:: 10/2017

Umweltwirtschaft in Baden-Württemberg – Entwicklung von Umsatz und Beschäftigten

Mehrere wissenschaftliche Studien haben sich innerhalb der letzten Jahre mit dem Ziel der Quantifizierung der Beschäftigtenwirkung sowie des Umsatzvolumens des Umweltsektors der Volkswirtschaft befasst. Sowohl für einzelne Bundesländer als auch für Gesamtdeutschland wurden unterschiedliche Schätzansätze entwickelt und angewandt. Diese kann man unterscheiden in angebotsorientierte sowie nachfrageorientierte Ansätze oder auch eine Kombination aus beidem. Im Rahmen der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (UGRdL) werden seit einigen Jahren vergleichbare Indikatorgrößen zu Umsatz und Beschäftigten der Umweltwirtschaft für die Bundesländer berechnet. Dabei wird ein angebotsorientierter Ansatz verfolgt, der sich an den Arbeiten der amtlichen Statistik auf europäischer Ebene orientiert. Zwischenzeitlich liegen Ergebnisse in Form einer Zeitreihe für mehrere Jahre vor.

Die jährliche Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz gemäß Umweltstatistikgesetz stellt die maßgebliche Grundlage für die Berechnungen dar. Ihr entstammen ganze 70 % der im Gesamtrechnungsansatz ermittelten umweltbezogenen Umsätze in Baden-Württemberg. 2015 sind sowohl Umsätze als auch Beschäftigte gemäß Ergebnissen der Erhebung erneut deutlich angestiegen. Vor allem der Klimaschutz spielt bei der Betrachtung dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle.

Aufwärtstrend der Umweltwirtschaft hält an

In Baden-Württemberg erreichte die Umweltwirtschaft im Jahr 2014 ein Umsatzvolumen von knapp 16 Mrd. Euro. An der Erwirtschaftung dieser Umsätze beteiligt waren knapp 59 000 Beschäftigte, gemessen in Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Damit ist das Beschäftigungsvolumen dieser Querschnittsbranche, die sich auf nahezu alle Wirtschaftsbereiche erstreckt, im Vergleich zum Vorjahr um 2 % gestiegen. Es erreicht in etwa die Größenordnung der Beschäftigten der Chemischen und Pharmazeutischen Industrie in Baden-Württemberg zusammengenommen. Die umweltbezogenen Umsätze haben im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 3 % zugelegt. Ihre Höhe liegt ungefähr in der Größenordnung der Umsätze der Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung zusammen. Der Aufwärtstrend der Umweltwirtschaft, der seit Jahren zu beobachten ist, hat sich damit verfestigt. Bezogen auf das Jahr 2011 hat eine Zunahme der Umweltumsätze um knapp 7 % stattgefunden, wobei die Zeitreihe 2012 einen leichten Knick aufweist. Wie Schaubild 1 veranschaulicht, wurde 2014 mit knapp 10 Mrd. Euro im Verarbeitenden Gewerbe der Hauptteil der Umweltumsätze im Land getätigt. Weitere 3,6 Mrd. Euro Umsatz wurden im Entsorgungsbereich1 erzielt, 1,4 Mrd. Euro im Baugewerbe und die restliche knappe Milliarde vorwiegend bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen.

Diese Größen sind Ergebnisse aus Berechnungen der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder. Sie basieren in erster Linie auf der jährlichen Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz gemäß Umweltstatistikgesetz. Diese wird ergänzt um Zuschätzungen vor allem im Entsorgungssektor sowie im Bereich der kleinen, von der Erhebung nicht erfassten Betriebe mit weniger als 20 tätigen Personen (siehe hierzu auch i-Punkt). Mittels einheitlicher Methodik werden Ergebnisse für alle Bundesländer errechnet. Neben der Schließung einiger Lücken der Erhebung und einer besseren Einordnung der Umweltwirtschaft im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft werden somit vor allem qualifizierte Ländervergleiche ermöglicht. In den Betrachtungen sind aufgrund der einheitlichen Abgrenzung nur Umsätze mit Produkten enthalten, die in erster Linie dem Zweck des Umweltschutzes dienen, wie zum Beispiel Solaranlagen oder Partikelfilter. Nicht enthalten sind die Umsätze mit umweltfreundlichen Produkten, das heißt Produkten, bei deren Herstellung/Nutzung geringere Umweltbelastungen entstehen als bei anderen vergleichbaren Gütern. So zum Beispiel auch eine Reihe ressourceneffizienter Güter, die mit vergleichbar wenig Materialeinsatz hergestellt werden oder auch Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien sowie Produkte aus der Biolandwirtschaft.

