:: 4/2018

Kommunale Bevölkerungspyramiden im Vergleich

Bevölkerungspyramiden geben einen schnellen und kompakten Überblick über die Altersstruktur einer Gemeinde. Das neue interaktive Angebot des Statistischen Landesamtes hierzu wurde bereits in dem vorangegangenen Beitrag vorgestellt.1 Hier werden anhand einiger praktischer Beispiele die Analysemöglichkeiten dieses Werkzeugs dargestellt.

Stadt vs. Land

Eine typische Unterscheidung bei regionalen Analysen ist die zwischen Stadt und Land. Beide Gebiete unterscheiden sich vor allem anhand ihrer Siedlungsstruktur. Beispielhaft für beide Raumeinheiten sind hier die Große Kreisstadt Böblingen sowie die Gemeinde Schöntal im Hohenlohekreis dargestellt. Bei dem Vergleich fällt zunächst auf, dass die Bevölkerungspyramide von Schöntal wesentlich ungleichmäßiger verläuft. Der jeweilige Bevölkerungsanteil schwankt also zwischen den Jahren grundsätzlich stärker, wodurch sich Trends (zum Beispiel ein »Bauch«, das heißt hohe Anteile einer bestimmten Altersgruppe) weniger prägnant herauskristallisieren. So sind zwar die Altersjahre unter 45 durchaus verschieden stark besetzt, jedoch lässt sich keine deutliche Häufung in einem bestimmten Altersbereich feststellen. Der Bauch der Baby-Boomer-Generation2 ist dafür äußerst markant. Insbesondere die Altersjahre 50 bis 56 erreichen einen außergewöhnlich hohen Bevölkerungsanteil. Die männliche Bevölkerung ist hier etwas stärker besetzt als die weibliche. Generell sind in Schöntal etwas mehr Männer wohnhaft als Frauen, was entgegengesetzt zur landesweiten Bevölkerungsverteilung liegt. In den Nachkriegsaltersjahrgängen zeigt sich, typisch für ganz Baden-Württemberg, eine geringe Besetzung. Die höheren Altersjahre sind dahingehend wieder stärker besetzt, mit einigen auffallend stark besetzten Jahren.

Die Bevölkerungspyramide von Böblingen ist dagegen glatter als die Schöntals, das heißt es gibt weniger starke Ausreißer in einzelnen Altersjahren. Vergleichsweise hohe Anteile gibt es insbesondere in den Altersjahren von Mitte 20 bis Mitte 30. Die Baby-Boomer-Jahrgänge haben in Böblingen einen im Vergleich zu Schöntal deutlich geringen Bevölkerungsanteil. Damit hebt sich Böblingen ebenso vom landesweiten Trend ab. Ebenso fällt ein einigermaßen hoher Anteil an Kindern unter 5 Jahren auf. Dies korrespondiert mit dem vergleichsweise hohen Anteil der Mitte 20- bis Mitte 30-Jährigen. In diesem Alter finden in der Regel Familiengründungen statt. In den höheren Altersjahrgängen ist der Überhang der weiblichen Bevölkerung auffallend, der in Schöntal etwas geringer ausfällt. Frauen sind in dieser Altersgruppe landesweit in der Regel stärker vertreten. Dies erklärt sich im Wesentlichen durch die geringere (altersbezogene) Sterbewahrscheinlichkeit und die daher höhere Lebenserwartung der Frauen.

Großstadt vs. Kleinstadt

Neben den zuvor dargestellten Stadt-Land-Differenzen zeigen sich auch Unterschiede zwischen Städten. Es werden beispielhaft eine Großstadt und eine Kleinstadt verglichen. Ausgewählt wurden dazu Pforzheim, als Großstadt mit über 100 000 Einwohnern, und Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen, als Kleinstadt mit unter 20 000 Einwohnern. Die beiden Pyramiden werden anhand der Regionalvergleich-Funktion des interaktiven Bevölkerungspyramidenangebots verglichen. Dabei liegt in diesem Fall Pforzheim als blaue Linie über der Bevölkerungspyramide von Pfullendorf.

Zunächst fällt, unabhängig von der konkreten Altersverteilung der Bevölkerung, auf, dass die Bevölkerungspyramide von Pfullendorf wesentlich weniger »glatt« ist. In einzelnen Altersjahren gibt es immer wieder relativ starke Ausreißer, wodurch die Pyramide weniger homogen wirkt. Dieser Effekt tritt in der Regel umso stärker auf, je kleiner die Bevölkerungszahl der Gemeinde ist.

