:: 8/2018

Baufertigstellungen im Wohnbau 2017

Die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft des Landes verläuft seit einigen Jahren günstig. Die Fertigstellungszahlen im Wohnungsneubau entwickelten sich aber trotz starker Wohnungsnachfrage auch 2017 verglichen mit 2016 nicht wesentlich nach oben. Aufgrund des nachgewiesenen »Bauvorrats« zum Ende des Jahres 2017 ist jedoch in den Folgejahren mit einer Zunahme der Fertigstellungen zu rechnen. Auch 2017 war die Zahl der Baugenehmigungen noch höher als die der Fertigstellungen. Ein Blick auf die Abwicklungsdauer der Neubauvorhaben zeigt, dass die Zeitspanne zwischen Baugenehmigung und Baufertigstellung sich in der Masse etwas mehr in die Länge zieht, als in den 1980er-Jahren. Im Geschosswohnungsbau sind Gebäude mit sieben oder mehr Stockwerken selten anzutreffen. Die Mehrzahl der Gebäude wird in ein- oder zweistöckiger Bauweise ausgeführt. Vor allem beim Bau von Mehrfamilienhäusern treten zunehmend (Wohnungsbau-)Unternehmen als Bauherren auf. Wohnflächenzuwächse bei Neubauwohnungen, wie sie in früheren Jahren regelmäßig gemessen werden konnten, scheinen zumindest in durchschnittlicher Betrachtung nicht mehr stattzufinden. Die Entwicklung geht eher hin zu durchschnittlich kleineren Wohnungen. Private Haushalte als Bauherren planen jedoch weiterhin deutlich großzügigere Wohnungen als Unternehmen. Im Durchschnitt haben Neubauwohnungen heutzutage eher weniger aber dafür größere Räume.

Die Veröffentlichung der Zahl der fertiggestellten Wohnungen im Lande seitens des Statistischen Landesamtes wird in der interessierten Öffentlichkeit jährlich mit Spannung erwartet. Lässt sich daraus doch in gewissen Grenzen ablesen, inwieweit ein zusätzlicher Bedarf an Wohnungen abgedeckt werden kann.1 Dass dieser Bedarf weiterhin zweifellos bestehen dürfte, unterstreicht eindrücklich eine aktuelle Pressemitteilung unseres Hauses, wonach die Einwohnerzahl in der Zuzugsregion Baden-Württemberg »erstmals mehr als 11 Millionen Einwohner« beträgt.2 Jedoch ist festzustellen, dass sich die Zahl der fertiggestellten Wohnungen von 2014 bis 2017 uneinheitlich und nicht durchgängig nach oben entwickelt hat. Der Tiefpunkt der Fertigstellungszahlen bei Neubauwohnungen war 2010 mit 21 717 Wohnungen erreicht, danach steigerten sich die jährlichen Fertigstellungen wieder auf Werte über 30 000 Wohnungen (2017 waren es 33 523 Neubauwohnungen). Zur Zahl der Fertigstellungen insgesamt gehören auch Wohnungen, die in Nichtwohngebäuden entstanden sind. Dies sind Gebäude, die überwiegend anderen Zwecken als zum Wohnen dienen. 2017 waren dies 764 neue Wohnungen. Hinzuzuzählen waren 2017 schließlich Baumaßnahmen an bestehenden Wohn- und Nichtwohngebäuden, in denen 3 737 Wohnungen nach abgeschlossenen Ausbau-, Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen neu zum Bezug standen.

Neben den im Wohnungsneubau fertiggestellten Wohnungen spielen die Wohnungen, die nach Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden neu bezugsfertig werden, eine nicht unerhebliche Rolle. So war 2017 immerhin rund jede zehnte der in diesem Jahr insgesamt fertiggestellten Wohnungen das Ergebnis einer derartigen Baumaßnahme, wobei die Zahlen in den einzelnen Jahren sehr schwanken. Es handelt sich hierbei tatsächlich überwiegend um neu zum Bezug anstehende Wohnungen. Entscheidend für die statistische Erfassung im Rahmen der Bautätigkeitsstatistik ist, dass im Zuge dieser Bautätigkeiten zusätzlicher Wohn- oder sonstiger Nutzraum geschaffen oder wesentlich verändert wird. Reine Modernisierung oder Renovierung wird in aller Regel im Rahmen der Bautätigkeitsstatistik gar nicht erfasst. Für den größten Teil der gängigen Modernisierungen oder Renovierungen sind keine Baugenehmigungen erforderlich, sodass ein statistischer Nachweis von vornherein entfällt.