Südwesten mit zweithöchstem Anteil der Umweltumsätze im Verarbeitenden Gewerbe

Deutschlandweit waren 2014 rund 500 000 Personen (VZÄ) in der Umweltwirtschaft beschäftigt. Baden-Württemberg trägt mit 59 000 VZÄ zum Bundesergebnis bei, was umgerechnet 12 % am Bundeswert ausmacht. Bezogen auf die umweltbezogenen Umsätze in Deutschland in Höhe von gut 120 Mrd. Euro, liegt der Anteil des Landes bei rund 13 %. Den höchsten Beitrag liefert Bayern mit 20 % vor Nordrhein-Westfalen mit 17 % (Schaubild 2). Im Vergleich zur Einwohnerzahl oder dem Bruttoinlandsprodukt als Maß für die Wirtschaftsleistung mit Anteilen Baden-Württembergs an Deutschland von rund 13 bzw. 15 % im Jahr 2014, liegt die Bedeutung der Umweltwirtschaft hierzulande gemessen an ihren Umsätzen und Beschäftigten in etwa im bundesdeutschen Durchschnitt bzw. sogar etwas darunter. Das zeigt sich auch am Anteil der Umweltwirtschaft an der Gesamtwirtschaft, gemessen am Produktionswert. Dieser liegt mit 2 % im Land leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 2,3 %.

Baden-Württemberg zeichnet sich vor allem durch seinen hohen Anteil der Umweltumsätze im Verarbeitenden Gewerbe aus. Unter den Bundesländern entfallen rund 18 % der Umweltumsätze im Verarbeitenden Gewerbe auf den Südwesten. Nur Bayern leistet mit 27 % Anteil noch einen höheren Beitrag. Aber auch im Verarbeitenden Gewerbe liegt die relative Bedeutung der Umweltwirtschaft, nämlich der Anteil des Umweltumsatzes am Produktionswert in Baden-Württemberg mit 2,9 % leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 3,1 %. In den anderen Wirtschaftsbereichen sind die umweltbezogenen Umsatzanteile am Produktionswert ebenfalls durchweg kleiner als im Bundesdurchschnitt. Dieses Bild wird allerdings etwas verzerrt durch die unterschiedlichen Strukturen der Entsorgungswirtschaft in den Bundesländern. Dort wird teilweise in den Ergebnissen sichtbar, dass die staatlich erbrachten Leistungen in den Betrachtungen nicht berücksichtigt sind. Aufgrund der unterschiedlichen Organisation insbesondere bei der Abwasserentsorgung, streuen die Umsätze in der Entsorgungswirtschaft zwischen den Bundesländern etwas stärker als in den anderen Wirtschaftsbereichen. Vor allem im Süden Deutschlands haben die kommunalen Entsorgungsdienstleister noch ein etwas größeres Gewicht. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Umweltwirtschaft dürfte daher hierzulande etwas höher ausfallen als die oben aufgeführten Ergebnisse schließen lassen.

