:: 12/2017

Agrarstrukturerhebung 2016 – umfangreiche und detaillierte Informationen zur heimischen Landwirtschaft

Im Jahr 2016 stand nach längerem Abstand erstmals wieder eine größere Inventur in der Landwirtschaft an. Die hierzu durchgeführte Agrarstrukturerhebung erstreckte sich auf alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Land. In allen Betrieben wurden dabei lediglich Kernmerkmale zur Bodennutzung und Viehhaltung erhoben, dagegen war in repräsentativ ausgewählten Betrieben ein zusätzliches umfangreiches Fragenprogramm zu beantworten. Während die Agrarstrukturerhebung in den traditionellen landwirtschaftlichen Themenbereichen gute und belastbare Ergebnisse liefert, zeigen sich bei anderen, vor allem neueren Themen die Grenzen dessen, was im Rahmen einer direkten Erhebung zuverlässig ermittelt werden kann. Im folgenden Beitrag geht es daher zum einen um die Ergebnisse der Agrarstrukturerhebung, aber zunächst auch um die Schwierigkeiten und Probleme, die mit der Gewinnung dieser Ergebnisse verbunden waren.

Papier oder Internet – was ist besser?

Die Agrarstrukturerhebung 2016 war eine Großerhebung, in der alle land- und forstwirtschaftlichen1 Betriebe befragt wurden. Zur Befragung wurden sowohl konventionelle Papierfragebögen als auch elektronische Fragebögen via Internet (IDEV-Fragebögen) eingesetzt. In Baden-Württemberg gab es die einmalige Situation, nahezu gleichgewichtig Antworten via Papierfragebogen oder als Resultat des elektronischen IDEV-Fragebogens zu erhalten. Dabei zeigt sich, dass die Form der Befragung – in Papier oder elektronisch – Auswirkungen auf das Antwortverhalten der Befragten hat. Es gibt viele Details, in denen sich die Antworten auf Papier und elektronisch unterscheiden. So sind die elektronischen Meldungen aufgrund der hinterlegten Prüfungen in der Regel formal viel besser ausgefüllt. Die installierte Logik stellt sicher, dass eine Sachfrage nur dann beantwortet ist, wenn auch die zutreffende Eingangsfrage beantwortet (=bejaht) ist. Der »unintelligente« Papierfragebogen trägt dagegen diese Plausibilitätsprüfungen nicht in sich. Dafür bietet er beispielsweise die Möglichkeit, eine Sachfrage direkt und ohne Umschweife zu beantworten. Er erlaubt auch fragmentarische Antworten, die häufig ein Hinweis auf schwierige oder unverständliche Fragestellungen sind.

Ein strukturell unterschiedliches Antwortverhalten kann bei einer Reihe von Themen festgestellt werden. Es sei dahingestellt, ob diese Unterschiede im Antwortverhalten in einer bewussten oder vorsätzlichen Verweigerung von Angaben oder im Übersehen oder Falschverstehen ihren Grund haben. Für beide Varianten lassen sich Belege finden.

So gibt es den Fall, in dem ein Betrieb zwar zunächst eine Eingangsfrage bejaht, aber Schwierigkeiten mit den Folgefragen hat und am Ende die Eingangsfrage wieder verneint. Im Papierfragebogen gibt es dann meist Rudimente einer Antwort, auf deren Grundlage das Thema telefonisch nachbearbeitet werden kann. Im IDEV-Fragebogen gibt es bei einer verneinten Eingangsfrage zunächst nichts und solange keine weitere Auffälligkeit hinzukommt, auch keinen Grund nachzufragen. Eine telefonische Nachfrage ist schwierig, weil der Betrieb praktisch kaum eine Möglichkeit hat – es sei denn, er hat Kennung und Passwort für die IDEV-Anmeldung parat – die Fragestellung mit zu verfolgen. Die jeweilige Thematik muss quasi virtuell am Telefon mit dem Betriebsinhaber abgearbeitet werden – eine Herausforderung sowohl für ihn als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Statistischen Landesamt, insbesondere bei den komplexeren Themen der Agrarstrukturerhebung.

Ein eher unbeabsichtigtes oder fahrlässig fälschliches Verneinen liegt dann vor, wenn am Bildschirm nur die Eingangsfrage wahrgenommen und diese nicht richtig verstanden wird. Je nach Formularsteuerung und Bildschirmposition ist vielfach nur die Eingangsfrage eines Fragebogenabschnitts sichtbar. Manche Eingangsfrage wird gut, manch andere dagegen weniger gut verstanden. Geradezu exemplarisch ist die (Eingangs-)Frage »Erfolgt für diesen Betrieb eine Gewinnermittlung für steuerliche Zwecke?«. Die, nicht immer, aber manchmal doch ernst gemeinte Antwort: »Welche Gewinne? Ich mach doch nur Verluste mit der Landwirtschaft!« Hätte der Betrieb, wie im Papierfragebogen üblich, auch online die ganze Palette der Antwortmöglichkeiten vor sich gehabt, wäre seine Antwort vielleicht anders ausgefallen, weil er erkannt hätte, dass eine der aufgeführten Arten der Gewinnermittlung, zum Beispiel Buchführung, doch für ihn zutrifft. Bei einigen Abschnitten wie Gewinnermittlung und Buchführung, aber auch Einkommenskombinationen oder Arbeitskräfte, drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass die Antwortqualität im Papierfragebogen besser ist, weil der Fragebogenabschnitt doch immer in Gänze präsent ist und die verschiedenen Antwortoptionen wahrgenommen werden und zudem mehr Freiheitsgrade beim Eintragen gegeben sind.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten

Es gibt Unterschiede im Antwortverhalten zwischen Papierfragebogen und elektronischer Meldung. Das betrifft weniger die Themen, die klar und eindeutig, im Idealfall abzählbar oder messbar sind. Es betrifft eher komplexe Themen, die ein Nachdenken, ein Recherchieren erfordern, kurz, die Arbeit und Mühe machen. Diese Themen sind vorwiegend in dem umfangreichen Frageprogramm der Repräsentativbetriebe zu finden. Bei diesen Betrieben sind auch offensichtliche Ermüdungserscheinungen beim Ausfüllen (besonders beim Papierfragebogen) zu erkennen, die sich aus der schieren Länge des Fragebogens ergeben. Das IDEV-Formular erzwingt hier zumindest die formale Vollständigkeit, gelegentlich aber um den Preis einer verkürzten Beantwortung. Das Papierformular dagegen ermöglicht ein lückenhaftes und bruchstückhaftes Ausfüllen. Beides erfordert ein hohes Maß an Nacharbeit und im Idealfall führen beide – IDEV und Papierformular – zum gleichen Ergebnis. Allein, die Erfahrung zeigt, unterschiedliche Qualitäten im Rohmaterial bleiben bis zu einem gewissen Grad bis zum Abschluss der Erhebung erhalten.2 Das zwingt dazu, auch manches Ergebnis der Agrarstrukturerhebung 2016 mit einer gewissen Zurückhaltung zu kommentieren bzw. zur Kenntnis zu nehmen.

