:: 7/2019

Endgültige Ergebnisse der Europawahl 2019 in Baden-Württemberg

CDU weiterhin in kleinen Gemeinden besonders stark, GRÜNE punkten in Kreisen mit hohem Akademikeranteil

In der Sitzung des Landeswahlausschusses am 13. Juni 2019 wurde das endgültige Ergebnis der neunten Direktwahl zum Europäischen Parlament für Baden-Württemberg festgestellt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Europawahl 2019 in Baden-Württemberg genauer betrachtet.

Erstmals seit 15 Jahren nahm die Wahlbeteiligung bei einer Europawahl in Baden-Württemberg wieder deutlich zu. Während 2014 die Beteiligungsquote um 0,1 Prozentpunkt angestiegen war, entschieden sich 2019 mit 64,0 % deutlich mehr Personen für die Stimmabgabe (+ 11,9 Prozentpunkte). Dies stellt die zweithöchste Wahlbeteiligung bei einer Europawahl im Südwesten dar. Lediglich 1994 wurde mit 66,4 % ein höherer Wert erzielt (Tabelle 1).

Den höchsten Stimmenanteil in Baden-Württemberg errang erneut die CDU. Mit 30,8 % erhielten die Christdemokraten allerdings 8,5 Prozentpunkte weniger als bei der vorangegangenen Wahl (2014: 39,3 %). Insgesamt verzeichnete die Partei ihr bisher schwächstes Ergebnis bei Europawahlen in Baden-Württemberg. Den zweithöchsten Stimmenanteil erhielten die GRÜNEN mit 23,3 % + 10,1 Prozentpunkte), die ihr mit Abstand bestes Ergebnis seit 1979 erzielten und damit die SPD auf den dritten Platz verwiesen. Die Sozialdemokraten mussten deutliche Stimmeneinbußen hinnehmen (− 9,7 Prozentpunkte) und kamen in Baden-Württemberg nur noch auf 13,3 % der gültigen Stimmen. Wie die CDU musste die SPD damit ihren niedrigsten Stimmenanteil bei einer Europawahl in Baden-Württemberg hinnehmen. Die AfD konnte ihren Stimmenanteil gegenüber der Europawahl 2014 um 2,1 Prozentpunkte verbessern und erhielt in Baden-Württemberg 10,0 %. Die FDP kam im Land auf insgesamt 6,8 % (+ 2,7 Prozentpunkte), DIE LINKE lag mit 3,1 % (− 0,5 Prozentpunkte) deutlich dahinter. Auf die sonstigen Parteien entfielen insgesamt 12,7 % (+ 3,8 Prozentpunkte) der gültigen Stimmen. Unter diesen erzielte die Partei FREIE WÄHLER mit 3,2 % (+ 0,9 Prozentpunkte) die meisten Stimmen, während die PARTEI mit einem Zuwachs von 1,5 Prozentpunkten die deutlichsten Stimmengewinne verzeichnen konnte und nun auf insgesamt 2,0 % der gültigen Stimmen kam.

Bundesweit war die Wahlbeteiligung mit 61,4 % etwas geringer als in Baden-Württemberg, lag aber deutlich über dem EU-weiten Schnitt von 50,6 %. Die CDU erreichte deutschlandweit 22,6 % der gültigen Stimmen, die GRÜNEN zogen mit 20,5 % an der SPD (15,8 %) vorbei. Die AfD erzielte im Bund 11,0 %, die CSU 6,3 %, die LINKE 5,5 % und die FDP 5,4 %, alle anderen Parteien erreichten zusammen 12,9 %. Dem Europäischen Parlament werden aus Deutschland insgesamt 96 Abgeordnete von 14 verschiedenen Parteien angehören (Schaubild). Die CDU verlor gegenüber 2014 sechs Sitze und ist mit 23 Abgeordneten vertreten. Die SPD erhielt elf Mandate weniger als 2014 und kommt nur noch auf 16 Sitze. Die GRÜNEN konnten die Zahl ihrer Abgeordneten fast verdoppeln, sie erreichen insgesamt 21 Mandate (2014: 11 Sitze). DIE LINKE erhält fünf, die AfD elf, die CSU sechs und die FDP fünf Mandate. Die FREIEN WÄHLER und Die PARTEI können jeweils zwei Abgeordnete entsenden. Zudem errangen folgende Parteien jeweils einen Sitz: PIRATEN, Tierschutzpartei, FAMILIE, ÖDP und VOLT. Die NPD, die 2014 noch einen Sitz erhalten hatte, ging bei der Wahl 2019 leer aus. Aus Baden-Württemberg gehören zwölf Personen dem Europäischen Parlament an (Übersicht).

