:: 9/2018

Werden unsere Nahrungsmittel immer teurer?

Der Verbraucherpreisindex gibt die Antwort

»Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen« so sagt ein Sprichwort und unterstreicht damit die Bedeutung, die die Nahrungsaufnahme in unserem Leben einnimmt. Nahezu täglich werden Nahrungsmittel eingekauft. Die Konsumhäufigkeit ist damit deutlich höher als die anderer Güter, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Preise für Nahrung im ständigen Fokus der Verbraucher stehen. Dabei stimmt die persönliche Wahrnehmung des Konsumenten hinsichtlich der Preisentwicklung von Nahrungsmittel nicht immer mit den von der amtlichen Statistik veröffentlichten Daten überein.

Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, ob die Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln besonders ausgeprägt ist, und wenn ja, welche Nahrungsmittel hierfür verantwortlich sind.

Essen und Trinken gehören zu den täglichen Grundbedürfnissen der Menschen. Im Laufe der Evolution verbrachten unsere Vorfahren den größten Teil des Tages mit dem Beschaffen von Nahrung. Dagegen sind wir heute in der sehr privilegierten Situation, als Konsumenten jederzeit aus einem breiten Sortiment an Nahrungsmitteln wählen zu können. Doch trotz des großen Angebots werden Preisveränderungen von den Konsumenten sehr sensibel wahrgenommen. Steigende Preise signalisieren eine zunehmende generelle Knappheit von Gütern. Preisvolatilität und extreme Preisspitzen scheinen die Unsicherheit über das real verfügbare Einkommen zu erhöhen.

Diese Sorge war sicher in der Vergangenheit nicht unbegründet und ist auch heute noch bei Haushalten mit geringem Einkommen berechtigt. Der Anteil jedoch, den die Verbraucher aus den ihnen zur Verfügung stehenden Budgets für Nahrungsmittel ausgeben, hat sich im Zeitverlauf kontinuierlich verringert. In den 1950er-Jahren nahmen die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren rund die Hälfte des Budgets ein, in den 1980er-Jahren betrug dieser Anteil noch etwa ein Viertel, während er derzeit bei 14 % liegt (Basis 2010). Für Nahrungsmittel allein – ohne Getränke und Tabakwaren – sind es 9,1 %.

Um die Preisentwicklung von Nahrungsmittel zu messen, werden in Baden-Württemberg monatlich Preise für über 150 Nahrungsmittel ermittelt (i-Punkt »Berechnung des Verbraucherpreisindex«). Den größten Teil im Warenkorb für Nahrungsmittel nehmen Fleisch und Fleischwaren ein, gefolgt von Brot und Getreideerzeugnissen. Fische und Fischwaren spielen nur eine nachgeordnete und Speisefette und Speiseöle die geringste Rolle.

Erhebliche Preisschwankungen

Ein Blick auf Schaubild 2 zeigt, dass sich die Preise für Nahrungsmittel deutlich agiler bewegen als für den Verbraucherpreisindex insgesamt. Die Gründe hierfür sind zahlreich und mannigfaltig. Aufgrund von Wettereinflüssen schwanken die Erträge der Ernten und damit auch die Preise. Da Angebots- und Nachfragemengen kurzfristig nicht reagieren können – so vergehen vom Anbau zur Ernte Monate – reagieren die Preise teilweise auf geringe Mengenänderungen heftig. Spekulationen an den internationalen Warenterminmärkten für Lebensmittel können ebenso Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben, wie Überproduktion oder die Nutzung von Agrarprodukten für die Gewinnung von Bioenergie.

Im Jahr 2011 verlief die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise nahezu synchron zur Gesamtentwicklung, die mit einem Jahresdurchschnitt von 2,1 % auf einem relativ hohem Niveau lag. Der kalte März und ein heißer trockener Juli führten zu Ernteausfällen, in deren Folge sich die Nahrungsmittelpreise massiv erhöhten. Erst im Mai 2014 erreichten einige Nahrungsmittel nach dem starken Anstieg von 2013 wieder ein gemäßigteres Niveau. Die Inflationsrate bewegte sich in den Jahre 2015 und 2016 um die Nullprozent-Linie, die Preisschwankungen für Nahrungsmittel sind zwar heftiger, bewegen sich jedoch um die Preisentwicklung insgesamt. Aufgrund von zweistelligen Veränderungen gegenüber den Vorjahresmonaten bei Gemüse und Speisefetten und -ölen schnellten zum Jahreswechsel 2016/2017 die Preise für Nahrungsmittel weit über die allgemeine Preisentwicklung hinaus. Während bei Gemüsepreisen ab März 2017 eine Entspannung eintritt, bleibt die Teuerungsrate bei den Preisen für Speisefette und -öle im zweistelligen Bereich. Ab Jahresmitte 2017 gilt dies auch für Molkereiprodukte.

