:: 7/2017

Das Baugewerbe in Baden-Württemberg 2016

Im Jahr 2016 verzeichnete die Baubranche im Land im sechsten Jahr in Folge einen Geschäftszuwachs. Gegenüber dem Vorjahr waren sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau Steigerungsraten zu verzeichnen. Der gemeldete Umsatz erreichte Werte wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Die Auftragsbücher waren zum Jahresende voll und die Betriebe des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes haben Investitionen in die Zukunft getätigt. Eine Fortsetzung dieser positiven Entwicklung kann erwartet werden.

Das Bauhauptgewerbe

»Bauhauptgewerbe: Aktuelle Geschäftslage auf Rekordhoch« – das war der Titel des aktuellen Berichts der L-Bank Karlsruhe am 3. März 2017.1 Solche und ähnliche Meldungen verschiedenster Quellen basieren auf Umfragen und eigenen Analysen von Verbänden, Instituten und Banken, aber auch auf den Daten der Statistischen Ämter der Länder und des Bundes. Alle sind sich einig: Der Bauwirtschaft geht es so gut wie schon lange nicht mehr.

Für die laufende Konjunkturbeobachtung im Bauhauptgewerbe werden monatliche und vierteljährliche Erhebungen durchgeführt, zu denen alle Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr tätigen Personen2 meldepflichtig sind. Das betraf im Jahr 2016 durchschnittlich 872 Betriebe und damit 3 % mehr als im Jahr 2015. Betrachtet man eine Zeitreihe für die gemeldeten Umsätze3 dieser Betriebe, so haben die Umsätze im Jahr 2016 im Bauhauptgewerbe in Baden-Württemberg so einen hohen Wert erreicht wie seit 20 Jahren nicht mehr. »Gemeldete Umsätze« sind dabei nominale Werte. Das heißt, dass es sich um die in den jeweiligen Jahren gemeldeten erzielten Umsätze handelt. Betrachtet man die Entwicklung der Baupreise, dann relativiert sich diese Aussage, denn die Preise für Bauwerke sind seit 1995 ebenfalls gestiegen.4 Aber auch angesichts aller Einschränkungen bei der Betrachtung gilt: Seit der Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 befindet sich das Bauhauptgewerbe im Aufwärtstrend. Die Entwicklung verlief zwar nicht in allen Bereichen in jedem Jahr stetig nach oben, aber seit dem Jahr 2010 hat der erzielte Umsatz insgesamt von Jahr zu Jahr Zuwächse zu verzeichnen und auch das Jahr 2016 wurde mit hohen Steigerungsraten abgeschlossen (Schaubild 1).

Nach den Ergebnissen der vom Statistischen Landesamt durchgeführten Monatserhebung bei den Betrieben von Unternehmen mit 20 und mehr tätigen Personen lag der steuerlich abgerechnete Gesamtumsatz der befragten Betriebe des Bauhauptgewerbes in Baden-Württemberg 2016 insgesamt bei rund 10 Mrd. Euro. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2015 um 10,5 %. Davon wurden im Hochbau 5,8 Mrd. Euro abgerechnet, was einer Zunahme gegenüber 2015 von 10,7 % entspricht. Im Tiefbau wurden bis Ende 2016 ca. 4,2 Mrd. Euro Umsatz gemeldet und damit gegenüber 2015 ein Plus von 10,3 %. Hervorzuheben sind hier die drei umsatzstärksten Bereiche. Der Wirtschaftshochbau, der mit einem Umsatz von 2,9 Mrd. Euro 4,9 % über dem Ergebnis von 2015 lag, der Wohnungsbau mit 2,2 Mrd. Euro und einem Plus von 15,2 % sowie der Straßenbau, der einen Umsatz von 1,7 Mrd. Euro und damit 9,8 % mehr gegenüber dem Vorjahr abgerechnet hat. Hohe Steigerungsraten hatte auch der Öffentliche Bau zu verzeichnen. Hier wurden im Hochbau mit 0,7 Mrd. Euro erzieltem Umsatz 24,3 % mehr gemeldet als im Vorjahr sowie im Tiefbau5 mit 1,1 Mrd. Euro ein Plus von 8,8 % verzeichnet.