Die Rolle von Verwaltungsdaten

Wichtige Teile der Agrarstrukturerhebung, beispielsweise die Angaben zur Bodennutzung, zu den Rinderbeständen sowie zur Beteiligung an Förderprogrammen, werden aus Verwaltungsquellen übernommen. Neben den unbestreitbaren Vorteilen dieses Verfahrens, der Entlastung der Auskunftspflichtigen und der Konsistenz von Angaben aus unterschiedlichen Quellen, gibt es jedoch auch Nachteile. Das gilt zunächst einmal für den Aufwand, der in der amtlichen Statistik mit dem Verfahren an sich verbunden ist. Weil die Verwaltungsdaten auf der Ebene des Einzelbetriebs verwendet werden, ist eine aufwendige laufende Pflege der Zuordnungen erforderlich. Jedem Verwaltungsdatensatz muss ein landwirtschaftlicher Betrieb bzw. eine Adresse im landwirtschaftlichen Betriebsregister im Statistischen Landesamt zugeordnet sein, damit die Daten genutzt werden können. Da für jede Verwaltungsquelle eigene Nummern und eigene Gesetzmäßigkeiten gelten, ist dieser Aufwand nicht nur einmal, sondern mehrmals zu leisten.

Das größere Problem ist jedoch, dass die Verwaltungsangaben primär einem anderen Zweck dienen und sich daraus Einschränkungen in der Nutzbarkeit ergeben. Dazu mehrere Beispiele:

Wie viele Hektare Hartweizen (Durum)?

Hartweizen ist eine besondere Weizenart, die sich aufgrund ihrer Qualitätseigenschaften für die Herstellung von Teigwaren eignet. Die Qualitätsanforderungen für die Nudelherstellung werden aber witterungsbedingt nicht in jedem Jahr erfüllt, weswegen der Anbau von Hartweizen in Baden-Württemberg bislang nicht über eine Nischenrolle hinausgewachsen ist.

Unglücklicherweise steht Winterhartweizen im Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKos) der Agrarverwaltung, aus dem für die Agrarstrukturerhebung die Daten zur Bodennutzung übernommen werden, am Anfang der dortigen Codeliste der Feldfrüchte. Diese Platzierung führt gelegentlich dazu, dass – sei es aus Versehen (Hartweizen ist ja auch »Weizen«) oder Nachlässigkeit – Hartweizen angekreuzt wird, obwohl der Betrieb tatsächlich Winter(weich)weizen anbaut, die häufigste Feldfrucht in Baden-Württemberg. Die Trennung von Weizen und Spreu, also die Unterscheidung von echten und falschen Meldungen zu Hartweizen, war im Jahr 2016 besonders schwierig, weil – propagiert von Mühlen und Züchtern – der Anbau in Baden-Württemberg tatsächlich ausgeweitet wurde. 2 700 Hektar (ha) Hartweizen als Ergebnis der Agrarstrukturerhebung 2016 stellen unter diesen Umständen die bestmögliche Annäherung an die Wirklichkeit dar.

Flächentausch – was gilt?

Die Landwirte sind im Rahmen ihres InVeKos-Antrags aufgefordert, alle von ihnen bewirtschafteten Flächen anzugeben. Das tun sie auch. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass es noch eine Wirklichkeit neben der Antragswirklichkeit gibt. Es ist offenkundig gängige Praxis, dass Landwirte untereinander Flächen tauschen, ohne dies in InVeKos nachzuziehen. Der tatsächliche Umfang ist nicht bekannt, weil sich die Erkenntnisse immer nur fallweise ergeben. In der Agrarstrukturerhebung selbst wird dies in der Regel nicht auffällig. Allenfalls dann, wenn die Angaben zu den Eigentums- und Pachtverhältnissen nicht zu den bewirtschafteten Flächen passen oder arbeitsintensive Kulturen ohne die dafür notwendigen Arbeitskräfte angegeben werden. Die Angaben aus der Agrarstrukturerhebung dienen aber auch dazu, die Grundgesamtheit für Spezialerhebungen wie zum Beispiel die Gemüseerhebung abzugrenzen. Spätestens dann, wenn es um die Angabe der Erntemenge von Erdbeeren, Karotten oder Kartoffeln geht, ist von solchen Betrieben zu hören: »Weiß ich nicht, ich baue die Erdbeeren/Karotten/Kartoffeln nicht an. Das Feld wird in diesem Jahr von XY bewirtschaftet, ich gebe es nur im Gemeinsamen Antrag an.« Der Flächentausch ist im Hinblick auf den Gesamtflächennachweis unproblematisch, die Gesamtfläche an Gemüse oder Kartoffeln ändert sich dadurch nicht. Problematisch sind jedoch strukturelle Aspekte: Die Frage, wie viele landwirtschaftliche Betriebe im Land Gemüse im Freiland anbauen, lässt sich nicht mehr zuverlässig beantworten. Unter den 2 527 Betrieben laut Agrarstrukturerhebung sind sicher einige, die selbst kein Gemüse anbauen, sondern nur die Flächen zur Verfügung stellen. Auch die Ergebnisse zur Größenstruktur (zum Beispiel die Zahl der Gemüsebetriebe mit 10 bis 20 ha Gemüsefläche) sind davon betroffen. Das Phänomen Flächentausch gibt es gehäuft bei Gemüse. Aber auch andere Feldkulturen, wie beispielsweise Mais für Biogasanlagen, sind davon betroffen.

Milchkuh oder Mutterkuh? Mängel in HIT

Um die Kühe in HIT (i-Punkt »HIT«) typisieren zu können, werden alle in HIT verfügbaren Zusatzinformationen herangezogen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Produktionsrichtung des Betriebes (zum Beispiel Milch) zu. Bedauerlicherweise war festzustellen, dass das Merkmal Produktionsrichtung in Baden-Württemberg nicht fortlaufend aktualisiert wurde und daher Kühe als Milchkühe typisiert werden, auch wenn die Milcherzeugung schon länger aufgegeben ist. Diese Verschlechterung der Datenqualität war zunächst ein Problem der halbjährlichen Rinderbestandserhebung, aber am Ende so akut, dass eine Veröffentlichung nicht mehr möglich war. Diese Problematik hätte auch die Agrarstrukturerhebung betroffen. Zur Ertüchtigung der Daten aus einer Verwaltungsquelle wurde daher in Baden-Württemberg die Frage nach der Produktionsrichtung in die Agrarstrukturerhebung aufgenommen. Der zusätzliche Aufwand hat sich gelohnt, somit stehen belastbare und regional differenzierbare Angaben zu diesem wichtigen Agrarstrukturmerkmal zur Verfügung.

