:: 7/2020

Profiling von Unternehmen zur Umsetzung des EU-Unternehmensbegriffs

Der Definition und Abgrenzung statistischer Einheiten kommt in der Statistik eine große Bedeutung zu. In den Strukturstatistiken des Produzierenden Gewerbes, des Handels und im Dienstleistungsbereich ist das »Unternehmen« die zentrale Darstellungseinheit. Bislang ist in der deutschen amtlichen Statistik ein Unternehmen als kleinste rechtliche Einheit definiert. Um Datenanforderungen der EU zu entsprechen, ist zukünftig in Deutschland ein erweiterter Unternehmensbegriff anzuwenden. Danach kann ein Unternehmen aus mehr als einer rechtlichen Einheit bestehen: »Das statistische Unternehmen entspricht der kleinsten Kombination rechtlicher Einheiten, die eine organisatorische Einheit zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen bildet.«1 Hintergrund dieses Ansatzes ist, dass häufig Unternehmensteile unter »Outsourcing«-Aspekten rechtlich verselbstständigt werden, ohne dass es sich tatsächlich um einen Strukturwandel handelt. Outsourcing umfasst die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten einer Gesellschaft auf andere Einheiten und stellt somit eine Verkürzung der Wertschöpfungskette dar. Im wirtschaftlichen Leben werden unter anderem die Prozesse Logistik, IT, Buchhaltung oder der Vertrieb häufig in eigene rechtliche Einheiten ausgelagert.

Darüber hinaus gewährleistet dieser erweiterte Unternehmensbegriff eine bessere Vergleichbarkeit der Wirtschaftsstatistiken im europäischen Raum. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben sich in einem mit Eurostat abgestimmten Aktionsplan verpflichtet, mit dem Berichtsjahr 2018 den EU-Unternehmensbegriff in den Strukturstatistiken anzuwenden. Für die Identifizierung und Abgrenzung der Unternehmen entsprechend dieser EU-Definition wurde eine neue Methode – das Profiling – eingeführt.

Die EU-Unternehmensdefinition

In der deutschen amtlichen Unternehmensstatistik entspricht die bisherige Definition eines Unternehmens der kleinsten selbstständigen rechtlichen Einheit, die aus handels- und/oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt. Demzufolge wird jeder Einzelunternehmer, jede GmbH, jede AG, jede KG und andere rechtliche Einheiten als eigenständiges Unternehmen aufgefasst und fließt entsprechend in die statistischen Ergebnisse ein. Diese Unternehmen, die die bisherige Definition erfüllen, werden hier »rechtliche Einheiten« genannt. Solang eine rechtliche Einheit eine wirtschaftlich unabhängige Rechtsperson ist, kann man sie mit dem Unternehmen gleichsetzen (einfaches Unternehmen). Dies gilt für die überwiegende Mehrheit der statistischen Unternehmen die durch Profiling im Unternehmensregister (URS) abgegrenzt wurden (rund 80 % einfache statistische Unternehmen im Berichtsjahr 2018) (Übersicht 1).

Doch die bedeutendsten Wirtschaftsakteure sind überwiegend in komplexen rechtlichen Strukturen organisiert, sodass die einzelne rechtliche Einheit nicht mehr stellvertretend für den wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang steht.2 Bei diesen komplexen Unternehmen verbindet sich eine rechtliche Einheit zur Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit mit anderen rechtlichen Einheiten, die derselben Eigentümerstruktur angehören. Es ist davon auszugehen, dass diese rechtliche Einheit der wesentliche rechtliche Träger des Unternehmens ist, während die anderen rechtlichen Einheiten als Nebeneinheiten eingestuft werden (Übersicht 2).

