:: 10/2017

Elstar und Jonagold sind beliebt – Obstanbau in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg wird Obst in einer großen Arten- und Sortenvielfalt angebaut und produziert. Insbesondere am Bodensee und in den Flusstälern von Rhein und Neckar herrscht ein mildes und ausgeglichenes Klima, das die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Anbau bietet. Der Schwerpunkt der Obstproduktion liegt dabei auf dem Anbau von Kern- und Steinobst. Auf einer Fläche von 18 310 Hektar (ha) werden von rund 4 000 Betrieben überwiegend Äpfel, Süßkirschen und Zwetschgen kultiviert. Über den Umfang und die Strukturen der angebauten Baumobstarten liegen aus der Baumobstanbauerhebung aktuelle Ergebnisse vor (siehe i-Punkt), die 2017 nach 5-jähriger Pause wieder durchgeführt wurde.

Baden-Württemberg stellt innerhalb Deutschlands die wichtigste Region für die Obsterzeugung dar, auf die rund ein Drittel der gesamten Baumobstanlagen Deutschlands (45 593 ha)1 entfällt. Im Mittelpunkt steht dabei der Anbau von Tafeläpfeln, die außer in Baden-Württemberg vor allem noch im Anbaugebiet »Altes Land« in Niedersachsen in größerem Umfang erzeugt werden. Im Reigen der europäischen Staaten nimmt sich der deutsche Anbau von Tafeläpfeln (27 700 ha) jedoch bescheiden aus. Die führenden Nationen sind Polen (143 000 ha)2, Italien (52 000 ha) und Frankreich (37 000 ha). Rumänien (51 000 ha) verzeichnet zwar ebenfalls große Flächen, die allerdings eine überalterte Struktur und eine geringe Produktivität aufweisen.

Apfelanbau ist vorn

Äpfel, die mit Abstand wichtigste Obstart in Baden-Württemberg, wird auf zwei Drittel (12 106 ha) der gesamten Baumobstfläche von 18 310 ha kultiviert. Birnen, als weitere Kernobstart, nehmen dagegen mit 847 ha eine kleine Rolle ein (Schaubild 1). Unter den Steinobstarten stechen vor allem die Süßkirschen mit einer Anbaufläche von 2 756 ha hervor, gefolgt von Pflaumen und Zwetschgen auf 1 782 ha. Weniger stark vertreten sind Obstarten wie Sauerkirschen (277 ha), Mirabellen und Renekloden (313 ha), Aprikosen und Pfirsiche (112 ha) sowie Walnüsse (89 ha). Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Erzeugung von Tafelobst, insbesondere im Apfelanbau, wo auf 83 % der Anlagen Tafeläpfel für den Frischmarkt gepflückt werden. Bei Birnen reduziert sich der Anteil für Tafelware auf knapp über 50 % der Fläche. Im Süßkirschenanbau überwiegt dagegen (66 %) die Produktion von Brenn- und Schüttelkirschen für Brennereien und zur industriellen Verarbeitung, während bei Pflaumen und Zwetschgen wiederum das Gros (78 %) als Frischobst über die Ladentheke geht.

Kleine Betriebe setzen auf Verwertungsobst

Die Baumobstflächen werden in Baden-Württemberg von 4 003 Obstbauern bewirtschaftet, die damit eine durchschnittliche Größe von 4,6 ha Baumobst erreichen (Tabelle). Allerdings geht die Spanne zwischen den kleineren, oftmals im Nebenerwerb betriebenen Obstanlagen, und den großen spezialisierten Betrieben weit auseinander. Über die Hälfte der Betriebe bearbeitet weniger als 2 ha Baumobst, die jedoch nur 12 % der gesamten Baumobstfläche auf sich vereinigen. Auf der anderen Seite baut nur ein Achtel der Betriebe mehr als 10 ha Obst an. Sie sind jedoch für 55 % der gesamten Obstflächen verantwortlich. Innerhalb von 5 Jahren hat sich damit der Anteil der Betriebe mit mehr als 10 ha zwar nur um 3 Prozentpunkte erhöht, ihre bewirtschaftete Baumobstfläche dagegen um 10 Prozentpunkte. Zwischen »klein« und »groß« driftet auch die Art der Nutzung auseinander. Über die Hälfte der Flächen mit Verwertungsobst, vorwiegend Äpfel, werden von »kleinen« Betrieben mit weniger als 5 ha Baumobst gepflegt. Je größer die Betriebe, desto mehr Tafelobst und weniger Wirtschaftsobst wird produziert. Auf Betrieben oberhalb von 10 ha steht auf vier Fünftel der Fläche Tafelobst und nur noch auf einem Fünftel Verwertungsobst.