Nahrungsmittel verteuerten sich überproportional

Die starken Preisschwankungen für Nahrungsmittel, die bei der Betrachtung über mehrere Jahre offensichtlich werden, weisen gleichzeitig einen steigenden Trend auf, der wesentlich ausgeprägter war als bei den Verbraucherpreisen insgesamt. Während zwischen 2011 und 2017 der allgemeine Preisanstieg 6,5 % betrug, nahmen die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 12,2 % zu.

Dabei legten im betrachteten Zeitraum Obst und Speisefette mit 21,3 % auffällig zu. Vor allem Beerenobst (19 %) und Äpfel (13,9 %) verteuerten sich. Die Preissteigerung für Bananen fiel mit + 1,4 % eher gering aus. Die starke Verteuerung der Speisefette und -öle ist der Tatsache geschuldet, dass 2017 für Butter 32,6 % mehr gezahlt werden musste als noch 2011. Während die Butterpreise in den Jahren 2012 (− 12,9 %), 2014 (− 2,1 %) und 2015 (− 7,8 %) deutlich rückläufig waren, explodierten sie 2017 förmlich mit einer Zunahme von + 41,8 %. Dagegen konnten sich die Verbraucher über sinkende Preise bei Sonnenblumen- und Rapsöl freuen (− 8,8 %).

Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Butterpreisen bildet sich auch bei den Milchpreisen ab, wenn auch in abgeschwächter Form. In den Jahren 2012 (− 1,3 %), 2015 (− 7,6 %) und 2016 (− 3,9 %) ging der Preis für Frischmilch zurück, um 2017 mit einem Plus von 15,6 % sichtbar zuzulegen. Analog war der Verlauf für die Preise von H-Milch 2012 (− 1,6 %), 2015 (− 8,5 %), 2016 (− 5,9 %) und 2017 (+ 14,9 %). Diese Entwicklung ist zu einem großen Teil die Folge der Abschaffung der europaweiten Milchquote, welche die Milchproduzenten zur Kapazitätssteigerung animierte. Mit dem Wegfall der Kunden in China und Russland konnten die Produzenten nur noch Dumpingpreise für ihre Milch1 erzielen. Diese Preise kamen auch bei den Verbrauchern an.

Für Gemüse musste der Konsument 2017 tiefer in die Tasche greifen als noch 2011 (+ 15,1 %). Vor allem Tomaten (+ 26,9 %), Zwiebeln und Knoblauch (+ 18,5 %) sowie Salate (+ 18,2 %) verteuerten sich beträchtlich.

Die in Baden-Württemberg eher seltener nachgefragten Fisch und Fischwaren verteuerten sich zwischen 2011 und 2017 um 15,3 %. Dagegen fielen die Preissteigerungen für unser tägliches Brot (und andere Getreideerzeugnisse) mit + 11,9 %, für Süßwaren + 11,8 % und für Fleisch und Fleischwaren + 10,8 % geringer aus.

Naschkatzen mussten 2017 für die geliebte Tafel Schokolade 23,7 % mehr ausgeben als noch 2011. Wer sich zuhause lieber ein Wurstbrötchen anrichtet, zahlte für das frische Brötchen 24,4 % und die Salami 20,3 % mehr. Belegt er dagegen lieber eine Scheibe Roggenbrot (+ 5,2 %) mit Wurstaufschnitt (+ 1,2) fällt die Verteuerung im betrachteten Zeitraum weniger stark aus.

Fazit

Je nachdem was der Verbraucher konsumiert, wird sich sein persönlicher Warenkorb mehr oder weniger stark verteuern als der statistische Warenkorb. Aber egal ob Obst oder Gemüse, Fisch oder Fleisch, Butter oder Milch, Brot oder Süßigkeiten die Preise für Nahrungsmittel entwickelten sich zwischen 2011 und 2017 deutlich stärker nach oben als die Teuerungsrate insgesamt. Die ersten 8 Monate des Jahres 2018 deuten auf eine Fortsetzung dieses Trends hin.

1 Lauer, Thomas: Die Preise für Milchprodukte aus Verbrauchersicht, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2016.