:: 9/2018

Baden-Württemberg: Land der Sonderkulturen

Produktionswert der Südwestlandwirtschaft 2016 bei gut 4,3 Mrd. Euro

Gemessen am Produktionswert der landwirtschaftlichen Erzeugung zählt Baden-Württemberg, mit über 4,3 Mrd. Euro im Jahr 2016, zu den vier größten Agrarproduzenten in Deutschland. Entsprechend der vorherrschenden natürlichen Standortbedingungen, allen voran Klima, Boden und Terrain, haben die sogenannten Sonderkulturen hier zu Lande eine herausgehobene Bedeutung. Dazu zählen neben Obst, Gemüse und Reben unter anderem Hopfen sowie Tabak. Mit diesen Erzeugnissen werden relativ hohe Produktionswerte erzielt. Im Sonderkulturanbau insgesamt waren dies 2016 annähernd 1,1 Mrd. Euro bzw. knapp ein Viertel des hiesigen landwirtschaftlichen Gesamtproduktionswerts zu Erzeugerpreisen. Baden-Württembergs Landwirtschaft wird in starkem Maße auch von der tierischen Erzeugung geprägt. Mit tierischen Erzeugnissen erwirtschafteten die heimischen Landwirte im Jahr 2016 einen Produktionswert in Höhe von fast 1,7 Mrd. Euro. Die Milcherzeugung in Verbindung mit Rinderhaltung und Kälberzucht stellen dabei die wichtigsten Produktionszweige für die baden-württembergischen Viehhalter dar.

Baden-Württemberg viertgrößter Agrarproduzent Deutschlands

Im Jahr 2016 erwirtschafteten die baden-württembergischen Landwirte nach den Ergebnissen der vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg erstellten Regionalen Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung (R-LGR) (siehe i-Punkt) mit pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen sowie landwirtschaftlichen Dienstleistungen und nichtlandwirtschaftlichen Nebentätigkeiten insgesamt einen Produktionswert zu Erzeugerpreisen in Höhe von über 4,3 Mrd. Euro. Dieser blieb im Vergleich zum Vorjahr damit annähernd unverändert bzw. fiel lediglich um rund 0,03 Mrd. Euro (−0,6 %) niedriger aus.

Baden-Württemberg zählt somit, gemessen am Produktionswert der landwirtschaftlichen Erzeugung, zu den vier größten Agrarproduzenten in Deutschland. Die im Jahr 2016 in der Südwestlandwirtschaft erwirtschafteten gut 4,3 Mrd. Euro entsprachen über 8 % des Werts der gesamtdeutschen Agrarproduktion. Damit liegt Baden-Württemberg nach Niedersachsen und Bayern, die 2016 mit gut 11,9 Mrd. bzw. 10,2 Mrd. Euro jeweils rund 23 % bzw. 19 % zum Produktionswert der landwirtschaftlichen Erzeugung Deutschlands beitrugen, sowie nach Nordrhein-Westfalen mit 7,1 Mrd. Euro auf Platz 4 unter den Bundesländern mit der wertmäßig größten Agrarproduktion. Zusammen stellten diese vier Flächenländer 2016 fast zwei Drittel des Gesamtproduktionswerts der deutschen Agrarwirtschaft.

Zur Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland im Jahr 2016

Der Produktionswert zu Erzeugerpreisen der deutschen Landwirtschaft belief sich im Jahr 2016 auf rund 52,5 Mrd. Euro; im Vergleich zum Vorjahr (52,9 Mrd. Euro) war er damit um 0,8 % oder gut 0,4 Mrd. Euro geringer.

Der Produktionswert aus pflanzlicher Erzeugung erhöhte sich 2016 gegenüber dem Vorjahr leicht um gut 0,2 Mrd. (+ 0,8 %) auf über 25,1 Mrd. Euro. Teils kräftig zulegen konnten dabei Kartoffeln und Zuckerrüben (+ 30 %), Gemüse (+ 12,5 %) und Futterpflanzen (+ 12 %) sowie Baumschulerzeugnisse (+ 6 %). Obst lag nur leicht über dem Vorjahresniveau (+ 0,6 %). Deutlich rückläufig waren dagegen vor allem die Produktionswerte von Getreide (− 20,7 %), Ölsaaten und Ölfrüchte (− 6,8 %), Weinmost und Wein (− 9,3 %).

