:: 7/2017

Einkommen der privaten Haushalte in Baden-Württemberg

Hinweise zum monetären Wohlstand einer Region oder eines Landes gibt das verfügbare Einkommen. Hierbei handelt es sich um das nach den Umverteilungsmaßnahmen resultierende Einkommen, welches die privaten Haushalte ausgeben oder sparen können. Höhe und Entwicklung des verfügbaren Einkommens werden dabei von den Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Vermögen, aber auch von den Transferzahlungen und zu leistenden Steuern und Beiträgen beeinflusst. Wie sich das durchschnittliche Einkommen der privaten Haushalte in Baden-Württemberg im Einzelnen zusammensetzt, wie sich die jeweiligen Einkommenskomponenten zwischen 1991 und 2015 entwickelt haben und was nach der Umverteilung bei den privaten Haushalten im Land letztlich ankommt, lässt sich mit den Ergebnissen der regionalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) betrachten.

Einkommensgrößen der privaten Haushalte in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Private Haushalte können Einkommen aus unterschiedlichen Quellen beziehen. Hierzu gehören Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sowie aus Vermögen. Darüber hinaus erhalten private Haushalte monetäre Sozialleistungen wie Renten, Arbeitslosen- oder Kindergeld. Sie müssen jedoch auch einen Teil ihres Einkommens in Form von Steuern und Sozialbeiträgen wieder abgeben. Das Einkommen, das den privaten Haushalten schließlich zur freien Verfügung verbleibt, ist das verfügbare Einkommen. Ein Mehr an verfügbarem Einkommen der privaten Haushalte spiegelt ein höheres Konsumpotenzial wider und kann zumeist mit einem höheren wirtschaftlichen Wohlstand gleichgesetzt werden. Zum Sektor »private Haushalte« werden in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen neben privaten Haushalten im engeren Sinne, also Einzelpersonen oder Gruppen von Einzelpersonen, auch Einzelunternehmen und Freiberufler zugeordnet.1

Ausgangspunkt für die Berechnung des verfügbaren Einkommens ist das sogenannte Primäreinkommen. Das Primäreinkommen der privaten Haushalte beschreibt das Einkommen, das die inländischen Haushalte durch ihre wirtschaftliche Aktivität empfangen. Im Einzelnen umfasst es das Arbeitnehmerentgelt, die Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit sowie die netto empfangenen Vermögenseinkommen. Im Jahr 2015 belief sich das Primäreinkommen der privaten Haushalte in Baden-Württemberg auf fast 320 Mrd. Euro. Bezogen auf die Einwohner ergab sich damit ein durchschnittliches Primäreinkommen der privaten Haushalte von über 29 600 Euro pro Kopf.

Arbeitnehmereinkommen wichtigste Einkommensquelle

Größter Bestandteil des Primäreinkommens sind die Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit. So entfielen im Jahr 2015 mit 229 Mrd. Euro annähernd 72 % des Primäreinkommens auf das Arbeitnehmerentgelt, welches neben den Bruttolöhnen und -gehältern auch die Sozialbeiträge der Arbeitgeber umfasst. Der Anteil der Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit lag mit rund 31 Mrd. Euro bei knapp 10 %. Dazu zählen sowohl Einkommen von Einzelunternehmen und freiberuflich tätigen Personen als auch Einkommen aus der privaten Wohnungsvermietung und unterstellte Einkommen aus eigengenutztem Wohneigentum. Der Saldo aus empfangenen und geleisteten Vermögenseinkommen betrug im Jahr 2015 über 59 Mrd. Euro. Das waren rund 19 % des Primäreinkommens. Die Vermögenseinkommen umfassen Zinsen, Ausschüttungen und Gewinnentnahmen, Pachteinkommen sowie sonstige Kapitalerträge wie Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen und Investmentfondsanteilen (Schaubild 1).

Während sich die einzelnen Einkommenskomponenten zwischen 1991 und 1997 noch recht gleichmäßig entwickelten, haben die Vermögenseinkommen in den darauffolgenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie waren im Jahr 2015 mehr als doppelt so hoch wie 1991. Das Arbeitnehmerentgelt nahm seit 1991 um über 82 % zu, die Selbstständigeneinkommen einschließlich des im Bereich Wohnungsvermietung erzielten »Betriebsüberschusses« nur um 26 %. Seit dem Krisenjahr 2009 verläuft die Entwicklung der Vermögenseinkommen allerdings weitaus weniger dynamisch als in den Jahren zuvor. Kaum bemerkbar machte sich die Wirtschafts- und Finanzkrise dagegen bei der Entwicklung des Arbeitnehmerentgelts, das seit 2010 vergleichsweise hohe Wachstumsraten aufweist und daher in den letzten Jahren einen wesentlichen Wachstumsmotor für das Primäreinkommen und damit auch für das verfügbare Einkommen bildete (Schaubild 2).