Mit der EU-Einheitenverordnung wurden EU-weit anzuwendende Definitionen von statistischen Einheiten entwickelt, die eine Vergleichbarkeit zwischen einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Statistiken der EU-Mitgliedstaaten gewährleisten sollen. Danach wird das Unternehmen im statistischen Sinne – hier das »statistische Unternehmen« genannt – wie folgt definiert:

»Das Unternehmen entspricht der kleinsten Kombination rechtlicher Einheiten, die eine organisatorische Einheit zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen bildet und insbesondere in Bezug auf die Verwendung der ihr zufließenden laufenden Mittel über eine gewisse Entscheidungsfreiheit verfügt. Ein Unternehmen übt eine oder mehrere Tätigkeiten an einem Standort oder an mehreren Standorten aus. Ein Unternehmen kann einer einzigen rechtlichen Einheit entsprechen.«3

Grundlagen des Profiling

Der Begriff »statistisches Unternehmen« umfasst sowohl einfache (bestehend aus einer rechtlichen Einheit) als auch komplexe Unternehmen (bestehend aus mehreren rechtlichen Einheiten). Da nicht jede rechtliche Einheit ein statistisches Unternehmen darstellt, müssen mehrere rechtliche Einheiten zusammengefasst werden, um diesem neuen Unternehmensbegriff zu entsprechen. Ziel ist, durch die neue Darstellungseinheit »statistisches Unternehmen« die wirtschaftliche Realität in der Statistik besser abbilden zu können.

Mittels der hierzu neu entwickelten Methode Profiling wird geprüft, welche rechtlichen Einheiten zu einem statistischen Unternehmen zusammengefasst werden können. Entsprechend dem EU-Empfehlungshandbuch zum Unternehmensregister4 gilt:

»Das Profiling ist ein Verfahren zur Analyse der rechtlichen und operationalen Struktur sowie der Rechnungslegungsstruktur einer Unternehmensgruppe auf nationaler und internationaler Ebene, um die statistischen Einheiten innerhalb der Gruppe und die Verbindungen zwischen ihnen sowie die effizientesten Strukturen zur Sammlung statistischer Daten zu ermitteln.«

Die Unternehmensgruppe in der deutschen amtlichen Statistik

Die statistische Einheit »Unternehmensgruppe« wird in der EU-Einheitenverordnung als Zusammenschluss von Unternehmen definiert. Eine Unternehmensgruppe ist eine über Kontrollbeziehungen definierte Menge von zusammengehörigen rechtlichen Einheiten, die von einer höchsten kontrollierenden Einheit (Gruppenoberhaupt) zusammengehalten wird.5 Die Kontrollbeziehungen innerhalb der Unternehmensgruppe implizieren eine hierarchische Struktur mit dem Gruppenoberhaupt als oberste Entscheidungseinheit, den Zwischengliedern (Einheiten, die kontrolliert werden und wiederum andere rechtliche Einheiten kontrollieren) und reinen Tochtergesellschaften, von denen keine Kontrolle ausgeht, siehe Übersicht 3.

Die Ableitung wirtschaftlicher Zusammenhänge auf Grundlage der rechtlichen Kontrollbeziehungen innerhalb der Unternehmensgruppe bzw. zwischen den einzelnen rechtlichen Einheiten ist jedoch nicht möglich. Die Ursache hierfür ist die Gestaltungsfreiheit bezüglich der organisatorischen Struktur. Das Gruppenoberhaupt kann die Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Gruppe auf unterschiedlichste Art festlegen und organisieren. Für die Beschreibung und Abgrenzung von Unternehmensgruppen sind zwei Einheiten maßgeblich. Das Gruppenoberhaupt stellt die höchste Einheit innerhalb der Gruppe dar. Die Identifizierung dieser Einheit gewährleistet die vollständige Abbildung der Kontrollkette und somit der Unternehmensgruppe.

