:: 9/2018

Wasserwirtschaftliche Daten für Stadt und Land

Seit den 1970er-Jahren werden Daten zur zentralen und dezentralen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung von der amtlichen Statistik erhoben. Es zeigt sich, dass die politischen Bemühungen um gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land, die allerorts eine sichere und umweltfreundliche Infrastruktur zugänglich machen sollen und 2015 als Staatsziel in die Landesverfassung1 aufgenommen wurden, weit vorangeschritten sind und sich fast die gesamte Bevölkerung auf eine zentrale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung verlassen kann. Allerdings werden zum Beispiel durch die Siedlungsstruktur und Topografie Grenzen gesetzt, die eine Abwägung mit der wirtschaftlichen Vertretbarkeit und an den Standort angepasste umweltfreundliche Alternativen in privater Verantwortung erfordern. Dementsprechend bestehen weiterhin – wenn auch geringfügige – regionale Unterschiede im Anschlussgrad an zentrale Ver- und Entsorgungseinrichtungen.

Mit dem Umweltstatistikgesetz von 20052 wurde eine regelmäßige Erfassung der landwirtschaftlichen Wassernutzung für Bewässerungszwecke etabliert, um alle potenziell relevanten Wassernutzer abbilden zu können. In der Gesamtbilanz der Entnahmemengen für Baden-Württemberg tritt die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen deutlich hinter der Nutzung als Kühlwasser in Energieerzeugungs- und Produktionsanlagen, als Produktionswasser oder Trinkwasser zurück. Zurzeit wird die Bewässerung vor allem zur Qualitätsverbesserung der landwirtschaftlichen Produkte eingesetzt; der Klimawandel könnte jedoch einen darüber hinausgehenden Wasserbedarf erzwingen. Wie stark die vielfältigen Wassernutzungen dann untereinander konkurrieren, hängt sowohl von der Entwicklung des Wasserbedarfs in den Wärmekraftwerken, der Industrie und der Trinkwasserversorgung als auch von den Auswirkungen des Klimawandels auf regionale Grundwasserstände und die Flusspegel ab.

Gewässerschutzmaßnahmen haben stets der zentralen Abwasserreinigung Vorrang eingeräumt, da sich große öffentliche Kläranlagen im Betrieb stabil verhalten, die Nährstoffe effizient aus dem Abwasser entfernen und professionell überwacht werden. 2016 waren 99,5 % der Bevölkerung im Land an zentrale Kläranlagen angeschlossen gegenüber knapp 80 % im Jahr 1975. Von 1975 ausgehend stieg der Anschlussgrad an zentrale Kläranlagen bis 1991 um fast 20 Prozentpunkte auf bereits 97,3 % an.

Dementsprechend stark nahm im selben Zeitraum die Zahl der Einwohner, deren Abwasser dezentral entsorgt wird, von annähernd 2 Mill. auf 270 000 Einwohner ab. Dann verlangsamte sich der weitere Ausbau der zentralen Abwasserinfrastruktur, da für die umso aufwändiger erschließbaren verbleibenden Gebiete die spezifischen, auf den angeschlossenen Einwohner bezogenen Kosten steigen, die auch mit dem Bau und Betrieb der Sammelkanalisation zusammenhängen. Zwischen 2013 und 2016 – die Daten zur öffentlichen Abwasserbeseitigung werden alle 3 Jahre erhoben – ging die Zahl der Einwohner, deren Abwasser weiterhin vor Ort gespeichert oder behandelt wird, nochmals um rund 7 700 zurück.