Der Produktionswert der tierischen Erzeugung ging demgegenüber 2016 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 583 Mill. Euro (− 2,4 %) auf rund 23,9 Mrd. Euro zurück. Dies lag vor allem am geringeren Produktionswert der Rinder- (− 9 %) und Geflügelhaltung (− 4 %) sowie der Eier- (− 8 %) und Milcherzeugung (− 3 %). Schweine (+ 3 %) und Kälber (+ 6 %) konnten dagegen zulegen.

Für Aufwendungen wie zum Beispiel Betriebs-, Hilfs- und Futtermittel mussten die deutschen Landwirte 2016 deutlich weniger ausgeben als noch im Vorjahr. Die Summe der Vorleistungen fiel 2016 mit knapp 36 Mrd. Euro im Vorjahresvergleich um über 1,8 Mrd. Euro bzw. rund 5 % niedriger aus. Gegenüber 2015 waren vor allem Energie und Betriebsstoffe (− 12 %) sowie Dünge- und Bodenverbesserungsmittel (− 13 %) merklich günstiger. Ebenfalls weniger aufzuwenden war für Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel (− 4,5 %) sowie für Futtermittel (− 3,4 %).

Die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft ergibt sich als Saldo aus Produktionswert und Vorleistungen. Mit gut 16,5 Mrd. Euro verzeichnete diese 2016 auf Bundesebene gegenüber 2015 somit einen deutlichen Anstieg um knapp 1,7 Mrd. Euro (+ 11,5 %).

Entsprechend den jeweils zum Teil stark unterschiedlichen landwirtschaftlichen Strukturen, Anbau- und Ernteverhältnissen bei der pflanzlichen Erzeugung sowie Spezialisierung und Konzentration bei der Viehhaltung kann es zu deutlich unterschiedlichen Entwicklungen sowohl beim Produktionswert der einzelnen Erzeugnisse als auch bei den Vorleistungen insgesamt und dann insbesondere im Saldo bei der Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft auf Länderebene kommen.

Pflanzliche Erzeugung im Südwesten im Vordergrund

Der Pflanzenbau steht in der baden-württembergischen Landwirtschaft eindeutig im Vordergrund. Die pflanzliche Erzeugung trug 2016 mit insgesamt knapp 2,3 Mrd. Euro mehr als die Hälfte (52 %) zum Gesamtproduktionswert der hiesigen Landwirtschaft bei. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt lag der Anteil bei knapp 48 %.

Der Getreideanbau ist dabei mit gut 418 Mill. Euro bzw. knapp einem Fünftel des pflanzlichen Produktionswerts 2016 nach dem Anbau von Futterpflanzen der wichtigste ackerbauliche Produktionszweig. Weizen, Gerste und Körnermais sind gemessen am Produktionswert die Hauptgetreidearten. Im Anbau auf dem Ackerland steuerten zudem die Futterpflanzen1, vor allem Grassilage und Silomais sowie der Pflanzenanbau für Bioenergiegewinnung 2016 mit zusammen rund 555 Mill. Euro etwa ein Viertel zum pflanzenbaulichen Produktionswert im Land bei.

Die Schwerpunkte der heimischen Landwirtschaft, wie auch die Vielfalt unterschiedlicher Betriebsformen und Produktionsverfahren, spiegeln sich in der Struktur des landwirtschaftlichen Produktionswerts wider.

Mehr als ein Fünftel der gesamtdeutschen Obsterzeugung aus heimischer Landwirtschaft

Aufgrund ihrer besonderen Ansprüche vor allem an die natürlichen Standortbedingungen, wie Klima- und Bodenverhältnisse, gibt es insbesondere im Sonderkulturanbau, wie zum Beispiel im Obst-, Gemüse- und Weinbau in Deutschland ausgeprägte regionale Anbau­schwerpunkte.

So haben diese sogenannten Sonderkulturen hier zu Lande eine herausgehobene Bedeutung. Dazu zählen neben Obst, Gemüse und Reben der Anbau von Blumen- und Zierpflanzen, Baumschulgewächsen sowie Hopfen, Tabak und Champignons. Auf, verglichen mit dem Ackerbau, vergleichsweise geringen Anbauflächen werden mit diesen Erzeugnissen relativ hohe Produktionswerte erzielt. Im Sonderkulturanbau insgesamt waren dies 2016 annähernd 1,1 Mrd. Euro bzw. knapp ein Viertel des landwirtschaftlichen Gesamtproduktionswerts zu Erzeugerpreisen in Baden-Württemberg. Im Bundesdurchschnitt kam der Sonderkulturanbau 2016 lediglich auf einen Anteil am Produktionswert der Landwirtschaft von rund 14 %.