CDU besonders stark in kleinen Gemeinden

Auf regionaler Ebene ergeben sich bei der Betrachtung nach Gemeindegrößenklassen zum Teil erhebliche Unterschiede (Tabelle 2). So konnte die CDU vor allem in kleineren Gemeinden viele Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen. Während die Christdemokraten in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern mit 35,4 % deutlich über ihrem Landesergebnis von 30,8 % lagen, kam die Partei in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern mit durchschnittlich 22,3 % auf deutlich niedrigere Stimmenanteile. Allerdings musste die CDU über alle Gemeindegrößenklassen hinweg Verluste hinnehmen. Am stärksten fielen diese in den Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern aus. Hier verlor die CDU durchschnittlich 9,5 Prozentpunkte.

Die GRÜNEN schnitten insbesondere in Gemeinden ab 100 000 Einwohnern gut ab. Hier erhielt die Partei durchschnittlich 29,6 % der Stimmen. Demgegenüber lag der Stimmenanteil der GRÜNEN mit 20,4 % in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern deutlich unter ihrem Landesergebnis von 23,3 %. Die meisten Zugewinne verbuchte die Partei mit einem Plus von durchschnittlich 11,3 Prozentpunkten in den Gemeinden mit 50 000 bis unter 100 000 Einwohnern.

Die SPD musste über alle Gemeindegrößenklassen hinweg deutliche Verluste hinnehmen. Ebenso wie die GRÜNEN und DIE LINKE verbuchten die Sozialdemokraten in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern höhere Stimmenanteile. Mit 14,6 % lag die SPD hier über ihrem Ergebnis auf Landesebene (13,3 %). DIE LINKE erreichte in den großen Gemeinden ab 100 000 Einwohnern mit 5,0 % sogar einen mehr als doppelt so hohen Stimmenanteil wie in den Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern (2,3 %).

Die AfD erhielt in kleineren Gemeinden unter 50 000 Einwohnern ihre höchsten Stimmenanteile. Die größten Zugewinne verbuchte die Partei in den Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern (+ 2,9 Prozentpunkte). Demgegenüber fiel ihr Plus mit 0,5 Prozentpunkten in den Gemeinden mit mindestens 100 000 Einwohnern deutlich niedriger aus. Bei der FDP zeigten sich keine Auffälligkeiten. Lediglich bei den Veränderungen gegenüber der Wahl 2014 wird deutlich, dass die Partei tendenziell mit sinkender Gemeindegröße mehr hinzugewinnen konnte.