Kleinkläranlagen in ländlichen Gebieten

2016 waren rund 60 000 Einwohner in Baden-Württemberg nicht an zentrale Kläranlagen angeschlossen. Die Differenzierung nach den Raumkategorien des Landesentwicklungsplans 2002 (i-Punkt »Landesentwicklungsplan 2002«) zeigt ein kleiner gewordenes, aber weiterhin bestehendes Stadt-Land-Gefälle in den Anschlussverhältnissen auf. Von Belang ist die dezentrale Abwasserbeseitigung in verstreuten Siedlungen und Einzelanwesen im ländlichen Bereich, aber auch im Außenbereich städtischer Gebiete. Im Ländlichen Raum im engeren Sinne (i.e.S.) lebten 2016 rund 40 000 Einwohner mit dezentraler Abwasserbeseitigung und der Anschlussgrad an zentrale Kläranlagen lag dort bei 98,5 %. Weitere Wohngemeinden mit insgesamt rund 20 000 Einwohnern, deren Abwasser ebenfalls dezentral entsorgt wird, gehörten den drei Räumen mit verdichteten Siedlungsbereichen an. Der Anschlussgrad dort erreichte 99,6 % bzw. 99,9 %.

In 57 Gemeinden im Ländlichen Raum i.e.S. und zusammen vier Gemeinden in den übrigen drei Raumkategorien lag der Anschlussgrad 2016 unter 95 %. Die niedrigsten Anschlussgrade mit 67 % bzw. 76 % zeigten zwei Gemeinden3 im Schwarzwald. Grundsätzlich sind die Schwerpunkte der dezentralen Abwasserbeseitigung die ländlichen Bereiche im Schwarzwald, im Schwäbisch-Fränkischen Wald und in Oberschwaben.

Hausbrunnen vor allem im Schwarzwald

In der Gliederung nach Raumkategorien zeigte sich bei der Trinkwasserversorgung eine dem Abwasser vergleichbare Abstufung bei durchgängig noch etwas höheren Anschlussgraden zwischen 98,6 % und gerundet 100 %. In 52 Gemeinden, darunter 50 dem Ländlichen Raum i.e.S. angehörend, lag der Anschlussgrad unter 95 %. Die mit Abstand niedrigsten Anschlussgrade mit 37 % bzw. 45 % hatten zwei Schwarzwaldgemeinden.4 Deutlich früher als bei der Abwasserentsorgung stand in Baden-Württemberg eine flächendeckende Infrastruktur für die Trinkwasserversorgung bereit, denn bereits 1975 kam der Anschlussgrad mit 97,8 % dem heutigen nahe.

Von den 2016 rund 45 000 über private Hausbrunnen versorgten Einwohnern lebten 38 000 im Ländlichen Raum i.e.S. und lediglich rund 7 000 in den Verdichtungsräumen, deren Randzonen und den Verdichtungsbereichen im ländlichen Raum. Da sich 2016 rund ein Drittel der 45 000 Selbstversorger im Ortenaukreis konzentrierten, entstehen im Vergleich zur Abwasserentsorgung großflächige Gebiete mit sehr hohen Anschlussgraden über alle Raumkategorien hinweg.

Landwirtschaftliche Klärschlammverwertung die Ausnahme

Das Abwasser von zwei Dritteln der rund 60 000 nicht an die öffentlichen Kläranlagen angeschlossenen Einwohner gelangt in Kleinkläranlagen mit biologischen Reinigungsstufen und von dort in ein Gewässer. Der sichere Betrieb der Kleinkläranlagen steht üblicherweise in der Verantwortung des privaten Betreibers.5 Für das übrige Drittel sind, falls die örtlichen Gegebenheiten eine Einleitung in ein Gewässer nicht zulassen, abflusslose Gruben verfügbar, in denen das Abwasser gesammelt und anschließend per Schlammsaugwagen zur Reinigung in eine öffentliche Kläranlage gebracht wird. Die in den 1970er- und 1980er-Jahren noch verbreiteten Absetz- und Ausfaulgruben, die das Abwasser in erster Linie lediglich mechanisch reinigen, wurden 2016 noch für rund 1 700 Einwohner betrieben. Landwirtschaftliche Betriebe dürfen per Sondergenehmigung, vorausgesetzt geeignete Ackerflächen und Kulturen sind vorhanden, den Überlauf der Gruben zusammen mit Gülle auf den Feldern ausbringen.

