:: 12/2019

Straßenverkehrsunfälle 2018

Baden-Württemberg auf dem Weg zur »Vision Zero« im Straßenverkehr?

Die EU-Kommission verfolgt ebenso wie der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) die Strategie der »Vision Zero«. Danach soll es auf Europas Straßen bis zum Jahr 2050 nahezu keine Verkehrstoten mehr geben. Die Bemühungen, die Zahl der Verkehrstoten deutlich zu verringern, zeigen erste Erfolge. Doch wird allein schon die von der EU definierte Zwischenetappe, mit einer Halbierung der Anzahl der Todesfälle auf den Straßen von 2010 bis 2020, in Deutschland weit verfehlt werden. Auch in Baden-Württemberg nimmt die Verkehrssicherheit einen großen Stellenwert ein. So hat die Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag 2016 das Ziel »Vision Zero« festgeschrieben und als Zwischenziel eine Reduzierung der Verkehrstoten um 40 %1 bis zum Jahr 2020 definiert. Allerdings zeigt der Blick auf die Entwicklung, dass auch Baden-Württemberg dieses Zwischenziel bei weitem nicht erreichen wird. Auch wenn die Zahl der Unfalltoten erfreulicherweise gesunken ist, reduzierte sich deren Zahl seit 2010 nur um 11 % auf 440 Personen, die 2018 bei einem Verkehrsunfall ihr Leben verloren.

Gegenüber 2017 weniger Unfälle aber mehr Verunglückte

Auf den Straßen Baden-Württembergs ereignete sich im Jahr 2018 durchschnittlich etwa alle eineinhalb Minuten ein Verkehrsunfall, jede Stunde wurden fast sechs Personen verletzt und jede Woche verloren im Durchschnitt acht Menschen im Straßenverkehr ihr Leben. Die Zahl der von der Polizei insgesamt aufgenommenen Straßenverkehrsunfälle ist mit 324 189 gegenüber 2017 geringfügig um 0,7 % gesunken. Unfälle, bei denen lediglich leichter Sachschaden entstand, haben hier mit 84 % den größten Anteil. Gegenüber dem Vorjahr hat sich deren Zahl nur unwesentlich reduziert (um 0,7 % auf 272 922). Die Zahl der schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden, bei denen mindestens ein Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war und ein Bußgeld oder Straftatbestand vorlag, sind mit – 5,6 % auf 13 937 Unfälle deutlich stärker zurückgegangen. Dem steht jedoch ein Anstieg der Unfälle, bei denen Personen verletzt oder getötet wurden, um 1,7 % auf 37 330 Unfälle gegenüber. Entsprechend erhöhte sich auch die Zahl der bei diesen Unfällen verunglückten Personen auf 48 536, was einem Anstieg von 1,6 % gegenüber 2017 entsprach. Damit kamen im Jahr 2018 in Baden-Württemberg annähernd so viele Menschen bei Verkehrsunfällen zu Schaden, wie in der Stadt Leonberg leben. Sowohl die Zahl der Schwer- als auch der Leichtverletzten nahm jeweils um 1,7 % auf 8 542 bzw. 39 554 gegenüber dem Vorjahr zu. Erfreulicherweise ist die Zahl der Menschen, die auf baden-württembergischen Straßen ihr Leben verloren, um 3,9 % auf 440 deutlich gesunken. Es kamen 18 Menschen weniger als im Vorjahr ums Leben, das war in absoluten Zahlen bundesweit der stärkste Rückgang (Tabelle 1).

Auch wenn das Fahren auf Baden-Württembergs Straßen im längerfristigen Vergleich – vor allem auch angesichts der Erhöhung des Kraftfahrzeugbestandes um fast 15 % seit 2010 – sicherer wurde, kann das von der baden-württembergischen Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel einer »Vision Zero« im Straßenverkehr, mit dem Zwischenziel einer Reduzierung der Verkehrstoten um 40 % bis zum Jahr 2020, kaum erreicht werden. Bis zum Jahr 2018 wurde lediglich ein Rückgang von 11 % oder 54 Verkehrstoten erreicht. Zur Zielerreichung erforderlich wäre jedoch eine Reduzierung der Zahl der Unfalltoten um 198 auf 296 bis zum Jahr 2020 (Tabelle 2).

