:: 3/2018

Der Übergang von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss in die berufliche Ausbildung

Die Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen mit Hauptschulabschluss hat sich in den letzten Jahren stark verringert. Im Jahr 2016 haben noch knapp 25 700 Jugendliche die Schulen im Land mit dem Hauptschulabschluss verlassen im Vergleich zu 47 000 im Jahr 2005. Im Bereich der beruflichen Schulen bieten sich diesen Jugendlichen viele Möglichkeiten zu einem Anschluss: Rund 15 500 Jugendliche haben im Schuljahr 2016/17 an einer Teilzeit-Berufsschule mit dem schulischen Teil der dualen Berufsausbildung begonnen. Weitere 3 500 Jugendliche mit Hauptschulabschluss haben eine schulische Berufsausbildung angefangen und 11 100 Jugendliche sind im Schuljahr 2016/17 in eine Berufsfachschule eingetreten, um die Fachschulreife zu erwerben. Für Jugendliche, die keines dieser Angebote nutzen, gibt es weitere der Berufsausbildung direkt vorgelagerte oder berufsvorbereitende Angebote. Die Inanspruchnahme berufsvorbereitender Bildungsgänge hat in den letzten Jahren ein sehr niedriges Niveau erreicht, was wohl dafür spricht, dass Jugendliche mit Hauptschulabschluss auf dem Ausbildungsplatzmarkt bessere Chancen haben als vor 10 Jahren.

Die duale Berufsausbildung gilt als deutsches Erfolgsmodell zur Eingliederung von Jugendlichen an der Schwelle von der Schule in die Arbeitswelt. Dennoch steht dieses Erfolgsmodell derzeit vor einigen Herausforderungen. Zum einen wächst die Konkurrenz durch das Hochschulstudium, da immer mehr Jugendliche eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben und ein Studium für sie als attraktivere Alternative erscheint. Zum anderen sind von Ausbildungsbetrieben und Kammern häufig Klagen über eine unzureichende Ausbildungsfähigkeit von Bewerberinnen und Bewerbern um einen Ausbildungsplatz zu hören. Eine Folge dieser Entwicklungen ist, dass Ausbildungsplätze in Handwerk, Industrie und Handel nicht besetzt werden können. Angesichts eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels ist es geboten, das vorhandene Potenzial weitestgehend zu nutzen. Dies gilt nicht nur aus Sicht der Ausbildungsbetriebe, sondern auch aus der Perspektive der Jugendlichen, denen Chancen zu einer beruflichen Entwicklung und damit letztendlich auch zu einer gesellschaftlichen Teilhabe geboten werden sollten.

In diesem Zusammenhang rücken Jugendliche mit Hauptschulabschluss in den Blickpunkt. Anscheinend haben sie größere Probleme beim Übergang in die Berufsausbildung als Jugendliche mit formal höheren Qualifikationen. Vor gut 10 Jahren hatten sie bei der Konkurrenz um einen Ausbildungsplatz tatsächlich eher schlechte Aussichten, sodass viele das damalige Berufsvorbereitungsjahr besucht haben.1 Doch wie sind heute ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt? Welche Alternativen können sie nutzen bzw. in welchem Ausmaß müssen sie Angebote der Berufsvorbereitung in Anspruch nehmen? Trotz mancher methodischen Einschränkungen lassen sich hierzu auf Grundlage der Statistik der beruflichen Schulen und der Berufsbildungsstatistik einige Antworten finden.

Zahl der Hauptschulabschlüsse ist stark zurückgegangen

Das Streben nach qualifizierteren Bildungsabschlüssen hat in den vergangenen Jahren zu einer deutlichen Verschiebung der Anteile der einzelnen Abschlussarten geführt. Die Zahl der Hauptschulabschlüsse ist stark zurückgegangen, während die Zahl der Hochschulreifezeugnisse deutlich anstieg. Im Jahr 2005 hatten noch 47 019 Absolventinnen und Absolventen allgemeinbildender und beruflicher Schulen den Hauptschulabschluss erworben und 38 949 die Hochschulreife. Der mittlere Abschluss war damals mit 61 625 Schulabsolventinnen und -absolventen der am häufigsten erworbene. Die Fachhochschulreife erreichten 14 650 Absolventinnen und Absolventen und weitere 8 419 Jugendliche hatten eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen.