Die landwirtschaftliche Verwertung von Abwasser oder Klärschlamm – den bei der Abwasserreinigung entstehenden Abfall – führt Pflanzennährstoffe wie Phosphat oder humusbildende organische Stoffe in den Stoffkreislauf zurück. Klärschlamm aus öffentlichen Kläranlagen wurde daher traditionell an landwirtschaftliche Betriebe abgegeben und auf Flächen in Kläranlagennähe ausgebracht. Wachsende Erkenntnisse über organische Verbindungen, die über Medikamente, Haushaltschemikalien oder Rückstände aus Produktionsprozessen in das Abwasser eingetragen werden und sich dann im Klärschlamm konzentrieren, haben zu gesetzlichen Ausbringungsbeschränkungen und in Baden-Württemberg Anfang der 2000er-Jahre schließlich zur behördlichen Empfehlung geführt, auf die stoffliche Verwertung möglichst zu verzichten.

Der Anteil des landwirtschaftlich verwerteten Klärschlamms – bezogen auf die gesamte Trockenmasse (TM) – verringerte sich ab 1979 von knapp 40 % über gut 20 % im Jahr 1998 auf noch 1 % im Jahr 2016, wobei der überwiegende Teil dieses verbleibenden Rests auf Flächen außerhalb Baden-Württembergs ausgebracht wurden. Rund 3 % der Klärschlammtrockenmasse wurden 2016 im Landschaftsbau verwertet und zum Beispiel für Rekultivierungen eingesetzt. Durch zwischenzeitliche Verfahrensumstellungen bei der Schlammentwässerung und mehr Faulung6 ging die landwirtschaftlich genutzte Menge von rund 130 000 Tonnen (t) TM im Jahr 1979 auf 2 000 t TM im Jahr 2016 noch deutlicher zurück als ihr Anteil am Gesamtaufkommen. Hinweise aus der zurzeit durchgeführten Erhebung für 2017 lassen erwarten, dass die jüngsten Änderungen im Dünge- und Abfallrecht, die auch für den Entsorgungsweg in den Landschaftsbau gelten, die stoffliche Verwertung zugunsten einer umfassenden thermischen Entsorgung weiter eingeschränkt haben. Im Land sind dafür an zwei Kläranlagenstandorten Klärschlamm-Verbrennungsanlagen verfügbar, darüber hinaus findet eine Mitverbrennung in Zementwerken und Kohlekraftwerken statt. Annähernd 40 % des Klärschlamms wurden 2016 in anderen Bundesländern entsorgt.7

Durchschnittsgebühr für Trinkwasser bei 2,15 Euro je Kubikmeter

Die Kosten für die Errichtung und den Betrieb von Hausbrunnen, Kleinkläranlagen und Gruben, die Entsorgung des Klärschlamms und des Grubeninhalts in öffentlichen Kläranlagen eingeschlossen, tragen die jeweiligen Gebäudeeigentümer und -nutzer. Auf die Straßenanlieger umgelegte Anschlussbeiträge decken die Kosten für den Leitungsbau im öffentlichen Raum.

Die Leistungen der Gemeinden und Zweckverbände für die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung (i-Punkt »Leistungen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung«) werden über Gebühren abgegolten. Hierzu erhebt das Statistische Landesamt Baden-Württemberg jährlich Daten zum Stichtag 1. Januar. Die Wasserrechnung in den meisten Gemeinden enthält eine monatliche Grundgebühr für das Vorhalten der Versorgungsinfrastruktur und der Messvorrichtung am Übergabepunkt (Hauswasserzähler), eine auf den Trinkwasserverbrauch bezogene Trinkwasser- und Abwassergebühr und eine Niederschlagswassergebühr, die sich an der bebauten und befestigten Grundstücksfläche und deren Versiegelungsgrad orientiert.