Starker Anstieg der Zahl getöteter Fahrradnutzer

Der Personenkraftwagen (Pkw) ist das meistgenutzte Verkehrsmittel im Straßenverkehr. 80 Mrd. Kilometer wurden im Jahr 2017 mit dem Pkw zurückgelegt, was einem Anteil von 84,4 % aller in Baden-Württemberg zurückgelegten Kilometer entsprach. Pkw-Insassen hatten somit im Jahr 2018 mit 53,8 % auch den größten Anteil an den Verunglückten im Straßenverkehr. 20,6 % der Verunglückten nutzten ein Fahrrad oder Pedelec, 10,1 % ein Motorrad mit amtlichem Kennzeichen und 7 % waren als Fußgänger unterwegs. Mit einem Anteil von 2,3 % bzw. 1,5 % waren Insassen von Güterkraftfahrzeugen und Bussen eher selten unter den Verunglückten.

Verglichen mit dem Vorjahr wurden 2018 in nahezu allen genannten Verkehrsbeteiligungsarten mehr Verunglückte gezählt. Nur in Pkws verunglückten 2018 deutlich weniger Menschen als noch 2017. So sank die Zahl der verletzten Pkw-Insassen um 3,7 %, die der getöteten sogar um 5,7 %. Insbesondere Fahrradnutzer waren 2018 verstärkt Opfer von Verkehrsunfällen. Hier erhöhte sich die Zahl der Verletzten (9 916) um 13,1 %, die Zahl der Getöteten (68) sogar um 51,1 %. Davon kamen 1 471 Verletzte und 15 Getötete auf einem Pedelec zu Schaden. Die Zunahme der Verletztenzahlen fiel bei den restlichen Verkehrsbeteiligungsarten überwiegend moderat aus und – abgesehen von den Fahrrad- und Pedelec-Nutzern – sank in allen weiteren Arten der Verkehrsbeteiligung die Zahl der tödlich Verunglückten im Vergleich zu 2017 (Tabelle 3).

Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder in den vergangenen 10 Jahren deutlich gesunken

Kinder unterliegen aufgrund ihrer noch nicht vollständig ausgeprägten kognitiven und motorischen Fähigkeiten sowie mangelnder Erfahrung einer hohen Gefährdung im Straßenverkehr und gelten als die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Im Durchschnitt des vergangenen Jahres kam alle zweieinhalb Stunden ein Kind im Alter von unter 15 Jahren bei einem Straßenverkehrsunfall zu Schaden. Insgesamt verunglückten 2018 in Baden-Württemberg 3 335 Kinder, zehn verloren dabei ihr Leben. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Situation für Kinder, was die Verletztenzahlen anbelangt, nicht verschlechtert, allerdings sind zwei Kinder mehr tödlich verunglückt. Der Anteil der Kinder unter 15 Jahren an allen Verunglückten betrug 6,9 % bei einem Bevölkerungsanteil von 14 % im Jahr 2018. Jeweils mehr als ein Drittel (35 %) der Kinder kam auf einem Fahrrad oder in einem Pkw zu Schaden, etwa jedes vierte Kind verunglückte 2018 als Fußgänger. Sieben der zehn getöteten Kinder saßen in einem Pkw, drei kamen als Fußgänger oder als Fahrradfahrer ums Leben.

Eine Betrachtung der letzten 10 Jahre zeigt, dass das Unfallrisiko für Kinder gesunken ist. Im Jahr 2018 verunglückten 8 % weniger Kinder als noch im Jahr 2009, die Zahl der tödlich verunglückten Kinder sank sogar um 41,2 % (Schaubild 1).

Für Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren – jüngere nehmen noch nicht so häufig aktiv am Straßenverkehr teil – ergeben sich im Tagesverlauf klare Häufungen bei der Zahl der verunglückten Fahrradnutzer oder Fußgänger. Auffallend sind die Zeiten zwischen 7 und 8 Uhr, 16 und 17 Uhr sowie 17 und 18 Uhr, zu denen Kinder ihren Schulweg zurücklegen oder ihrer Freizeitgestaltung nachgehen. In diesen Stunden wurden, gemessen an den Verunglückten des gesamten Tages, jeweils rund 11 % der Kinder verletzt oder getötet.

Risiko junger Erwachsener doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Altersgruppen

Junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 24 Jahren zählen zur Gruppe der besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmer. Das Erreichen der Volljährigkeit und die neu erworbene Fahrerlaubnis bedeuten mehr Mobilität im Leben vieler junger Menschen. Hinzu kommt die mangelnde Fahrpraxis. Trotz der insgesamt positiven Entwicklung waren auch im Jahr 2018 die 18- bis 24-Jährigen die mit Abstand am stärksten gefährdete Altersgruppe im Straßenverkehr. Jeder sechste Verunglückte (7 994) und etwa jeder neunte im Straßenverkehr Getötete (51) gehörte zu dieser Altersgruppe, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur 8,3 % betrug. Bezogen auf die Einwohner ihrer Altersgruppe verunglückten 869 junge Erwachsene je 100 000 Einwohner und starben 55 dieser Altersgruppe je 1 Mill. Einwohner. Damit war das Risiko der 18- bis 24-Jährigen im Straßenverkehr zu verunglücken nach wie vor doppelt so hoch wie das im Durchschnitt aller Altersgruppen (438 Verunglückte je 100 000 Einwohner), das Risiko ums Leben zu kommen etwa 1,4-mal so hoch (40 Getötete je 1 Mill. Einwohner). Mehr als zwei Drittel der jungen Erwachsenen verunglückten als Pkw-Insassen und 11 % als Nutzer von Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen. Auch 2018 trugen junge Erwachsene überdurchschnittlich oft die Hauptschuld an einem Unfall. So wurden 60 % der 18- bis 24-Jährigen Unfallbeteiligten von der Polizei als Hauptverursacher eingestuft. Als häufigste Unfallursachen wurden in dieser Altersgruppe – mit einem Anteil von 23,7 % bzw. 18,1 % an allen Fehlverhalten der Fahrer insgesamt – die Ursachen »nichtangepasste Geschwindigkeit« und »Abstand« festgestellt.

Werden die letzten 10 Jahre betrachtet, ist jedoch in dieser Altersgruppe eine auffallend positive Entwicklung festzustellen. So hat sich die Zahl der getöteten jungen Erwachsenen seit 2009 nahezu halbiert, die Zahl der Verunglückten ist in diesem Zeitraum um fast ein Fünftel zurückgegangen. Offensichtlich ist der positive Einfluss des im Jahr 2011 eingeführten »Begleiteten Fahrens ab 17 Jahren«, denn seitdem reduzierten sich von Jahr zu Jahr die Verunglückten- und Getötetenzahlen junger Erwachsener. Auch die Einführung der 0,0 Promillegrenze für Fahranfänger in der Probezeit und Jugendliche unter 21 Jahren im Jahr 2007 sowie zahlreiche auf diese Altersgruppe abgestimmten Aufklärungskampagnen im Rahmen der Verkehrssicherheitsarbeit machen sich positiv bemerkbar.

Mehr Senioren bei Fahrradunfällen getötet

Ältere Menschen stehen seit einigen Jahren verstärkt im Mittelpunkt der Verkehrssicherheitsarbeit. Einerseits ist die Bevölkerungszahl der über 65-Jährigen in den letzten 10 Jahren mit einem Plus von 7,9 % stärker gestiegen als die Gesamtbevölkerung (+ 3,0 %), zum anderen sind ältere Menschen im Vergleich zu früheren Generationen wesentlich mobiler und zeichnen sich durch eine erhöhte Verkehrsteilnahme aus. Im Jahr 2018 verunglückten 6 038 Personen im Alter von 65 und mehr Jahren im Straßenverkehr, das waren 8,5 % mehr als im Vorjahr. Dieser Anstieg resultierte jedoch hauptsächlich aus einer Zunahme der Zahl leichtverletzter Senioren. Erfreulicherweise sind mit 131 Getöteten drei Menschen weniger in dieser Altersgruppe ums Leben gekommen als im Vorjahr. Senioren verunglückten am häufigsten als Fahrer und Mitfahrer in einem Pkw (45,3 %) und am zweithäufigsten als Fahrradnutzer (28 %). Weitere 13,2 % der verunglückten Senioren waren als Fußgänger unterwegs. Seltener als im Vorjahr kam die Altersgruppe der über 65-Jährigen als Fußgänger ums Leben (– 27,5 %), jedoch kamen zwei ältere Menschen mehr als 2017 in einem Pkw zu Tode und sogar sechs Personen mehr als Fahrradnutzer.

