:: 3/2018

Wirtschaftsleistung des IKT-Sektors in Baden-Württemberg

Der Informations- und Kommunikationssektor (IKT-Sektor) ist ein bedeutender Wachstumsmotor der baden-württembergischen Wirtschaft. Zum IKT-Sektor werden dabei zum einen Unternehmen in Wirtschaftsbranchen gezählt, die sich der Herstellung von IKT-Waren zuordnen lassen. Zum größten Teil besteht der IKT-Sektor jedoch aus Dienstleisterinnen und Dienstleistern wie beispielsweise IT-Beraterinnen und -Beratern, Softwareverlegerinnen und -verlegern oder Unternehmen aus dem Bereich Telekommunikation.1 Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie führt des Weiteren zu Produktivitätssteigerungen in Wirtschaftsbereichen außerhalb des IKT-Sektors. Diesem Sektor ist damit also eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung zuzuweisen. Auch wenn der Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung Baden-Württembergs 2016 mit 4,9 % – insbesondere im Vergleich zur Automobilbranche und zum Maschinenbau – relativ gering erscheint, weist er im Zeitraum 2010 bis 2016 eine hohe jährliche Wachstumsrate aus, welche deutlich über jener der Gesamtwirtschaft liegt.

4,9 % der Wirtschaftsleistung entfallen auf den IKT-Sektor

Der IKT-Sektor in Baden-Württemberg erzielte im Jahr 2016 eine Bruttowertschöpfung von rund 20,9 Mrd. Euro. Dies entsprach einem Anteil von 4,9 % an der Gesamtwirtschaft und lag damit leicht über dem Bundesdurchschnitt (4,6 %)2. Dieser Anteil blieb für den Zeitraum 2010 bis 2016 relativ konstant und schwankte zwischen 4,8 % und 4,9 %. Nur in den Wirtschaftskrisenjahren 2008 und 2009 lag der Anteil mit 5 % bzw. 5,2 % noch etwas höher. Innerhalb des IKT-Sektors ist ein deutlicher Strukturwandel zu erkennen. Während die IKT-Dienstleistungen (einschließlich des IKT-Großhandels) im Jahr 2008 sowie 2010 einen Anteil an der Bruttowertschöpfung des IKT-Sektors von 85,8 % aufwiesen, waren es 2016 bereits 90,1 %. Gründe hierfür dürften zum einen der starke Preisverfall in der IKT-Warenproduktion sein, der deutlich größer ausfällt, als in den IKT-Bereichen Großhandel und Dienstleistungen. So lagen die Erzeugerpreise 2016 in der IKT-Warenproduktion um rund 30 % unterhalb des Niveaus von 2010 (Werte liegen nur für Deutschland insgesamt vor). Zum anderen dürften Standortverlagerungen ebenfalls einen Beitrag geleistet haben. Die schwindende Bedeutung der IKT-Warenproduktion zeigt sich auch an der Anzahl der baden-württembergischen Unternehmen in diesem Bereich. Im Jahr 2010 wurden dort laut Unternehmensregister 1 028 Unternehmen gezählt, 2015 waren es 961. Als Hauptgrund dürfte hier die Verdrängung durch die starke Konkurrenz in diesem Bereich von Unternehmen aus den ostasiatischen Ländern wie bspw. Südkorea oder China gelten.

Der IKT-Sektor in Baden-Württemberg weist ein starkes Wachstum auf

Im Zeitraum 2010 bis 2016 weist die Bruttowertschöpfung im IKT-Sektor in Baden-Württemberg eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 4,4 % auf. Die Gesamtwirtschaft im Südwesten wuchs im selben Zeitraum durchschnittlich um 2 % pro Jahr. Auffällig ist, dass der IKT-Sektor, trotz seines relativ geringen Anteils an der Gesamtwirtschaft, einen hohen Beitrag zum realen gesamtwirtschaftlichen Wachstum aufweist. Für den Zeitraum 2010 bis 2016 lässt sich für Baden-Württemberg ein entsprechender Anteil von etwa 11 % ermitteln, für alle Bundesländer im Schnitt einen Anteil von ungefähr 16 %. Der höhere Wachstumsbeitrag des IKT-Sektors in Deutschland insgesamt lässt sich hauptsächlich durch die noch deutlich größere Differenz zwischen der Wachstumsrate der Bruttowertschöpfung im IKT-Sektor (5,6 %) und jener der Gesamtwirtschaft (1,6 %) erklären.