In den 12 Monaten des Jahres 2016 leisteten diese Betriebe insgesamt 68,8 Mill. Stunden Arbeit auf den Baustellen.6 Das übertrifft den Wert von 2015 um 6,8 %. Dabei wurden im Hochbau 35,7 Mill. Stunden und damit 8,4 % mehr geleistet als im Jahr 2015 und im Tiefbau mit 33,1 Mill. Stunden 5,2 % mehr. Im Hochbau wurden für den Wohnungsbau 16,7 Mill. Stunden erbracht. Das bedeutet ein Plus von 8,8 % gegenüber 2015. Im Tiefbau hat der Wirtschaftstiefbau mit 12,3 Mill. Stunden ein Plus von 7,2 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen und der Tiefbau für öffentliche Auftraggeber mit 8 Mill. Stunden ein Plus von 2,1 %. Die geleisteten Stunden im Straßenbau lagen mit 12,8 Mill. 5,3 % über dem Wert, der am Jahresende 2015 in der Summe verzeichnet wurde (Tabelle 1).

Das Ausbaugewerbe und die Bauträger

Auch die Ausbauer konnten das Jahr 2016 mit einer positiven Bilanz abschließen. Zum Ausbaugewerbe zählen Betriebe, die im weitesten Sinne Bauinstallationen vornehmen. Dazu gehören die Elektroinstallation, der Einbau von Gas-, Wasser-, Heizungs- und Klimaanlagen, die Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall und Erschütterung, die Bautischlerei, Fliesenleger, Maler, Glaser und Stuckateure.

1 131 Betriebe mit mindestens 20 tätigen Personen waren für die vierteljährliche Konjunkturerhebung im Ausbaugewerbe im Jahr 2016 berichtspflichtig. Das waren 3,8 % mehr als im Jahr 2015. Die Ausbaubetriebe erwirtschafteten 2016 einen Umsatz von 6,4 Mrd. Euro. Die Entwicklung im Ausbaugewerbe verlief in den letzten Jahren insgesamt betrachtet nicht immer stetig nach oben. Das Jahr 2016 brachte gegenüber 2015 aber einen Umsatzzuwachs von 6,2 %. Bei den Ausbauern wird der Umsatz nicht nach Bauarten und Auftraggebern getrennt erhoben. Möglich ist eine Differenzierung der Umsätze nach der Zuordnung der Betriebe zu den Wirtschaftszweigen,7 in dem sie ihren Tätigkeitsschwerpunkt angegeben haben. Der größte Anteil am Umsatz wurde 2016 von Betrieben erwirtschaftet, die Gas-, Wasser-, Heizungs- und Klimaanlagen installieren. Mit 2,4 Mill. Euro Umsatz im Jahr 2016 lagen sie 5,2 % über dem Vorjahreswert. An zweiter Stelle standen die Elektroinstallateure mit 1,4 Mill. Euro Umsatz und einem Plus von 6 % gegenüber 2015. Auch alle anderen Branchen haben 2016 positiv abgeschlossen. Die mit 43,2 % höchste Steigerungsrate ihres Umsatzes weisen Betriebe auf, die sich den »Sonstigen spezialisierten Bautätigkeiten«8 zugeordnet haben. Ihr Anteil am Gesamtumsatz betrug 0,6 % und beeinflusste damit die Steigerung im ausbaugewerblichen Umsatz nur marginal (Tabelle 2 und Schaubild 2).

Bauträger, die im Rahmen dieser Vierteljahreserhebung ebenfalls befragt werden, befassen sich mit der Erschließung von unbebauten Grundstücken im Rahmen von Bauvorhaben zum späteren Verkauf sowie mit der Sicherstellung deren Finanzierung und technischen Ausführung. Im Jahr 2016 waren in Baden-Württemberg 33 Bauträger meldepflichtig. Im Jahr 2016 wurde von diesen Betrieben insgesamt ein Gesamtumsatz von 1 035 Mill. Euro erzielt. Bei der geringen Zahl von Berichtspflichtigen und der Art ihrer Tätigkeit ist es nicht sinnvoll, Veränderungsraten oder Trends zu bestimmen. In Jahren, in denen mehrjährige Projekte fertig gestellt werden, können sehr hohe Umsätze erzielt werden und es gibt zudem buchhalterische Effekte, wenn fertig gestellte Gebäude nicht sofort verkauft werden und in das Vermögen der Unternehmen übergehen (Tabelle 2).