80 % des Primäreinkommens verbleiben den Haushalten nach Umverteilungsmaßnahmen

Neben Arbeitnehmereinkommen, Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit und Vermögen können private Haushalte auch Sozial- und Transferleistungen – monetäre Sozialleistungen und sonstige laufende Transfers (wie Schadensversicherungsleistungen) – empfangen. Die monetären Sozialleistungen umfassen die Geldleistungen der Sozialversicherungen (Rentenzahlungen und Leistungen der Arbeitslosen-, gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung). Weiter gehören Sozialleistungen aus privaten Sicherungssystemen, sonstige Sozialleistungen der Arbeitgeber (wie Pensionen und Beihilfen) und andere soziale Geldleistungen (zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Kindergeld, Elterngeld, Wohngeld, Ausbildungsbeihilfen) zu den monetären Sozialleistungen. Daneben müssen private Haushalte ihre Einkommensarten aber auch versteuern und Abgaben leisten. Die geleisteten laufenden Transfers bestehen aus direkten Steuern, Nettosozialbeiträgen und sonstigen laufenden Transfers (zum Beispiel Nettoprämien für Schadensversicherungen).

Im Jahr 2015 betrugen die geleisteten laufenden Transfers in Baden-Württemberg knapp 143 Mrd. Euro. Dies entspricht annähernd 45 % des Primäreinkommens. Über 88 Mrd. Euro oder 28 % des Primäreinkommens entfielen dabei auf die Nettosozialbeiträge, also die geleisteten Sozialbeiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Ebenfalls bedeutsam sind die von den privaten Haushalten entrichteten Einkommen- und Vermögensteuern, die 2015 mit 45 Mrd. Euro 14 % des Primäreinkommens ausmachten. Neben der Einkommen- und Vermögensteuer umfasst diese Größe auch andere direkte Steuern und Abgaben wie zum Beispiel Kfz-Steuer und Rundfunkbeitrag2.

Diesen Abzügen standen empfangene Zahlungen in Höhe von über 77 Mrd. Euro oder gut 24 % des Primäreinkommens gegenüber. Mehr als die Hälfte der im Rahmen der Umverteilung geleisteten Beiträge flossen damit wieder an die privaten Haushalte zurück. Die empfangenen laufenden Transfers bestehen überwiegend aus den monetären Sozialleistungen. Von diesen stellen die Leistungen im Rahmen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, mit einem Anteil von nahezu zwei Drittel, die weitaus größte Position dar.

Bis zum Jahr 2015 haben sich die Zahlungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Vergleich zu 1991 mehr als verdoppelt. Neben gestiegenen Rentenzahlungen dürfte der kontinuierliche Zuwachs der Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung insbesondere auf den demografiebedingten Anstieg der Rentenempfänger zurückzuführen sein. Vergleichsweise stark haben zwar auch die empfangenen Leistungen bei Arbeitslosigkeit und für Sozialhilfe zugenommen. Eine erste deutliche Zunahme ist hier jedoch bereits Anfang der 1990er-Jahre mit dem wirtschaftlichen Einbruch im Jahr 1993 zu beobachten. Mit über 8 Mrd. Euro erreichten die Zahlungen bei Arbeitslosigkeit und für Sozialhilfe im Krisenjahr 2009 den seit 1991 höchsten Wert. Speziell die Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zu denen unter anderem das Kurzarbeitergeld gehört, verzeichneten 2009 hier einen kräftigen Anstieg. Ebenfalls mehr als verdoppelt haben sich im Jahr 2015 im Vergleich zu 1991 die geleisteten Nettosozialbeiträge (Tabelle).

Nach den Umverteilungsmaßnahmen verblieben den baden-württembergischen Haushalten im Jahr 2015 im Durchschnitt rund 80 % ihres Primäreinkommens als verfügbares Einkommen. Bundesweit war die »Verfügbarkeitsquote« mit über 83 % leicht höher.

Pro-Kopf-Einkommen lag 2015 nominal bei 23 500 Euro

Insgesamt belief sich das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte in Baden-Württemberg im Jahr 2015 auf über 254 Mrd. Euro. Je Einwohner entsprach dies einem nominalen verfügbaren Einkommen in Höhe von 23 540 Euro. Im Zuge der Umverteilung hat sich das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Baden-Württemberger somit um rund 6 000 Euro verringert.

