:: 10/2018

Studienverlauf an Musikhochschulen

Ein Viertel ist selbstständig, großer Praxisbezug im Studium

Die Absolventinnen und Absolventen der Musikhochschulen in Baden-Württemberg sind rückblickend mit ihrem Studium zufrieden und schätzen dabei besonders die gute praktische Ausbildung. Das belegen die Zahlen der ersten beiden Absolventenbefragungen an den fünf Musikhochschulen des Landes, die nun in einem Ergebnisbericht veröffentlicht wurden. Die Absolventinnen und Absolventen bewerteten besonders die künstlerische und pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte positiv. Mehr als ein Viertel war zum Befragungszeitpunkt freiberuflich tätig. Gut sieben von zehn Absolventinnen und Absolventen fanden nach spätestens 3 Monaten der Suche eine Erwerbstätigkeit. Knapp die Hälfte der Befragten übte mehrere Tätigkeiten aus.

Von den insgesamt 4 053 Absolventinnen und Absolventen der Prüfungsjahrgänge 2009 bis 2014 an den Musikhochschulen in Baden-Württemberg nahmen 647 an den Absolventenbefragungen 2015 und 2016 teil (i-Punkt »Absolventenbefragung, Befragungsjahre, Prüfungsjahre«), was einer Rücklaufquote von 16 % entspricht. Reduziert man die Grundgesamtheit aller Absolventinnen und Absolventen um 1 189 Personen, die postalisch nicht erreicht werden konnten, ergibt sich eine Ausschöpfungsquote von 23 %. Es zeigt sich, dass zwischen den Befragungsteilnehmenden und der Absolventengrundgesamtheit – mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit – nur marginale Unterschiede hinsichtlich soziodemografischer Merkmale bestehen. Daher können die Ergebnisse der Absolventenbefragungen 2015 und 2016 einen im hohen Maße repräsentativen Überblick geben. Die Befragungen liefern erstmals wichtige Ergebnisse über die beruflichen Erfahrungen der Absolventinnen und Absolventen, sowohl vor als auch nach dem erfolgreichen Studium sowie über deren Integration in den Arbeitsmarkt. Neben einer differenzierten Bewertung der beruflichen Situation liefern die Erhebungen wertvolle Daten über die Zufriedenheit mit studienbezogenen bzw. praxisorientierten Aspekten. Außerdem gibt der umfassende Ergebnisbericht einen Überblick über Verbesserungs- und Förderungsbedarfe im Rahmen des Studiums aus Sicht der Absolventinnen und Absolventen. Die Ergebnisse dienen potentiellen Studierenden zur Information und den Musikhochschulen zur Qualitätssicherung.

Die durchschnittlichen Musikhochschulabsolventinnen und -absolventen …

... waren zum Befragungszeitpunkt 31 Jahre alt und schlossen ihr Studium mit einer Note von 1,3 ab. Für ihr Studium benötigten sie im Durchschnitt 7,5 Semester. Insgesamt beteiligten sich etwas mehr Absolventinnen (52,5 %) als Absolventen (47,5 %) an der Befragung. 71 % der Teilnehmenden hatten die deutsche Staatsangehörigkeit, 14 % kamen aus einem EU-Mitgliedstaat und 15 % aus dem weiteren Ausland. Die ausländischen Absolventinnen und Absolventen gaben dabei 47 verschiedene Nationen als Herkunft an. Am häufigsten kamen die teilnehmenden ausländischen Musikhochschulabsolventinnen und -absolventen aus der Republik Korea, Frankreich, Japan und Italien.

Große Vielfalt an Abschlüssen und Studiengängen

An den fünf Hochschulen konnten die ehemaligen Studierenden zwischen 93 künstlerischen Hauptfächern bzw. Studiengängen – von Akkordeon und Bratsche über Cembalo, Klavier, Schauspiel, Theater und Gesang bis hin zu Jazz/Pop – wählen. Mit 59 % war die Instrumentalmusik das beliebteste Studienfach der Absolventinnen und Absolventen, weit danach folgt mit 66 (10 %) Absolventinnen und Absolventen Gesang als zweitbeliebtestes Studienfach. Im Bereich der Instrumentalmusik verteilten sich die Absolventinnen und Absolventen zu über einem Drittel (35 %) auf die Blasinstrumente, zu 30 % auf die Tasteninstrumente und knapp ein Viertel (24 %) Streichinstrumente (Zupfinstrumente, Schlagzeug und Akkordeon zusammen 12 %). Das beliebteste Instrument war das Klavier, welches ein Fünftel als künstlerisches Hauptfach aus der Instrumentalmusik belegten (Schaubild 1). Die Violine wählten 11 % als Hauptfach, gefolgt von Violoncello (Cello), Horn, Trompete und Gitarre (jeweils 6 %). Die sonstigen Hauptfächer (31 %) in der Instrumentalmusik verteilten sich auf 18 weitere Instrumente bzw. Instrumentalarten.