Die Durchschnittsgebühren in Baden-Württemberg, gewichtet über die Einwohnerzahlen je Gemeinde, belaufen sich 2018 auf 2,15 Euro je Kubikmeter (EUR/m3) und 3,74 Euro pro Monat für das Trinkwasser, 1,94 EUR/m3 für das Schmutzwasser und 0,47 Euro je Quadratmeter (EUR/m2) für das Niederschlagswasser.8 Während in jeder der 1 101 baden-württembergischen Gemeinden verbrauchsabhängige Trink- und Abwassergebühren und in 1 078 Gemeinden eine Grundgebühr für die Wasserversorgung erhoben werden, beschränkt sich die Abwassergrundgebühr auf 57 Gemeinden. 1 072 Gemeinden berechnen eine gesplittete Gebühr für das Schmutz- und Niederschlagswasser. Die gesplittete Gebühr soll als Gegenmodell zur Einheitsgebühr – die Berechnungsgrundlage in noch 30 Gemeinden9 – für gerechtere Abwassergebühren sorgen, indem die Kosten für die Sammlung und Behandlung des Niederschlagswassers verursacherbezogen umgelegt werden.10

Günstiges Trinkwasser am Oberrhein und in Oberschwaben

In allen vier Raumkategorien liegt die Durchschnittsgebühr für Trinkwasser 2018 mit 2,06 EUR/m3 bis 2,21 EUR/m3 in der Nähe des Landesdurchschnitts von 2,15 EUR/m3. Zum einen ermöglichen verdichtete Siedlungsstrukturen eine effiziente Bereitstellung des Wassers, zum anderen können auch für kleine Gemeinden Kostenvorteile entstehen, wenn sich die öffentliche Wasserversorgung auf ausreichende örtliche Wasservorkommen stützt, dies umso mehr, wenn keine Wasseraufbereitung erforderlich ist.

2016 wurde im Ländlichen Raum i.e.S. – selbst bei Abzug der punktuellen Oberflächen­wassergewinnung der Fernversorger – mehr Trinkwasser gewonnen als verbraucht. Dort standen rund 200 Mill. m3 Wasserentnahme einer Abgabe an Letztverbraucher11 von 150 Mill. m3 gegenüber. Dagegen war in den Verdichtungsräumen die Wasserbereitstellung aus Wasservorkommen vor Ort oder in der näheren Umgebung nur halb so hoch wie der Bedarf der Letztverbraucher (160 Mill. m3 zu 300 Mill. m3). Indem die Zweckverbände der Gruppen- und vor allem der Fernwasserversorgung Grundwasser aus regionalen und überregionalen Wasservorkommen oder Oberflächenwasser heranleiten, wird dort ein Mengenausgleich geschaffen. In den Randzonen um die Verdichtungsräume und in den Verdichtungsbereichen im ländlichen Raum waren Angebot und Nachfrage ausgeglichener. Der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch bewegte sich 2016 in allen Raumkategorien um den Landesdurchschnitt von 119 Liter. Der Pro-Kopf-Verbrauch schwankt stark von Gemeinde zu Gemeinde und hängt zum Beispiel vom Pendlersaldo, Tourismus oder vom Wasserbedarf des Kleingewerbes ab.12

Zusammenhängende Gebiete mit günstigem Trinkwasser haben sich in der Oberrheinebene und im Südosten des Landes mit ihren reichen Grundwasservorkommen und dem Bodensee gebildet. Die Gemeinden am Oberrhein verteilen sich über alle Raumkategorien. Der größere Teil des Alb-Donau-Kreises und des Landkreises Ravensburg und vollständig die beiden Landkreise Biberach und Sigmaringen gehören dem Ländlichen Raum i.e.S. an. Dort unterschreiten die Trinkwassergebühren flächig, mit wenigen Ausnahmen, den Landesdurchschnitt. Am günstigsten ist Trinkwasser in einer Gemeinde im Alb-Donau-Kreis mit 0,65 EUR/m3 und am teuersten in einer ebenfalls dem Ländlichen Raum i.e.S. angehörenden Gemeinde im Landkreis Heilbronn mit 5,03 EUR/m3, wo das ausschließlich aus örtlichen Wasservorkommen stammende Trinkwasser aufwändig aufbereitet wird.

