsenzberufe (wie zum Beispiel Pflege, Wach- und Rettungspersonal) und Berufe mit stark manuell geprägten Tätigkeiten erfordern die persönliche Anwesenheit. Berufe, die von Wissens- und Dokumentenmanagement geprägt sind, ermöglichen eher Heimarbeit. Auch die Größe des Unternehmens, in dem man arbeitet spielt eine Rolle. Größere Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern häufiger das Arbeiten von zu Hause aus als kleinere Unternehmen.3

Das Arbeiten im Home-Office wird nicht nur von Familien mehr gewünscht – auch Singles würden gerne häufiger von zu Hause arbeiten

Das Arbeiten im Home-Office ist zurzeit vielfach in der öffentlichen Diskussion. Meist mit dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Denn Mütter kehren heute nach der Geburt eines Kindes häufiger, schneller und mit einem größeren Stundenumfang zurück in den Beruf als früher. Gleichzeitig beteiligen sich Väter stärker an der Erziehung und Betreuung der Kinder.4 Das Arbeiten im Home-Office spart vielfach Zeit und ermöglicht eine selbstständigere Zeiteinteilung, – was sowohl Familien als auch zum Beispiel Pendlern besonders zugutekommt. Allerdings sind nicht nur Familien an größerer zeitlicher Autonomie interessiert. Brenke (2016) konnte zeigen, dass Singles ähnlich oft gerne von zu Hause aus arbeiten würden wie Alleinerziehende.5

Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt, dass Beschäftigte, die im Home-Office arbeiten, zufriedener mit ihrer Arbeit sind als andere Arbeitskräfte, – obwohl sie oft überdurchschnittlich lange arbeiten.6

Gleichzeitig werden auch negative Konsequenzen diskutiert, die vor allem mit der stärkeren Entgrenzung von Arbeit und Familie zu tun haben. Die Etablierung von gemeinsamen Routinen und Alltagszeiten in der Familie kann sich schwieriger gestalten. Die potenzielle ständige Erreichbarkeit kann dafür sorgen, dass die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen, was zu erhöhten physischem Druck und Risiken für die Gesundheit führen kann.7

Die Nutzung von Home-Office ist in Deutschland – im Vergleich zur EU – eher gering ausgeprägt und sinkt im Zeitverlauf

Arbeiten im Home-Office wird in Deutschland lediglich von 12 % aller abhängig Beschäftigten genutzt, obwohl es bei 40 % der Arbeitsplätze theoretisch möglich wäre.8 Außerdem sinkt der Anteil derer, die Home-Office nutzen, seit 2004. Anders sieht es in vielen Ländern der EU aus, wo die Tendenz steigend ist. Vor allem in den skandinavischen und westeuropäischen Ländern der EU ist die Nutzung von Home-Office viel stärker verbreitet als in Deutschland. In Schweden arbeitet sogar fast jeder Dritte manchmal oder häufig von zu Hause aus.9

Die Nutzung des Home Office in Baden-Württemberg liegt leicht höher als im Bundesdurchschnitt

Die Analysen mit dem SOEP 2014 zeigen, dass in Baden-Württemberg etwas häufiger im Home-Office gearbeitet wird als in Gesamtdeutschland. Hierzulande arbeiteten 15 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zumindest alle 2 bis 4 Wochen (oder öfter) von zu Hause aus (Tabelle 1). Allerdings wäre auch in Baden-Württemberg nach Angaben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei insgesamt 40 % der Arbeitsplätze eine Arbeit im Home-Office möglich. Dass trotzdem nur 15 % tatsächlich Heimarbeit nutzen, weist darauf hin, dass es mehr braucht als die technische bzw. betriebliche Möglichkeit zur Heimarbeit. Denn neben den individuellen Präferenzen für das Arbeiten von zu Hause sind auch die Unternehmenskultur und der Umgang von Führungskräften mit dem Thema wichtige Bausteine für die Realisierung von Home-Office-Angeboten (vergleiche dazu Teil 2 dieses Beitrags im nächsten Heft).

