:: 2/2020

Im Blickpunkt: Die Stadt Spaichingen

In der Serie »Im Blickpunkt« steht dieses Mal die Stadt Spaichingen im Landkreis Tuttlingen. Aus dem Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Spaichingen wie für jede andere Gemeinde des Landes interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen. Besonders herausgehoben werden an dieser Stelle die Bevölkerungsentwicklung, die Wohn- und die Beschäftigtensituation.

Spaichingen ist eine Stadt im Süden Baden-Württembergs an der Prim am Fuß des Dreifaltigkeitsberges. Sie ist die drittgrößte Stadt im Landkreis Tuttlingen und bildet zusammen mit den Gemeinden Aldingen mit Aixheim, Balgheim, Böttingen, Denkingen, Dürbheim, Frittlingen, Hausen o. V. und Mahlstetten eine Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft. Zur Stadt Spaichingen gehören der Stadtteil Hofen und die Häuser Bleiche, Dreifaltigkeitskirche, Heusteig und Verenamühle. In Spaichingen aufgegangen ist die 1732 erbaute Kassiersmühle. Im Stadtgebiet liegen die abgegangene Burg Baldenberg und die Wüstungen Steinweiler, Stockingen und Niederhofen.

Spaichingen liegt an der Gäubahn Stuttgart–Singen und hat einen zweistündlichen Regional-Express-Halt. Darüber hinaus ist Spaichingen an das Ringzug-System angeschlossen, das die Stadt werktags im Stundentakt umsteigefrei mit Tuttlingen, Immendingen und Leipferdingen sowie mit Rottweil verbindet. In Rottweil gibt es zweistündlich Anschluss an den Intercity nach Stuttgart, sodass in Verbindung mit dem direkten Regional-Express stündliche Verbindungen von und nach Stuttgart angeboten werden. Neben dem Bahnhof Spaichingen besteht außerdem der Haltepunkt Spaichingen-Mitte im Norden Spaichingens. Im öffentlichen Personennahverkehr ist Spaichingen in den Verkehrsverbund TUTicket eingegliedert. Durch Spaichingen führt die Bundesstraße B14. Sie ist über die Bundesautobahn A81 aus Richtung Singen über die Abfahrt Tuningen oder aus Richtung Stuttgart über die Abfahrt Rottweil zu erreichen.

Spaichingen wurde erstmals im Jahr 791 in einer Schenkungsurkunde des Klosters St. Gallen urkundlich erwähnt. Oberhalb von Spaichingen auf dem heutigen Dreifaltigkeitsberg lag die Burg Baldenberg. Die Hoheitsrechte in Spaichingen besaßen im Mittelalter die Grafen von Hohenberg. Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1381 verkaufte Graf Rudolf III. die Rechte an Herzog Leopold III. von Habsburg, so wurde Spaichingen für über 400 Jahre österreichisch und gehörte zum vorderösterreichischen Oberamt Rottenburg und der Obervogtei Oberhohenberg mit Sitz in Fridingen. Wegen seiner strategisch wichtigen Lage musste der Ort Plünderungen und Brandschatzungen bei vielen Truppendurchzügen über sich ergehen lassen. Auch die Pest traf 1530 Spaichingen und die Umgebung hart. 1623 erhielt Spaichingen das Recht, einen Wochenmarkt und einen Jahrmarkt abzuhalten. Im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs schrumpfte die Zahl der Einwohner auf unter die Hälfte des Vorkriegsstandes. Nach diesem immensen Rückschlag wurde Spaichingen ab dem Jahr 1688 Sitz des Obervogts für Oberhohenberg. Im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses kam Spaichingen 1805 zum Königreich Württemberg. 1806 wurde Spaichingen Sitz des gleichnamigen Oberamts. Offiziell zur Stadt erhoben wurde Spaichingen aber erst 1828. Aufgrund einer umfassenden Gebietsreform während der NS-Zeit in Württemberg kam die Stadt Spaichingen nach der Auflösung des seit 1934 bestehenden Kreises Spaichingen im Jahre 1938 zum neuen Landkreis Tuttlingen. Von Anfang September 1944 bis zum 18. April 1945 bestand in Spaichingen ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof. Das KZ Spaichingen wurde am 18. April 1945 aufgelöst; rund 400 Häftlinge wurden auf einen etwa 10-tägigen Marsch in Richtung Allgäu getrieben, nur etwa die Hälfte der Männer erlebte das Ende des Marsches in Füssen. 1945 wurde die Stadt Teil der französischen Besatzungszone und erfuhr somit 1947 die Zuordnung zum neu gegründeten Land Württemberg-Hohenzollern, welches 1952 im Land Baden-Württemberg aufging. Mit der Kreisreform in Baden-Württemberg wechselte die Stadt Spaichingen 1973 als Teil des Landkreises Tuttlingen vom Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern zum Regierungsbezirk Freiburg.

Spaichingen hat eine Gemarkungsfläche von 1 850 ha. Davon werden fast 28 % landwirtschaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächennutzungsart unter dem Landesdurchschnitt. Die Waldfläche beträgt gut 39 % und liegt damit über dem Niveau des Landes (38 %). Gut 31 % der Fläche sind besiedelt oder dienen als Verkehrsfläche, auch hier wird das Landesmittel deutlich überschritten.