Bei der Obst- und Weinerzeugung stellen die baden-württembergischen Landwirte gemessen am Produktionswert zu Erzeugerpreisen beispielsweise gut ein Fünftel bzw. über ein Viertel der gesamtdeutschen Produktion. Insgesamt erzielte die hiesige Agrarwirtschaft 2016 mit Weinmost und Wein einen Produktionswert in Höhe von knapp 330 Mill. Euro und mit Obst rund 170 Mill. Euro.

Rinderhaltung, Kälber- und Milcherzeugung dominieren im tierischen Bereich

Baden-Württembergs Landwirtschaft wird in starkem Maße auch von der tierischen Erzeugung geprägt. Die Tierhaltung stellt in einem Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe eine wichtige Einkommensquelle dar. In den vergangenen Jahren war die Entwicklung der heimischen Viehhaltung gekennzeichnet durch den Rückgang von Betrieben mit kleineren Tierbeständen bei gleichzeitiger Zunahme der Bestandsgrößen in den verbleibenden Betrieben und damit auch einem Anstieg des durchschnittlichen Viehbestandes je Halter.

Mit tierischen Erzeugnissen erwirtschafteten die baden-württembergischen Landwirte im Jahr 2016 einen Produktionswert in Höhe von fast 1,7 Mrd. Euro, etwas unter (− 0,2 %) dem Vorjahreswert. Dies war unter anderem auf die geringeren Produktionswerte bei der Rinder- und Schweinehaltung sowie bei der Geflügel- und Eiererzeugung zurückzuführen.

Insgesamt stellten 2016 die Milcherzeugung (711 Mill. Euro) in Verbindung mit Rinderhaltung und Kälberzucht (326 Mill. Euro) die wichtigsten Produktionszweige für die baden-württembergischen Viehhalter dar. Knapp zwei Drittel der tierischen Erzeugung bzw. annähernd ein Viertel des Gesamtproduktionswerts der Agrarerzeugung entfielen allein auf diese Produkte. Mastschweinehaltung und Ferkelerzeugung (336 Mill. Euro) sowie Geflügel- und Eiererzeugung (145 Mill. Euro) trugen rund 29 % zur tierischen Erzeugung bei.

Schwerpunkt der spezialisierten ackerbaulichen Erzeugung im Regierungsbezirk Stuttgart

Es sind vor allem die naturräumlichen Unterschiede des Landes, im wesentlichen Standortfaktoren wie Topographie, Bodenbeschaffenheit, Temperatur und Niederschlagsmengen, die die ausgeprägte regionale Vielfalt und Differenziertheit der hiesigen Landwirtschaft bedingen. In der Viehhaltung beispielsweise reicht die Bandbreite von intensiver Milchwirtschaft im Allgäu, konzentrierter Hühnerhaltung in den Kreisen Alb-Donau und Biberach sowie spezialisierter Mast- und Zuchtschweinehaltung vorwiegend im Nordwürttembergischen bis hin zu extensiver Mutter- und Ammenkuhhaltung beispielsweise in einigen badischen Kreisen.

Dies zeigt sich auch in den Ergebnissen der Regionalen Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung für die Regierungsbezirke des Landes. Der Schwerpunkt der spezialisierten ackerbaulichen Erzeugung und des Gemüsebaus liegt demnach im Regierungsbezirk Stuttgart. Gemessen am Produktionswert zu Erzeugerpreisen kamen 2016 rund drei Viertel der Zuckerrübenerzeugung, knapp die Hälfte der Kartoffel- und 42 % der Rapserzeugung, sowie fast 40 % des Getreides aus dem Regierungsbezirk Stuttgart. Und bei Gemüse entfielen rund 41 % des gesamten baden-württembergischen Produktionswerts auf Stuttgart.

Die Hauptweinbaugebiete des Landes liegen bei Heilbronn sowie in der Ortenau und am Kaiserstuhl. Auf die Bezirke Freiburg und Stuttgart entfielen dabei 2016 knapp 46 % bzw. gut 44 % Anteil am Produktionswert der Weinerzeugung insgesamt. Im Obstbau tragen die Regierungsbezirke Tübingen und Freiburg zusammen über drei Viertel zum Gesamtproduktionswert des Landes bei. Ausgeprägte regionale Anbauschwerpunkte beim Obst sind am Bodensee und in der Ortenau.