Betrachtet man die Nutzung nach unterschiedlichen betrieblichen und sozialstrukturellen Merkmalen, so zeigen sich sowohl erwartete als auch unerwartete Zusammenhänge:

Abhängig Beschäftigte in Baden-Württemberg, bei denen Kinder im Grundschulalter (bis 10 Jahre) im Haushalt leben, arbeiteten 2014 häufiger im Home-Office als der Gesamtdurchschnitt der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (24 % versus 15 %) – was dem Vereinbarkeitsgedanken entspricht. Allerdings sind es nicht mehr Frauen als Männer – im Gegenteil es sind sogar etwas mehr Männer. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass Frauen öfter in Teilzeit arbeiten,10 was seltener die Möglichkeit für Heimarbeit erlaubt (aber selbst auch ein Instrument für bessere Vereinbarkeit ist). Auch arbeiten Frauen stärker im Dienstleistungssektor, wo eine Tätigkeit im Home-Office auch seltener möglich ist.11

Brenke (2016) konnte für Deutschland zeigen, dass Alleinerziehende nicht häufiger von zu Hause arbeiten als Personen in anderen Haushaltstypen. Nicht nur Haushalte mit Kindern, sondern ebenso viele andere sind an dem Mehr an Zeitflexibilität interessiert, das durch Home-Office erzielt werden kann.12 Aufgrund der Fallzahlen ist hier keine Auswertung für Baden-Württemberg nach differenziertem Haushaltstyp möglich. Aber bei der Einteilung von Haushalten mit oder ohne Kinder zeigt sich analog zu bundesweiten Ergebnissen (Brenke 2016), dass auch Haushalte ohne Kinder am Arbeiten im Home-Office interessiert wären, wenn es der Arbeitgeber zuließe.

Auch die Stellung im Beruf und die Qualifikationsvoraussetzung des Berufs haben Einfluss darauf, wie viel im Home-Office gearbeitet wird bzw. ob der Arbeitsplatz es überhaupt ermöglicht. So zeigt sich, dass bei Arbeiterinnen und Arbeitern, Angestellten ohne Berufsausbildung oder mit einfachen Tätigkeiten eine Arbeit von zu Hause aus zu fast 90 % gar nicht möglich ist. Ähnliches gilt für eher handwerkliche Berufe wie Meister oder Facharbeiterinnen und Facharbeiter. Beamtinnen und Beamte hingegen und Angestellte mit Führungsaufgaben geben zu unter 30 % an, dass ihr Beruf keine Heimarbeit erlaube. Und in beiden Fällen nutzen jeweils über 30 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Berufszweige das Arbeiten im Home-Office.13 Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Qualifikationsvoraussetzung eines Berufs ab: je höher diese ist, desto häufiger ist Arbeiten im Home-Office überhaupt möglich und desto mehr wird es genutzt. Gleiches findet sich bei der Differenzierung nach Unternehmensgröße: Je größer das Unternehmen, in dem man arbeitet, desto häufiger ist Home-Office möglich und wird auch mehr genutzt.

Außerdem zeigt sich, dass im öffentlichen Dienst deutlich mehr im Home-Office gearbeitet wird (23 %) als im privaten Sektor (12 %) in Baden-Württemberg (Tabelle 1).

Die Nutzung von Home-Office wirkt sich positiv aus auf die Zufriedenheit mit Arbeit und – bei Frauen – Familienleben.

Es wird immer wieder betont, dass die Nutzung von Home-Office sich positiv auf die Work-Life-Balance auswirkt und dazu führt, dass man zufriedener mit seinem Beruf und auch dem Familienleben ist.14 So ist für viele Unternehmen auch die bessere Vereinbarkeit der Grund, warum sie Home-Office anbieten.15

Die Daten des SOEP 2014 für Baden-Württemberg zeigen, dass die Nutzung von Home-Office in der Tat die Zufriedenheit mit der Arbeit erhöht. Der statistische Effekt ist signifikant, aber schwach. Das bedeutet, dass die Nutzung von Home-Office zwar einen Effekt hat, aber wenig von der Varianz der Zufriedenheit gesamt erklären kann. Andere Faktoren scheinen für die Zufriedenheit mit der Arbeit also wichtiger zu sein.

Betrachtet man Männer und Frauen getrennt, so zeigt sich, dass der Effekt bei den Männern verschwindet und nur bei den Frauen tatsächlich vorhanden ist. Bei den Männern ist das Einkommen (was hier nur als Kontrollvariable dient) hingegen ein signifikanter Prädiktor für die Zufriedenheit mit der Arbeit – bei den Frauen nicht.