Am 31. Dezember 2018 lebten 13 084 Personen in Spaichingen. Mit 707 Personen je Quadratkilometer liegt die Besiedelungsdichte zwischen den großstädtisch und den ländlich geprägten Teilen Baden-Württembergs und übersteigt den Landesdurchschnitt (310). Die Bevölkerungsentwicklung war in den Jahren zwischen 2008 und 2018 sehr positiv. In diesem Zeitraum hat die Bevölkerung um 5,4 % zugenommen. Sie lag damit über der landesweiten Entwicklung. Das Durchschnittsalter der Bürger von Spaichingen betrug 43,5 Jahre und entsprach damit genau dem Landesdurchschnitt. Annähernd 17 % der Einwohner von Spaichingen hatten 2018 einen ausländischen Pass. Der Ausländeranteil in Spaichingen lag damit über dem Landesdurchschnitt von gut 15 %.

Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in Spaichingen ist positiv. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2018 nahm der Wohnungsbestand um 6,1 % zu und überstieg damit das Landesniveau. Die Werte für baureifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen 2015 und 2017 mit 122 Euro/m2 um 66 Euro/m2 niedriger als die im Landesdurchschnitt ermittelten Werte, sie sind damit ein Anreiz für junge Familien, hier zu bauen. Gut 60 % der Wohngebäude sind Einfamilienhäuser. Mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 46 m2 je Einwohner entspricht der Wert in Spaichingen genau dem Landesdurchschnitt. Architektonisch fallen im Stadtbild von Spaichingen zahlreiche historische Gebäude auf: Das Wahrzeichen der Stadt ist der Dreifaltigkeitsberg mit der Wallfahrtskirche der Kirchengemeinde. Der 985 m hohe Dreifaltigkeitsberg befindet sich am Südwestrand der Schwäbischen Alb und erhebt sich 350 m über der im Primtal liegenden Stadt. Der Berg besteht aus zahlreichen Schichten weicherer und härterer Materialien und reicht von den unteren Keuperschichten (Stubensandstein und Knollenmergel) über Kalk, Sandstein, Schiefer und Ton bis zu den oberen Schichten des weißen Jura. Die Kirche wird betreut vom Claretinerorden. Besonders sehenswert ist der aus dem Frühbarock stammende Hochaltar von Joseph Anton Feuchtmayer. Das im Stil der Neorenaissance 1876 durch den Gewerbeverein und die Handwerkerbank erbaute Gewerbemuseum beherbergt seit 1991 das städtische Museum. Sehenswert in dem denkmalgeschützten Gebäude ist vor allem der prachtvolle Festsaal.

Die Chance auf eine Beschäftigung in Spaichingen hat in den vergangenen 10 Jahren stark zugenommen. So hatten hier 2018 rund 5 586 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Arbeitsplatz. Dies sind fast 24 % mehr als 2008. Langfristig betrachtet lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2018 um gut 1 420 höher als 1999. Genau 58 % aller Arbeitsplätze in Spaichingen liegen heute noch in dem Wirtschaftsbereich des Produzierenden Gewerbes und nehmen damit eine dominierende Position wie in vielen anderen Kommunen des Landes ein.

Der Schuldenstand je Einwohner in Spaichingen belief sich auf 240 Euro im Jahr 2018 und lag damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 1 022 Euro je Einwohner. Die Steuerkraftmesszahl je Einwohner und die Steuerkraftsumme je Einwohner lagen im Jahr 2018 unter dem Landesniveau.

Kulturell hat Spaichingen seinen Einwohnern und Besuchern einiges zu bieten. Die Stadt ist bekannt für die im schwäbisch-alemannischen Raum verbreitete Fasnet. Dazu gehört der Fasnetsonntag-Umzug der Narrenzunft Deichelmaus mit vielen Wagen und Fußgruppen zu lokalen Themen und verschiedenen Narrenzünften, die ihr Narrenhäs präsentieren. Jährlich findet in der Stadt auf dem Marktplatz Anfang Mai ein großer Flohmarkt, Anfang November der Martinimarkt und Anfang Dezember der Weihnachtsmarkt statt. Überregional bekannt ist auch das seit Jahren vom Sportverein Spaichingen 08 jeweils im Juli durchgeführte internationale Jugend-Fußballturnier im Stadion Unterbach. Die Stadtkapelle Spaichingen ist ein sinfonisches Höchststufen-Blasorchester. Nationale und internationale Auftritte, sowie Auftritte im Rundfunk und Fernsehen haben die Stadtkapelle über die Landesgrenzen bekannt gemacht. Vom Dreifaltigkeitsberg aus machten in den 1920er-Jahren Pioniere des Segelflugs zahlreiche Flugversuche. Später verlagerte sich der Flugbetrieb auf die Hochfläche des nahe gelegenen Klippenecks, das heute noch ein Zentrum des Segelflugs in Deutschland ist. Das mögen die Hauptgründe dafür sein, dass es 2018 zu 563 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner in Spaichingen kam.