Die in Baden-Württemberg weit verbreiteten extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen werden in der Baumobstanbauerhebung grundsätzlich nicht erfasst. Allerdings ist es mitunter schwierig eine klare Abgrenzung hinsichtlich Pflanzdichte und Nutzungsintensität zu ziehen, weshalb Fehlzuordnungen nicht auszuschließen sind. Eine weitere Schwierigkeit bei der Erhebung der Daten bestand darin, dass oftmals die Bruttofläche einer Anlage statt der eigentlich befragten bepflanzten Fläche angegeben wurde. Insbesondere im Bereich des Verwertungsobstes, das überwiegend von kleineren oder auch ökologisch produzierenden Betrieben erzeugt wird, sind Unschärfen im Ergebnis nicht auszuschließen.

Öko ist vor allem der Apfelsaft

Die Produktion von ökologisch erzeugtem Obst tritt in den Medien und beim Verbraucher immer stärker in den Fokus. Trotz gestiegener Förderung und höheren Erlösen als im konventionellen Anbau ist der Anteil immer noch überschaubar. Rund 9 % der Betriebe mit Baumobst bewirtschaften zusammen eine Fläche von 2 430 ha (13 %) auf ökologische Weise. Zwischen den Obstarten schwankt der Anteil des ökologischen Obstbaus erheblich. An der Spitze der umgestellten Flächen stehen Wirtschaftsäpfel zur Apfelsaftherstellung, die auf einem Drittel der Fläche (717 ha) ohne chemischen Pflanzenschutz auskommen. Da bei Mostäpfeln das Aussehen der Früchte von untergeordneter Bedeutung ist, dürfte eine Umstellung der Flächen auch wesentlich einfacher zu erreichen sein, als bei Tafeläpfeln. Diese können nur mit einer gleichmäßigen Qualität vermarktet werden, die gut ausgefärbte Äpfel mit glatter Schale erfordert. Entsprechend fällt der Öko-Anteil mit 14 % bei den Tafeläpfeln auch geringer aus. Noch weniger Gewicht hat im Ökoobstbau das Steinobst. Bei Zwetschgen fallen lediglich 5 %, bei Süßkirschen nicht einmal 3 % unter den ökologischen Anbau.

Obst vorwiegend vom Bodensee

Die drei wichtigsten Anbaugebiete Baden-Württembergs liegen am Bodensee und in den Flusstälern von Rhein, Neckar und Kocher (Schaubild 2), wobei sich die Regionen in ihren Schwerpunkten und Strukturen deutlich unterscheiden.

Das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet am Bodensee erstreckt sich über die Kreise Bodenseekreis (6 999 ha), Ravensburg (1 331 ha) und Konstanz (929 ha). Mit durchschnittlich 8 ha Obstanbaufläche je Betrieb liegen die dortigen 1 153 Obstbaubetriebe weit oberhalb des Landesdurchschnitts. Die Bodenseeregion ist vor allem für Tafeläpfel (7 100 ha) bekannt, die hier den wichtigsten Produktionszweig bilden. Das Seeklima mit seinen warmen Tagen und kalten Nächten während der Abreife trägt zu einer guten Ausfärbung und Aromabildung der Früchte bei3. Zur Erweiterung des Obstsortiments wird hier aber auch in den Anbau von Tafelsüßkirschen (414 ha) und Tafelzwetschgen (341 ha) investiert. Mit Sorten wie Kordia hat sich am Bodensee ein Schwerpunkt für die Erzeugung von Süßkirschen für den Frischmarkt herausgebildet, die 45 % der Tafelkirschenfläche Baden-Württembergs umfasst. Neben Tafeläpfeln werden aber auch 870 ha Verwertungsäpfel geerntet. Darunter sind viele Neuanlagen, mit relativ hohen Pflanzdichten von 500 bis 600 Bäumen/ha, die gezielt zur Produktion von Obst zur Saftherstellung oder für die Fruchtzuckerindustrie angelegt wurden.

Im zweitgrößten baden-württembergischen Anbaugebiet, der südlichen Rheinebene zwischen Ortenaukreis und Kreis Lörrach sind Kleinbetriebe vorherrschend. Eine Fläche von 5 103 ha wird von 1 828 Betrieben bewirtschaftet, die mit einer Durchschnittsgröße von 2,8 ha je Betrieb deutlich unterhalb des Landesmittels liegen. Das Landschaftsbild wird von Süßkirschen (1 997 ha) und Zwetschgen (1 023 ha) geprägt. Im Ortenaukreis befindet sich das wichtigste Süßkirschenanbaugebiet Deutschlands (1 503 ha), das auf 80 % der Fläche Brenn- und Schüttelkirschen hervorbringt. Die geernteten Früchte sind hauptsächlich zur Produktion des bekannten Schwarzwälder Kirsch oder zur Pralinenherstellung für die Industrie bestimmt. Im Zwetschgenanbau steht dagegen das Tafelobst (744 ha) im Vordergrund. Allerdings haben die Obstbauern vor allem bei den jüngeren Käuferschichten mit Marketingproblemen zu kämpfen, weshalb Vermarktungsstrategien wie der Verkauf als Naschobst in kleinen Schalen die Akzeptanz erhöhen sollen.