Zu den Ergebnissen – Agrarstruktur 2016 40 589 landwirtschaftliche Betriebe im Land

Die durchschnittliche Betriebsgröße betrug 34,9 ha LF (i-Punkt »Agrarstrukturerhebung«). Im Vergleich zu 2010, dem Jahr mit der letzten vergleichbaren Erhebung, hat die durchschnittliche Betriebsgröße um rund ein Zehntel oder 3,2 ha LF zugenommen. Trotz dieses Flächenwachstums um rund ein Zehntel sind die landwirtschaftlichen Betriebe im Land eher kleinteilig strukturiert und bleiben deutlich hinter dem bundesdeutschen Mittelwert von 60,5 ha LF zurück. Nur in Bayern ist die durchschnittliche Betriebsgröße ähnlich niedrig wie in Baden-Württemberg. Von norddeutschen (Niedersachen: 68,7 ha LF, Schleswig-Holstein: 77,9 ha LF) oder gar ostdeutschen Verhältnissen (zum Beispiel Brandenburg: 247 ha LF) ist Baden-Württemberg weit entfernt.

Strukturwandel hat sich verlangsamt

Im Jahr 2010 gab es im Land noch 44 512 landwirtschaftliche Betriebe. Innerhalb von 6 Jahren hat sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe damit um knapp 4 000 verringert. Das sind rein rechnerisch fast zwei Betriebe pro Tag weniger. Die mittlere jährliche Abnahmerate für diesen Zeitraum beträgt 1,5 %. Das Tempo des Strukturwandels, gemessen an der Geschwindigkeit mit der die Zahl der Betriebe abnimmt, hat sich damit im Vergleich zu früher deutlich verlangsamt. Um das Jahr 2000 waren noch jährliche Abnahmeraten zu verzeichnen, die mit 3,3 % mehr als doppelt so hoch waren. Zwischen 2000 und 2010 wurden die Abnahmeraten dann zwar kontinuierlich kleiner, lagen aber immer bei mehr als 2 %.

Kleinteilige Betriebsstruktur überwiegt

Bezüglich der reinen Anzahl dominieren die kleineren Betriebe im Land. Mehr als die Hälfte der Betriebe im Land bewirtschaftet weniger als 20 ha LF. Ihr Anteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche beziffert sich aber nur auf 13 %. Weniger als ein Viertel (23 %) der Betriebe bewirtschaftet mehr als 50 ha LF. Ihr Anteil an der Fläche ist mit 65 % fast drei Mal so hoch. Der Trend zu größeren Betrieben zeigt sich auch an der sogenannten Wachstumsschwelle. Das ist die Betriebsgröße, ab der die Zahl der Betriebe im Zeitvergleich noch zunimmt. Nur die Zahl der Betriebe mit 100 ha LF und mehr nimmt noch zu, alle kleineren Betriebsgrößen werden weniger.

Betriebsgrößen sind regional unterschiedlich

Die durchschnittliche Betriebsgröße weist im Land große regionale Unterschiede auf, die auf die enorme Vielfalt naturräumlicher und wirtschaftlicher Standortbedingungen zurückzuführen sind. Die Spanne reicht von kleinflächigen Sonderkulturbetrieben bis zu großflächigen Ackerbau- und Grünlandbetrieben. In mittlerweile fünf Landkreisen wird eine durchschnittliche Betriebsgröße von mehr als 50 ha LF erreicht. Mit einer mittleren Betriebsgröße von 57,2 ha LF liegt der Landkreis Tuttlingen an der Spitze. In den Verdichtungsräumen und Stadtkreisen sind die Betriebe in der Regel kleiner als im ländlichen Raum. Vergleichsweise kleinteilige Betriebsstrukturen gibt es auch in Kreisen, in denen Sonderkulturen wie Wein und Obst eine große Bedeutung haben wie beispielsweise der Ortenaukreis oder der Landkreis Emmendingen.

Familienbetriebe überwiegen – gemeinschaftliche Betriebsformen weiter im Aufwind

Die große Mehrheit (89 %) der landwirtschaftlichen Betriebe wird als Familienbetrieb, als sogenanntes Einzelunternehmen, geführt. Der Inhaber ist hier eine einzelne natürliche Person oder ein Ehepaar. Allerdings gewinnen gemeinschaftliche Betriebsformen zunehmend an Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese Rechtsform hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und erreicht im Jahr 2016 einen Anteil von 8,6 %. Die GbR kann vielfältig ausgestaltet werden. Die Partner der Gesellschaft können aus dem engeren oder weiteren familiären Umkreis (zum Beispiel Ehepartner) stammen, sie können Generationen übergreifen (Vater/Sohn), aber genauso gut keinen familiären Zusammenhang haben. Die Kooperation kann die gesamte Palette eines landwirtschaftlichen Betriebes umfassen, aber auch nur einen speziellen Betriebszweig betreffen. Alle anderen Rechtsformen haben in der Landwirtschaft nur marginale Bedeutung.

Viel Dynamik bei den GbR

Die Zahl der Betriebe in der Rechtsform GbR hat zwischen 2010 und 2016 um fast 30 % zugenommen. Der deutliche Zuwachs im Zeitvergleich gibt allerdings die tatsächliche Dynamik an dieser Stelle nicht vollständig wieder. So sind von den 2 720 Betrieben, die im Jahr 2010 als GbR geführt wurden, im Jahr 2016 nur noch 75 % als GbR vorhanden. Praktisch jede vierte GbR ist 2016 nicht mehr vorhanden, davon wurden aber nur wenige aufgegeben. Die Mehrzahl der GbR ist – zumindest in ihrem Kern – wieder in ein Einzelunternehmen überführt worden. In der umgekehrten Perspektive ist festzuhalten, dass von den 3 489 GbR Betrieben im Jahr 2016 im Jahr 2010 noch rund ein Drittel als Einzelunternehmen geführt wurde. Es gibt also nicht wenige GbR, die aus einem Einzelunternehmen entstanden sind und nach einigen Jahren wieder in ein Einzelunternehmen rückgewandelt werden. Anlass dürfte vielfach der Generationswechsel sein. Die strukturelle Relevanz der Zunahme gemeinschaftlicher Betriebsformen relativiert sich vor dem Hintergrund, dass einige von ihnen nur eine temporäre Übergangsform sind.

