:: 8/2017

Ausländische Studierende in Baden-Württemberg

Jeder achte Studierende an einer Hochschule in Baden-Württemberg hatte im Wintersemester 2015/16 keine deutsche Staatsbürgerschaft. Studierende mit chinesischer Staatsbürgerschaft bildeten die größte Gruppe unter den Bildungsausländerinnen und -ausländern. Unter den Bildungsinländerinnen und −inländern besaßen die meisten Studierenden die türkische Staatsangehörigkeit (vergleiche i-Punkt »Bildungsausländerinnen und -ausländer und Bildungsinländerinnen und -inländer«). Bei den ausländischen Studierenden waren insbesondere Studienfächer der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften beliebt. Den größten Anteil an ausländischen Studierenden in Relation zur Gesamtstudierendenzahl wiesen die Kunst- und Musikhochschulen sowie die Universitäten des Landes auf.

47 600 ausländische Studierende an baden-württembergischen Hochschulen

Von den rund 356 700 Studierenden an baden-württembergischen Hochschulen stammten im Wintersemester 2015/16 rund 47 600 Studierende aus dem Ausland. Das waren 5,4 % mehr als im Vorjahr. Die Zahl der ausländischen Studierenden an den Hochschulen im Südwesten hat damit einen neuen Höchststand erreicht. Die Zahl der deutschen Studierenden stagnierte hingegen nahezu auf dem Vorjahresniveau (+ 0,02 %). Der Anteil der ausländischen Studierenden lag im Wintersemester 2015/16 bei 13,3 % (Wintersemester 2014/15: 12,7 %). Nach einem anhaltenden Rückgang des Ausländeranteils von 14,9 % im Wintersemester 2005/06 auf 12,1 % im Wintersemester 2011/12, stieg diese Quote im Wintersemester 2015/16 zum vierten Mal in Folge an. Mit 0,6 Prozentpunkten fiel die Zunahme dabei so stark aus wie in den 3 vorangegangenen Jahren zusammen.

Über die Hälfte (53 % bzw. 25 300) der ausländischen Studierenden stammte aus Europa. Davon waren 14 200 Studierende aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und 11 100 aus Nicht-EU-Ländern. 31 % der Studierenden kamen aus Asien, 8 % aus Amerika und 7 % aus Afrika. Weniger als 1 % der Studierenden stammte aus Australien und Ozeanien. Die geografische Lage Baden-Württembergs im äußersten Südwesten hat nur einen geringen Einfluss auf den Zustrom ausländischer Studierender aus den angrenzenden Nachbarländern. Lediglich 7 % aller ausländischen Studierenden an baden-württembergischen Hochschulen besaßen eine Staatsangehörigkeit aus den benachbarten Ländern Frankreich, Schweiz oder Österreich.

Der Frauenanteil aller ausländischen Studierenden lag mit knapp 49 % geringfügig höher als bei den deutschen Studierenden (47 %). Zwischen den einzelnen Nationalitäten gibt es beim Geschlechterverhältnis erhebliche Unterschiede. 79 % der Studierenden aus Weißrussland, 72 % aus der Russischen Föderation und 70 % aus der Ukraine waren weiblich. Einen vergleichsweise geringen Frauenanteil wiesen dagegen die Studierenden aus Pakistan (17 %) und Indien (28 %) auf. Auch aus afrikanischen Ländern (Frauenanteil: 32 %) studierten mehr Männer als Frauen in Baden-Württemberg.