Die Auftragslage zu Beginn des Jahres 2017

Die berichtspflichtigen Betriebe im Bauhauptgewerbe melden neben den monatlichen Daten für die Umsätze vierteljährlich auch die Höhe ihres Auftragsbestandes. Das erlaubt einen Blick auf die Entwicklung in näherer Zukunft. Der Wert der fest akquirierten Aufträge, mit dem die Betriebe mit 20 und mehr Mitarbeitern in das Jahr 2017 gehen konnten, lag höher als im Jahr davor. Für den nominalen Auftragsbestand im gesamten Bauhauptgewerbe wurden zum Jahresbeginn mit insgesamt 5,1 Mrd. Euro ein um 20,6 % höherer Bestand gemeldet als zu Beginn des Jahres 2016. Dabei ist die Entwicklung in den einzelnen Bereichen unterschiedlich. Der Auftragsbestand im Wohnungsbau erreichte einen Anteil von 16,9 % am Gesamtvolumen und zeigte gegenüber Ende 2015 eine Steigerung von 19,7 %. Der Straßenbau mit einem Gesamtanteil von 14 % verzeichnete sogar eine Steigerung von 9,9 %. Die fest akquirierten Aufträge für Hochbauten gewerblicher Auftraggeber steuerten mit 31,1 % nach wie vor den Hauptanteil bei und waren dabei gegenüber 2015 um 24,3 % höher. Der Wirtschaftstiefbau hatte ein um 34,6 % dickeres Auftragspolster und konnte seinen Anteil von 12,6 % auf 14,1 % erhöhen. Bei den Aufträgen, die für Bund, Länder und Kommunen9 bis zum Jahresende 2016 für das laufende Jahr gemeldet wurden, lag der Schwerpunkt im Tiefbau. Gegenüber dem Stand zu Beginn des Jahres 2015 waren es im öffentlichen Tiefbau 18,6 % und im Hochbau 12 % mehr (Schaubild 3).

In der Summe betrachtet war der nominale Wert des Auftragsbestandes am Jahresende 2016 im Hochbau um 20,9 % und im Tiefbau um 20,2 % höher als zu Beginn des Vorjahres. Die Baupreise sind im Jahr 2016 gestiegen, aber auch nach einer Preisbereinigung bleiben die Steigerungsraten hoch.10 Für den Volumenindex des Auftragsbestandes ergab sich sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau eine Steigerung gegenüber dem Vorjahresniveau von rund 19 %.11

Die Investitionstätigkeit

Den Betrieben und Unternehmen der Baubranche geht es gut. Sie haben dicke Auftragsbücher und blicken optimistisch in die Zukunft. Damit ist die Motivation und auch die Möglichkeit gegeben, Investitionen zu tätigen. Im Rahmen der Investitionserhebungen werden Unternehmen mit 20 und mehr tätigen Personen mit Hauptsitz in Baden-Württemberg zu ihrer Investitionstätigkeit im Vorjahr befragt. Die Meldungen für das abgeschlossene Jahr 2015 lagen der amtlichen Statistik also im Jahr 2016 vor. Als Bruttoanlageinvestitionen sind der Wert der erworbenen und selbst erstellten Sachanlagen für betriebliche Zwecke zu melden, darunter die Anschaffung von Grundstücken und Ausrüstungen und zusätzlich die Investitionen in Software.

93 % von allen meldepflichtigen Unternehmen des Bauhauptgewerbes haben angegeben, dass sie im Jahr 2015 Investitionen getätigt haben. Sie investierten im Jahr 2015 insgesamt 8,1 % mehr als im Jahr 2014. Der Wert der nominalen Bruttoanlageinvestitionen belief sich auf rund 361,6 Mill. Euro und hat damit im Vergleich zum Vorjahr um 27,2 Mill. Euro zugelegt.12 Die Investitionen in Ausrüstungen, also die Neuanschaffung von Maschinen und Geräten oder beispielweise auch von Gerüsten oder Schalungen, bildeten den Hauptanteil mit 315,6 Mill. Euro. Die Investitionen in Immobilien wie Grundstücke mit Geschäfts-, Fabrik-, Wohngebäuden oder auch unbebaute Grundstücke mit einer Summe von rund 46 Mill. Euro stiegen gegenüber 2014 um 53,5 %. Die Investitionen in Software-Produkte beliefen sich im Jahr 2015 zusätzlich auf 3,7 Mill. Euro. Das lag 16,9 % über dem Vorjahreswert.