Eine weitere wichtige Einheit ist die Entscheidungseinheit, sie repräsentiert den Ansprechpartner der Unternehmensgruppe. Die Ent­scheidungseinheit agiert als strategische Einheit, die das operative Geschäft der Unternehmensgruppe steuert. Die strategische Entscheidungseinheit muss nicht dem Gruppenoberhaupt entsprechen. Die Identifizierung dieser Einheit ist für das Profiling relevant, da sich aus ihrem Sitz die Zuständigkeit des jeweiligen Statistischen Landesamtes für das Profiling ableitet und sie zudem als Ansprechpartner fungiert um Informationen zum operativen Geschäft der Gruppe zu erhalten. Bei ausländisch kontrollierten Unternehmensgruppen wird zwischen der globalen und der nationalen (deutschen) Entscheidungseinheit (DEE) unterschieden. Die Entscheidungseinheit kann über die Außenpräsenz der Unternehmensgruppe (zum Beispiel Website-Impressum) oder über die höchste konsolidierende Einheit der Gruppe, die den Konzernbericht erstellt, identifiziert werden. Informationen zur Konsolidierung sind in den meisten Fällen aufgrund gesetzlicher Regelungen öffentlich zugänglich. Die Jahres- bzw. Konzernabschlüsse stellen die wichtigste Informationsgrundlage des Profiling dar, da hier die organisatorischen und operativen Strukturen der Unternehmensgruppe abgebildet werden. Aufgrund rechtlicher Konstrukte ist es jedoch möglich, dass die Aufstellungspflicht eines Konzernabschlusses umgangen wird. Zudem existieren Konstellationen, in denen mehrere rechtliche Einheiten zueinander disjunkte Konzernabschlüsse aufstellen, auch wenn sie derselben Unternehmensgruppe angehören. Unabhängig von der Konstellation innerhalb der Gruppe, wie beispielsweise mehrere Teilkonzerne oder disjunkte Konzerne in der Gruppe, muss das Profiling für die gesamte Unternehmensgruppe erfolgen.6

Autonomie des statistischen Unternehmens nach der EU-Unternehmensdefinition

Der im Rahmen des Profiling anzuwendenden EU-Unternehmensdefinition liegt ein spezielles Verständnis von Autonomie zugrunde. Relevant ist nicht die Autonomie im rechtlichen Sinn sondern im wirtschaftlichen Zusammenhang.

Bestehen separate rechtliche Einheiten für verschiedene Produktionsfaktoren, die eigentlich erforderlich sind, um die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten, bilden diese rechtlichen Einheiten zusammen ein statistisches Unternehmen. Im Gegensatz zur rechtlichen Eigenständigkeit dieser Einheiten ist die wirtschaftliche Autonomie nicht erfüllt, das heißt ein ausreichendes Maß an Autonomie erlangen sie nur in ihrer Kombination zum Unternehmen. Diese Konklusion/Konsequenz ist auf die Definition des Unternehmens als »organisatorische Einheit«»zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen«, die »insbesondere in Bezug auf die Verwendung der ihr zufließenden laufenden Mittel über eine gewisse Entscheidungsfreiheit verfügen«, zurückzuführen.7

Für die Durchführung des Profiling ist es erforderlich, operationale Regeln festzulegen, die eine Überprüfung der Autonomie ermöglichen um dann zu entscheiden, wann und in welchem Umfang die Zusammenführung von rechtlichen Einheiten in der praktischen Anwendung erfolgen soll. Diese Kriterien werden als Autonomiekriterien bezeichnet und müssen zusammen erfüllt werden.8

1. Buchführung

Das Kriterium der Buchführung ist erfüllt, wenn auf Ebene des statistischen Unternehmens buchhalterische Kennzahlen vorliegen. Auch wenn von diesen nicht unmittelbar auf Kennzahlen der Strukturerhebung geschlossen werden kann, lässt das Vorliegen bestimmter Buchführungskennzahlen die potentielle Messbarkeit bestimmter Erhebungsmerkmale schlussfolgern.

2. Koordinierte Geschäftsführung

Die koordinierte Geschäftsführung eines Unternehmens sorgt für die operative Führung und Steuerung der Geschäftstätigkeiten, damit verbunden ist die Kontrolle über die Abwicklung verschiedener Prozesse die notwendig sind, um die wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Hierzu gehören unter anderem: Steuerung von Einkauf und Produktionsfaktoren; Bestimmung des Produktionsniveaus und Preise; Entscheidungen bezüglich des Marketings und kurzfristigen Investitionen sowie Personalentscheidungen (Einsatz, Rekrutierung und Freisetzung).