Viele landwirtschaftliche Betriebe im Nebenerwerb

Im Jahr 2016 gab es in Baden-Württemberg rund 22 500 Nebenerwerbsbetriebe. In diesen Betrieben stellt die Landwirtschaft nicht die alleinige oder überwiegende Quelle des Lebensunterhalts dar. Im Land wird damit mehr als jeder zweite Betrieb im Nebenerwerb bewirtschaftet. Eine ähnlich große Bedeutung wie in Baden-Württemberg hat die Nebenerwerbslandwirtschaft nur noch in Hessen und im Saarland und mit Abstrichen in Bayern. In den anderen Flächenländern ist der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe und vor allem ihr Anteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche spürbar niedriger. Dabei sind auch die Maßstäbe offensichtlich recht unterschiedlich: Ein Nebenerwerbsbetrieb in Schleswig-Holstein ist mit fast 38 ha LF mehr als doppelt so groß wie ein Nebenerwerbsbetrieb hierzulande.

Das Gegenteil zu den Nebenerwerbsbetrieben sind die Haupterwerbsbetriebe. Ihre Zahl beziffert sich im Jahr 2016 auf gut 13 500. Obwohl sie deutlich in der Unterzahl sind, wird von den Haupterwerbsbetrieben knapp die Hälfte (49 %) der Fläche bewirtschaftet. Vor allem aber bei der tierischen Produktion haben die Haupterwerbsbetriebe ein großes Gewicht: In vielen Bereichen der Tierhaltung überwiegen die Produktionsanteile der hauptberuflichen Landwirte. Besonders groß ist ihre Bedeutung bei der arbeits- und zeitintensiven Milchviehhaltung. In den Stallungen der Haupterwerbsbetriebe stehen fast zwei Drittel der Milchkühe im Land.

Rund 4 400 Betriebe im Südwesten sind nicht in Haupt- und Nebenerwerb typisierbar. Das gilt zum Beispiel für die vielen gemeinschaftlichen Betriebe, aber auch GmbHs, Genossenschaften, etc. Diese sonstigen Betriebe vereinigen aber mittlerweile beachtliche Produktionsanteile auf sich. Sie bewirtschaften mehr als ein Fünftel der Fläche oder halten mehr als ein Viertel der Milchkühe, obwohl ihr Anteil an den Betrieben nur ein gutes Zehntel beträgt.

Tierhalter werden weniger

Ein wichtiger Teil der Landwirtschaft ist die Viehhaltung. Mehr als jeder zweite Euro wird mit tierischen Erzeugnissen wie Milch, Fleisch und Eiern umgesetzt. Dabei wird die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die Vieh halten, immer kleiner. Mittlerweile sind es nur noch 23 547 Betriebe mit Viehhaltung. Das ist nur noch gut jeder zweite Betrieb. Vor knapp 2 Jahrzehnten, im Jahr 1999, war nicht nur die absolute Anzahl der Betriebe mit Viehhaltung mit 43 251 noch bedeutend höher, auch die Verteilung auf die Betriebe war gleichmäßiger. In zwei von drei Betrieben war noch Vieh anzutreffen. Was für die Vieh haltenden Betriebe insgesamt gilt, fällt bezogen auf die einzelne Tierart noch deutlicher aus. Die Zahl der Betriebe mit Rindern hat sich seit 1999 mehr als halbiert. Bei den Schweinehaltern haben seither nahezu drei von vier Betrieben aufgegeben. Auch die Tierbestände haben sich seit 1999 verringert, allerdings sind diese weit weniger stark zurückgegangen als die jeweiligen Haltungen. In der Folge haben sich die Bestandszahlen je Betrieb deutlich erhöht. Bei der Schweinehaltung sind es 2016 im Mittel 357 Schweine je Betrieb (1999: 112), bei den Rindern 67 Stück Vieh (1999: 42). Bei den Legehennen scheint die Umstellung auf tierfreundlichere Haltungsformen geglückt und der Tiefpunkt überwunden. Der niedrigste Bestand im Land war für das Jahr 2010 mit 2,2 Mill. Legehennen zu notieren. Im Jahr 2013 war mit 2,5 Mill. eine gewisse Erholung zu verzeichnen und bis 2016 ein nochmaliger und deutlicher Anstieg auf nun 2,7 Mill. Tiere festzustellen. Das ist ein Bestand, wie er zuletzt Ende der 1990-Jahre erfasst wurde, nun allerdings ohne Legehennen in Käfighaltung.

Der Wandel in der Tierhaltung lässt sich kurz so beschreiben: Es gibt weniger Tierhalter, die Tierhalter haben sich in der Regel auf eine Tierart spezialisiert und im einzelnen Betrieb werden deutlich mehr Tiere gehalten als früher. Neben dieser betrieblichen Entwicklung gibt es auch eine regionale Konzentration der Tierhaltung. Die regionalen Unterschiede vergrößern sich zum einen durch die Aufstockung in bestehenden Schwerpunktgebieten, zum anderen aber durch den Rückzug der Viehhaltung in vielen Gemeinden des Landes. In mehr als einem Fünftel der Gemeinden gibt es keine Milchkühe mehr. Ebenfalls in einem Fünftel der Gemeinden gibt es keine Schweinehaltung in landwirtschaftlichen Betrieben mehr. In einem Zehntel der Gemeinden des Landes gibt es weder Milchkühe noch Schweine. Das ganz konkrete »Aus-dem-Auge-verlieren«, die mangelnde Möglichkeit, Tierhaltung überhaupt noch »live« erleben zu können, ist mutmaßlich einer der Gründe für die Entfremdung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft.

Rinder und Schweine im Osten Baden-Württembergs

Die Haltung von Vieh hat im Land klare regionale Schwerpunkte, die sich allerdings je nach Tierart unterscheiden. Bei den Rindern liegt der Schwerpunkt im (Süd-)Osten des Landes. In den drei Landkreisen Ravensburg, Biberach und Ostalbkreis wird zusammen fast ein Drittel der knapp 1 Mill. Rinder im Land gehalten. Eindeutig an der Spitze liegt dabei der Landkreis Ravensburg, in dem 143 900 Rinder stehen. Auch von den rund 347 000 Milchkühen im Land steht jede Fünfte im Landkreis Ravensburg. Bei den Schweinen zeichnet sich der regionale Schwerpunkt noch deutlicher ab als bei den Rindern. Drei Kreise – Schwäbisch Hall, Biberach und Alb-Donau-Kreis – vereinen auf sich fast die Hälfte der im Land gehaltenen Schweine. Die »Schweinehochburg« des Landes ist der Landkreis Schwäbisch Hall, in dem mit rund 424 000 Tieren knapp 23 % der Schweine im Land gehalten werden. Der Kreis Schwäbisch Hall liegt auch bei Truthühnern (Puten) vorne, während bei Hühnern (Legehennen und Masthühner) der Alb-Donau-Kreis führend ist.