Seit dem Jahr 2008 liegt die Zahl der Hochschulreifezeugnisse aber über der Zahl der Hauptschulabschlüsse. Im Jahr 2016 erwarben weit mehr als doppelt so viele Absolventinnen und Absolventen allgemeinbildender und beruflicher Schulen die Hochschulreife (53 277) als den Hauptschulabschluss (25 664). Verglichen mit dem Jahr 2005 war die Zahl der Hauptschulabschlüsse somit um gut 45 % zurückgegangen. Der mittlere Abschluss blieb in diesem Zeitraum konstant an der Spitze der Schulabschlüsse.2 Im Jahr 2016 wurden insgesamt 65 635 Zeugnisse über einen mittleren Abschluss ausgestellt. Die Fachhochschulreife hatten 19 413 Absolventinnen und Absolventen erreicht. Die Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger ohne Hauptschulabschluss lag bei 6 125.

Der Hauptschulabschluss kann nicht nur an allgemeinbildenden Schulen erworben werden. Auch an beruflichen Schulen besteht die Möglichkeit, dass Jugendliche diesen nachholen können – meist im Rahmen eines berufsvorbereitenden Bildungsgangs. In erster Linie ist hier das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf zu nennen. Im Jahr 2016 wurden fast 15 % der entsprechenden Zeugnisse von einer beruflichen Schule ausgestellt.

Duale Berufsausbildung am häufigsten gewählt

Der größte Teil der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss beginnt eine duale Berufsausbildung und wechselt an eine Teilzeit-Berufsschule. Dort findet der schulische Teil der dualen Ausbildung in Berufen statt, die nach Berufsbildungsgesetz oder Handwerksordnung geregelt sind. Von 2005 bis 2008 stieg die Zahl dieser Neueintritte trotz einer rückläufigen Zahl an Hauptschulabschlüssen von 23 666 auf 26 757 an. Seitdem bestimmt die sinkende Tendenz der Zahl der Hauptschulabschlüsse auch die Entwicklung der entsprechenden Neueintritte in die duale Berufsausbildung. Zum Schuljahr 2016/17 hatten nur noch 15 514 Jugendliche mit Hauptschulabschluss ihre Ausbildung an einer Teilzeit-Berufsschule aufgenommen.

Die »Als-ob-Übergangsquote« (siehe i-Punkt »Als-ob-Übergangsquoten«) lag 2016 bei gut 60 % und damit um rund 14 Prozentpunkte niedriger als 4 Jahre zuvor, aber um 10 Prozentpunkte über dem 2005 verzeichneten Wert. Die »Als-ob-Übergangsquote« 2012 wurde allerdings durch den starken Rückgang der Zahl der Hauptschulabschlüsse nach oben verzerrt. Ursache für diesen Rückgang war, dass die Schülerinnen und Schüler der Werkrealschule erstmals die Möglichkeit hatten, ohne besondere Notenhürde in die 10. Klassenstufe zu wechseln. Fast die Hälfte der Neuntklässlerinnen und -klässler nutzte diese Möglichkeit statt an der Hauptschulabschlussprüfung teilzunehmen. Viele davon dürften Jugendliche gewesen sein, die noch keinen Ausbildungsplatz in Aussicht hatten.

Berufe im Verkauf liegen an der Spitze

Detailliertere Informationen zur dualen Ausbildung liefert die Berufsbildungsstatistik. Aus ihr lässt sich zum Beispiel erkennen, welche Berufe Auszubildende mit Hauptschulabschluss bevorzugen. Im Jahr 2016 haben 1 229 Jugendliche mit Hauptschulabschluss einen Ausbildungsvertrag für den Beruf »Verkäufer/-in« abgeschlossen, der damit für diese Gruppe der beliebteste Beruf war. Mit 1 136 Neuverträgen lag die Zahl für den ähnlich gelagerten Beruf »Kaufmann/-frau im Einzelhandel« ebenfalls im vierstelligen Bereich. Beide Berufe gehören auch bei der Betrachtung der Gesamtzahl aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zu den am häufigsten gewählten: »Verkäufer/-in« lag 2016 auf Rang 5, »Kaufmann/-frau im Einzelhandel« nahm die Spitzenposition ein. Der bei den Jugendlichen mit Hauptschulabschluss an dritter Position rangierende Beruf »Friseur/-in« verfehlte im Gesamtergebnis dagegen mit Rang 11 knapp die »Top 10« der insgesamt meistgewählten Ausbildungsberufe. Mit den weiteren Berufen »Kraftfahrzeugmechatroniker/-in«, »Zahnmedizinische(r) Fachangestellte(r)« und »Industriemechaniker/-in« sind zusammen fünf Berufe sowohl bei den Auszubildenden mit Hauptschulabschluss als auch bei allen Auszubildenden insgesamt auf der Liste der zehn meistgewählten Berufe zu finden. Andere allgemein sehr häufig gewählte Ausbildungsberufe wie »Industriekaufmann/-frau«, »Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel« oder »Bankkaufmann/-frau« stehen dagegen Jugendlichen mit Hauptschulabschluss nur in seltenen Fällen offen.