Mit dem Kriterium koordinierte Geschäftsführung wird gewährleistet, dass alle Faktoren, die benötigt werden um Waren und Dienstleistungen am Markt anzubieten, in einem Unternehmen vereint sind. Somit ist die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb eines Unternehmens abgebildet. Übernehmen rechtliche Einheit nur einen Teilprozess, können sie nicht als autonome bzw. statistische Unternehmen abgegrenzt werden. Eine Ausnahme besteht, wenn die Produktionsfaktoren zu Marktpreisen am Markt eingekauft werden und daher außerhalb der Kontrollbefugnisse der Unternehmensgruppe liegen. Die Koordinierung und Steuerung eines Unternehmens konzentriert sich in der Regel in einer bestimmenden rechtlichen Einheit. Grundsätzlich sollte die Managementstruktur einer Unternehmensgruppe genauer analysiert werden, um die Verteilung der Entscheidungsbefugnisse zu identifizieren.

3. Marktorientierung

Eine rechtliche Einheit erfüllt das Kriterium der Marktorientierung, wenn sie ihre Waren und/oder Dienstleistungen an Einheiten veräußert, die außerhalb der Unternehmensgruppe liegen. Wird der Output in vollem Umfang innerhalb der Unternehmensgruppe verkauft, besteht die Möglichkeit, dass die Bedingungen und Preise sich nicht am Markt orientieren, sondern innerhalb der Unternehmensgruppe entschieden wurden. Die Analyse der Marktorientierung kann daher dazu beitragen, Hilfstätigkeiten innerhalb einer Gruppe zu identifizieren. Hilfstätigkeiten umfassen dabei ausschließlich Tätigkeiten, die unterstützend in den Prozess zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen einfließen, die jedoch nicht am Markt gehandelt werden. Da Hilfstätigkeiten nur für Einheiten innerhalb des Unternehmens tätig und nicht marktorientiert sind, werden diese nicht als autonom im Sinn der Definition des Unternehmens betrachtet. Einheiten, die ausnahmslos Hilfstätigkeiten für eine Hauptproduktions- bzw. Hauptkoordinierungseinheit die am Markt aktiv ist ausüben, müssen daher diesen Einheiten zugeordnet werden. Die Differenzierung zwischen marktorientiert und nicht marktorientiert kann durch die Betrachtung der Tätigkeitsbeschreibung in den Abschlüssen, Internetseiten oder dem Vorliegen bestimmter Kennzahlen (beispielsweise Außenumsatz) erfolgen.

Profiling-Verfahren im Überblick

Das Profiling wird in Abhängigkeit von Größe und Komplexität der Unternehmensgruppe mittels unterschiedlicher Verfahren durchgeführt. Die Kriterien für das manuelle Profiling-Verfahren werden im i-Punkt erläutert. In der Übersicht 4 sind die verschiedenen Profiling Varianten und der verbundene Aufwand dargestellt.

Automatic Profiling

Aufgrund der großen Anzahl an Unternehmensgruppen – in Baden-Württemberg rund 24 400 für das Berichtsjahr 2018 – kann nicht für jede Gruppe eine aufwendige Einzelfallprüfung durchgeführt werden. Für kleinere und weniger bedeutende Unternehmensgruppen kann auch durch automatisierte Prüfungen eine gute Entscheidungsgrundlage hinsichtlich einer sinnvollen Zusammenfassung rechtlicher Einheiten geschaffen werden. Es wurde ein Algorithmus entwickelt, der die Identifikation von statistischen Unternehmen vorwiegend über wirtschaftliche Schwerpunkte in der Unternehmensgruppe herleitet. Der Algorithmus prüft einerseits die Funktionen von rechtlichen Einheiten (beispielsweise Hilfstätigkeiten) in der Unternehmensgruppe und andererseits die Beziehung zwischen einzelnen rechtlichen Einheiten (beispielsweise Produktions- und Handelseinheit). Dabei greift der Algorithmus auf das Unternehmensregister zu.