Schafe auf der Alb, Ziegen im Südschwarzwald

In Sachen Schafhaltung sind »Alb«-Kreise vorne, also Kreise, die an oder auf der Schwäbischen Alb liegen: Reutlingen, Zollernalbkreis und Esslingen. Bei der Haltung von Ziegen schiebt sich ein anderer Landesteil in den Vordergrund. Die drei Spitzenkreise sind im Südwesten des Landes zu finden und grenzen aneinander: Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach und Emmendingen. Aus der Agrarstrukturerhebung liegen keine Informationen zur Nutzungsrichtung der Ziegen vor. Aber es dürfte naheliegen, dass die Anwesenheit eines namhaften Erzeugers von Ziegenkäse die Haltung von Milchziegen befördert und sich die Haltung von Ziegen in dieser Region nicht in der Landschaftspflege erschöpft.

Kühe machen Mühe – anderes auch

Landwirtschaft ist arbeitsintensiv und nur mit dem entsprechenden Personaleinsatz erfolgreich und effizient zu betreiben. Durch technologische Fortschritte, veränderte Rahmenbedingungen und den Strukturwandel an sich verändern sich die Zahl und der Charakter der Arbeitskräfte. Gleichzeitig vergrößert sich die Unschärfe, was die Abbildung der gesamten Arbeitsleistung in der Landwirtschaft anbelangt. In den landwirtschaftlichen Betrieben Baden-Württembergs waren 2016 insgesamt etwa 148 400 Personen in unterschiedlichem Umfang mit betrieblichen Arbeiten beschäftigt. Das entspricht in etwa der Größenordnung einer Großstadt wie Heidelberg. Innerhalb von 3 Jahren, die letzte vergleichbare Erhebung erfolgte im Jahr 2013, ist damit ein Rückgang um 18,3 % festzustellen. Die rückläufige Entwicklung ist vor allem auf die Saison-Arbeitskräfte zurückzuführen, deren Zahl sich im Vergleich zu 2013 um fast ein Drittel auf 53 500 verringert hat. Zwischen 2010 und 2013 hatte sich die Zahl der Saison-Arbeitskräfte nicht verändert. Saison-Arbeitskräfte sind nur vorübergehend für einige Tage, Wochen oder maximal 6 Monate in den Betrieben beschäftigt. Ihre typischen Einsatzfelder sind Pflege- und Erntearbeiten in den Wein-, Obst- und Gemüsebaubetrieben, die durch die Mindestlohngesetzgebung unter veränderten Rahmenbedingungen erfolgt.

Größte Gruppe bilden Familienarbeitskräfte

Die größte Gruppe unter den landwirtschaftlichen Arbeitskräften sind die Familienarbeitskräfte. Aber auch ihre Zahl hat seit 2013 abgenommen, um 10,3 % auf 72 700. Die Entwicklung bei den Familienarbeitskräften hängt mit der Abnahme der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt zusammen. Wenn ein Betrieb aufgelöst wird, gibt es keinen Betriebsinhaber mehr und auch die dazu gehörenden Familienarbeitskräfte sind verschwunden. Einige Familienarbeitskräfte sind aber auch Bestandteil der positiven Entwicklung bei den ständig Beschäftigten. Ihre Zahl hat um knapp 4 % auf 22 200 zugenommen. Die gegenläufigen Entwicklungen von Familienarbeitskräften und ständig Beschäftigten stehen zum Teil im Zusammenhang mit dem strukturellen Wandel der Betriebe. Familienbetriebe gehen zum Teil in einer kooperativen Betriebsform, zum Beispiel der GbR, auf. Dabei bleiben die in der Landwirtschaft beschäftigten Personen häufig zwar dieselben, allerdings ändert sich ihr Status: Aus einer Familienarbeitskraft wird ein ständig Beschäftigter.

Nur noch 4,5 Arbeitskrafteinheiten je 100 ha Landwirtschaftsfläche

Insgesamt wurde in den landwirtschaftlichen Betrieben des Landes ein Arbeitseinsatz in Höhe von 63 400 Arbeitskrafteinheiten (AKE)3 erbracht. Im Jahr 2013 waren es noch 67 100 AKE. Das entspricht einem Rückgang des Arbeitsvolumens um 5,5 %. Bezogen auf die Fläche wird mit einem Besatz von 4,5 AKE je 100 ha LF ein neuer Minimalwert erreicht. Im Jahr 2013 wurden zur Bewirtschaftung der gleichen Fläche noch 4,7 AKE benötigt. Im Jahr 1999 waren es – bei anderer Abgrenzung und Definition – noch 5,4 AKE je 100 ha LF. Die Arbeitsintensität, der Arbeitseinsatz je Flächeneinheit, entwickelt sich rückläufig. Die höchste Arbeitsintensität gibt es in den gärtnerischen Betrieben, gefolgt von den Dauerkulturbetrieben mit Wein- und Obstbau.

Mehr Rebland – Schein oder Sein?

Betrachtet man die Agrarstrukturerhebungen im mehrjährigen Vergleich, so gewinnt man den Eindruck, dass der Umfang und die Bewirtschaftung von Rebland an Bedeutung zunimmt. Alle paar Jahre wird eine größere Rebfläche notiert – 2010: 23 700 ha, 2013: 24 500 ha und nun 2016: 25 000 ha. Dabei unterliegt kaum ein landwirtschaftlicher Betriebszweig ähnlichen Restriktionen hinsichtlich der Anbauflächen wie das Rebland. Die absoluten Veränderungen des Reblands – das gilt für Baden wie für Württemberg – bewegen sich im Promillebereich. Nach den Angaben der Weinbaukartei, in der alle im Land belegenen Rebflurstücke erfasst sind, betrug die bestockte Rebfläche im Jahr 2015 im Land 27 229 ha, im Jahr 2010 waren es 27 258 ha. Wenn die Rebfläche insgesamt mehr oder weniger konstant ist, die Rebfläche in der Agrarstrukturerhebung aber kontinuierlich zunimmt, dann zeigt sich darin eine Facette des Strukturwandels. Auch beim Rebland geht die Bewirtschaftung von Klein- und Kleinstflächen zurück und wandert in die Hände von größeren Betrieben. Und diese größeren Betriebe sind dann mit den von ihnen bewirtschafteten Flächen im Erfassungsbereich der Agrarstrukturerhebung. Parallel dazu steigt der Abdeckungsgrad des Reblands durch die Agrarstrukturerhebung. Waren es 2010 noch 86,6 %, sind es 2016 schon 91,4 %.