Die Höhe der Trinkwassergebühr ist abhängig von den Rahmenbedingungen vor Ort und einer Vielzahl gleich- oder gegenläufiger Faktoren. Neben der Menge und Qualität der nutzbaren eigenen Wasservorkommen und der Kosten des Wasserbezugs gehören dazu auch die kalkulatorischen Kosten wie Abschreibungen und Zinsen. Außerdem erheben fast alle Gemeinden des Landes im Trinkwasserbereich eine verbrauchsunabhängige Grundgebühr. Je nach Verteilung der Kosten zwischen beiden Gebührenkomponenten kann sich daraus eine Entlastung bei der Kubikmetergebühr ergeben. Die Spanne bei der Grundgebühr ist groß und liegt 2018 zwischen rund 4 Euro und 220 Euro pro Jahr. Zehn Gemeinden erheben eine Grundgebühr in Höhe von über 120 EUR/Jahr, davon liegt gleichzeitig in sechs Gemeinden die Kubikmetergebühr unter dem Landesdurchschnitt.

Abwasser im ländlichen Bereich teurer als im Landesdurchschnitt

Die nach dem Trinkwasserverbrauch abgerechnete Schmutzwassergebühr streut noch etwas stärker als die Trinkwassergebühr und liegt 2018 zwischen 0,38 EUR/m3 und 5,57 EUR/m3. Beide Gemeinden, die günstigste und die teuerste, liegen im Ländlichen Raum i.e.S. Wie beim Trinkwasser beeinflussen die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten die Gebührenhöhe. Die für Raumkategorien gebildeten Durchschnittsgebühren weisen jedoch darauf hin, dass die Abwassergebühren mit abnehmender Verdichtung ansteigen und in ländlichen Gebieten daher tendenziell höher sein können als in verdichteten Gebieten. So liegt die durchschnittliche Schmutzwassergebühr im Ländlichen Raum i.e.S. mit 2,38 EUR/m3 deutlich über dem Landesdurchschnitt von 1,94 EUR/m3.13

Die Abwasserbeseitigung im Ländlichen Raum i.e.S. ist kleinteilig und erfordert je angeschlossenen Einwohner einen höheren Aufwand. In Abhängigkeit von der Topografie betreiben dort Gemeinden unter Umständen mehrere Ortsteilkläranlagen. Aufwändig ist außerdem der Unterhalt des Kanalnetzes einschließlich der Regenbecken14, die dem Schutz der Kläranlage und dem die Einleitungen aufnehmenden Gewässer dienen, indem sie Regen- und Mischwasser zwischenspeichern und verzögert an die Kläranlage weitergeben oder verdünnt in das Gewässer einleiten. Die Länge der öffentlichen Kanalisation im Ländlichen Raum i.e.S. belief sich 2016 in der Summe aller Kanaltypen – Mischwasser-, Schmutzwasser- und Regenwasserkanal – auf rund 30 000 Kilometer. Der Anteil am Landeswert lag bei 40 %. Die spezifische Kanallänge je an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Einwohner ist mit annähernd 12 Metern deutlich größer als im Durchschnitt der übrigen Raumkategorien.

Im Ergebnis kann eine zentrale Kläranlage, trotz der damit verbundenen weiteren Wege für das Abwasser, wirtschaftlich günstiger zu betreiben sein als mehrere kleine Ortsteilkläranlagen und damit auch auf längere Sicht die Gebühren stabilisieren; die rückläufigen Kläranlagenzahlen im Land sind dafür ein Zeichen. Zudem bietet die Zentralisierung Vorteile für den Gewässerschutz, wozu eine größere Betriebsstabilität und eine schnellere Anpassung an neue Anforderungen gehören, etwa die Entfernung von Mikroschadstoffen. Seit Anfang der 1990er-Jahre verringerte sich die Zahl der öffentlichen Kläranlagen in Baden-Württemberg von rund 1 250 auf 943 Anlagen im Jahr 2016. Die Ausbaugröße der öffentlichen Kläranlagen in Baden-Württemberg verharrt seither bei rund 21 Mill. Einwohnerwerten15, weil sich mit der Zusammenlegung von Kläranlagen die erforderliche Ausbaugröße in der Summe nicht oder kaum verändert. Neue Projekte im Ländlichen Raum i.e.S. zeigen, dass sich die öffentliche Abwasserbeseitigung dort weiter zentralisieren wird.16