Die zehn meistgewählten Ausbildungsberufe hatten im Jahr 2016 bei den Auszubildenden mit Hauptschulabschluss einen Anteil von 41,5 % an allen neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Dieser Wert lag zwar um fast 1 Prozentpunkt über dem entsprechen Wert für die Auszubildenden mit mittlerem Bildungsabschluss, aber auch um knapp 3 Prozentpunkte unter dem Wert für Auszubildende mit Hochschulzugangsberechtigung. Es ist daher nicht zu erkennen, dass sich Jugendliche mit Hauptschulabschluss auf eine wesentlich geringere Zahl an Ausbildungsberufen konzentrieren (müssen) als Jugendliche mit einem höherwertigen Bildungsabschluss. Sie wählen aber eher andere Berufe wie beispielsweise »Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik«, »Fachkraft für Lagerlogistik« oder »Maler/-in und Lackierer/-in«.

Vertragslösungen bei Auszubildenden mit Hauptschulabschluss häufiger

Für Jugendliche ist es wichtig, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Allerdings ist dies noch keine Gewähr dafür, die Ausbildung auch erfolgreich abzuschließen. Im Jahr 2016 lag die Quote der vorzeitigen Vertragslösungen bezogen auf alle dualen Ausbildungsberufe bei 22,1 %. Eine vorzeitige Vertragslösung muss dabei nicht bedeuten, dass die Auszubildenden von der Qualität der Ausbildung enttäuscht oder den Anforderungen der Ausbildung aus Sicht des Ausbildungsbetriebs nicht gewachsen waren. Auslöser für eine Vertragslösung können zum Beispiel auch gesundheitliche Probleme der Auszubildenden oder eine Insolvenz des Ausbildungsbetriebs sein.

Bei Auszubildenden mit Hauptschulabschluss ist das Vertragslösungsrisiko stark erhöht. Im Jahr 2016 betrug die Lösungsquote von Auszubildenden mit Hauptschulabschluss 33,9 %. Im Vergleich hierzu lagen die Lösungsquoten von Auszubildenden mit mittlerem Abschluss mit 19,3 % und von Auszubildenden mit Hochschulzugangsberechtigung mit 13,1 % auf einem wesentlich niedrigeren Niveau. Allein aus diesen Zahlen lässt sich aber noch nicht ableiten, dass die schulische Vorbildung einen wesentlichen Einfluss auf den Bestand eines Ausbildungsvertrags hat. Viele Jugendliche mit Hauptschulabschluss haben einen Ausbildungsplatz in Berufen, die an sich ein überdurchschnittliches Vertragslösungsrisiko aufweisen. Hierzu zählen unter anderem die Berufe »Friseur/-in« (Vertragslösungsquote 47,9 %), »Verkäufer/-in« (34,5 %) und »Zahnmedizinische(r) Fachangestellte(r)« (29,7 %). Betrachtet man die berufsspezifischen Lösungsquoten unter dem Aspekt der schulischen Vorbildung der Auszubildenden, bestätigt sich aber das Bild eines erhöhten Risikos für Auszubildende mit Hauptschulabschluss. In den drei eben genannten Berufen waren deren Lösungsquoten im Jahr 2016 mit 51,4 %, 40,1 % und 39,5 % um rund 10, gut 11 und 14 Prozentpunkte höher als die entsprechenden Lösungsquoten von Auszubildenden mit mittlerem Abschluss. Auch in Berufen mit einem wesentlich geringeren Vertragslösungsrisiko bestätigt sich dieser Befund. Im Beruf »Industriemechaniker/-in« liegt die Lösungsquote für Auszubildende mit Hauptschulabschluss mit 14,1 % um 8 Prozentpunkte und im Beruf »Kraftfahrzeugmechatroniker/-in« mit 24,3 % um 10 Prozentpunkte über der Quote der Auszubildenden mit mittlerem Abschluss.