GRÜNE punkten in Stadt- und Landkreisen mit hohem Akademikeranteil

Neben der Größe einer Gemeinde zeigt sich zudem, dass die Stimmenanteile der Parteien je nach Ausprägung sozialstruktureller Merkmale variieren.1 Beispielweise lag der Stimmenanteil der CDU in Kreisen, die einen hohen Anteil an Beschäftigten im produzierenden Gewerbe aufweisen, mit 36,1 % deutlich über ihrem Wert auf Landesebene. Auch in Gebieten mit einem niedrigen Akademikeranteil schnitt die Partei besonders gut ab (37,6 %). Die GRÜNEN waren in Gegenden mit einem hohen Akademikeranteil besonders erfolgreich (31,1 %). Ebenso überzeugte diese Partei viele Wählerinnen und Wähler in Kreisen mit einem hohen Anteil an Beschäftigten im Dienstleistungsgewerbe (31,7 %). Die Stimmenanteile der SPD waren mit 14,5 % in Kreisen mit einer hohen Arbeitslosenquote und mit 14,6 % in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte überdurchschnittlich hoch. Die AfD erreichte mit einem Anteil von 11,1 % in Gebieten mit einem niedrigen Akademikeranteil ein überdurchschnittliches Ergebnis. Auch in Stadt- und Landkreisen mit einem hohen Anteil an Beschäftigten im produzierendem Gewerbe erzielte die AfD über ihrem Durchschnitt liegende Ergebnisse (11,3 %). Die Stimmenanteile der FDP zeigten keine auffälligen Unterschiede nach soziostrukturellen Merkmalen. DIE LINKE erhielt in Gebieten mit hohem Akademikeranteil, einem hohen Anteil an Beschäftigten im Dienstleistungsgewerbe oder einer hohen Bevölkerungsdichte überdurchschnittliche Stimmenanteile (jeweils 5,2 %).

Parteien profitieren unterschiedlich von gestiegener Wahlbeteiligung

Von der größeren Anzahl an Wählerinnen und Wählern konnten nicht alle Parteien in gleichem Maße profitieren (Tabelle 3). Insbesondere die GRÜNEN schnitten in Hochburgen2 der Wahlbeteiligung überdurchschnittlich gut ab – hier überstieg der Stimmenanteil der GRÜNEN mit 28,1 % sogar den der CDU (26,4 %). Auch DIE LINKE konnte von einer höheren Beteiligungsquote profitieren. In Hochburgen der Wahlbeteiligung erhielt die Partei 4,2 % gegenüber 3,3 % in Gebieten, in denen weniger Personen an der Wahl teilnahmen. Demgegenüber punktete die AfD gerade in den Diasporagebieten der Wahlbeteiligung. Hier erhielt die Partei einen Stimmenanteil von 11,2 %. In Gebieten mit hoher Beteiligung kam die AfD dagegen durchschnittlich nur auf 8,0 %. Bei den anderen Parteien zeigen sich keine eindeutigen Befunde. So liegen die Stimmenanteile der CDU sowohl in den Hochburgen als auch in den Diasporagebieten der Wahlbeteiligung unter ihrem Landeswert – auch wenn die Christdemokraten bei höherer Wahlbeteiligung tendenziell schlechter abschneiden. Ähnliches lässt sich für die SPD feststellen, allerdings mit umgekehrtem Effekt. Die Stimmenanteile der FDP unterscheiden sich zwischen den Hochburgen und den Diasporagebieten der Wahlbeteiligung lediglich um 0,1 Prozentpunkt und weichen auch vom Landesergebnis der Partei nur um diesen Wert ab.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Europawahl 2019 in Baden-Württemberg stehen in Form von Tabellen und Schaubildern auf der Homepage des Statistischen Landesamtes zum Download bereit unter: www.statistik-bw.de > Wahlen.

1 Für die Berechnung wurden jeweils die sieben Stadt- oder Landkreise in Baden-Württemberg herangezogen, in denen das jeweilige Merkmal am stärksten bzw. am schwächsten ausgeprägt war. Rückschlüsse auf individuelle Wahlentscheidungen von Einzelpersonen können damit nicht gezogen werden. Die Gegenüberstellung von Wahlergebnissen mit Sozial- und Wirtschaftsdaten hat lediglich deskriptiven Charakter.

2 Als Hochburg bzw. Diasporagebiet werden die sieben Stadt- oder Landkreise angesehen, in denen das betrachtete Merkmal am stärksten bzw. am schwächsten ausgeprägt ist. Beispielsweise sind die Hochburgen bzw. Diasporagebiete der Wahlbeteiligung die sieben Kreise, in denen die Beteiligungsquoten am höchsten bzw. am niedrigsten ausfielen.