Kleiner und weniger als zusammenhängendes Gebiet erkennbar, wird entlang von Neckar und Kocher von 421 Betrieben auf 1 945 ha Obst angebaut. Zwischen Esslingen und Öhringen liegt der Schwerpunkt vor allem auf dem Anbau von Tafeläpfeln (1 153 ha).

Elstar, Gala und Co.

Das Marktgeschehen bei den Tafeläpfeln bestimmen nur wenige Hauptsorten. Allein Elstar (1 977 ha), Jonagold (1 276 ha), Gala (1 176 ha) und Braeburn (994 ha) werden auf über der Hälfte der Tafelapfelanbaufläche von 10 012 ha angebaut (Schaubild 3). Elstar, ein mittelgroßer, aromatischer Apfel4, wurde deutlich im Anbau ausgeweitet, während sich Jonagold als ehemalige Leitsorte, nur noch knapp auf dem 2. Platz behaupten kann. Durch seine großen Früchte und die oftmals schlechte Ausfärbung hatte Jonagold verstärkt mit Absatzproblemen zu kämpfen. Als Alternativen etablieren sich zunehmend die Jonagoldmutanten Jonagored (445 ha) und Jonaprince (424 ha). Insbesondere Jonaprince, der eine ausgeprägte Rotfärbung aufweist, legte in den letzten Jahren deutlich zu. Auch bei Gala, der überdies für den Export5 gefragt ist, hält die positive Entwicklung weiterhin an. Mit einem deutlichen Zuwachs verdrängte er den spät reifenden Braeburn von Platz 3 der Sortenhitliste. Neben Jonaprince rückte Pinova (329 ha) neu in die Top Ten der Apfelsorten auf, dafür verloren Golden Delicious (275 ha) und Idared (236 ha) nochmals an Boden und sind nicht mehr unter den zehn wichtigsten Sorten zu finden. Unter den früh reifenden Sorten wird vor allem Delbarestivale (178 ha) in größerem Umfang angebaut. Bei den Clubsorten, die nur lizensiert und nach genauen Vorgaben angebaut werden, scheint sich die Anbaudynamik leicht abgeschwächt zu haben. Kanzi (374 ha) legte mit ungefähr 30 % am deutlichsten zu, Cameo steht auf 165 ha und Nicogreen auf 37 ha. Insgesamt stellte sich das Sortiment an marktrelevanten Sorten in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmend breiter auf. Vor 20 Jahren standen lediglich drei Sorten auf über der Hälfte der Tafelapfelfläche, die TOP 5 der Sortenliste beanspruchten 1997 sogar über zwei Drittel der Fläche. Auch in den unterschiedlichen Anbaugebieten Europas wird das Sortenspektrum von wenigen Sorten dominiert. Allerdings unterscheiden sich die Geschmäcker. Während der deutsche Obstanbau nach wie vor von Elstar und Jonagold geprägt ist, werden in Polen neben Jonagold mit Idared und Shampion ganz andere Sorten bevorzugt, Frankreich und Italien setzen dagegen noch in größerem Stil auf Golden Delicious6.

Demografie bei Äpfeln

Die Erneuerung intensiv genutzter Tafelapfelanlagen erfolgt regelmäßig in einem Abstand von 12 bis 20 Jahren, um ein hohes und qualitativ zufriedenstellendes Ertragsniveau zu halten. Es werden auch gezielt Anlagen erneuert, um einen Sortenwechsel vorzunehmen oder Hagelschutznetze und Bewässerungssysteme zu errichten. Nach den Ergebnissen aus der aktuellen Erhebung 2017 sind über die Hälfte der Flächen in der Altersklasse von 5 bis 14 Jahre und damit in einem Bereich, in dem die höchsten und qualitativ besten Erträge zu erwarten sind. Im Vergleich zu 2012 geht der Trend jedoch zu einer längeren Nutzungsdauer. Vor 5 Jahren waren 20 % der Anlagen älter als 15 Jahre, aktuell beträgt dieser Anteil 28 %. Dabei fällt vor allem die längere Lebensdauer bei den Topsorten Elstar und Jonagold ins Gewicht. Ungefähr 30 % der Elstarkulturen sind älter als 15 Jahre, bei Jonagold sogar 44 %. Einen Hinweis auf künftige Sortenentwicklungen kann der Blick auf die jüngeren Anlagen bieten. Von Gala, Jonaprince, Pinova, der Clubsorte Cameo, aber auch Boskoop sind ungefähr ein Viertel in den letzten 5 Jahren neu gesetzt worden.