Im Vergleich zum Bauhauptgewerbe, in dem seit dem Jahr 2012 von Jahr zu Jahr mehr investiert wird, war die Entwicklung im Ausbaugewerbe nicht so stetig. Die Investitionen summieren sich etwa auf ein knappes Drittel des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen des Ausbaugewerbes (ohne Bauträger) investierten im Jahr 2015 insgesamt mit 109,9 Mill. in etwa genauso viel wie im Jahr 2014. Dabei gingen die Investitionen für Ausrüstungen von 100,9 Mill. Euro im Jahr 2014 auf 96,2 Mill. Euro im Jahr 2015 zurück. Die Investitionen in Immobilien erreichten mit 13,7 Mill. Euro mehr als den anderthalbfachen Wert des Vorjahres. Zusätzlich wurde auch in Software 2015 mehr investiert als 2014. Die Ausbauunternehmen erwarben Software für 2,9 Mill. Euro und damit 20,5 % mehr als im Vorjahr (Schaubild 4).

Ausblick

Sowohl die Auftragslage als auch die Investitionstätigkeit im Bauhauptgewerbe ergeben eine insgesamt positive Perspektive für das Jahr 2017. Der Bauverband »Bauwirtschaft Baden-Württemberg e.V.«, der sich unter anderem auf Daten der amtlichen Statistik stützt, titelte seine Pressemitteilung am 31. Januar 2017: »Prognosen: Bauwirtschaft erwartet starkes Baujahr 2017«. Erwartet wird ein weiteres Umsatzwachstum von 3 bis 4 %. Als große Herausforderung wird die zunehmende Digitalisierung in sämtlichen Arbeitsbereichen gesehen.13 Einen Hinweis darauf geben auch die Ergebnisse der Investitionserhebungen – in Software wird zunehmend investiert.

1 L-Bank: Bauhauptgewerbe: Aktuelle Geschäftslage auf Rekordhoch [Abruf: 31.3.2017].

2 Zu den tätigen Personen zählen unter anderem auch tätige Inhaber/-innen, unbezahlt mithelfende Familienangehörige, Praktikantinnen und Praktikanten und Auszubildende.

3 Umsätze ohne Umsatz- (Mehrwert-)steuer.

4 Siehe Baupreisindex seit 1968.

5 Öffentlicher Tiefbau ohne Straßenbau.

6 Die Baustellen können in ganz Deutschland sein, da der Umsatz nach Betriebssitz erhoben wird.

7 Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008).

8 Zu den sonstigen spezialisierten Bautätigkeiten zählen zum Beispiel der Akustikbau (unter anderem Anbringen von Akustikplatten) sowie die Reinigung neu errichteter Gebäude (Baugrobreinigung).

9 Einschließlich Organisationen ohne Erwerbszweck.

10 Siehe Statistischer Bericht Baden-Württemberg MI4-vj 4/16 Preisindex für Bauwerke in Baden-Württemberg im November 2016.

11 Volumenindex zum Basisjahr 2010, Steigerung im Hochbau um 19 %, im Tiefbau um 18,9 %.

12 Ohne Investitionen in Software.

13 Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat am 15. 12. 2015 einen Stufenplan für die Einführung des »Building Information Modeling« (BIM) vorgelegt. Definition BIM in Wikipedia, Stand 25. 4. 2017: »Der Begriff Building Information Modeling (kurz: BIM; deutsch: Bauwerksdatenmodellierung) beschreibt eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mithilfe von Software.« Informationen über Pilotprojekte werden regelmäßig über den Internet-Auftritt des BMVI www.bmvi.de veröffentlicht. Pilotprojekte in Baden-Württemberg sind zwei Bahnprojekte: Tunnel Rastatt und Brücke Filstal. Detaillierte Informationen in: Umsetzung des Stufenplans Digitales Planen und Bauen, Erster Fortschrittsbericht, Stand Januar 2017, des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur.