:: 7/2019

Ergebnisse der Berufspendlerrechnung 2019

Gute Arbeitsmarktlage lässt Pendlerzahlen weiter steigen

Die Zahl der Berufspendler in Baden-Württemberg ist zwischen 2015 und 2017 erneut deutlich angestiegen. Dies dürfte vor allem auf die gute Konjunkturentwicklung und die damit einhergehende Beschäftigungszunahme zurückzuführen sein. Wie bereits in den Vorjahren nahm die Zahl derer, die täglich zur Arbeit aus ihrer Wohngemeinde auspendeln, stärker zu als die Zahl der Erwerbstätigen, die in ihrer Wohngemeinde arbeiten. Damit setzte sich der bereits seit mehreren Jahren zu beobachtende Trend der stetig steigenden Mobilität der Erwerbstätigen weiter fort. Der vorliegende Beitrag gibt anhand der aktuellsten Ergebnisse der alle 2 Jahre durchgeführten Berufspendlerrechnung einen Überblick über den Umfang der beruflichen Mobilität und die Richtung der Pendlerströme in Baden-Württemberg.

Die Erfolgsgeschichte auf dem baden-württembergischen Beschäftigungsmarkt setzte sich im Jahr 2018 weiter fort. So stieg die Erwerbstätigkeit im vergangenen Jahr bereits zum achten Mal in Folge auf ein neues Rekordhoch. Gleichzeitig sank die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1992 unter das Niveau von 200 000.1 Das bedeutet auch, dass täglich mehr Menschen von ihrer Wohnung zur Arbeit pendeln. Die aktuelle Berufspendlerrechnung (i-Punkt »Berufspendlerrechnung Baden-Württemberg 2019«) weist für 2017 rund 5,7 Mill. Erwerbstätige am Wohnort nach. Davon pendelten täglich 3,4 Mill. zur Arbeit in andere Gemeinden (übergemeindliche Pendler) und 2,3 Mill. arbeiteten in ihrer Wohngemeinde (innergemeindliche Pendler).2 Im Vergleich zu 2015, dem Berichtsjahr der letzten Berufspendlerrechnung, stiegen die Pendler- und Erwerbstätigenzahlen im aktuellen Beobachtungszeitraum merklich an. So erhöhte sich die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort um 3,2 % bzw. rund 178 300 Personen. Dabei nahm, wie bereits in den Vorjahren, die Zahl der übergemeindlichen Pendler mit einer Zunahme um 5,2 % (165 700 Personen) wesentlich stärker zu als die Zahl der innergemeindlichen Pendler, welche sich lediglich um 0,5 % bzw. 12 600 Personen erhöhte. Über 90 % des Zuwachses an Erwerbstätigen zwischen 2015 und 2017 ging demzufolge auf das Konto der übergemeindlichen Pendler.

139 200 verschiedene Pendlerströme im Land

Die Mobilität der Erwerbstätigen im Südwesten ist auch deshalb so hoch, weil die Arbeitsplätze räumlich deutlich konzentrierter sind als die Wohnorte der Erwerbstätigen. So wurde zum Beispiel anhand der Ergebnisse der letzten Berufspendlerrechnung nachgewiesen, dass im Jahr 2015 ein Viertel der erwerbstätigen Wohnbevölkerung in Baden-Württemberg in Gemeinden lebte, in denen lediglich rund 12 % der Arbeitsplätze lagen. Die Hälfte der Erwerbstätigen wiederum lebte in Wohnorten, die gut 32 % der gesamten Arbeitsplätze auf sich vereinten.3 Insgesamt verteilen sich die 3,4 Mill. Erwerbstätigen, die täglich von ihrem Wohnort zur Arbeit in andere Gemeinden pendeln, auf 139 200 verschiedene Pendlerströme bzw. Wohnort-Arbeitsort-Kombinationen. Gegenüber 2015 entspricht dies einer Zunahme um 4,2 % bzw. 5 600 Pendlerströme. Fast zwei Drittel dieser Wohnort-Arbeitsort-Kombinationen sind dabei allerdings mit weniger als fünf Pendlern besetzt. Diese Vielzahl an kleinen Pendlerströmen umfasst nur 4,5 % des gesamten Pendleraufkommens. Dagegen konzentrieren sich 41 % des Pendleraufkommens auf die 1 200 größten Pendlerströme mit jeweils 500 und mehr Pendlern. Wie viele Erwerbstätige ein Pendlerstrom zählt, hängt wesentlich von der Größe und Attraktivität des Arbeitsortes ab. Aber auch die Größe des Wohnorts und seine Entfernung vom Arbeitsort spielen eine Rolle. Sehr anschaulich wird dies an den drei größten Pendlerströmen, von denen zwei gleichzeitig auch Einpendlerströme über die Landesgrenze Baden-Württembergs sind. So pendelten 2017 rund 15 600 Erwerbstätige von Ludwigshafen zur Arbeit nach Mannheim sowie jeweils rund 12 200 Erwerbstätige von Esslingen nach Stuttgart und von Neu-Ulm nach Ulm.

Fast ein Drittel aller Arbeitsplätze liegt in 15 Städten

Alle 1 101 Gemeinden in Baden-Württemberg sind Ziele von Einpendlern. Allerdings wiesen im Jahr 2017 lediglich 197 Gemeinden einen positiven Pendlersaldo4 auf. Der Anteil der Gemeinden, die per saldo einen Einpendlerüberschuss aufweisen, ist damit gegenüber 2015 leicht gesunken und betrug im Jahr 2017 knapp 18 %. Unabhängig von der Gemeindegröße wird deutlich mehr als jeder zweite Arbeitsplatz durch Erwerbstätige besetzt, die in ihren jeweiligen Arbeitsort einpendeln. Am niedrigsten ist der Anteil mit 55,5 % in den Großstädten mit mindestens 100 000 Einwohnern. In den übrigen Gemeindegrößenklassen variiert er nur leicht zwischen 58,9 % und 61 % (Schaubild 1). Diese hohe Einpendelintensität ist sowohl Ausdruck der großen Diversifizierung der Arbeitsplätze und ihrer Anforderungen an die Erwerbstätigen, als auch Zeichen der hohen Mobilität der Erwerbstätigen.

Die 15 wichtigsten Arbeitsmarktzentren Baden-Württembergs liegen allesamt in den Ballungsräumen (Schaubild 2). Zusammen vereinten diese 2017 knapp ein Drittel aller Einpendler und Arbeitsplätze des Landes auf sich. Obwohl die Zahl der Auspendler dort zuletzt mit einer Wachstumsrate von 8,2 % nicht nur überdurchschnittlich, sondern auch deutlich schneller stieg als die Zahl der Einpendler (+ 3,7 %), zeichnen sich diese 15 Städte nach wie vor durch einen hohen positiven Pendlersaldo aus. Spitzenreiter beim Einpendlerüberschuss waren wie schon in den Vorjahren nach der Landeshauptstadt Stuttgart (+ 168 900) die Städte Mannheim (+ 68 900) und Karlsruhe (+ 67 200).

Mit einem Plus von 6,5 % bzw. 5,8 % verzeichneten die Städte Tübingen und Ulm die stärksten Zuwächse an Einpendlern. Lediglich nach Reutlingen pendelten 2017 rund 300 Erwerbstätige weniger ein als 2 Jahre zuvor (– 0,8 %). Der Anstieg der Auspendler war hingegen in Ulm am höchsten (+ 10,4 %). Mit Zuwachsraten zwischen 9 % und 10 % nahm die Zahl der Auspendler in den Städten Karlsruhe, Pforzheim und Heidelberg jedoch ebenfalls recht deutlich zu. Mit einer Zunahme um 2 % gegenüber 2015 lag aber auch der Anstieg der Erwerbstätigen, die in ihrer Wohngemeinde arbeiten, in den 15 größten Arbeitsmarktzentren über der durchschnittlichen Veränderungsrate in Höhe von + 0,5 %. Besonders hervorzuheben ist hier erneut die Stadt Ulm mit einem Plus von 4,1 %. Lediglich die Städte Sindelfingen (– 1,3 %), Pforzheim (– 0,5 %) und Reutlingen (– 0,4 %) verzeichneten zuletzt einen leichten Rückgang dieser Erwerbstätigengruppe.

Pendlermagnet Großstadt

Ballungsräume mit einem großen Angebot hoch qualifizierter Arbeitsplätze, einem leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehrsangebot und einer direkten Anbindung an die Hochgeschwindigkeitsnetze von Schiene und Straße ziehen Berufspendler aus einem weiteren Umkreis an als ländlich-periphere Räume abseits der großen Metropolen. Dies spiegelt sich in der durchschnittlichen Länge der Arbeitswege der Berufspendler nach Größe des Arbeitsortes wider. Danach haben die Großstädte in Baden-Württemberg deutlich größere Pendlereinzugsgebiete als die übrigen Städte und Gemeinden im Land. Während die Entfernung des Wohnorts von Einpendlern in Großstädte im Jahr 2017 durchschnittlich 22,4 km Luftlinie betrug, waren es bei Einpendlern in Gemeinden unter 10 000 Einwohnern gerade einmal 13,1 km. Landesweit hat sich die durchschnittliche Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort mit 16,7 km Luftlinie gegenüber 2015 (16,4 km) kaum erhöht. Dabei war für fast zwei Drittel aller Berufspendler der Wohnort weniger als 15 km vom Arbeitsort entfernt, während bei nicht einmal jedem zwanzigsten der Arbeitsweg länger als 50 km war. Bei knapp 33 % der Berufspendler belief sich der Arbeitsweg zwischen 15 und 50 km (Schaubild 3).

1 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2019): Wirtschaftsentwicklung in Baden-Württemberg 2018, S. 10. Stuttgart.

2 Die Berufspendlerrechnung des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg unterscheidet die erfassten Erwerbstätigen nach innergemeindlichen und übergemeindlichen Berufspendlern. Befinden sich Wohn- und Arbeitsort in der gleichen Gemeinde, so gelten die entsprechenden Personen als innergemeindliche Berufspendler. Da die genutzten Statistiken jedoch unterhalb der Gemeindeebene keine regionalisierten Angaben ausweisen, ist eine getrennte Darstellung dieser Personengruppe in tatsächliche innergemeindliche Pendler und Nicht-Pendler (Personen bei denen Wohn- und Arbeitsort auf dem gleichen Grundstück liegen) nicht möglich.

3 Bremer, Patrick: »Volkswirtschaftliche Effekte des Berufspendelns«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2017«.

4 Der Pendlersaldo ergibt sich als Differenz zwischen Einpendlern und Auspendlern.