Manuelles Profiling (Desktop Profiling)

Das manuelle oder auch Desktop Profiling basiert auf der rechnergestützten Recherche umfangreicher Datenquellen. Genutzt werden Informationen aus Konzern- und Jahresabschlüssen, Internetseiten der Unternehmensgruppen sowie das Handelsregister, Firmendatenbanken und das Unternehmensregister. Das manuelle Profiling erfolgt in drei Schritten.9

1. Überprüfung der Zusammensetzung der Unternehmensgruppe

Die im Unternehmensregister dargestellte Unternehmensgruppe bildet den Ausgangspunkt für das Profiling. Durch den Abgleich der Unternehmensregisterdaten mit Konzern-Beteiligungslisten, die den Konzernabschlüssen entnommen werden, können Gruppen einer Vollständigkeits- und Richtigkeitsprüfung unterzogen werden. Durch diesen Schritt wird sichergestellt, dass die komplette Unternehmensgruppe betrachtet wird. Bestehen mögliche Differenzen, werden diese untersucht und an das Unternehmensregister zurückgemeldet, wodurch sich auch die Qualität der Abbildung von Gruppenstrukturen verbessert.

2. Identifizierung der in Deutschland aktiven Unternehmen der Gruppe

Ausgangspunkt für die Identifizierung der Unternehmen innerhalb einer Unternehmensgruppe ist die Organisationsstruktur. Informationen hierzu finden sich in den Konzernjahresabschlüssen und insbesondere in der Segmentberichtserstattung. Das Profiling sollte nach der Analyse der Unternehmensgruppe die richtigen Darstellungsebenen für die statistischen Unternehmen erarbeitet haben. Diese Darstellungsebenen sind von der Erfüllung der Autonomiekriterien abhängig. So kann ein statistisches Unternehmen auf der höchstmöglichen Darstellungsebene (Unternehmensgruppe) oder auf der kleinsten Ebene (rechtlichen Einheit) liegen. Zudem können statistische Unternehmen auch zwischen diesen Ebenen (Unternehmensgruppe = statistisches Unternehmen oder rechtliche Einheit = statistisches Unternehmen) identifiziert werden. Die Zuordnung der rechtlichen Einheiten zu den identifizierten Unternehmen erfolgt im Nachhinein. Diese Vorgehensweise entspricht dem Top-Down Ansatz. Der Vorteil dieser Methode liegt in der höheren Datenverfügbarkeit auf Ebene der Unternehmensgruppe (Konzernabschluss, Konzernwebseite). Einzelne rechtliche Einheiten sind meistens von der Offenlegung eines Einzelabschlusses befreit oder veröffentlichen nur einen verkürzten Jahresabschluss. Die Vorgehensweise zur Abgrenzung von Unternehmen wird bundesweit einheitlich vorgenommen. Die Überprüfung der Autonomiekriterien für jedes potenzielle statistische Unternehmen erfolgt standardisiert anhand einer Prüftabelle.

3. Zuordnung der rechtlichen Einheiten zu statistischen Unternehmen

Für die Abbildung von statistischen Unternehmen im Unternehmensregister müssen basierend auf den Erkenntnissen des Profiling die Beziehungen zwischen den rechtlichen Einheiten und Unternehmen bestimmt werden. Sofern erforderlich, werden die bisherigen 1:1 Relationen (einfaches Unternehmen) in n:1 Relationen (komplexes Unternehmen) umgewandelt. Dafür werden zunächst die rechtlichen Einheiten aus der Beteiligungsliste betrachtet, die im Top-Down Verfahren nicht augenscheinlich aufgetreten sind. Das heißt, diese rechtlichen Einheiten sind nicht explizit auf Webseiten, Jahresabschlüssen oder dem Konzernabschluss erwähnt. Die rechtlichen Einheiten aus der Beteiligungsliste werden einzeln hinsichtlich der erforderlichen Kriterien untersucht. In diesem Schritt müssen zudem jegliche Querverbindungen zwischen den rechtlichen Einheiten einer Unternehmensgruppe hinterfragt werden. Anschließend muss entschieden werden, ob rechtliche Einheiten die fachlichen Anforderungen an ein Unternehmen erfüllen und somit ein komplexes oder einfaches statisches Unternehmen identifiziert werden kann oder ob die rechtlichen Einheiten schon bestehenden statistischen Unternehmen zugeordnet werden können.