Im Jahr 2018 waren 9 020 ältere Menschen als Fahrzeugführer oder Fußgänger an einem Unfall beteiligt. Das entsprach einem Anteil von 12,6 % an allen Unfallbeteiligten bei einem Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen von 20,2 %. Dies lässt den Schluss zu, dass ältere Menschen weniger häufig in Unfälle verwickelt sind. Eine Rolle spielt hier sicherlich die im Vergleich zu anderen Altersgruppen geringere Verkehrsteilnahme von Senioren, aber auch eine passivere Fahrweise. Das bevölkerungsbezogene Risiko der Senioren im Straßenverkehr zu verunglücken lag 2018 bei 270 Personen je 100 000 Einwohner, das Risiko bei einem Verkehrsunfall zu sterben bei 59 Personen je 1 Mill. Einwohner. Dieser Wert ist deutlich höher als der im Durchschnitt aller Altersgruppen, der bei 40 Getöteten je 1 Mill. Einwohner lag. Damit hat die Gruppe der Senioren im Jahr 2018 die Altersgruppe der jungen Erwachsenen als Verkehrsteilnehmer mit dem höchsten Sterberisiko abgelöst.

Ältere Menschen sind zwar weniger häufig in einen Unfall verwickelt, doch erleiden sie im Falle eines Unfalls häufig schwere Folgen: So waren 10,5 % der im Jahr 2018 bei Straßenverkehrsunfällen verunglückten Pkw-Insassen 65 Jahre und älter, der Anteil der Getöteten lag sogar bei 26,2 %. Mit dem Fahrrad verunglückte Senioren hatten einen Anteil von 16,9 %, doch 48,5 % aller getöteten Fahrradfahrer waren 65 Jahre und älter. Noch ungünstiger fiel die Bilanz für Fußgänger aus: 23,5 % aller verunglückten Fußgänger waren im vergangenen Jahr Senioren, jedoch stammten 60,4 % aller getöteten Fußgänger aus dieser Altersgruppe.

Waren ältere Menschen in einen Unfall verwickelt, trugen sie zu 58,6 % die Hauptschuld. Häufigste Unfallursache bei Unfällen mit Personenschaden waren bei den über 65-Jährigen mit einem Anteil von 25 % an allen Beteiligten »Vorfahrtfehler«, gefolgt von Fehlern beim »Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren« mit 16,9 %.

In den vergangenen 10 Jahren ist die Zahl der bei einem Verkehrsunfall verunglückten Senioren stark angestiegen und übertrifft mit einer Zunahme von plus 23,9 % das Bevölkerungswachstum dieser Altersgruppe in diesem Zeitraum deutlich (7,9 %).

Im Juli besonders viele Verunglückte im Straßenverkehr

Das Risiko in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden, schwankt stark im Jahresverlauf und differiert auch zwischen den Wochentagen. Im Jahr 2018 wurde die Polizei am häufigsten im Juli – mit 10,7 % aller Verunglückten – zu einem Unfall mit Personenschaden hinzugerufen, während Februar der Monat mit den wenigsten Verunglückten (5,5 %) war. Vor allem die Monate Mai bis Oktober waren im vergangenen Jahr besonders folgenschwer für Verkehrsteilnehmer. In diesen 6 Monaten kamen 57,3 % aller Verunglückten und 62,2 % aller Getöteten zu Schaden. Dieser Saisonverlauf wird erwartungsgemäß stark durch die in diesen Monaten deutlich ansteigende Zahl verunglückter Fahrrad- und Kraftradnutzer beeinflusst.