Landwirte schließen sich in Beregnungsverbänden zusammen

Die Befragung von Gemeinden und Zweckverbänden zur öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ist die Basis der bislang vorgestellten wasserwirtschaftlichen Daten. Um Informationen über die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in der Wirtschaft zu erhalten, werden wiederum 3-jährlich wasserwirtschaftlich relevante Betriebe aller Wirtschaftsabschnitte befragt unter anderem zur Wassergewinnung in der Gliederung nach Wasserarten (im Wesentlichen Grund- und Oberflächenwasser) oder zur Wasserverwendung nach Einsatzbereichen (zum Beispiel Kühlwasser, Produktionswasser, Bewässerung). Um kleine und mittlere Betriebe von den Statistikpflichten zu entlasten, wurden Erfassungsuntergrenzen eingeführt. In den Berichtsjahren 2013 und 2016 wandte sich die Erhebung an Betriebe, die mindestens 2 000 m3 Wasser selbst gewannen oder mindestens 10 000 m3 Wasser von Dritten bezogen (Fremdbezug), zum Beispiel von der öffentlichen Wasserversorgung, von Verbänden oder benachbarten Betrieben.

Die Landwirtschaft benötigt Wasser überwiegend zur Bewässerung. Die Wasserverwendung für sonstige Zwecke, zum Beispiel für Reinigungs- oder Kühlzwecke in Winzerbetrieben, lag in der Summe der zur Erhebung meldenden Betriebe lediglich bei rund einem Zehntel des gesamten Wassereinsatzes in der Landwirtschaft. Auf die Beregnungsverbände, die den größten Teil des Wassers an ihre Mitglieder abgeben, aber auch selbst beregnen, entfielen 2016 mit 7,9 Mill. m3 rund die Hälfte der insgesamt von der Landwirtschaft gewonnenen Wassermenge in Höhe von 15,3 Mill. m3. Da nicht alle Mitglieder eines Beregnungsverbands bzw. nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe mit Fremdbezug von benachbarten Betrieben entsprechend den oben genannten Erfassungskriterien zur Erhebung melden, liegt die an Dritte abgegebene Wassermenge (6,4 Mill. m3) deutlich über der bezogenen Menge (2,6 Mill. m3).17 Die andere Hälfte des benötigten Wassers gewannen die Landwirte in Eigenregie, in wenigen Fällen auch für Dritte.

In der Landwirtschaft waren 2016 unter den 490 in der Statistik erfassten Meldungen 86 Beregnungsverbände. Über die Hälfte dieser Verbände lag im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und dort in den Gemeinden am Oberrhein. In diesem Landkreis wurde etwas mehr als die Hälfte des in Baden-Württemberg für die landwirtschaftliche Bewässerung verwendeten Wassers gewonnen. Über den gesamten Kreis betrachtet, lagen dort Landwirtschaft und öffentliche Wasserversorgung bei der gewonnenen Wassermenge ungefähr gleichauf. Weitere Bewässerungsschwerpunkte waren die Landkreise Heilbronn und Rastatt sowie der Rhein-Neckar-Kreis. Grundwasser (einschließlich Quellwasser) machte im Land mit annähernd 90 % den Hauptanteil an der Wasserentnahme für Bewässerungszwecke aus.