Die Rinderhaltung und Milcherzeugung prägen mit einem Landesanteil am Produktionswert zu Erzeugerpreisen von insgesamt gut 44 % die Landwirtschaft im Regierungsbezirk Tübingen. Regionale Schwerpunkte finden sich im weidelandreichen Landkreis Ravensburg sowie im Kreis Biberach. Die Hochburg der Schweinehaltung und Eiererzeugung, im Bereich der intensiven tierischen Veredelungswirtschaft, liegt im Regierungsbezirk Stuttgart. Regional ist sie konzentriert im Kreis Schwäbisch-Hall bzw. im Hohenlohe-Kreis. Insgesamt stellten die nordwürttembergischen Viehhalter bei Mast- und Zuchtschweinen sowie bei der Geflügel- und Eiererzeugung im Regierungsbezirk Stuttgart 2016 gut die Hälfte des baden-württembergischen Produktionswertes zu Erzeugerpreisen.

Agraranteil der Wirtschaftsleistung unter 0,5 %

Die Agrarwirtschaft in Baden-Württemberg ist gemessen am Anteil ihrer Bruttowertschöpfung (BWS) und verglichen mit anderen Wirtschaftsbereichen nur noch von geringerer Bedeutung. Insgesamt erzielte der Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 2016 eine BWS in jeweiligen Preisen von gut 1,6 Mrd. Euro und trug damit lediglich noch rund 0,4 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), dem Maßstab für die Gesamtwirtschaftsleistung des Landes, in Höhe von über 476 Mrd. Euro bei. Gegenüber 1991 (1 %) hat sich ihr Wertschöpfungsbeitrag damit mehr als halbiert. Zum Vergleich: im Jahr 1970 betrug der BWS-Anteil des Agrarsektors noch 3,4 %.

Demgegenüber lag der Beitrag der Dienstleistungsbereiche zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2016 in Baden-Württemberg mit knapp 259 Mrd. Euro bei gut 60 %. Die Südwestindustrie einschließlich Baugewerbe trug knapp 169 Mrd. Euro bzw. gut 39 % bei.

Unter den großen Flächenländern wies Baden-Württemberg 2016 mit 0,4 % Agraranteil an der BWS zusammen mit Nordrhein-Westfalen (0,4 %) nach Hessen (0,3 %) den geringsten Beitrag des Wirtschaftsbereichs Land- und Forstwirtschaft, Fischerei zur Gesamtwirtschaft auf. Zum Vergleich: die Länder mit den höchsten land- und forstwirtschaftlichen Wertschöpfungsbeiträgen waren 2016 Mecklenburg-Vorpommern mit 1,8 %, Niedersachsen mit 1,4 % und Sachsen-Anhalt mit 1,6 % sowie Brandenburg mit 1,3 %.

Die zunehmende Automatisierung der Produktionsverfahren hält sowohl im Pflanzenbau als auch in der Viehwirtschaft Einzug, wodurch sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft erheblich beschleunigt und immer weniger Menschen beschäftigt werden. Waren 1991 in Baden-Württemberg insgesamt noch knapp 133 000 Erwerbstätige in der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei beschäftigt, ging ihre Zahl bis 2017 auf rund 76 100 zurück. Ihr Anteil an den Erwerbstätigen insgesamt im Land reduzierte sich innerhalb dieser Zeitspanne damit von rund 2,6 % auf 1,2 %. Verglichen mit 1970: Damals fand noch fast jeder zehnte Erwerbstätige (9,5 %) im Südwesten seine Beschäftigung in der Landwirtschaft.

Zwar ist der Wertschöpfungsanteil des Agrarsektors mit lediglich 0,4 % vergleichsweise gering, ungleich größer stellt sich jedoch der mit den üblichen ökonomischen Maßstäben wie der hier ausgewiesenen BWS nicht erfasste gesellschaftlich/ökologische Nutzen der Landwirtschaft dar. Hierzu gehören unter anderem die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft und zum Beispiel auch die bei Verbrauchern zunehmend stärker geschätzte Versorgung mit regionalen, umweltverträglich hergestellten Nahrungsmitteln insbesondere aus ökologischem Landbau.

1 Die R-LGR ermittelt den Produktionswert Landwirtschaft nach den Regeln des revidierten Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG). Demnach ist auch der innerbetriebliche Verbrauch von Futtermitteln (zum Beispiel Futtergetreide, Silage, Heu) in landwirtschaftlichen Betrieben im Produktionswert (und bei den Vorleistungen) zu berücksichtigen.