Berufsfachschulen können das 1. Ausbildungsjahr ersetzen

Die integrierte Ausbildungsberichterstattung (iABE) unterscheidet zwischen Bildungsgängen, die eine Berufsausbildung beinhalten und Bildungsgängen, die lediglich eine berufliche Vorbereitung oder Grundbildung vermitteln, dem sogenannten »Übergangsbereich« (vergleiche i-Punkt »Integrierte Ausbildungsberichterstattung«). Zu diesem Übergangsbereich zählen formal auch die Bildungsgänge, deren Abschluss auf die Ausbildungsdauer einer Berufsausbildung angerechnet werden kann. Faktisch öffnen diese aber bereits das Tor zur Berufsausbildung. Insbesondere gilt dies in Baden-Württemberg für die 1-jährigen gewerblichen Berufsfachschulen. Diese ersetzen in vielen Ausbildungsberufen des Handwerks das 1. Ausbildungsjahr. Die Schülerinnen und Schüler besitzen in der Regel einen Vorvertrag bei einem Ausbildungsbetrieb und können nach erfolgreichem Abschluss in das 2. Ausbildungsjahr einsteigen. Dieses Modell wird auch aus wissenschaftlicher Sicht als Möglichkeit gesehen, die Qualität und die Quantität der dualen Berufsausbildung zu fördern.3 Von den 4 174 Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die zum Schuljahr 2016/17 in einen Bildungsgang des Übergangssystems mit Anrechnungsmöglichkeit eingetreten waren, hatten 3 867 eine 1-jährige gewerbliche Berufsfachschule gewählt.

Die Entwicklung der Zahl der Neueintritte mit Hauptschulabschluss in diesem Bereich folgte weitgehend der Entwicklung der Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen mit Hauptschulabschluss. Im Schuljahr 2005/06 hatten noch 8 914 Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss einen solchen Bildungsgang gewählt, darunter waren 8 584 Schülerinnen und Schüler einer 1-jährigen gewerblichen Berufsfachschule. Die »Als-ob-Übergangsquote« lag 2005 bei 19 % und blieb zunächst relativ konstant. Seit 2013 entwickelte sie sich leicht rückläufig und erreichte 2016 den Wert von gut 16 %.

Schulische Berufsausbildung im Aufwärtstrend

Gegen den rückläufigen Trend der Absolventenzahl mit Hauptschulabschluss ist die Zahl der Neueintritte von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss in eine schulische Berufsausbildung vom Schuljahr 2005/06 bis zum Schuljahr 2011/12 von 2 340 auf 3 810 stark angestiegen. Seitdem hält sie sich trotz des weiteren Rückgangs der Absolventenzahl annähernd auf diesem Niveau. Im Schuljahr 2016/17 hatten 3 512 Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss eine schulische Berufsausbildung begonnen, was einer »Als-ob-Übergangsquote« von knapp 14 % entsprach.

Entscheiden sich Jugendliche mit Hauptschulabschluss für eine schulische Berufsausbildung, wählen sie in erster Linie pflegerische Berufe. Auch wenn es sich hierbei formal um schulische Ausbildungsgänge handelt, beinhalten diese in der Regel einen hohen Anteil an praktischen Ausbildungsinhalten. Am häufigsten entschieden sie sich im Schuljahr 2016/17 für Bildungsgänge in der Altenpflege (1 013 Neueintritte mit Hauptschulabschluss), Altenpflegehilfe (1 002) und Kinderpflege (717). Der hohe Anteil der Altenpflege und Altenpflegehilfe mag unter anderem auf die im Jahr 2012 bundesweit gestartete Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege zurückzuführen sein.4