Drei Viertel der ausländischen Studierenden haben die Hochschulzugangsberechtigung nicht in Deutschland erworben

Knapp drei Viertel (35 800) der ausländischen Studierenden im Wintersemester 2015/16 waren Bildungsausländerinnen und -ausländer (i-Punkt Bildungsausländerinnen und -ausländer und Bildungsinländerinnen und -inländer). Bildungsausländerinnen und -ausländer sind ausländische Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland oder an einem Studienkolleg (i-Punkt Studienkollegs in Baden-Württemberg) in Deutschland erworben haben. Sie kommen in der Regel erst zum Studium nach Deutschland. Ihre Anzahl hat im Wintersemester 2015/16 stärker als die Gesamtzahl der ausländischen Studierenden zugenommen (+ 6,3 % gegenüber dem Wintersemester 2014/15). Wie in den Vorjahren bildeten die knapp 5 500 Studierenden mit chinesischer Staatsangehörigkeit die größte Gruppe unter den Bildungsausländerinnen und -ausländern an baden-württembergischen Hochschulen. Rang 2 nahmen die Studierenden aus Indien mit rund 1 700 Studierenden ein. In den letzten 5 Jahren hat sich die Anzahl der Bildungsausländerinnen und -ausländer mit indischer Staatsangehörigkeit mehr als verdoppelt. Mit rund 1 600 Studierenden lag Frankreich auf Rang 3. Bis zum Wintersemester 2014/15 überstieg die Anzahl der Studierenden mit französischer Staatsangehörigkeit noch die Anzahl der Studierenden mit indischem Pass.

Rund ein Viertel (11 800) von den an den baden-Württembergischen Hochschulen eingeschriebenen Personen mit ausländischem Pass waren Bildungsinländerinnen und -inländer. Bildungsinländerinnen und -inländer sind ausländische Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben. Der mit Abstand größte Teil von ihnen besaß einen türkischen Pass. Die knapp 4 400 Studierenden mit türkischer Staatsangehörigkeit stellten 37 % der Bildungsinländerinnen und -inländer dar. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Studierende mit italienischem (1 100) und griechischem (800) Pass.

Die Summe der Bildungsausländerinnen und -ausländer und der Bildungsinländerinnen und -inländer ergibt die Gesamtzahl der ausländischen Studierenden in Baden-Württemberg. Die rund 5 700 Studierenden mit chinesischer Staatsangehörigkeit bildeten erstmals seit dem Wintersemester 2009/10 wieder die größte Gruppe unter den ausländischen Studierenden an baden-württembergischen Hochschulen. Davon erwarben 96 % ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland. Rang 2 nahmen die Studierenden aus der Türkei mit knapp 5 400 Studierenden ein, von denen 82 % eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung besaßen. Mit rund 2 400 Studierenden lag Italien an dritter Stelle. Gut die Hälfte (51 %) der italienischen Studierenden erwarb die Hochschulreife im Ausland.

Ausländische Studierende nach Fächern und Fächergruppen

Wie verteilten sich die in Baden-Württemberg studierenden Ausländerinnen und Ausländer auf die angebotenen Fachbereiche? 37 % der Studierenden mit einem ausländischen Pass belegten ein Studienfach innerhalb der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften. Von allen deutschen Studierenden belegten nur gut 30 % ingenieurwissenschaftliche Fächer. Lediglich ein Viertel der ausländischen Studierenden wählte einen Studiengang der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, während es bei den deutschen Studierenden 36 % waren. Bei den Geisteswissenschaften und Mathematik/Naturwissenschaften unterschieden sich die Anteile dagegen kaum. 13 % der ausländischen Studierenden (bzw. 12 % der deutschen Studierenden) zählten zur Fächergruppe Geisteswissenschaften und 9 % (bzw. 11 % der deutschen Studierenden) zu Mathematik/Naturwissenschaften.

Die unterschiedliche Attraktivität verschiedener Fachgebiete für Ausländerinnen und Ausländer wird auch anhand eines Vergleichs des Ausländeranteils in den einzelnen Fächergruppen deutlich. So hatten ausländische Studierende in Relation zur Gesamtstudierendenzahl in den kunstwissenschaftlichen Studiengängen den größten Anteil. Mehr als eine bzw. einer von fünf Studierenden (21 %) in dieser Fächergruppe besaß im Wintersemester 2015/16 keinen deutschen Pass. Anschließend folgen die Ingenieurwissenschaften sowie die Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften/Veterinärmedizin, deren Studierende einen Ausländeranteil von jeweils 16 % hatten. Ähnlich hoch war der Anteil in den Geisteswissenschaften (15 %).

Der Vergleich der Ausländeranteile in Studienfächern mit mehr als 100 Studierenden zeigt, dass das Fach Instrumentalmusik unter den ausländischen Studierenden am beliebtesten war (67 %). Auch in weiteren kunstwissenschaftlichen Fächern, wie beispielsweise Darstellende Kunst/Bühnenkunst/Regie oder Gesang, waren überdurchschnittlich viele ausländische Studierende eingeschrieben (45 %). Spitzenreiter aus der Fächergruppe Geisteswissenschaften war das Fach Russisch (52 %), aus der Gruppe Mathematik/Naturwissenschaften das Fach Geologie/Paläontologie (46 %) und aus den Ingenieurwissenschaften das Fach Computer- und Kommunikationstechniken (43 %). Die Studienfächer Bundeswehrverwaltung, Finanzverwaltung, Holzwirtschaft, Rechtspflege und Sozialversicherung wurden hingegen von keinen ausländischen Studierenden besucht1.

In der Betriebswirtschaftslehre, das Studien­fach mit der höchsten Gesamtstudierendenzahl, wies der Ausländeranteil mit 8 % einen unterdurchschnittlichen Wert auf. Ein Drittel der ausländischen Studierenden im Fach Betriebswirtschaftslehre stammte aus der Türkei, China, Italien oder Frankreich. Auf Rang 2 und 3 der Klassifikation der Studienfächer nach der Gesamtstudierendenzahl befanden sich im Wintersemester 2015/16 die Fächer Maschinenbau/-wesen und Medizin (Allgemein-Medizin). Der Ausländeranteil im Fach Maschinenbau/-wesen und im Fach Medizin (Allgemein-Medizin) betrug jeweils 15 %. Diese Fächer ziehen demnach überdurchschnittlich viele ausländische Studierende an. Knapp ein Drittel der ausländischen Studierenden (32 %) im Maschinenbau/-wesen war aus China, 13 % aus der Türkei und jeweils 5 % aus Tunesien und Frankreich. Unter den ausländischen Medizin-Studierenden stellten ebenfalls die Chinesinnen und Chinesen (11 %) den größten Anteil. Danach folgten Studierende aus dem Nachbarland Österreich (6 %) und aus Israel (5 %).

Ausländische Studierende nach Hochschularten

63 % der ausländischen Studierenden waren an einer Universität eingeschrieben. An den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften studierten 28 % der Ausländerinnen und Ausländer, an den Pädagogischen Hochschulen, den Kunst- und Musikhochschulen und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg jeweils 3 %. Von den Universitäten war die Universität Stuttgart mit über 5 700 Studierenden aus dem Ausland bei den internationalen Studierenden am beliebtesten. Auch die Universität Heidelberg (5 100) und das Karlsruher Institut für Technologie (4 800) zogen viele ausländische Studierende an. Bei den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) war die Anzahl der ausländischen Studierenden an der HAW für Technik und Wirtschaft Reutlingen (1 200) am höchsten. An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg waren am Standort Lörrach (400) die meisten Studierenden mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit eingeschrieben und unter den Pädagogischen Hochschulen war der Standort Ludwigsburg (350) Spitzenreiter.

Der hohe Anteil ausländischer Studierender in der Fächergruppe Kunst und Kunstwissenschaften (21 %) spiegelte sich insbesondere in den Werten der baden-württembergischen Kunst- und Musikhochschulen wider. Gut jede bzw. jeder Dritte an einer Kunst- und Musikhochschule im Wintersemester 2015/16 war ausländischer Herkunft (35 %). Besonders hohe Quoten erzielten die Musikhochschulen. So waren etwa an den Musikhochschulen Freiburg und Mannheim jeweils über die Hälfte der Studierenden (53 %) ausländische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.

