:: 8/2017

Gemüseanbau in Baden-Württemberg

Die Entwicklung im baden-württembergischen Gemüseanbau zeigt seit Jahren kontinuierlich nach oben. Mit einer Fläche von gut 12 000 Hektar (ha) wurde 2016 ein neuer Höchststand erreicht. Allein in den letzten 4 Jahren betrug der Zuwachs über 1 000 ha. Als wichtigste Gemüseart nimmt Spargel mit fast 2 800 ha fast ein Viertel der Fläche ein, gefolgt von der Gruppe der Salate auf 2 300 ha. Fast 1 300 landwirtschaftliche Betriebe sind in Baden-Württemberg in größerem oder kleinerem Umfang in der Gemüseproduktion aktiv, wobei die Betriebszahlen tendenziell rückläufig sind. In der Folge stammt die produzierte Erntemenge in zunehmendem Maß von den großen Erzeugern. Als Zentren des Gemüseanbaus kristallisieren sich immer mehr die Regionen in der Rheinebene und im Großraum Stuttgart heraus.

In Deutschland werden auf einer Fläche von 122 150 ha die unterschiedlichsten Gemüsearten angebaut. Das entspricht knapp 6 % des Gemüseanbaus in Europa1, wo besonders Italien (420 000 ha), Spanien (350 000 ha) und Frankreich (240 000 ha) als Hauptproduzenten herausragen. Innerhalb Deutschlands sind im Freilandanbau Nordrhein-Westfalen mit 23 200 ha, Rheinland-Pfalz (19 500 ha) und Niedersachsen (19 300 ha) führend in der Gemüsesparte. Baden-Württemberg reiht sich mit rund 11 600 ha auf dem fünften Platz ein. Aber das Land steht an der Spitze, wenn es sich um den Anbau im Gewächs- oder Folienhaus (418 ha) dreht. Ungefähr ein Drittel der deutschlandweiten Flächen (1 200 ha) befinden sich hier.

Gemüse von Rhein und Neckar

Für einen erfolgreichen Gemüseanbau sind Bodenqualität und Klima wichtige Faktoren. Daneben spielen aber auch die Vermarktungsmöglichkeiten eine große Rolle, wie sie in der Nähe von Ballungszentren gegeben sind. So haben kurze Wege zum Verbraucher insbesondere im Einzugsbereich Stuttgart die Bildung einer größeren zusammenhängenden Gemüsestruktur gefördert. Ein Schwerpunkt findet sich im Landkreis Esslingen mit knapp 1 200 ha, wo traditionell der Kohlanbau zu Hause ist. Allerdings haben sich inzwischen auch Salate in einem ähnlichen Umfang etabliert. In nördlicher Richtung an den Großraum Stuttgart schließen sich die Kreise Ludwigsburg und Heilbronn2 mit zusammen 2 000 ha an. Fruchtgemüse, Kohl und Salate sind hier die führenden Gemüsearten.

Im milden Klima entlang des Rheins ist ungefähr die Hälfte des baden-württembergischen Freilandanbaus beheimatet. Während im nördlichen Bereich rund um Karlsruhe und Mannheim Spargel, Karotten und Zuckermais dominieren, bereichern in der südlichen Rheinebene neben den weißen und grünen Stangen die Salate das Gemüseangebot. Bei der Unter-Glas-Produktion steht der Landkreis Konstanz mit 100 ha an der Spitze, mit der Insel Reichenau als prominentem Standort. Ebenfalls umfangreiche Gewächshauskulturen sind im Landkreis Ludwigsburg mit 72 ha vorzufinden. Vom Ausbau der Gemüsesparte in Baden-Württemberg haben besonders die gemüsestarken Regionen profitiert und ihre Position weiter ausgebaut. So sind seit 2012 rund 750 ha zusätzliche Gemüseflächen in der Region zwischen Freiburg und Mannheim entstanden. Im Heilbronner Raum waren es fast 300 ha.