Beschäftigtenwirkung vor allem im Entsorgungs- und Dienstleistungssektor von Bedeutung

Sowohl die Zahl der bei der Herstellung der Umweltschutzgüter und Erbringung der Umweltschutzleistungen tätigen Personen als auch die Höhe der Umweltumsätze sind in Baden-Württemberg in den letzten Jahren tendenziell angestiegen. Allerdings liegt der Anteil am Bundeswert bei den Beschäftigten etwas niedriger als bei den Umsätzen. Der Umweltumsatz je Beschäftigtem war damit 2014 höher als im Bundesdurchschnitt. Dies hängt auch mit der vergleichsweise großen wirtschaftlichen Bedeutung des Verarbeitenden Gewerbes im Land zusammen. Dort liegt die Höhe des Umweltumsatzes pro Beschäftigtem mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der übrigen Bereiche. Während mit knapp 10 Mrd. Euro 63 % der Umweltumsätze im Land im Verarbeitenden Gewerbe getätigt wurden, waren dort nur 43 % der Beschäftigten der Umweltwirtschaft, rund 25 000 VZÄ tätig. Dem Entsorgungssektor, den Dienstleistungsbereichen sowie dem Baugewerbe und den sonstigen Wirtschaftsbereichen, die zusammen rund 37 % der Umweltumsätze ausmachten, kommen bei der Beschäftigungswirkung mit rund 57 % Anteil eine deutlich wichtigere Bedeutung zu. Der Zuwachs der Beschäftigten war zudem zuletzt im Entsorgungs- und Dienstleistungssektor mit 17 % gegenüber dem Vorjahr überdurchschnittlich hoch.

Maschinenbau wichtigster Wirtschaftszweig der Umweltwirtschaft

Die oben dargestellten Gesamtrechnungsergebnisse dienen vor allem der Einordnung der Umweltwirtschaft in die Gesamtwirtschaft und dem Ländervergleich. Wie bereits erwähnt, ist die Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz gemäß Umweltstatistikgesetz wesentliche Grundlage für die Betrachtungen. Die jährliche Befragung der Betriebe im Rahmen dieser Erhebung deckt in Baden-Württemberg derzeit 70 % der gesamten umweltbezogenen Umsätze ab, das waren 2014 etwas über 11 Mrd. Euro. Im Jahr 2015 sind diese Umsätze sogar auf knapp über 12 Mrd. Euro angestiegen.2 Sie wurden nach eigenen Angaben von 1 238 Betrieben verschiedenster Wirtschaftszweige verzeichnet. Die Abgrenzung der Wirtschaftszweige im Rahmen der Erhebung auch im Vergleich zu den Gesamtrechnungsbetrachtungen ist im i-Punkt genauer erläutert. Anhand der Erhebungsergebnisse kann eine differenzierte Betrachtung der Umsätze nach Wirtschaftszweigen und den einzelnen Umweltbereichen Klimaschutz, Luftreinhaltung, Abwasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Lärmbekämpfung, Arten- und Landschaftsschutz sowie Schutz und Sanierung von Boden, Grund- und Oberflächengewässern erfolgen.

Mit einem Anteil von 45 % bzw. gut 5,5 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2015 leistet vor allem der Maschinenbau im Land einen erheblichen Beitrag zu den Umsätzen der Umweltwirtschaft3 (Tabelle 1). Der Anteil der Umweltumsätze an den Gesamtumsätzen liegt hier im Land wie auch im Bundesdurchschnitt mit rund 8 % überdurchschnittlich hoch. Ganze 62 % der Umweltumsätze im Maschinenbau wurden in der Herstellung von Verbrennungsmotoren und Turbinen (ohne Motoren für Luft- und Straßenfahrzeuge) verbucht. Bei weiteren 10 % handelte es sich um Herstellung von kälte- und lufttechnischen Erzeugnissen (ohne Haushaltsgeräte).

Weitere wichtige Wirtschaftszweige in Bezug auf die Umweltumsätze in Baden-Württemberg sind in erster Linie der Fahrzeugbau und die Chemische Industrie. Der Anteil der Umweltumsätze an den Gesamtumsätzen liegt im Fahrzeugbau zwar nur bei gut 1 %. Doch durch die gewichtige Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs im Land, macht er ganze 10 % der Umweltumsätze aus. In der Chemischen Industrie werden knapp 9 % der Umweltumsätze verbucht. Im Gegensatz zum Fahrzeugbau liegt der Anteil der Umweltumsätze an den Gesamtumsätzen dort mit nahezu 10 % sehr hoch. Außerdem sind neben der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen – wobei es sich im Wesentlichen um die Herstellung von Mess- und Kontrollgeräten handelt – und der Herstellung von Kunststoffwaren auch das Baugewerbe sowie Architektur- und Ingenieurbüros als für die Umweltwirtschaft relevante Branchen zu nennen.