Der Effekt von Home-Office auf die Zufriedenheit mit dem Familienleben konnte somit nur bei Frauen statistisch signifikant nachgewiesen werden – weder bei Männern noch bei der Analyse über beide Geschlechter zusammen. Für Frauen führt also ein zumindest zeitweises Arbeiten von zu Hause aus zu einer größeren Zufriedenheit mit ihrem Familienleben. Allerdings ist auch dieser Effekt eher schwach ausgeprägt.

Trotzdem zeigt die Analyse, dass die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchaus mit Heimarbeit erreicht wird – was für viele Unternehmen der Grund für das Anbieten von Home-Office ist (Tabelle 2).

Fazit

Zusammenfassend kann man festhalten, dass das Arbeiten im Home-Office in Baden-Württemberg 2014 etwas stärker genutzt wird als in Deutschland insgesamt. Dabei zeigen sich die erwarteten Unterschiede in der Nutzung nach sozialstrukturellen Merkmalen: Beschäftigte mit kleinen Kindern im Haushalt, Berufe mit hohen Qualifizierungsvoraussetzungen, das Arbeiten in großen Unternehmen oder im öffentlichen Dienst sind Voraussetzungen die das Arbeiten im Home-Office wahrscheinlicher machen. Die Nutzung von Home-Office wirkt sich außerdem bei Frauen positiv auf die Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Familienleben aus.

Trotz aller Vorteile der Nutzung von Home-Office ergeben die Daten, dass es in Deutschland und auch Baden-Württemberg relativ wenig genutzt wird – obwohl es bei weit mehr Arbeitsplätzen möglich wäre. Das liegt unter anderem auch an der noch stark anwesenheitsbasierten Unternehmenskultur in Deutschland. Es reicht also nicht aus, bei Arbeitsplätzen die reine technische Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus zu schaffen, es bedarf auch einer Veränderung der Arbeits- und Unternehmenskultur. Hier sind insbesondere auch die Akteure angesprochen.

1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2015): Digitalisierung – Chancen und Herausforderungen für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Expertise der Roland Berger GmbH im Rahmen des Unternehmensprogramms »Erfolgsfaktor Familie«. [Abruf: 6. 10. 2016], S. 6.

2 Dabei gibt es viele unterschiedliche Formen im Home-Office zu arbeiten. So kann man zum Beispiel nur an bestimmten Tagen von zu Hause arbeiten und sonst im Büro (alternierende Telearbeit), oder gar nur stundenweise bzw. auch komplett. Am beliebtesten ist der Wechsel von Heimarbeit und Büroarbeit.

3 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2015): Digitalisierung – Chancen und Herausforderungen für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. [Abruf: 6. 10. 2016], S. 7, sowie Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 98 ff.

4 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2015): Dossier Väter und Familie – erste Bilanz einer neuen Dynamik [Abruf: 19. 10. 2016], S. 11 ff.

5 Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 95–105.

6 Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 95.

7 Schier, Michaela/Jurczyk, Karin/Szymenderski, Peggy (2011): Entgrenzung von Arbeit und Familie – mehr als Prekarisierung, in: WSI Mitteilungen 8/2011, S. 402–408.

8 Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 95.

9 Statistisches Bundesamt (2016): Arbeitsmarkt auf einen Blick. Deutschland und Europa.

10 Vergleiche Beschäftigungsumfang und Geschlecht [Abruf: 23. 1. 2017]

11 Vergleiche Beschäftigte nach Wirtschaftsbereichen und Geschlecht [Abruf: 23. 1. 2017]

12 Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 100.

13 Der hohe Anteil von 54 % Home-Office Nutzung bei Beamten (vergleiche Tabelle 1) entsteht vor allem durch Beamtinnen und Beamte im höheren Dienst. Brenke (2016) konnte für Gesamtdeutschland eine Home-Office-Nutzung von 72 % feststellen. Dahinter stehen vor allem die Lehrer, die in dieser Gruppe enthalten sind und häufig zumindest zeitweise ihren Unterricht von zu Hause aus vorbereiten. Beamtinnen und Beamte im gehobenen oder mittleren Dienst arbeiten weniger häufig von zu Hause aus. Aus Fallzahlgründen konnten die Beamtinnen und Beamte hier nicht unterteilt betrachtet werden, sondern nur zusammengenommen.

14 Vergleiche zum Beispiel: Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW Wochenbericht 6/2016, S. 103 ff.

15 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2015): Digitalisierung – Chancen und Herausforderungen für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Expertise der Roland Berger GmbH im Rahmen des Unternehmensprogramms »Erfolgsfaktor Familie«. [Abruf: 6. 10. 2016], S. 14 ff.