Betriebe werden größer

Die Strukturen in der Gemüseerzeugung haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich gewandelt. Waren es 1996 noch 3 300 Betriebe, die in der Freilandproduktion von Gemüse aktiv waren, beträgt die aktuelle Zahl noch 1 200. Diesem Rückgang der Betriebe um 63 % steht ein Anstieg der Anbauflächen um 38 % im gleichen Zeitraum gegenüber. Dadurch erhöhte sich die durchschnittliche Anbaufläche je Betrieb von 2,6 ha im Jahr 1996 auf 9,6 ha im Jahr 2016. Trotz der gravierenden Änderungen bei der Gemüsefläche je Betrieb beherrschen in Baden-Württemberg immer noch die kleinbetrieblichen Strukturen das Bild. Die Hälfte der Betriebe baut in den Größenklassen von 2 bis 20 ha Gemüse an, bei 40 % sind es sogar nur 2 ha und weniger. Nur ein kleiner Teil von 10 % verfügt über 20 ha und mehr, dafür bearbeiten diese fast zwei Drittel der gesamten Fläche und das mit steigender Tendenz. Innerhalb von 4 Jahren ist diese Größenklasse um nahezu ein Drittel an Betrieben und knapp ein Viertel an Fläche gewachsen. Das ging auf Kosten der kleineren Betriebe, deren Zahl und Fläche in allen Größenklassen rückläufig war. Der Aufbau größerer Betriebsstrukturen konnte sich besonders dort herausbilden, wo der Gemüseanbau auf eine breite Basis gestellt ist. So liegen die durchschnittlichen Gemüseflächen im Freiland in Kreisen, die stark im Gemüsebau sind, mit 13 bis 18 ha deutlich über dem Landesschnitt. Dazu zählen die Landkreise Esslingen, Heilbronn, Rhein-Neckar-Kreis und Breisgau-Hochschwarzwald.

Spargel dominiert

Über ein Fünftel der gesamten Gemüsefläche im Freiland wird von Spargel eingenommen, dessen Fläche sich innerhalb der letzten 20 Jahre im Südwesten nahezu verdreifachte. Damit besitzen die schlanken Stangen immer noch eine absolute Solostellung im Reigen der Gemüsearten. Spargel ist inzwischen eine weit verbreitete Delikatesse, die hauptsächlich zur Spargelsaison frisch von den Liebhabern der weißen und grünen Stangen gekauft wird. Auch wenn der fast sprunghafte Anstieg des Spargelanbaus zu Beginn des Jahrtausends etwas nachgelassen hat, so zeigt die Ausweitung der Spargelflächen immer noch einen positiven Trend. Über 300 ha haben diese in den vergangenen 4 Jahren zugelegt und sind damit maßgeblich für die gestiegene Gemüseanbaufläche verantwortlich. Den bedeutendsten Anteil mit 37 % der Fläche stellt der südbadische Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, gefolgt vom nordbadischen Raum. Innerhalb Deutschland belegen die Spargelbeete des Landes den fünften Platz, der größte Spargelproduzent ist mit Abstand Niedersachsen mit 5 900 ha.

Salate, Salate

Wer kennt nicht die große Vielfalt an Salaten – Eissalat, Lollo, Feldsalat oder Rucola –, die an jeder Gemüsetheke ausliegen. Diese große Palette der unterschiedlichen Salate hat sich mit einer Fläche von 2 300 ha den zweiten Platz im Land hinter Spargel erobert. Im Ländervergleich muss damit Baden-Württemberg lediglich Rheinland-Pfalz mit über 3 500 ha den Vortritt lassen. Um fast 800 ha nahm der Anbau von Salaten gegenüber 1996 zu, weil insbesondere Feldsalat neben Eissalat zum wichtigsten Vertreter wurde. Dagegen reduzierten sich die ehemals überwiegenden Kopfsalatflächen um die Hälfte. Interessante Neuzüchtungen und sich ändernde Modetrends führen dazu, dass der Salatmarkt ständigen Anpassungen unterworfen ist. In den letzten Jahren konnten insbesondere Romana, Eichblatt und Feldsalat zulegen, während Lollo, Radicchio und Rucola rückläufig waren. Auch bei den Unterglasflächen dominieren die Salate, allen voran Feldsalat, auf über 50 % der Fläche.