Mehr Baugenehmigungen als Baufertigstellungen

Die Zahlen der Baugenehmigungen und -fertigstellungen in Baden-Württemberg, die im Schaubild seit 1983 dargestellt sind, spiegeln sowohl wirtschaftliche Höhen und Tiefen als auch deutschlandweit wirkende Ereignisse. Zum Beispiel ist der Bevölkerungszuzug in den 1990er-Jahren in Folge der Wiedervereinigung und der daraus resultierende Wohnungsbauboom in den Jahreswerten deutlich ablesbar. Seit 2009 übersteigt die Zahl der Baugenehmigungen die der Fertigstellungen bei den Neubauten. Dies hat zur Folge, dass mit Stand zum 31. Dezember 2017 sich 73 950 Wohnungsbauvorhaben im sogenannten Bauüberhang befanden und ihrer Vollendung harrten. Diese Bauvorhaben wurden zwar im Jahr 2017 oder den Jahren davor genehmigt, sind aber noch nicht begonnen bzw. nicht bis zur Bezugsreife fertiggestellt. Insbesondere beim Bau von Mehrfamilienhäusern gibt es »Überhänge« in der Größenordnung von landesweit 5 300 unvollendeten Gebäuden mit 44 800 darin genehmigten Wohnungen. Auch 14 520 genehmigte Einfamilienhäuser sind noch im Bau. In Zweifamilienhäusern sind 6 500 Wohnungen und in Wohnheimen 5 600 Wohnungen noch nicht bezugsfertig. Wenn auch erfahrungsgemäß rund 1 % dieser Neubauvorhaben aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert werden,3 dürften in den Jahren 2018 und folgende die Fertigstellungszahlen wieder steigen. Vorausgesetzt natürlich, die Bauwirtschaft kommt mit der Abarbeitung ihrer Aufträge nach!

2017 dauerte die Fertigstellung neuer Wohngebäude durchschnittlich 18 Monate. Die Fertigstellung von neugebauten Mehrfamilienhäusern (Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen) benötigt durchschnittlich 24 Monate. Nach diesen 24 Monaten sind 57 % der genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern fertiggestellt. Bei immerhin 12 % der geplanten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern dauerte es 3 Jahre oder länger. Bei Einfamilienhäusern geht die Fertigstellung schneller. Nach 1 ½ Jahren sind rund 65 % der genehmigten Wohngebäude fertiggestellt. Noch schneller geht es beim Bau von Wohnheimen, wo Gebäude häufig in Fertigteilbauweise errichtet werden. In dieser Gebäudeart wurden 2017 nach 1 ½ Jahren rund 71 % der Wohnheimwohnungen bezugsfertig. Vergleicht man diese Werte mit der Abwicklungsdauer, die anhand der Fertigstellungsmeldungen neuer Wohnungen 2015 errechnet wurde, weicht die durchschnittliche Fertigungsdauer kaum von der von 2017 ab. Die durchschnittliche Abwicklungsdauer neuer Wohngebäude betrug gleichfalls 18 Monate. Wohngebäude mit drei oder mehr Wohnungen benötigten 2015 im Durchschnitt 25 Monate Bauzeit bis zur Bezugsreife, 1 Monat mehr als 2017. Vergleicht man die einzelnen Zeitspannen zwischen Genehmigung und Fertigstellung, scheint sich von 2015 bis 2017 eine Verschiebung hin zu den mittleren Zeitsegmenten zu vollziehen: etwas weniger Wohnungen als 2015 wurden 2017 innerhalb 18 Monaten fertiggestellt, etwas mehr Wohnungen als 2015 zwischen 18 und 24 Monaten. Da sich dies (noch) nicht auf den Durchschnitt der Fertigstellungszeitdauer insgesamt auswirkt, bleibt abzuwarten, ob sich hier tatsächlich ein »Fertigstellungsstau« aufbaut. Dies wäre für die Bauherren mit zusätzlichen Kosten verbunden, wobei von Seiten der Bauherren immer ein Interesse an zügiger Abwicklung des Bauvorhabens besteht.