Um die Entwicklung des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte darzustellen, ist eine preisbereinigte Betrachtung von Vorteil. Vom Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder« werden zwar für das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte keine realen, also preisbereinigten, Ergebnisse berechnet. Zur näherungsweisen Ermittlung des inflationsbereinigten Einkommens kann allerdings auf den Verbraucherpreisindex3 als Deflator zurückgegriffen werden. Preisbereinigt ist das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte in Baden-Württemberg zwischen 1991 und 2015 um 19 % gestiegen. Für das verfügbare Einkommen je Einwohner ergab sich in diesem Zeitraum eine reale Zunahme um gut 9 %. Dabei ist zwischen 1991 und 2015 vorwiegend für die Jahre 2000 bis 2006 sowie in den Jahren ab 2010 ein Anstieg des realen Einkommens zu beobachten. In den Jahren vor 2000 stagnierte das reale verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, mit Ausnahme einzelner Jahre, weitgehend. In diesem Zeitraum entwickelten sich die Verbraucherpreise und die nominalen verfügbaren Einkommen nahezu gleich. Ein deutlicher Rückgang ist im Jahr 2009 – sowohl für das nominale als auch das reale verfügbare Einkommen – zu beobachten, was insbesondere Folge des krisenbedingten Einbruchs bei den Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit und Vermögen war (Schaubild 3).

Pro Kopf lag das durchschnittliche verfügbare Einkommen in Baden-Württemberg im Jahr 2015 real bei gut 22 100 Euro.

91 % des Einkommens für Konsum verwendet

Die privaten Haushalte können ihr verfügbares Einkommen entweder konsumieren, indem sie Waren und Dienstleistungen erwerben, oder sparen. Der überwiegende Teil des Einkommens wird von den privaten Haushalten konsumiert. Das nicht für Konsumzwecke verwendete verfügbare Einkommen zuzüglich der Zunahme der betrieblichen Versorgungsansprüche stellt das Sparen der privaten Haushalte dar. Die Berücksichtigung der Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche hat dabei den Zweck, in der Ersparnis die Veränderung der Alterssicherungsansprüche einzubeziehen, auf die ein fester Anspruch besteht und die durch Prämien- und Beitragszahlungen entstehen.

Seit 1991 sind die privaten Konsumausgaben leicht stärker gestiegen als das nominale verfügbare Einkommen der privaten Haushalte. Die Konsumquote in Baden-Württemberg, also der Anteil der privaten Konsumausgaben am verfügbaren Einkommen, hat sich von 87,5 % im Jahr 1991 auf 90,8 % im Jahr 2015 erhöht. Die Sparquote ging hingegen von knapp 13,9 % auf 11,6 % zurück. Eine ähnliche Tendenz ist auch für Deutschland zu beobachten. So lag die Sparquote bundesweit im Jahr 2015 bei 9,7 % – 1991 waren es noch 12,6 %. Als Sparquote wird die Relation aus Sparen und verfügbarem Einkommen, letzteres erhöht um die Zunahme der betrieblichen Versorgungsansprüche, bezeichnet.

Im Durchschnitt betrachtet

Mit den im Rahmen der regionalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen berechneten und jährlich veröffentlichten Einkommensgrößen lässt sich aufzeigen, was an Einkommen bei den privaten Haushalten in Baden-Württemberg nach den Umverteilungsmaßnahmen ankommt, aus welchen Quellen die Einkommen stammen oder wie sich die Einkommen sowie die einzelnen Einkommenskomponenten im Zeitverlauf entwickelt haben – allerdings jeweils im Durchschnitt betrachtet. Aussagen über Verteilungsaspekte können auf Basis der VGR-Größen nicht getroffen werden. Hierzu bedarf es zusätzlicher Informationen, wie beispielsweise aus der amtlichen Statistik die Lohn- und Einkommensteuerstatistik4 oder Haushaltsbefragungen (zum Beispiel die alle 5 Jahre durchgeführte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe).

1 Die Einkommen der privaten Haushalte werden in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nur zusammen mit den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck – dazu gehören beispielsweise Parteien, Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften – dargestellt. Den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck kommt jedoch nur ein relativ geringes Gewicht zu, sodass aus Vereinfachungsgründen in diesem Beitrag nur von den privaten Haushalten gesprochen wird.

2 Der Rundfunkbeitrag wird seit 2013, mit der Umstellung der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag, in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen als Steuer gebucht.

3 Der verwendete Verbraucherpreisindex deckt nur die Einkommensteile ab, die für Konsumausgaben verwendet werden, nicht das Sparen. Ein Preisindex, der eine exakte Preisbereinigung der Einkommen ermöglicht, liegt nicht vor.

4 Fischer, Berthold: »Regionale Einkommensverteilung in Baden‑Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2015«