Intensive Profiling

Für bedeutende Unternehmensgruppen, bei denen sich das manuelle Profiling sehr komplex gestaltet oder die verfügbaren Informationen sich als nicht ausreichend zeigen, kann auf die Methode des »Intensive Profiling« zurückgegriffen werden. Dieses Profiling baut zunächst auf dem manuellen Profiling auf. Ergänzend wird jedoch Kontakt mit der Unternehmensgruppe aufgenommen, um die zuvor gewonnenen Erkenntnisse auf Grundlage der mit der Unternehmensgruppe durchgeführten Interviews zu validieren oder gegebenenfalls zu korrigieren. Die Durchführung des Intensive Profiling ist nicht verpflichtend. Das Intensive Profiling befindet sich auch im Echt-Zyklus10 (Juni 2019 bis März 2020) noch im Testbetrieb und fußt daher auf der Rechtsgrundlage einer Testbefragung nach § 7 BStatG Absatz 2. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat bislang noch kein Intensive Profiling durchgeführt.

Ausblick

Nach Durchführung von zwei Testzyklen startete der erste Echt-Betrieb des Profiling im Juni 2019 und endete am 31. März 2020. Baden-Württemberg entschied sich von Beginn an für einen Top-Down-Ansatz und legte zunächst Profile für die Top-Unternehmensgruppen (über 10 000 Beschäftigte) an. Für die Berichtsjahre 2016 und 2017 wurden gemessen am Umsatzanteil rund 83 %, gemessen am Beschäftigtenanteil rund 69 % der manuellen Profiling-Population für Baden-Württemberg bearbeitet (Schaubild).11 Die Zahl der jährlich in Baden-Württemberg zu profilenden Unternehmensgruppen liegt bei rund 350 Fällen, Tendenz steigend. Die Erfahrungen aus der Durchführung der bislang drei Profiling-Zyklen zeigen, dass entgegen der ursprünglichen Annahme ein höherer Austausch in den jährlich neu zu bestimmenden Profiling-Populationen stattfindet. Dies hat zur Folge, dass der Anteil an Folgeprofilen geringer ausfällt und stattdessen vermehrt Erstprofile durchgeführt werden müssen. Der Aufwand für das Profiling im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg erweist sich damit höher, als vor Beginn der Arbeiten angenommen wurde.

1 EU-Einheitenverordnung (EWG) Nr. 696/93.

2 Matthias Redecker/Roland Sturm: Profiling von Unternehmen, in: WISTA – Wirtschaft und Statistik, 6/2017, Statistisches Bundesamt.

3 EU-Einheitenverordnung (EWG) Nr. 696/93.

4 EU-Empfehlungshandbuch zum Unternehmensregister, Eurostat 2010.

5 Statistisches Kontrollkonzept zu Unternehmensgruppen.

6 Sturm/Redecker 6/2017.

7 EU-Einheitenverordnung (EWG) Nr. 696/93.

8 EU-Empfehlungshandbuch zum Unternehmensregister, Eurostat 2010.

9 Matthias Redecker/Roland Sturm: Profiling von Unternehmen, in: WISTA – Wirtschaft und Statistik, 6/2017, Statistisches Bundesamt.

10 Das heißt, die Ergebnisse des Profiling werden in den Strukturstatistiken verwendet.

11 Beschäftigte und Umsatz beziehen sich auf den URS-Stand 31.12.2017. Für das Berichtsjahr 2018 liegen noch keine Zahlen vor. Zudem sind die abgeschlossenen Profilingfälle für das Berichtsjahr 2016 und 2017 kumuliert.