Pforzheim zeigt eine für baden-württembergische Großstädte relativ typische Bevölkerungspyramide. Es hat einen relativ hohen Anteil an jungen Erwachsenen, die generell überdurchschnittlich häufig in Städten wohnen. Gleichzeitig gibt es einen in Deutschland typischen Bauch bei der Baby-Boomer-Generation und auch in den höheren Altersjahren vergleichsweise hohe Bevölkerungsanteile. In der Tat ähnelt die Pyramide, hier als Umriss dargestellt, einer für Großstädte in Industriestaaten typischen Tannenbaumform. Ursächlich für diese Form ist, dass in der Regel städtische Bezirke insbesondere für junge Erwachsene attraktiv sind, Familien oder ältere Personen aber tendenziell eher das Umland der Städte präferieren.

Pfullendorf hat ebenso wie Pforzheim einen markanten Bauch bei den Baby-Boomer-Jahrgängen, welcher sogar noch stärker ausgeprägt ist. Auch die älteren Jahrgänge sind ähnlich stark besetzt. Deutliche Unterschiede gibt es bei den jungen Erwachsenen bis ungefähr zum Alter von 35 Jahren. Hier sind die Bevölkerungsanteile der weiblichen Bevölkerung bis etwa zum Alter von 30 Jahren in Pfullendorf deutlich schwächer besetzt als in Pforzheim, die männliche Bevölkerung ist in den Altersjahrgängen 30 bis 35 in Pfullendorf signifikant geringer besetzt. Insgesamt sind damit die jüngeren Altersjahrgänge in Pfullendorf deutlich schwächer besetzt.

Universitätsstädte als Sonderfall

Universitätsstädte, insbesondere solche mit vergleichsweise kleineren Einwohnerzahlen, verfügen über eine im Landesvergleich besondere Altersstruktur. Sind in vielen Gemeinden die Baby-Boomer-Jahrgänge stark besetzt und auch die älteren Jahrgänge relativ ausgeprägt, so sind in den Universitätsstädten aufgrund der Zuzüge zu Studienzwecken die Altersjahre von Anfang 20 bis etwa Mitte 30 stärker besetzt. In der Tat sind dies nahezu die einzigen Gemeinden, bei denen diese Altersjahre die höchsten Bevölkerungsanteile haben.

Jedoch gibt es auch zwischen den jeweiligen Universitätsstädten Unterschiede. Die Karlsruher Universität, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), ist eine technisch orientierte Universität, der Anteil männlicher Studierender ist dementsprechend besonders hoch. Im Wintersemester 2016/17 waren rund 72 % der Studierenden männlich und lediglich rund 28 % der Studierenden weiblich. 3 Hinzu kommt, dass Karlsruhe über eine Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) verfügt, wodurch insbesondere in den letzten Jahren ein zusätzlicher Zuzug der jüngeren, männlichen Bevölkerung stattfand. In der Bevölkerungspyramide zeigt sich dies durch einen starken linksseitigen Bauch im unteren Teil der Bevölkerungspyramide, das heißt die männliche Bevölkerung in den Altersjahren von etwa 20 bis 30 nimmt einen überdurchschnittlichen Anteil an der Gesamtbevölkerung ein. Der Anteil der jungen weiblichen Bevölkerung ist zwar auch vergleichsweise hoch, bleibt jedoch deutlich hinter den Anteilen der jungen männlichen Bevölkerung zurück.

Die Studierenden der Albert-Ludwigs-Universität wirken sich wesentlich anders auf die Freiburger Bevölkerung aus. Es handelt sich hier um eine Volluniversität. Im Wintersemester 2016/17 waren rund 46,9 % der Studierenden männlich und 53,1 % der Studierenden weiblich. 4 In der Bevölkerungspyramide zeigt sich dies durch einen rechtsseitigen Bauch in den jüngeren Altersjahren. Die weibliche Bevölkerung in diesem Alter hat einen stark überdurchschnittlichen Anteil an der Bevölkerung. Die Gegenüberstellung der beiden Bevölkerungspyramiden zeigt somit deutlich die unterschiedlichen Situationen der Universitätsstädte.

1 Waldherr, Verena/Jäger, Andrea: »Interaktive Bevölkerungspyramiden mit neuen Funktionen«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2018«

2 Die sogenannten Baby-Boomer-Jahrgänge zeichnen sich durch eine im Vergleich zu anderen Jahrgängen deutlich höhere Geburtenrate aus. Üblicherweise werden die Jahrgänge von Mitte der 1950er- bis Ende der 1960er-Jahre als Baby-Boomer bezeichnet. In Deutschland lag bspw. zwischen 1955 und 1969 die Zahl der Neugeborenen stets über 1,1 Mill. Die meisten Kinder wurden, auch in Baden-Württemberg, im Jahr 1964 geboren.

3 Die Zahlen sind der Studierendenstatistik des Karlsruher Instituts für Technologie entnommen. Sie sind einsehbar unter: https://www.kit.edu/kit/6407.php (Abruf: 11.04.2018).

4 Die Zahlen sind der Studierendenstatistik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg entnommen. Sie sind einsehbar unter: http://www.statistik.uni-freiburg.de/ (Abruf: 11.04.2018).