Der Freitag ist nach wie vor der Wochentag, an dem die meisten Menschen im Straßenverkehr verunglücken. 2018 waren 16,3 % aller 48 536 Verunglückten an diesem Tag in einen Unfall verwickelt. Für die Tage Montag bis Donnerstag lagen die Anteile bei rund 15 %, während sowohl der Samstag (13,2 %) als auch der Sonntag (11,1 %) vergleichsweise unfallärmere Tage mit weniger Verunglückten waren. Ein anderes Verteilungsmuster offenbart sich bei Betrachtung der Getöteten im Wochenverlauf. Mit einem Anteil von 13 % an allen Verkehrstoten war Montag der Tag, der die wenigsten Menschenleben forderte. Danach folgten Dienstag und Donnerstag (13,9 %) sowie Samstag und Mittwoch mit 14,3 %. Jedes sechste Verkehrsopfer verlor im vergangenen Jahr an einem Sonntag sein Leben. Es zeigte sich, dass am Sonntag mehr Menschen auf Straßen außerhalb von Ortschaften ums Leben kommen als an anderen Wochentagen. Während sich das Verteilungsmuster der Verunglückten nach Wochentagen auch im Vergleich mehrerer Jahre weitestgehend wiederholt, differiert die Verteilung der Getöteten von Jahr zu Jahr (Schaubild 2).

Mehr Verkehrstote auf Autobahnen als im Vorjahr

Zu Unfällen mit Personenschaden kommt es am häufigsten innerhalb geschlossener Ortschaften. Von den 37 330 Unfällen ereigneten sich 63,5 % innerorts, 29,9 % außerorts und 6,5 % auf Autobahnen. Anders sieht diese Verteilung bei tödlichen Verkehrsunfällen aus. Die meisten Menschen kamen bei Unfällen auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften (63 %) ums Leben, 25,7 % auf Innerortsstraßen und 11,4 % auf Autobahnen. Das bedeutet, dass das Risiko bei Unfällen außerorts zu sterben im Jahr 2018 fast dreimal so hoch war wie bei Unfällen in geschlossenen Ortschaften. Gegenüber dem Vorjahr sind deutlich weniger Menschen auf Außerortsstraßen (ohne Autobahnen) tödlich verunglückt (– 8,9 %), dafür haben zehn Menschen mehr ihr Leben auf Autobahnen verloren (+ 25 %). Die Zahl der Todesopfer auf Innerortsstraßen blieb nahezu unverändert (Schaubild 3).

»Nichtangepasste Geschwindigkeit« bei tödlichen Unfällen nach wie vor Hauptunfallursache

Die Polizei kann nach Beurteilung des Unfallhergangs beim Hauptverursacher und einem weiteren Beteiligten bis zu drei Unfallursachen benennen, sowie zwei Ursachen, die auf äußere Umstände wie Straßenverhältnisse und Witterungseinflüsse zurückzuführen sind, erfassen. In Baden-Württemberg wurden 2018 bei 37 330 Unfällen mit Personenschaden 44 752 Fehlverhalten der Fahrzeugführer festgestellt. Die häufigsten Unfallursachen der Fahrzeugführer waren mit einem Anteil von jeweils rund 15 % »Vorfahrtfehler«, »Abstand« sowie »nicht angepasste Geschwindigkeit«. Die Unfallursache »nicht angepasste Geschwindigkeit« wurde im Jahr 2018 als dritthäufigste Ursache bei 6 657 Unfällen mit Personenschaden mit mindestens einem beteiligten Fahr­zeugführer vorgeworfen. Bei diesen Unfällen wurden 171 Personen getötet und 8 802 verletzt. Gegenüber 2017 hat die Zahl der bei »Geschwindigkeitsunfällen« Getöteten um rund 7 %, die Zahl der Verletzten sogar um über 8 % abgenommen. Trotz dieser positiven Entwicklung bei der Unfallursache »nicht angepasste Geschwindigkeit« kamen im Jahr 2018 immer noch zwei von fünf Getöteten im Straßenverkehr durch zu »schnelles Fahren« ums Leben. Bei tödlichen Unfällen ist »nicht angepasste Geschwindigkeit« nach wie vor Ursache Nummer 1.