Klimaschutz bestimmt maßgeblich Höhe und Entwicklung der Umweltumsätze

Je nach Wirtschaftszweig kommt der Rolle der Umweltbereiche eine unterschiedliche Bedeutung zu. Mit einem Umsatzanteil von 49 %, bzw. fast 6 Mrd. Euro im Jahr 2015 ist der Klimaschutz der deutlich gewichtigste Bereich im Land. 63 % der Klimaschutzumsätze wurden im Maschinenbau getätigt. Aber auch bei der Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen, bei der Herstellung von Metallerzeugnissen, der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren, der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen, im Baugewerbe und bei Architektur- und Ingenieurbüros spielt der Klimaschutz eine dominante Rolle (Tabelle 1). Dabei handelt es sich vor allem um Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, insbesondere energieeffiziente Antriebs- und Steuerungstechniken, die mit 38 % einen wesentlichen Teil der Klimaschutzumsätze ausmachten. Sie wurden zu 95 % im Maschinenbau verbucht. Je nach Wirtschaftszweig liegt das Gewicht der einzelnen Umsätze im Bereich Klimaschutz aber sehr unterschiedlich (Schaubild 3). Einzelne Positionen sind naturgemäß in manchen Wirtschaftszweigen kaum von Bedeutung. Beispielsweise dominieren in den Bereichen Architektur- und Ingenieurbüros und Herstellung von technischen Ausrüstungen die Umsätze mit Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien, während die Steigerung der Energieeffizienz dort eine untergeordnete Rolle spielt.

Der zweitwichtigste Bereich in Bezug auf die Umweltumsätze ist mit gut 1,9 Mrd. Euro die Luftreinhaltung. Er kommt insbesondere in der Chemischen Industrie zum Tragen. Aus Tabelle 1 geht hervor, dass die Luftreinhaltung aber auch im Maschinenbau, bei der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen sowie Architektur- und Ingenieurbüros eine wichtige Rolle spielt. Mehr als die Hälfte der Umsätze im Bereich Luftreinhaltung betreffen die katalytische Abgasreinigung. Die Abwasserwirtschaft und die Lärmbekämpfung trugen 2015 jeweils mit knapp 1,3 Mrd. Euro zu den umweltbezogenen Umsätzen bei. Die Abwasserwirtschaft hat ihre hauptsächliche Bedeutung klassischerweise im Baugewerbe, im Maschinenbau und bei der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren. In etwa die Hälfte der dort getätigten Umsätze wurden im Zusammenhang mit dem Bau und der Instandhaltung von Kanalisationssystemen getätigt. Im Bereich Lärmbekämpfung handelt es sich zu 90 % um Umsätze, die vorwiegend im Fahrzeugbau mit der Schalldämmung von Straßenfahrzeugen erzielt wurden.

Mit Ausnahme der Luftreinhaltung hat eine tendenzielle Zunahme der Umsätze in allen Umweltbereichen innerhalb der letzten vier Jahren stattgefunden. Vor allem die Umsätze mit Klimaschutzmaßnahmen und -produkten bestimmen die gesamte Entwicklung nachhaltig. Diese haben seit 2011 insgesamt um 845 Mrd. Euro (17 %) deutlich zugenommen. Prozentual gesehen sind die Umsätze im Bereich der Lärmbekämpfung wiederholt verhältnismäßig stark gestiegen. In den letzten vier Jahren lag deren Steigerung bei insgesamt 31 % (296 Mrd. Euro).

1 Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen; einschließlich Wasserversorgung.

2 Die Ergebnisse der Erhebung liegen zeitversetzt zu den Gesamtrechnungsergebnissen der UGRdL vor, da die ergänzenden Berechnungen erst nach Fertigstellung der jeweiligen Eingangsdaten beginnen können.

3 Im Folgenden immer bezogen auf die durch die Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz abgedeckten Bereiche der Umweltwirtschaft.