Weniger Wasser für Bewässerung als für Trinkwasserversorgung und Produktion

Außerhalb der Landwirtschaft wird Wasser für die Bewässerung von zum Beispiel öffentlichen Grünanlagen, botanischen und zoologischen Gärten oder Sportanlagen benötigt. Über alle Wirtschaftsbereiche betrachtet dominiert jedoch klar die Nutzung als Kühl- und Produktionswasser. Von den im Jahr 2016 im Land benötigten rund 3 400 Mill. m3 Wasser wurden annähernd 90 % als Kühlwasser in den Kraftwerken der Elektrizitätsversorgungsunternehmen eingesetzt. Der Wasserbedarf des Verarbeitenden Gewerbes für Kühl- und Produktionszwecke, daneben auch zur Versorgung der Belegschaft, lag bei 380 Mill. m3. Das Kühlwasser stammt im Wesentlichen aus Flüssen, für Produktionszwecke werden im Verarbeitenden Gewerbe auch die Grundwasservorkommen genutzt.18 Die öffentliche Wasserversorgung gewann 2016 knapp 680 Mill. m3 Trinkwasser, davon 70 % aus Grundwasservorkommen und knapp 30 % aus Bodensee, Donau und der Talsperre Kleine Kinzig. In der Gesamtbilanz der Entnahmemengen für Baden-Württemberg tritt der Grundwasserbedarf zur Bewässerung daher deutlich hinter der Nutzung als Kühl- und Produktionswasser oder als Trinkwasser zurück.

Mit den zurzeit vorliegenden Daten aus den Wasserstatistiken lassen sich aus mehreren Gründen keine Aussagen zur Entwicklung der Bewässerungsmengen in der Landwirtschaft ableiten. Zum einen kann die Wetterabhängigkeit des Bewässerungsbedarfs bei Erhebungen in mehrjährigen Abständen – für 1998 und 2002 sowie auf Grundlage des Umweltstatistikgesetzes von 2005 nun 3-jährlich für die Jahre ab 2007 – zu Verzerrungen führen, indem sich möglicherweise eher untypische Jahre in der Statistik abbilden. Zum anderen wurden bundesweit die Erfassungsuntergrenzen für die landwirtschaftliche Wassernutzung ab 2007 und nochmals ab 2013 verändert, wodurch die Zahl der sich im Ergebnis repräsentierenden Betriebe schwankt. Nicht zuletzt vermittelten die für das Land in Bezug auf 2013 und 2016 erhobenen Angaben den Eindruck, dass von manchen landwirtschaftlichen Betrieben lediglich eine geschätzte Menge angegeben werden konnte, weil in Baden-Württemberg 2011 die Landwirtschaft von der Pflicht zur Entrichtung eines Wasserentnahmeentgelts befreit wurde und als Konsequenz daraus keine Mengenmessung mehr erfolgte.19 Einen klaren Hinweis darauf, dass sich die Landwirte auf eine Klimaerwärmung vorbereiten, indem sie zusätzliche Möglichkeiten zur Bewässerung im Freiland schaffen, geben hingegen die Landwirtschaftsstatistiken.20

Ob der Klimawandel zu Restriktionen bei der Wasserentnahme für die Bewässerung führt oder eine Übernutzung der Wasserressourcen zu befürchten ist, hängt von der Entwicklung des regionalen Wasserdargebots und des Wasserbedarfs der übrigen Nutzergruppen ab. In der öffentlichen Wasserversorgung stieg, vor allem bedingt durch das jüngste Bevölkerungswachstum, die benötigte Trinkwassermenge zuletzt um knapp 4 % an, lag aber weiterhin unter den Verbrauchsspitzen der 1980er- bis Anfang der 1990er-Jahre. Im vergleichbaren Zeitraum war der Wasserbedarf des Verarbeitenden Gewerbes, das ebenfalls in größerem Umfang Grundwasser nutzt, deutlich rückläufig. Insofern dürfte in Baden-Württemberg – in der Durchschnittsbetrachtung und immer abgesehen von den regionalen Voraussetzungen zur Wasserentnahme – ein Puffer für mehr landwirtschaftliche Bewässerung vorhanden sein, zumal sie bislang überwiegend im grundwasserreichen Oberrheingebiet stattfindet.

1 Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953 (GBl. S. 173), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Dezember 2015 (GBl. S. 1032).

2 Umweltstatistikgesetz vom 16. August 2005 (BGBl. I S. 2446), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1839).

3 Bei Anschlussgraden an die öffentliche Wasserversorgung in ähnlicher Größenordnung.

4 Bei im Vergleich zur Trinkwasserversorgung deutlich höheren Anschlussgraden an zentrale Kläranlagen von 99,6 % und 96,3 %.