Herr oder Knecht im eigenen Weinberg?

Beim Rebland zeigt sich aber auch ein Phänomen, das in der Landwirtschaft noch an manch anderer Stelle zu Tage tritt: Abgestufte Formen der arbeitsteiligen Produktion, die bis zur Frage führen, wer denn der eigentliche Bewirtschafter der (Reb-)Flächen ist? Ist der von der Statistik befragte Betrieb noch der Bewirtschafter, der nach eigenem Ermessen über Anbau, produktionstechnische Maßnahmen und auch die Vermarktung entscheidet oder ist er nur noch Angestellter im eigenen Weinberg?

Die Agrarstrukturerhebung ist nicht per se geeignet, Antwort auf diese Frage zu geben. Allenfalls Auffälligkeiten bei Arbeitskräften, den Besitz- und Pachtverhältnissen oder Widersprüche zu den uns vorliegenden administrativen Daten geben in der Agrarstrukturerhebung Anlass für Nachfrage im Einzelfall. An diesen Einzelfällen erkennt man, dass es offensichtlich eine große Vielfalt an vertraglichen Bindungen hinsichtlich Bewirtschaftung und Ablieferung der Ernte gibt, die die gesamte Spannweite zwischen eigenunternehmerischem Handeln und weitgehender Fremdbestimmtheit abdecken. Es gibt Vereinbarungen, in denen das Mengen- und Qualitätsrisiko in der Verantwortung des Betriebs liegt und er mit diesen Risiken nach eigenem Ermessen umgeht. Es gibt aber auch Fälle, in denen wohl bis ins Detail vorgegeben wird, wann welche Maßnahme durchzuführen ist, damit dem »Auftraggeber« ein genau definiertes Produkt zu zuvor vereinbarten Konditionen zugeliefert wird oder das von ihm selbst beerntet wird.

Weinbaubetriebe größer, weniger Arbeit

Der Strukturwandel im Weinbau selbst lässt sich mit wenigen Worten beschreiben: Die Zahl der Betriebe mit Rebland nimmt ab, dafür wird die durchschnittlich bewirtschaftete Rebfläche größer. Waren es 2010 noch fast 8 300 Betriebe, die zusammen 23 700 ha Rebfläche bewirtschaftet haben, so sind es 2016 nur noch knapp 7 000 Betriebe, die 25 000 ha bewirtschaften. Die durchschnittliche Rebfläche je Betrieb nahm innerhalb von 6 Jahren von 2,9 ha auf 3,5 ha zu. Die Entwicklung verlief in den beiden Anbaugebieten Baden und Württemberg annähernd im Gleichklang.

Markant sind die Veränderungen, die sich hinsichtlich des Arbeitseinsatzes im Weinbau feststellen lassen. Der Weinbau, ein traditionell arbeitsintensiver Zweig der Landwirtschaft, verliert nach Zahl und Volumen deutlich an Beschäftigung. Auch hinsichtlich des Arbeitseinsatzes zeigt sich im Weinbau ein Auflösen traditioneller Verhältnisse. Der gemeinsame großfamiliäre oder gutnachbarliche Leseeinsatz scheint von der Regel zur Ausnahme zu werden. Stattdessen sind die Traubenvollernter auf dem Vormarsch. Das Outsourcing, die Vergabe einzelner Arbeitsschritte an Lohnunternehmer oder andere Dienstleister, gewinnt nicht nur zur Ernte der Trauben an Bedeutung. Die im Rahmen der Agrarstrukturerhebung ermittelten Angaben zu den Arbeitskräften und zum Arbeitseinsatz geben damit nur noch ein unvollständiges Bild des tatsächlichen Arbeitsvolumens im Weinbau wieder. Es ist davon auszugehen, dass die im Weinbau bislang nur punktuell beobachtete Entwicklung zur Fremdvergabe wie in der Gesamtwirtschaft weiter an Bedeutung zunehmen wird und auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft, namentlich den arbeitsintensiven Zweigen, zu erwarten ist.

Landwirtschaft männlich geprägt

Arbeiten in der Landwirtschaft sind überwiegend eine männliche Angelegenheit. Rund 62 % der Arbeitskräfte zählen zum männlichen Geschlecht. Das ausgeglichenste Verhältnis zwischen Männern und Frauen gibt es noch bei den Saison-Arbeitskräften: Nur etwas mehr als die Hälfte (55 %) sind männlich. Bei Familienarbeitskräften und ständig Beschäftigten geht die Männerquote in Richtung zwei Drittel. Fast ausschließlich Männer sind anzutreffen, wenn es um die Betriebsleitung geht. Mehr als 90 % der Betriebsleiter in der Landwirtschaft sind Männer, der Anteil von Frauen liegt bei nur 8 %. In diesem Punkt hat sich auch durch den Strukturwandel der letzten Jahre nichts geändert. Der Anteil von Frauen an der Betriebsleitung war im Jahr 1999 ähnlich niedrig. Was sich dagegen geändert hat: Die Betriebsleiter sind im Durchschnitt älter geworden. Das mittlere Alter liegt im Jahr 2016 bei etwas mehr als 51 Jahren. Im Jahr 1999 waren die Betriebsleiter mit einem Durchschnittsalter von gut 47 Jahren spürbar jünger.

7 400 Landwirte mit Meisterbrief

Die Mehrheit (60 %) der landwirtschaftlichen Betriebsleiter verfügt über eine landwirtschaftliche Ausbildung. Besonders häufig beruflich qualifiziert sind sie in Haupterwerbsbetrieben. Hier haben 84 % eine landwirtschaftliche Ausbildung durchlaufen. Die stärkste Verbreitung in der Landwirtschaft hat die Ausbildungsstufe Meister und Fachagrarwirt. Knapp 7 400 erreichen diese Ausbildungsstufe, einen noch höheren Ausbildungsgrad erreichen annähernd 3 900 Betriebsleiter. Die übrigen 13 200 verteilen sich auf die verschiedenen Bildungsstufen unterhalb des Meistertitels.