Die Unfallursache »Alkoholeinfluss« steht seit vielen Jahren im Fokus von Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Im Jahr 2018 wurde bei 1 683 Unfällen mit Personenschaden bei mindestens einem Beteiligten Alkohol festgestellt, das waren 3,6 % mehr als im Vorjahr. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben, 2 144 wurden verletzt. Im Vergleich zu 2017 kam ein Mensch weniger bei einem Alkoholunfall ums Leben, aber 2,7 % mehr Menschen wurden verletzt. Maßgeblichen Einfluss auf die längerfristige Entwicklung der Alkoholunfälle hat die Einführung der 0,5-Promillegrenze im Jahr 1998. So wurden 1997 noch 3 510 Unfälle mit Beteiligung von Alkohol festgestellt, die zu 178 Verkehrstoten und 4 865 Verletzten führten. Damit ist die Zahl der Todesopfer infolge eines Alkoholunfalls im Jahr 2018 auf ein Achtel des Wertes vor Einführung der Promillegrenze gesunken, die Zahl der Verletzten hat sich in diesem Zeitraum mehr als halbiert. Bei der Bewertung der Daten über Alkoholunfälle ist von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen, die allerdings mit zunehmender Unfallschwere abnimmt (Schaubild 4).

Bevölkerungsbezogenes Unfallrisiko – Baden-Württemberg im Bundesvergleich

Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass Baden-Württemberg bei Betrachtung des bevölkerungsbezogenen Risikos bei einem Verkehrsunfall zu verunglücken im Jahr 2018 im Vergleich der Bundesländer überdurchschnittlich gut abgeschnitten hat. Mit 438 Verunglückten je 100 000 Einwohner nimmt Baden-Württemberg nach Thüringen (407) und Sachsen (434) den dritten Rang ein. In Deutschland verunglückten im vergangenen Jahr im Durchschnitt 482 Personen je 100 000 Einwohner im Straßenverkehr. Das größte Risiko bestand in Bremen mit 605, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 555 und Bayern mit 546 Personen je 100 000 Einwohner. Bei einem Vergleich der Unfallgefahr mit Todesfolge ergab sich jedoch eine andere regionale Verteilung. Das bevölkerungsbezogene Risiko bei einem Verkehrsunfall getötet zu werden war im Jahr 2018 in Bremen – neun Getötete je 1 Mill. Einwohner – gefolgt von Berlin (12) am niedrigsten. Tendenziell haben die Stadtstaaten bedingt durch einen geringeren Anteil an Außerortsstraßen niedrigere Werte als Flächenländer. Unter diesen wiesen insbesondere Nordrhein-Westfalen und das Saarland mit 27 bzw. 35 Getöteten je 1 Mill. Einwohner ein unterdurch­schnittliches Risiko auf, während Baden-Württemberg mit 40 Getöteten je 1 Mill. Einwohner genau im Bundesdurchschnitt liegt. Deutlich ungünstiger schneiden hier Sachsen-Anhalt (63) und Mecklenburg-Vorpommern (53) ab (Schaubild 5).

Wo passierten 2018 in meiner Stadt die meisten Verkehrsunfälle?

Der interaktive Unfallatlas der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bietet einen regional tief gegliederten Überblick über Unfälle mit Personenschaden nach Straßenabschnitten sowie nach einzelnen Unfallstellen.2 So werden beispielsweise tödliche Verkehrsunfälle, Unfälle mit Beteiligung von Fahrradnutzern oder Güterkraftfahrzeugen und viele weitere Fragestellungen ab dem Jahr 2016 auf Ebene der Unfallstelle oder als Unfallhäufigkeiten dargestellt. Der Unfallatlas enthält zurzeit die Unfalldaten von 13 Bundesländern. Die dem Atlas zugrunde liegenden Daten sowie ausgewählte Zusatzinformationen können als Open-Data-Download heruntergeladen werden.

1 Ausgehend von den Unfallzahlen 2010.

2 https://unfallatlas.statistikportal.de/ (Abruf: 02.10.2019).