Nach den Kunst- und Musikhochschulen hatten die Universitäten mit 17 % den höchsten Ausländeranteil. Im Wintersemester 2015/16 befanden sich insgesamt 29 900 Ausländerinnen und Ausländer unter den 177 700 Studierenden an baden-württembergischen Universitäten. Auch die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften waren unter den ausländischen Studierenden beliebt. Unter deren 116 800 Studierenden hatten 12 % einen ausländischen Pass.

An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und den Pädagogischen Hochschulen waren dagegen außerordentlich wenige ausländische Studierende immatrikuliert. Von den insgesamt rund 34 000 Studierenden an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg kamen lediglich 4 % aus dem Ausland. Für nicht in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer ist es schon aus organisatorischen Gründen nicht einfach, einen studienbegleitenden Ausbildungs- und Arbeitsplatz in einer Organisation, die das Konzept des Dualen Studiums beinhaltet, zu bekommen. An den Pädagogischen Hochschulen betrug der Ausländeranteil im Wintersemester 2015/16 5 %. An dieser Hochschulart werden mehrheitlich Studiengänge mit Lehramtsbezug angeboten, was für ausländische Studierende, die kein Lehramt an einer deutschen Schule anstreben, weniger attraktiv ist.

Ausblick

Mit der Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes, welches am 28. Januar 2016 im Bundestag beraten und anschließend verabschiedet wurde, ergeben sich für die künftigen Erhebungen im Rahmen der Hochschulstatistik weitreichende Änderungen. Ein Ziel der Novellierung ist, Veränderungen der Hochschullandschaft aufgrund der steigenden Nachfrage durch Studierende aus dem Ausland und die gestiegene Auslandsmobilität in der Hochschulstatistik besser abzubilden2. Durch das neue Merkmal »Ort der angestrebten Abschlussprüfung« wird beispielsweise künftig der Nachweis von Austauschstudierenden ermöglicht. Die Erhebung der Anzahl im Ausland erworbener ECTS-Punkte3 erlaubt ferner Aussagen über den Umfang der im Ausland erbrachten Leistungen. Zum Sommersemester 2017 werden die neuen Merkmale erstmalig im Rahmen der Studierenden- und Prüfungsstatistik erhoben.

Mit einer Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und des Akademiengesetzes beschloss der Landtag von Baden-Württemberg am 3. Mai 2017 in zweiter Lesung die Einführung von Gebühren für internationale Studierende4, die an einer baden-württembergischen Hochschule immatrikuliert sind. Der Gesetzesentwurf5 sieht vor, dass internationale Studierende ab dem Wintersemester 2017/18 einen Eigenbeitrag von 1 500 Euro pro Semester zu leisten haben. Mit Ausnahmeregelungen können etwa 5 % der internationalen Studierenden von den Gebühren befreit werden. Inwiefern die Erhebung von Gebühren Auswirkungen auf den Zustrom ausländischer Studierender an die Hochschulen in Baden-Württemberg haben wird, werden die künftigen Auswertungen des Statistischen Landesamtes zur Studierenden- und Prüfungsstatistik zeigen.

1 Eine Studienvoraussetzung für das Studienfach Bundeswehrverwaltung ist die deutsche Staatsbürgerschaft im Sinne des Artikel 116 GG. Für die Studienfächer Finanzverwaltung, Rechtspflege und Sozialversicherung können sich nur Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Staates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einschreiben.

2 Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode. Drucksache 18/6560, S.15.

3 European Credit Transfer System: Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen.

4 Ausgenommen sind Studierende aus der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum sowie Bildungsinländerinnen und -inländer. Geflüchtete sind ebenfalls davon ausgenommen.

5 Landesregierung Baden-Württemberg, 16. Wahlperiode. Regierungsentwurf zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und des Akademiengesetzes vom 14.02.2017.