Fertigstellungen nach Gebäudeart

Die meisten Wohnungen in Wohngebäuden (17 078 oder 51 %) entstanden 2017 in Mehrfamilienhäusern. Aber auch das Wohnen in Einfamilienhäusern (Wohngebäude mit einer Wohnung) bleibt nachgefragt, wie die fertiggestellten 10 134 Wohngebäude beweisen (30 % aller Wohnungen in Wohngebäuden). Zahlenmäßig zurück ging der Bau von Wohnheimwohnungen, da der Bedarf an Unterkünften für Flüchtlinge überwiegend gedeckt sein dürfte. Nach wie vor gab es jedoch lokalen Bedarf zum Beispiel an Unterkünften für Studierende oder Seniorenwohnanlagen. So wurden 2 535 Wohnungen in Wohnheimen zum Bezug bereitgestellt.

Knapp 60 % aller Neubauwohnungen wurden 2017 in ein- oder zweigeschossiger Bauweise errichtet, wobei das Erdgeschoss oder Parterre in der Regel als ein (Voll-)Geschoss gezählt wird. 22 % der Wohnungen entstanden in dreigeschossiger, 15 % in vier- bis fünfgeschossiger und 3 % in sechs- bis siebengeschossiger Bauweise. Aber nur 1 % oder 192 aller neuen Wohnungen in Wohngebäuden entstand 2017 in zusammen sieben Gebäuden mit acht Stockwerken oder mehr, die man schon als Hochhäuser bezeichnen könnte.

Anhand der Daten aus Tabelle 3 kann ebenfalls die durchschnittliche Raumzahl der neuen Wohnungen errechnet werden. Die Küche einer Wohnung wird als ein Raum gezählt. Bad, Keller und andere Nutzräume sind in der Raumzahl nicht enthalten. Wie nicht anders zu erwarten, hatten fertiggestellte Wohngebäude mit einer Wohnung, das sind Einfamilienhäuser, im Durchschnitt die meisten Räume, nämlich sechs. In Wohngebäuden mit zwei Wohnungen sinkt der Durchschnitt auf vier Räume, wobei hier natürlich Einliegerwohnungen mit einem und zwei Räumen den Durchschnitt »drücken«. In Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen lag der Durchschnitt bei drei Räumen. Wohnungen in Wohnheimen waren durchschnittlich als Einraumwohnungen konzipiert, mit integrierter Küchenzeile falls erforderlich. Da es sich bei diesen Werten um die durchschnittliche Raumzahl im jeweiligen Gebäudetyp handelt, ist die Bandbreite der ermittelten Raumzahlen natürlich immer mit zu bedenken. In jedem Gebäudetyp gab es sowohl Wohnungen mit ein bis zwei Räumen als auch mit sieben Räumen und mehr. Der Trend der letzten Jahre bei Neubauten scheint bei gleichbleibenden oder leicht schrumpfenden Wohnflächen eher die Aufteilung der Wohnung in weniger aber größere Räume zu sein.

Bei der Bauherrenstruktur gewinnen Unternehmen an Gewicht

Betrachtet man die Fertigstellungsentwicklung für die beiden im Wohnungsneubau maßgebenden Bauherrengruppen, nämlich die Unternehmen und die privaten Bauherren, lagen die privaten Investoren beim Fertigstellungsergebnis 2017 mit einem Wohnungsanteil von 47 % leicht vor den Unternehmen (rund 45 %). Vor 30 Jahren war das noch anders. 1987 trugen die privaten Haushalte bei damals insgesamt 37 454 fertiggestellten Neubauwohnungen zu 60 % zum Ergebnis bei, die Unternehmen zu 37 %.4 Die Bauherrengruppe der Unternehmen besteht weit überwiegend aus Wohnungsbauunternehmen oder Bauträgern. Naturgemäß sind Wohnungsbauunternehmen vor allem im Bau von Mehrfamilienhäusern, das heißt Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen, aktiv. 75 % der Wohnungen dieser Gebäudeart wurden von Unternehmen errichtet. Da der Bau von Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen in den letzten Jahren anteilsmäßig gewachsen ist, hat auch das Gewicht der Bauherrengruppe Unternehmen zugenommen. Stichwort wäre in diesem Zusammenhang: verdichtetes Bauen im städtischen Umfeld. Beim Bau von Einfamilienhäusern, die heutzutage eher im ländlichen Raum oder in den Randbezirken der Städte entstehen, dominieren hingegen die privaten Haushalte mit 86 % aller fertiggestellten Gebäude (mit einer Wohnung). Fertiggestellte Wohngebäude mit zwei Wohnungen wurden sogar zu 92 % von privaten Haushalten in Auftrag gegeben. Mit einem Anteil von 7 % fertiggestellter Wohnungen trug die öffentliche Hand (einschließlich der Organisationen ohne Erwerbszweck) als Bauherrengruppe 2017 zum Fertigstellungsergebnis bei.