Über die 2-jährige Berufsfachschule zum mittleren Abschluss

Die beruflichen Schulen bieten den Absolventinnen und Absolventen der allgemeinbildenden Schulen viele Möglichkeiten, einen weiteren allgemeinbildenden Abschluss zu erreichen, um dadurch ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern. Eine davon ist die 2-jährige Berufsfachschule, die zur Fachschulreife führt.5 Im Schuljahr 2016/17 entschieden sich 11 092 Jugendliche für diesen Bildungsgang. In den vergangenen Jahren hat sich die Nachfrage nach den 2-jährigen Berufsfachschulen allerdings rückläufig entwickelt. Zu Beginn des Schuljahres 2007/08 hatten noch 17 318 Schülerinnen und Schüler diesen Weg eingeschlagen, jedoch war damals die Zahl der Hauptschulabschlusszeugnisse auch sehr viel höher. Die »Als-ob-Übergangsquote« lag daher zwischen 2005 und 2008 bei Werten von deutlich unter 40 %. Ein Grund für den starken Anstieg der »Als-ob-Übergangsquote« 2012 war die Lockerung der Zugangsvoraussetzungen. Bis dahin benötigten Bewerberinnen und Bewerber in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik grundsätzlich mindestens einen Notendurchschnitt von 3,0. Damals stieg die Übergangsquote kurzfristig auf über 50 % an. Seitdem geht sie wieder deutlich zurück und lag 2016 bei gut 43 %.

Die Frage, wie erfolgreich die Schülerinnen und Schüler in ihrem Streben nach einem mittleren Bildungsabschluss sind, lässt sich ohne Verlaufsstatistik nur eingeschränkt beantworten. Setzt man die Zahl der erfolgreichen Abschlüsse mit der Zahl der Jugendlichen, die 2 Jahre zuvor den Bildungsgang begonnen haben, ins Verhältnis, erhält man eine annähernde Erfolgsquote. Bildungsgangwechsel und Klassenwiederholungen führen allerdings zu gewissen Unschärfen.6 Der Abschlussjahrgang 2016 hatte mit 8 517 erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen einen Umfang, der knapp 70 % der Zahl der Neueintritte zum Schuljahr 2014/15 entsprach. Dieser Wert lag zwar etwas über den Resultaten der beiden vorangegangenen Jahre, zwischen 2007 und 2013 bewegte sich diese Quote aber im Bereich um 75 %. Auch wenn die »Erfolgsquote« etwas niedriger liegt als früher, kann man davon ausgehen, dass sich fast ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss auf diesem Weg weiter qualifiziert und einen mittleren Abschluss erwirbt. Vor 10 Jahren lag dieser Anteil eher bei gut einem Viertel.

Starker Rückgang der Bildungsgänge ohne Anrechnungsmöglichkeit

In der iABE enthält der Sektor »Übergangsbereich« die Bildungsgänge, die eine berufliche Vorbereitung oder Grundbildung vermitteln, aber nicht zu einem Berufsabschluss führen. Somit zählt auch die eben genannte 2-jährige Berufsfachschule, die zur Fachschulreife führt, zum Übergangsbereich, auch wenn die Zielrichtung hier eher auf den Erwerb eines mittleren Abschlusses gerichtet ist. Eher typische Vertreter des Übergangsbereichs sind dagegen die meist 1-jährigen Bildungsgänge, die ausschließlich eine berufliche Vorbereitung vermitteln und deren Abschluss nicht zu einer Verkürzung der Ausbildungszeit im Rahmen der dualen Berufsausbildung führt, wie zum Beispiel das Berufseinstiegsjahr (BEJ). Im Schuljahr 2016/17 traten 4 119 Jugendliche mit Hauptschulabschluss in einen solchen Bildungsgang ohne Anrechnungsmöglichkeit ein, was einer »Als-ob-Übergangsquote« von 16 % entsprach. Seit dem Schuljahr 2012/13, in dem 3 411 Neueintritte mit Hauptschulabschluss gezählt worden waren, ist hier ein geringfügig ansteigender Trend zu beobachten. Im Vergleich zu früheren Jahren ist dies dennoch ein sehr niedriges Niveau. Im Schuljahr 2006/07 hatten noch 13 010 Jugendliche mit Hauptschulabschluss einen solchen berufsvorbereitenden Bildungsgang begonnen. Die »Als-ob-Übergangsquote« lag damals bei 28 %. Diese Entwicklung kann als Zeichen einer für die Jugendlichen günstigen Entwicklung auf dem Ausbildungsplatzmarkt gedeutet werden.