Im Vergleich zu »aufstrebenden« Salaten waren die früher stark vertretenen Kohlarten einem kontinuierlichen Rückgang ausgesetzt. Vor 20 Jahren umfasste der Anbau noch 1 970 ha, inzwischen pendeln sich die Flächen bei ungefähr 1 400 ha ein. Insbesondere Kohlrabi, Rosenkohl und Rotkohl wurden stark zurückgenommen. Gegenüber 2012 konnten lediglich Grünkohl und Brokkoli zulegen, während alle anderen Kohlarten im Anbau eingeschränkt wurden.

Zuckermais, Speisekürbisse und Karotten boomen

Zuckermais, Speisekürbisse und Karotten sind die Gewinner bei der dynamischen Entwicklung des baden-württembergischen Gemüseanbaus der letzten beiden Jahrzehnte. Ihre Anbauflächen wurden kontinuierlich ausgeweitet und erreichen inzwischen das Vielfache ihrer Ausgangsfläche. Mit jeweils 700 bis 1 000 ha haben diese inzwischen auch einen wesentlichen Anteil an den gesamten Gemüseflächen, wobei sich die Produktion weitestgehend auf das nördliche Baden-Württemberg beschränkt. Bei Zuckermais werden über 90 % im Raum Karlsruhe und Heilbronn angebaut. Im Karottenanbau konzentriert sich über die Hälfte der Anbaufläche im Rhein-Neckar-Kreis, die mit ihren leichten Sandböden beste Voraussetzungen dafür bietet. Bei der Ernte verbleiben weniger Schmutzpartikel an den Wurzeln, wodurch sich der Verarbeitungsaufwand reduziert. Für baden-württembergische Verhältnisse herrschen bei diesen Gemüsearten ungewöhnlich großflächige Betriebsstrukturen vor. So steht Zuckermais zu über 90 % auf solchen Betrieben, die 5 ha und mehr davon anbauen. Über den gesamten Gemüseanbau lässt sich beobachten, dass sich in der jüngeren Vergangenheit nicht nur das Fruchtgemüse positiv entwickelte, sondern auch Wurzel- und Knollengemüse wie Rote Rüben und Speisezwiebeln zulegten.

Ökogemüse

Bio-Gemüse ist ein wichtiges Segment im Bio-Frischemarkt3 und erfreut sich einer steigenden Nachfrage. Mit einer Fläche von 1 400 ha an ökologisch erzeugtem Gemüse im Freiland nimmt diese 12 % an der gesamten Fläche ein, wobei der Zuwachs gegenüber 2012 rund 5 % beträgt. Deutschlandweit steht der Südwesten an vierter Stelle im ökologischen Gemüseanbau. Die wichtigsten Vertreter sind Karotten (228 ha), Speisekürbisse (206 ha) und Salate (205 ha). Unter geschützten Bedingungen werden im Ökolandbau auf 110 ha vorrangig Salate produziert.

Fazit

Die positive Entwicklung des Gemüseanbaus in Baden-Württemberg gilt nicht pauschal für alle Kulturen und Regionen. So wurde vor allem in den traditionellen Hochburgen verstärkt in den Ausbau der Gemüsekulturen investiert. Davon profitierte in erster Linie der Spargel, der nach wie vor vom Konsumenten stark nachgefragt wird. Damit konnte die regionale Spargelproduktion offensichtlich der Einführung des Mindestlohns und den damit verbundenen Preiserhöhungen trotzen. Auf der anderen Seite waren aber solche Gemüsearten auf der Gewinnerseite, die durch einen hohen Grad an Mechanisierung auffallen. Dazu gehören Zwiebeln und Karotten, die großflächig mit vergleichsweise wenig Arbeitskräften bewirtschaftet werden können. Zudem profitiert der Gemüseanbau auch von guten regionalen Absatzmöglichkeiten.

1 Eurostat (EU-28) Stand 2015.

2 Stadt- und Landkreis.

3 Rampold, Christine/Illert, Sonja: Bio-Gemüse in Gemüse, in: Die kleine Markstudie 8-2016.