Auf mehreren Beinen steht’s sich besser …

Dieses Motto beherzigen viele landwirtschaftliche Betriebe seit langem. Erfolgte die Risikostreuung früher eher durch den Anbau vieler verschiedener Feldfrüchte oder die Haltung verschiedener Tierarten, zielt die Diversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe heute eher darauf ab, zusätzliche Standbeine außerhalb der Kernlandwirtschaft zu entwickeln. Zu den Klassikern in dieser Richtung zählen Vermarktungsaktivitäten (Direktvermarktung, Hofläden, etc.) oder Angebote im touristischen Bereich (»Urlaub auf dem Bauernhof«). In den letzten Jahren hat sich jedoch ein klarer Favorit entwickelt. Es ist die Erzielung zusätzlicher Einkünfte durch die Erzeugung erneuerbarer Energie. 2016 haben mehr als zwei Fünftel der landwirtschaftlichen Betriebe mindestens ein weiteres Einkommens-Standbein, in 60 % dieser Betriebe ist »Erzeugung erneuerbarer Energie« involviert.

Über 17 Mill. Kubikmeter Wirtschaftsdünger

Die Erzeugung erneuerbarer Energie in der Landwirtschaft erfolgt meist über Fotovoltaikanlagen oder die Erzeugung von Biogas. Während in Fotovoltaikanlagen Sonnenlicht direkt in elektrische Energie umgewandelt wird, wird in Biogasanlagen durch die Vergärung organischer Substrate energiereiches Methan gewonnen. Es verbleibt ein flüssiger Biogas-Gärrest, der mit anderen flüssigen Düngern tierischen Ursprungs (Gülle, Jauche) unter dem Oberbegriff Wirtschaftsdünger zusammengefasst wird. Im Jahr 2015 sind von den Landwirten im Land insgesamt 17,2 Mill. Kubikmeter flüssiger Wirtschaftsdünger auf die Äcker und Wiesen ausgebracht worden. Hinzu kommen rund 2,3 Mill. t an festem Wirtschaftsdünger (Festmist, Geflügeltrockenkot und ähnliches).

Bodennahe Ausbringung ist (noch) die Ausnahme

Der flüssige Wirtschaftsdünger besteht zu über 70 % aus Gülle, vornehmlich aus der Rinder- und Schweinehaltung. Knapp 30 % sind Gärreste aus Biogasanlagen. In den Gärresten ist auch Rinder- und Schweinegülle enthalten, die in der Biogasanlage energetisch verwertet wird. Die Ausbringung des Wirtschaftsdüngers erfolgt noch überwiegend (77 %) mit einem Breitverteiler. Die bodennahe Ausbringung mit Schleppschlauch (15 %) oder Schleppschuh (4 %) oder die Einbringung in den Boden im Schlitzverfahren (2 %) oder per Gülleinjektion (2 %) ist die Ausnahme. Nach der Novellierung der Düngeverordnung zeichnet sich großer Handlungsbedarf ab. In einigen Jahren soll nur noch die bodennahe Ausbringung bzw. die Einarbeitung erlaubt sein.

Grundbodenbearbeitung meist mit dem Pflug

Die Mehrzahl der Ackerfrüchte ist einjährig, Aussaat und Ernte erfolgen binnen Jahresfrist. Am Anfang steht in der Regel eine tiefgründige Bodenbearbeitung, um die Wachstumsbedingungen optimal zu gestalten. In der Mehrzahl der Fälle kommt dabei das klassische Arbeitsgerät in der Landwirtschaft, der Pflug, zum Einsatz, um den Boden durch Wenden tiefgründig zu lockern und vorhandenen Aufwuchs sauber einzuarbeiten. Knapp mehr als die Hälfte des Ackerlands wird gepflügt. Pflügen ist jedoch zeit- und kostenaufwendig und bedeutet einen großen Eingriff in das gewachsene Bodengefüge. Mit anderen Verfahren der Grundbodenbearbeitung versucht man diese Nachteile zu vermeiden. Die konservierende, nicht wendende Bodenbearbeitung mit Grubber oder Eggen unterschiedlichster Bauart hat ebenfalls große Bedeutung, kommt aber nicht ganz an die Bedeutung des Pfluges heran: Auf 5 ha, die gepflügt werden, kommen 4 ha mit nicht wendender Bodenbearbeitung. Eine Ausnahmeerscheinung sind Direktsaatverfahren (Anteil 1 %), die gänzlich auf eine Grundbodenbearbeitung verzichten. Direktsaatverfahren waren schon im Jahr 2010 die Ausnahme, damals war ihr Anteil ähnlich gering. Im Verhältnis von wendender (Pflug) zu konservierender (Grubber und ähnliches) Bodenbearbeitung ist dagegen der Vorsprung des Pflugs seit 2010 etwas geringer geworden. Auf 5 ha gepflügtes Ackerland kamen 2010 etwa 3,6 ha mit konservierender Bodenbearbeitung.

Ökobetriebe greifen eher zum Pflug

Ein Aspekt des Pflügens, das tiefgründige Wenden des Bodens mit dem eine unkrautfreie Ackerfläche geschaffen wird, hat für Ökobetriebe eine besondere Bedeutung, da ihnen chemische Möglichkeiten der Unkrautregulierung verwehrt sind. Daher greifen sie, auch wenn unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des gewachsenen Bodengefüges der konservierenden Bodenbearbeitung der Vorzug zu geben wäre, bei der Grundbodenbearbeitung vergleichsweise häufig zum Pflug. Fast zwei Drittel (64 %) des Ackerlands mit Grundbodenbearbeitung werden gepflügt, in konventionellen Betrieben sind es nur 55 %. Der vergleichsweise intensive Einsatz des Pflugs in Ökobetrieben relativiert sich dadurch, dass eine Grundbodenbearbeitung in Ökobetrieben wegen des hohen Anteils an mehrjährigen Kulturen wie Kleegras und Luzerne seltener durchgeführt wird als in konventionellen Betrieben.

Ökolandbau mit Zuwachsraten

Die ökologische Landwirtschaft insgesamt ist auf Wachstumskurs im Land. Der Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe wie der Anteil der ökologisch bewirtschaften Fläche nahm in den vergangenen Jahren regelmäßig zu und hat 2016 neue Höchstwerte erreicht. Insgesamt 3 446 Betriebe haben 2016 in Baden-Württemberg nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung 834/2007 gewirtschaftet. Das entspricht einem Anteil von 8,5 % an allen landwirtschaftlichen Betrieben im Land. Von den Öko-Betrieben werden knapp 132 000 ha ökologisch bewirtschaftet. Bezogen auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche entspricht dies einem Anteil von 9,3 %. Die durchschnittliche Größe eines Betriebes mit ökologischer Bewirtschaftung beläuft sich auf 40,2 ha LF. Sie sind damit überdurchschnittlich groß, da der Mittelwert für alle landwirtschaftlichen Betriebe im Land nur 34,9 ha LF beträgt.