Große Zufriedenheit mit künstlerischer und pädagogischer Kompetenz der Dozierenden

Die Teilnehmenden der Absolventenbefragungen 2015 und 2016 konnten nicht nur ihre allgemeine Zufriedenheit mit dem abgeschlossenen Studium angeben, sondern zusätzlich einzelne Aspekte ihres Studiums bewerten. Dabei waren die Absolventinnen und Absolventen mit der künstlerischen Kompetenz ihrer Hauptfachlehrerin bzw. ihres Hauptfachlehrers am zufriedensten (88 von 100 möglichen Punkten auf dem Zufriedenheitsbarometer). Direkt danach folgte der Umfang des Hauptfachunterrichts (85 Punkte), welcher von den Absolventinnen und Absolventen ebenfalls sehr zufriedenstellend bewertet wurde. Mit deutlichem Abstand, aber immer noch im Bereich einer zufriedenen Bewertung, bewerteten die Absolventinnen und Absolventen die Qualität der Korrepetition – sprich die Einübung von Gesangsstücken mittels Klavierbegleitung – (79 Punkte). Die Ausstattung der Bibliothek bzw. die Verfügbarkeit wichtiger Noten, CDs, DVDs, Literatur wurde mit 77 Punkten und die pädagogische Kompetenz der Hauptfachlehrerinnen und -lehrer mit 75 Punkten und damit immer noch zufriedenstellend bewertet. Wesentlich verhaltener wurden Aspekte zur Berufsvorbereitung bewertet. Die Vorbereitung und Betreuung von Wettbewerben/Probespielen/Bewerbungsverfahren kann mit 61 Barometerpunkten im Bereich zwischen »zufrieden« und »weder noch« eingeordnet werden. Die realistische Beratung zur konkreten Berufsplanung und die Angebote berufsorientierender Veranstaltungen wurden mit 52 bzw. 48 Punkten mit Abstand am schlechtesten bewertet.

Durchschnittlich fünf Vorsingen/Vorspiele bis zur erfolgreichen Bewerbung

Nach Abschluss ihres Studiums an der Musikhochschule war fast die Hälfte (47 %) der Antwortenden überhaupt nicht auf der Suche nach einer beruflichen Tätigkeit. Der Verzicht auf die Stellensuche wurde von den Absolventinnen und Absolventen am häufigsten mit der Aufnahme eines weiteren Studiums (50 %, Mehrfachnennungen waren möglich) begründet. Des Weiteren gab ein Drittel (34 %) der Absolventinnen und Absolventen an, freiberuflich tätig zu sein und deshalb nicht auf der Suche gewesen zu sein. Ein gängiges Muster war dabei zudem, dass man bereits während des Studiums freiberuflich tätig war und dies anschließend fortführte. Mehr als jede zehnte Absolventin bzw. jeder zehnte Absolvent (13 %) fand eine Erwerbstätigkeit ohne Bewerbung. Dies war beispielsweise der Fall, wenn durch Kontakte mit der Musikhochschule eine Stelle vermittelt wurde. Die suchenden und bei der Stellensuche erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen der Musikhochschulen benötigten im Durchschnitt 3,6 Monate, zehn Bewerbungsversuche und hatten 4,8 Bewerbungsgespräche bzw. Vorsingen bis sie eine Erwerbstätigkeit fanden. Insgesamt kamen 71 % der Absolventinnen und Absolventen nach spätestens 3 Monaten unter, 15 % benötigten länger als ein halbes Jahr. Mehr als drei Viertel (78 %) der Befragten kam nach zehn oder weniger Bewerbungsversuchen unter und acht von zehn Absolventinnen und Absolventen (81 %) waren spätestens nach fünf Vorspielen, Vorsingen oder Bewerbungsgesprächen erfolgreich.