Im Zuge der Erneuerung der Anlagen werden auch die Pflanzabstände an die Sorten und Bewirtschaftungssysteme angepasst. Die Abstände zwischen den Reihen sind aus Bearbeitungsgründen mit ungefähr 3 m konstant, weshalb noch zwischen den Bäumen einer Reihe variiert werden kann. Durchschnittlich ist ein Hektar mit rund 2 700 Tafelapfelbäumen bepflanzt, wobei auf 60 % der Anlagen die Bäume in der Größenordnung von 2 400 bis 3 200 Bäumen und damit in einem Abstand von 1 m bis 1,3 m gesetzt werden. Jedoch haben die Sorten ein unterschiedliches Standraumbedürfnis. Topaz wird mit 2 500 Bäume je ha eher etwas weiter gesetzt, Gala und Braeburn erreichen durchschnittliche Werte von 2 900 Bäumen. Die Zeiten der extremen Superspindeln und Dichtpflanzungen von mehr als 4 000 Pflanzen je ha scheinen der Vergangenheit anzugehören. Dabei spielt sicherlich der zunehmende Anbau unter Hagelnetzen eine Rolle, wobei die hohen Investitionskosten über höhere Bäume und damit höhere Flächenerträge ausgeglichen werden sollen. Extremspindeln, mit einer kürzeren Lebensdauer sind damit ökonomisch im Nachteil. Bei der letzten Erhebung 2012 war noch fast ein Drittel der Fläche mit mehr als 3 200 Bäume/ha bestockt, inzwischen sind es nur noch 14 %.

Neue »alte« Birnensorte

Die Produktion von Tafelbirnen (469 ha) hat in Baden-Württemberg im Vergleich zu Tafeläpfeln nur eine geringe Bedeutung. Im Wesentlichen wird der Markt durch die klassischen Birnensorten Conference (109 ha), Williams Christ (113 ha), und Alexander Lucas (94 ha) beherrscht. Neue Sorten konnten bisher in Geschmack und Festigkeit des Fruchtfleisches nicht an die Klassiker heranreichen. Allerdings ist mit Novembra (82 ha) oder auch Xenia genannt, inzwischen eine Sorte verstärkt im Anbau, die durchaus das Trio »aufmischen« könnte. Novembra war bereits in der ehemaligen DDR unter dem Namen »Nojabrskaja« bekannt und wurde als Alternative zu Alexander Lucas und Conference »wiederentdeckt«7. Für die Birnenproduktion zur Nutzung als Verwertungsobst, beispielsweise zur Herstellung der bekannten Edelschnäpse, ist der Ortenaukreis mit 124 ha führend. Das wichtigste Anbaugebiet für Tafelbirnen liegt dagegen im Bodenseekreis (168 ha).

Die wichtigsten Obstregionen in Baden-Württemberg zeigen unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Produktionsrichtung. Auf der einen Seite die Spezialisierung auf den Anbau von Tafeläpfeln am Bodensee, auf der anderen Seite auf Industrie- und Brennkirschen im Rheintal. Dabei wurde der Obstanbau, insbesondere am Bodensee, ausgeweitet. Entweder über die Vergrößerung bestehender Betriebe oder über Veränderungen und Intensivierungen vorhandener Flächen. Das zeigt sich auch im Wandel des Apfelsortiments, mit dem auf geänderte Kundenansprüche reagiert wurde oder neue Absatzwege erschlossen werden sollen, und damit Sorten wie Jonaprince oder Gala stärker in den Focus gelangen.

1 Destatis, Baumobst­anbauerhebung 2012.

2 Eurostat, Daten 2012.

3 BWagrar 32/2014 Moderne Sorten prägen den Anbau.

4 http://www.vbogl.de/obstsorten/kernobstsorten/tafelsorten/elstar.html [Abruf: 11. 12. 2017].

5 BBZ 32/2016 Am Bodensee wird eine durchschnittliche Ernte erwartet.

6 Eurostat, Daten 2012.

7 http://www.lvwo-bw.de/pb/,Lde_DE/Startseite/Fachinformationen/Xenia_+-+Moeglichkeiten+und+Grenzen+im+Anbau?QUERYSTRING=Novembra [Abruf: 11. 12. 2017].