Die ökologischen Betriebe unterscheiden sich jedoch nicht nur in der Flächenausstattung, sondern auch in der Flächenbewirtschaftung von den anderen Betrieben. Der Anteil von Grünland ist spürbar höher und die Nutzung des Ackerlands ist vielfältiger als bei konventionellen Betrieben. Auch in der Viehhaltung gibt es Unterschiede: Ökobetriebe halten häufiger Vieh, dabei handelt es sich meistens um Rinder, Schweine sind selten anzutreffen.

Mehr Öko zu erwarten

Von der ökologisch bewirtschafteten Fläche waren im Jahr 2016 bereits 114 400 ha LF vollständig auf die ökologische Bewirtschaftung umgestellt. 17 500 ha LF befanden sich in Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise. Flächen in der Umstellungsphase werden zwar bereits nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet, die darauf produzierten Erzeugnisse dürfen jedoch noch nicht als »bio« oder »ökologisch« verkauft werden. Der Anteil der Umstellungsflächen beträgt 13,3 % und liegt damit deutlich höher als in früheren Jahren. Das ist ein Indiz für eine weitere dynamische Entwicklung im Ökolandbau.

Regionale Unterschiede bei Öko, Platz 2 im Bund

Es zeigen sich große regionale Unterschiede hinsichtlich des Anteils der ökologisch bewirtschafteten Fläche. Der höchste Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche findet sich im Landkreis Waldshut, dort beträgt er nahezu ein Fünftel der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Landkreis. Der Anteil des Ökolandbaus hängt dabei in der Regel mit dem Umfang an Grünland zusammen, denn auch in anderen Kreisen mit einem hohen Anteil an Grünland wie Ravensburg oder Lörrach ist der Anteil der Ökofläche vergleichsweise hoch. Allerdings gibt es auch Ausnahmen wie den Kreis Tübingen, der mit 16,8 % den zweithöchsten Anteil an Öko-LF verzeichnet, aber hinsichtlich des Grünlands unter dem Landesdurchschnitt liegt.

Die meisten Ökobetriebe in Deutschland gibt es in Bayern, auf Platz 2 folgt Baden-Württemberg. Bei der Ökofläche liegt das Land nach Bayern und Brandenburg auf Platz 3. Bei der Zahl der Betriebe profitiert Baden-Württemberg von seiner kleinteiligen Struktur. Relativ gesehen liegt das Land eher im Mittelfeld: Rang 6 unter den Flächenländern beim prozentualen Anteil der Öko-Betriebe und Rang 5 bei der Ökofläche.

Pachtquote bei 60 %

Das Wirtschaften auf fremdem Grund und Boden ist für die Landwirte – egal ob öko oder konventionell – in Baden-Württemberg nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Der Großteil der von ihnen bewirtschafteten Fläche befindet sich nicht in deren Eigentum, sondern ist gepachtet. Die Pachtquote, also der Anteil der gepachteten Flächen, beträgt 60,3 %. In geringem Umfang gibt es auch Flächen, meist in ungünstigen Randlagen, die den Landwirten unentgeltlich zur Nutzung überlassen werden. Ihr Anteil beträgt im Landesmittel rund 3,9 %. Der Anteil der eigenen und selbstbewirtschafteten Fläche beträgt 35,9 %.

Pachtentgelt im Mittel bei 237 Euro je Hektar

Für die Nutzung der Flächen zahlen die Landwirte ein Pachtentgelt, das im Landesdurchschnitt bei 237 Euro je Hektar (EUR/ha) liegt. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede, je nach Lage, Bonität und Nutzungsart. So wird beispielsweise für Ackerland mit 270 EUR/ha deutlich mehr entrichtet als für Grünland mit 141 EUR/ha. Pachtland ist in den vergangenen Jahren stetig teurer geworden. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzen wird. Das Preisniveau für Neupachtungen von 342 EUR/ha spricht hier eine deutliche Sprache.

Resümee

Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg ist im Wandel. Während der Strukturwandel früher unter dem wenig passenden Schlagwort »Höfesterben« subsummiert wurde, sind die Entwicklungsstränge mittlerweile vielfältiger. Natürlich gibt es nach wie vor landwirtschaftliche Betriebe, die aufgegeben werden. Aber es sind weniger als früher. Daneben treten Entwicklungen wie Spezialisierung und Diversifizierung, mit denen die Betriebe in der Landwirtschaft selbst oder im Verbund mit der Landwirtschaft erhalten werden. Auch die Transformation und Integration einfacher landwirtschaftlicher Betriebe in größere, teils komplexe Unternehmensstrukturen ist zu beobachten. Die Umstellung auf ökologischen Landbau ist eine weitere Facette des Strukturwandels. Gesellschaftliche Debatten, sei es um die Zukunft der gemeinschaftlichen Agrarzahlungen oder die Ausgestaltung der Tierhaltung, werden die Rahmenbedingungen auch in Zukunft verändern. Der Strukturwandel wird andauern und in der nächsten großen Agrarstrukturerhebung, der Landwirtschaftszählung 2020, näher beleuchtet. Das Instrument dazu, die Agrarstrukturerhebung, ist indessen angesichts der vielfältigen Fragestellungen an die Grenzen bezüglich der Themen gelangt, die in einer Primärerhebung zum Selbstausfüllen sinnvoll und belastbar erhoben werden können.

1 Gegenstand dieses Beitrags sind nur die landwirtschaftlichen Betriebe, die forstwirtschaftlichen Betriebe bleiben außen vor. Die Erhebung von Kernthemen erfolgte in allen Betrieben, in einem Viertel der Betriebe wurde ein zusätzliches umfangreiches Frageprogramm repräsentativ erhoben. Der Papierfragebogen der repräsentativen Betriebe erreichte mit allen Erläuterungen und Hinweisen einen Umfang von 41 Seiten.

2 Das zeigt sich zum Beispiel beim Anteil der Betriebe, die eine Eingangsfrage mit Nein beantworten. Nach einer Bearbeitung sollten diese erhebungstechnisch bedingten Unterschiede nicht mehr erkennbar sein: Dennoch sind diese vorhanden. Durch Nachbearbeitung werden die Unterschiede zwar geringer aber nicht völlig beseitigt.

3 Eine Arbeitskrafteinheit (AKE) ist eine rechnerische Größe und entspricht einer vollbeschäftigten Arbeitskraft.