Mehr als ein Viertel sind selbstständig

Nahezu jede fünfte Absolventin bzw. jeder fünfte Absolvent (18 %) war zum Befragungszeitpunkt in einem Orchester, Ensemble, Theater oder Berufschor angestellt. 12 % verfolgten eine Tätigkeit als freischaffende Künstlerin/freischaffender Künstler bzw. Pädagogin/Pädagoge. 11 % waren an einer Musikschule angestellt und jede zehnte Absolventin bzw. jeder zehnte Absolvent befand sich in der aktuellen Tätigkeit in einem weiteren Studium. 8 % übten eine sonstige Tätigkeit mit künstlerischem, pädagogischem Bezug aus und 6 % gaben freiberuflich Musikunterricht. In den freien Feldern wurde weiter deutlich, welche Vielfalt bei den aktuellen Tätigkeitsfeldern der Absolventinnen und Absolventen vorzufinden ist. So wurden als aktuelle Berufe unter anderem Filmmusiker/-in, Dirigent/-in, Journalist/-in, Orchestermusiker/-in, Opernsänger/-in, Gymnasiallehrer/-in und Personalentwickler/-in genannt. 3 % der Absolventinnen und Absolventen waren in ihrer derzeitigen Phase vorwiegend in Elternzeit bzw. Kindererziehung oder Pflege, 1 % waren arbeitssuchend und zwei absolvierten noch ein bezahltes Praktikum. Mehr als die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen (53 %) war in Baden-Württemberg beschäftigt. Rund ein Drittel (31 %) arbeitete in einem anderen Bundesland, 10 % im europäischen und 6 % im übrigen Ausland.

Die Hälfte hat mehrere Jobs

In ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit waren 68 % der Absolventinnen und Absolventen unbefristet beschäftigt. Von den 32 %, die sich lediglich in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis befanden, gaben jedoch 71 % an, eine positive Aussicht auf Verlängerung des Arbeitsvertrages zu haben. Von den 647 teilnehmenden Absolventinnen und Absolventen der Musikhochschulen gaben 315 (49 %) an, in ihrer aktuellen Beschäftigungsphase mehrere Tätigkeiten parallel auszuüben. Die meisten hatten zwei Tätigkeiten (47 %) und 37 % übten zeitgleich drei berufliche Tätigkeiten aus (11 % mit vier sowie 4 % mit fünf und mehr Tätigkeiten). Demnach verwundert es nicht, dass 44 % der Absolventinnen und Absolventen in einer beruflichen Tätigkeit in Teilzeit beschäftigt waren. Von diesen, in Teilzeit beschäftigten, wünschten sich nur 34 % in Vollzeit arbeiten zu können.

Drei Viertel wenden ihre im Studium erworbenen Qualifikationen häufig an

Mehr als ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen (36 %) konnte die im Studium erworbenen Qualifikationen immer und 42 % sehr häufig anwenden. Nur 6 % benötigten die Studieninhalte selten bzw. elf Absolventinnen und Absolventen nie. Auf die Frage, inwiefern die Erwartung der Absolventinnen und Absolventen zu Studienbeginn der derzeitigen beruflichen Situation entspricht, meinten 33 % stark und 16 % sogar sehr stark. Mehr als ein Drittel (36 %) waren sich bei dieser Frage unsicher und wählten die Option »Teilweise«, 15 % sprachen von einer (sehr) geringen Parallele. Mehr als die Hälfte (53 %) der Absolventinnen und Absolventen bewertete ihre aktuelle berufliche Situation als überwiegend angemessen bzw. angemessen, 39 Absolventinnen und Absolventen (6 %) sprachen hier von einer absoluten Unangemessenheit.

Fazit

Der Ergebnisse der ersten baden-württembergischen Absolventenstudie der Musikhochschulen zeigen einerseits die Vielfalt von Studiengängen, Hochschulabschlüssen und Berufsmöglichkeiten, andererseits eine vergleichsweise schwierige Integration in den Arbeitsmarkt. Die Musikhochschulabsolventinnen und -absolventen bewerteten ihr Studium dabei überaus positiv und lobten den Praxisbezug sowie die Kompetenz der Dozierenden. Die regelmäßige Durchführung der Absolventenbefragung kann helfen, die Zufriedenheit der Studierenden zu gewährleisten, qualifizierte Menschen für den Arbeitsmarkt auszubilden und den Hochschulen die Möglichkeit geben, die Ergebnisse in ihr Qualitätsmanagement einfließen zu lassen.