5 Bericht über ein Projekt im Landkreis Ravensburg zur Errichtung und zum Betrieb von Kleinkläranlagen in Regie der Gemeinde. Niederste-Hollenberg, Jutta/Hillenbrand, Thomas/Ungermann, Andrea: Zentraler Betrieb dezentraler Anlagen: z*dez, in: Korrespondenz Abwasser, Abfall 2017 (64) Nr. 11.

6 Weitere Informationen hierzu in der Pressemitteilung 185/2018 vom 14.08.2018: Stromerzeugung aus Klärgas weiter gestiegen, www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2018185 (Abruf: 12.09.2018).

7 Weitere Informationen hierzu unter www.statistik-bw.de/Umwelt/Wasser/ sowie in der Pressemitteilung 10/2018 vom 19.01.2018: In Baden-Württemberg wird fast der gesamte Klärschlamm verbrannt, www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2018010 (Abruf: 12.09.2018).

8 Alle Angaben für das Trinkwasser enthalten die Mehrwertsteuer.

9 Doppelzählung einer einzelnen Gemeinde, die sowohl nach der Einheitsgebühr als auch auf Kundenantrag nach der gesplitteten Abwassergebühr abrechnet.

10 Außerdem soll mit der Niederschlagswassergebühr die wasserwirtschaftlich wünschenswerte Flächenentsiegelung gefördert werden.

11 Haushalte und Kleingewerbe, Großabnehmer in der Wirtschaft, öffentliche Einrichtungen.

12 Weitere Informationen hierzu in der Pressemitteilung 190/2018 vom 16.08.2018: Trinkwasserabgabe mit dem Bevölkerungswachstum gestiegen, www.statistik-bw.de/PressePressemitteilungen/2018190 (Abruf: 12.09.2018).

13 Das Land gewährt Zuwendungen für wasserwirtschaftliche Vorhaben von öffentlichem Interesse. Richtlinien des Umweltministeriums für die Förderung wasserwirtschaftlicher Vorhaben vom 21. Juli 2015 (GABl. S. 784).

14 Regenbecken ist der Sammelbegriff für Anlagen zur Rückhaltung und/oder Behandlung von Misch- und Regenwasser, zum Beispiel Regenüberlaufbecken in der Mischkanalisation und Regenklärbecken in der Trennkanalisation.

15 Summe der Belastung des Abwassers aus den angeschlossenen Einwohnern und den gewerblichen Einleitungen, berechnet als Einwohnergleichwerte, in die öffentliche Kanalisation.

16 Beispiel für die geplante Stilllegung einer Ortsteilkläranlage in: Pressemitteilung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 11.07.2018 zur Modernisierung der Abwasserbeseitigung in Horb am Neckar, https://um.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/950000-euro-landeszuschuss-fuer-zukunftsfaehige-abwasserbeseitigung-in-horb-am-neckar-landkreis-fr/ (Abruf: 12.09.2018).

17 Zusätzlich lag der Bezug von der öffentlichen Wasserversorgung bei 1,2 Mill. m3.

18 Weitere Informationen hierzu in der Pressemitteilung 119/2018 vom 04.06.2018: 3,4 Milliarden Kubikmeter Wasser für Kraftwerke und Industrie, www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2018119 (Abruf: 12.09.2018).

19 Informationen zur Weiterentwicklung des Wasserentnahmeentgelts im Erfahrungsbericht des Umweltministeriums Baden-Württemberg, https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/3_Umwelt/Schutz_natuerlicher_Lebensgrundlagen/Wasser/Rechtsvorschriften/WEE/160630_Erfahrungsbericht_Ehebung_WEE_in_BW.pdf (Abruf: 12.09.2018).

20 Weitere Informationen hierzu in der Pressemitteilung 172/2017 vom 07.07.2017: Landwirtschaftliche Betriebe setzen vermehrt auf Bewässerung, www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2017172 (Abruf: 12.09.2018).