Für Jugendliche mit Hauptschulabschluss war im Schuljahr 2016/17 das BEJ der zahlenmäßig bedeutendste Bildungsgang dieses Bereichs. Insgesamt 1 568 Schülerinnen und Schüler – darunter 1 458 mit Hauptschulabschluss – nahmen am BEJ teil. Das BEJ wurde als Weiterentwicklung des damaligen Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) zum Schuljahr 2006/07 speziell für Jugendliche mit Hauptschulabschluss geschaffen, die keinen Ausbildungsplatz erhalten hatten, und bis zum Schuljahr 2008/09 weitgehend flächendeckend eingeführt. Seit etwa 4 Jahren gibt es neue Ansätze zur Reform des Übergangsbereichs an den beruflichen Schulen. Diese sollen zielgerichtet die Angebote bündeln und die Chancen der Jugendlichen verbessern. Kernpunkte sind die Bildungsgänge Duale Ausbildungsvorbereitung (AV dual) und Berufsfachschule zur pädagogischen Erprobung (BFPE).7 Im Schuljahr 2016/17 wurden im Bildungsgang AV dual 1 397 Jugendliche (darunter 763 mit Hauptschulabschluss) und im Bildungsgang BFPE 1 073 Jugendliche (darunter 800 mit Hauptschulabschluss) unterrichtet.

Fazit: Gute Chancen, aber auch ein erhöhtes Risiko

Aus den Ergebnissen der Schulstatistik und der Berufsbildungsstatistik lässt sich ableiten, dass Jugendliche mit Hauptschulabschluss durchaus gute Chancen haben, einen dualen oder schulischen Ausbildungsberuf zu erlernen, und dass diese größer sind als vor rund 10 Jahren. Jedoch haben sie wohl mehr Probleme als Jugendliche mit mittlerem Abschluss, diese Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Über die Gründe hierfür liefern die amtlichen Statistiken allerdings keine Auskunft. Daneben steht diesen Jugendlichen auch der Weg offen, innerhalb von 2 Jahren an einer Berufsfachschule mit der Fachschulreife einen mittleren Abschluss zu erwerben. Diese Möglichkeit wird ebenfalls rege und von einem größeren Anteil der Absolventinnen und Absolventen mit Hauptschulabschluss als früher genutzt.

Für Jugendliche, denen es nicht gelingt, diese Angebote wahrzunehmen, bietet das berufliche Bildungswesen in Baden-Württemberg verschiedene berufsvorbereitende Bildungsgänge. Ohne eine Schülerindividualstatistik, die eine Analyse von Bildungsverläufen erlaubt, kann die amtliche Schulstatistik allerdings nur wenig über die Wirksamkeit der verschiedenen Ansätze aussagen.

1 Vergleiche Demel, Jutta: »Welche Alternativen bieten sich Hauptschulabgängern außerhalb des dualen Systems?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2007«, S. 3–7.

2 Eine Ausnahme bildet nur das Jahr 2012, in dem mit dem letzten G9-Jahrgang und dem ersten flächendecken­den G8-Jahrgang zwei Abiturientenjahrgänge die allgemeinbildenden Gymnasien verließen und dadurch die Zahl der Hochschulreifezeugnisse anstieg.

3 Vergleiche Baethge, Martin u.a.: Ländermonitor berufliche Bildung 2017 – Länderbericht Baden-Württemberg, S. 16, https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadin/files/Projekte/13_Chance_Ausbildung/Laendermonitor_2017/Laenderberichte/LMBB_2017_Baden-Wuerttemberg.pdf (Abruf: 25.01.2018).

4 Weitere Informationen zur Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege finden sich in Landesinstitut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Bildung in Baden-Württemberg. Bildungsberichterstattung 2015, S. 192 ff.

5 Für Jugendliche mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Förderangebot gibt es entsprechende Bildungsgänge, deren Dauer auf 3 Jahre gestreckt ist.

6 Im Schuljahr 2015/16 wurden in der Schulstatistik 276 Eintritte in das 2. Schuljahr nach Besuch eines anderen Bildungsgangs sowie 869 Klassenwieder­holungen gemeldet.

7 Weiterführende Informationen siehe: Landes-institut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Bildung in Baden-Württemberg. Bildungsberichterstattung 2015, S. 196 ff.