IKT-Wachstum geht auf das Konto der IKT-Dienstleistungen

Das starke Wachstum im IKT-Sektor Baden-Württembergs von durchschnittlich 4,4 % pro Jahr im Zeitraum 2010 bis 2016 lässt sich dabei ausschließlich auf die Entwicklung der Bruttowertschöpfung der IKT-Dienstleistungen (einschließlich des Handels mit IKT-Gütern) zurückführen. Das jährliche durchschnittliche Wachstum belief sich dort auf 5 %. In den anderen Dienstleistungsbereichen der baden-württembergischen Wirtschaft lässt sich dagegen nur eine unterdurchschnittliche Bruttowertschöpfungsentwicklung feststellen: Die jährliche Veränderungsrate betrug hier lediglich 1,2 %. Das hierzulande besonders bedeutende Verarbeitende Gewerbe (ohne IKT-Warenproduktion) entwickelte sich über den Zeitraum sehr positiv und erzielte das zweitstärkste Wachstum der betrachteten Wirtschaftsbereiche. Das Verarbeitende Gewerbe (ohne IKT-Warenproduktion) trug damit rund 56 % zum realen gesamtwirtschaftlichen Wachstum in diesem Zeitraum bei.

Arbeitsproduktivität entscheidende IKT-Wachstumskomponente

Betrachtet man die Komponenten des Wirtschaftswachstums im IKT-Sektor, zeigt sich, dass die durchschnittliche Wachstumsrate pro Jahr – bezogen auf den Zeitraum 2010 bis 20153 – im IKT-Sektor zu einem großen Teil durch die Veränderung der Arbeitsproduktivität bestimmt wird, während in der Gesamtwirtschaft das Wachstum größtenteils auf die Zunahme der Erwerbstätigkeit zurückzuführen ist. Ähnliches gilt, wenn auch in abgeschwächter Form, für die Wachstumsraten der Summe aller Bundesländer. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bruttowertschöpfung im IKT-Sektor belief sich im oben genannten Zeitraum auf 4,6 % in Baden-Württemberg. Die Arbeitsproduktivität stieg um 3,6 %. Über drei Viertel des Wachstums ist also der Arbeitsproduktivität zuzuordnen, was die Innovationskraft dieses Sektors unterstreicht. Mit 5,8 % pro Jahr lag das durchschnittliche Wachstum des IKT-Sektors auf Bundesebene noch höher als im Südwesten. Die Komponente Arbeitsproduktivität nimmt dort etwa zwei Drittel des Wachstums ein. Die Veränderungsrate basiert also auf Bundesebene stärker auf der Zunahme der Erwerbstätigen als in Baden-Württemberg. Die Wachstumsrate der Gesamtwirtschaft in der Summe aller Länder von jährlich 1,5 %, im Durchschnitt des Zeitraums 2010 bis 2015, wird deutlich stärker vom Zuwachs der Erwerbstätigenzahl bestimmt. Ähnlich verhält es sich in Baden-Württemberg.

Schwache Entwicklung der Erwerbstätigkeit im IKT-Sektor

Ungeachtet des kräftigen realen Wachstums der Wirtschaftsleistung im IKT-Sektor Baden-Württembergs, entwickelte sich die Erwerbstätigkeit dort leicht unterdurchschnittlich. Die Zahl der Erwerbstätigen im IKT-Bereich stieg über den gesamten Zeitraum 2010 bis 2016 durchschnittlich um 1,2 % pro Jahr, wobei zuletzt im Jahr 2016 jedoch ein stärkerer Anstieg von 2,5 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Die Erwerbstätigkeit in der Gesamtwirtschaft legte pro Jahr im Durchschnitt um 1,3 % zu. Dieser Sachverhalt – eine starke Zunahme der Bruttowertschöpfung bei einer eher moderaten Entwicklung der Erwerbstätigkeit – dürfte Innovationen, welche die Kapitalintensität der Produktionsprozesse erhöhen und/oder zu einer weniger arbeitsintensiven Erstellung von IKT-Produkten führen, geschuldet sein.4 Diese Innovationen wiederum werden durch im IKT-Sektor vorherrschende hohe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung angestoßen.5