Insgesamt wurden 2017 rund 3,58 Mill m2 Wohnfläche in neuen Wohnungen in Wohngebäuden bezugsfertig. Diese Zahl allein sagt noch nicht viel aus. Aussagekräftiger ist die Flächenentwicklung bei den einzelnen Gebäudetypen. Über alle Gebäudetypen hinweg ist in den letzten Jahren ein Stillstand beim Wohnflächenzuwachs, wenn nicht sogar ein Rückgang eingetreten, vermutlich nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Bau- und Bodenpreise. So entwickelten sich die durchschnittlichen Wohnflächen bei fertiggestellten Neubauwohnungen in den letzten Jahren wie folgt:

2000108 m2
2013114 m2
2014113 m2
2015111 m2
2016107 m2
2017107 m2

In diesem Zusammenhang ist den vorliegenden Zahlen zu entnehmen, dass die Bauherrengruppe der Unternehmen beim Flächenzuschnitt der Wohnungen deutlich zurückhaltender disponiert als die privaten Bauherren. Dies gilt für alle Gebäudetypen gleichermaßen und war auch vor 30 Jahren schon so. Private Bauherren gönnten sich 2017 durchschnittliche 161 m2 Wohnfläche bei den von ihnen errichteten Einfamilienhäusern (Wohngebäuden mit einer Wohnung). Die Bauherrengruppe der Unternehmen lag mit durchschnittlich 142 m2 je Wohnung um 19 m2 darunter. Bei Mehrfamilienhäusern, das sind Wohngebäude mit drei oder mehr Wohnungen, liegen die Bauherrengruppen nicht so weit auseinander: durchschnittlich 90 m2 waren die Wohnungen bei den Privaten groß, 86 m2 bei den Unternehmen. Zum Vergleich wurden die Werte des Jahres 1987 mit aufgeführt. Man kann den Flächenzuwachs nach 30 Jahren im Vergleich zu 2017 ebenso ablesen wie die Unterschiede im Flächenzuschnitt in Verbindung mit Gebäudetyp und der Bauherrengruppe.

Was bringt das Jahr 2018 im Wohnungsbau?

Wie eingangs anhand des Bauüberhangs 2017 erläutert, dürften die zukünftigen Fertigstellungszahlen die der Vorjahre wie schon seit 2014 übertreffen, da die begonnenen Vorhaben schrittweise vollendet werden. Hinzu kommt ein dickes Auftragspolster in Höhe von rund 1 Mrd. Euro im Wohnungsbau, das sich bei den größeren Betrieben des Bauhauptgewerbes im 1. Vierteljahr 2018 angesammelt hat.5 Nach wie vor scheinen sich die Wohnungsbaugenehmigungen zügig in Auftragseingänge bei den Betrieben des Bauhauptgewerbes niederzuschlagen. Mit einem lebhaften Neubaugeschehen ist also auch 2018 zu rechnen.

1 Schwarz, Thomas, »Wohnbau und Wohnraumbedarf in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs«, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2018, S. 19 ff.

2 Pressemitteilung 100/2018 des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg vom 14. Mai 2018.

3 Die Genehmigung erlischt nach Fristablauf, wenn der Bau nicht begonnen wurde oder das Bauvorhaben zerschlägt sich zum Beispiel aus finanziellen Gründen.

4 Fischer, Berthold/Richter, Hans Jürgen: Die Lage der Bauwirtschaft 1987/1988, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl 7/1988, S. 279.

5 Ergebnisse der Vierteljährlichen Erhebung des Auftragsbestands im Bauhauptgewerbe im 1. Vierteljahr 2018.