:: 7/2020

Forschung und Entwicklung - Teil 4

Baden-Württemberg im internationalen Vergleich

Um den Wettbewerbsvorteil im internationalen Umfeld zu bewahren, sind zur Generierung von Innovationen permanent Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) erforderlich. In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), der größten Volkswirtschaft, beliefen sich im Jahr 20171 die kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben auf 549 Milliarden (Mrd.) US-Dollar – weltweit die höchsten FuE-Investitionen. Dieser Spitzenplatz ist jedoch gefährdet. In China und Südkorea schreitet der Aufholprozess im Forschungswettbewerb sehr dynamisch voran. Mit einer durchschnittlich jährlichen Wachstumsrate von 13,2 % bzw. 7,4 % wurden in diesen beiden Ländern die FuE-Ausgaben im Zeitraum 2007 bis 2017 drastisch erhöht. In den USA bzw. in der Europäischen Union (EU) lagen diese Wachstumsraten hingegen nur bei 2,2 % bzw. 2,7 %. Dies wirft folgende Fragen auf: Wann übernimmt China im weltweiten Forschungsvergleich bei den FuE-Ausgaben den internationalen Spitzenplatz und wie behauptet sich Baden-Württemberg in diesem dynamischen Umfeld? Im nachfolgenden vierten Teil dieser Veröffentlichungsreihe werden diese Fragen untersucht, aber auch die FuE-Aktivitäten in ausgewählten Bundesstaaten der USA sowie in den 27 Mitgliedsländern2 der Europäischen Union betrachtet.

Weltweite FuE-Dynamik

Seit Jahrzehnten ist die USA die weltweit größte Volkswirtschaft. Die Wettbewerbsfähigkeit wurde unter anderem durch jahrzehntelange Dominanz in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung erreicht. Auch heute noch sind in keinem Land der Erde die FuE-Ausgaben so hoch wie in den USA. Im Gegensatz zu den aufstrebenden asiatischen Ländern hat die FuE-Dynamik in den USA inzwischen allerdings nachgelassen. In den vergangenen Jahren hat vor allem die Volksrepublik China ihre Forschungsanstrengungen massiv gesteigert. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 13,2 % wurden im Reich der Mitte die kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben im Zeitraum 2007 bis 2017 auf 499 Mrd. US-Dollar erhöht. In den USA betrugen diese 2017 rund 549 Mrd. US-Dollar bei einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate der FuE-Ausgaben von vergleichsweise moderaten 2,2 %. Beim Vergleich der kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben liegt China damit inzwischen unmittelbar hinter den Vereinigten Staaten weltweit an zweiter Stelle. Im Jahr 2008 lag Japan noch auf dem zweiten Platz. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate der FuE-Ausgaben von nur 0,1 % liegt Japan inzwischen auf dem dritten Platz (2017: 166 Mrd. US-Dollar). Ebenfalls dynamisch verlief die Entwicklung in Südkorea. Hier erhöhten sich die FuE-Ausgaben um durchschnittlich 7,4 %, die FuE-Ausgaben lagen 2017 bei rund 90 Mrd. US-Dollar. Hingegen betrug die Dynamik der FuE-Ausgaben im Betrachtungszeitraum im Durchschnitt der OECD-Länder und in der EU-27 nur moderate 2,3 % bzw. 2,7 %. Zum Vergleich: In Deutschland betrug diese Kennzahl 3,5 % und die kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben lagen 2017 bei 134 Mrd. US-Dollar.

Wie ist die Positionierung Baden-Württembergs in diesem dynamischen Umfeld? Erwartungsgemäß sind die kaufkraftbereinigten FuE-Ausgaben im Südwesten deutlich geringer als bei den FuE-Schwergewichten USA oder China. Sie lagen 2017 bei vergleichsweise geringen 38 Mrd. US-Dollar. Hingegen lag die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der FuE-Ausgaben mit 4,5 % deutlich höher als der Durchschnittswert der OECD-Länder. Mit den absoluten FuE-Ausgaben liegt zwar ein aussagekräftiger Inputindikator im Innovationsprozess einer Volkswirtschaft vor, jedoch ist dieser Betrag oder der Anteil der FuE-Ausgaben bezogen auf die Gesamtausgaben für einen Vergleich von Regionen unterschiedlicher Größe oder Wirtschaftskraft nur bedingt geeignet. Um Regionen unterschiedlicher Größe besser miteinander vergleichen zu können, wird aus diesem Grund die Kenngröße FuE-Intensität berechnet. Hierzu werden die FuE-Ausgaben einer Region zu ihrem Bruttoinlandsprodukt in Bezug gesetzt. Die FuE-Intensität betrug 2017 beispielsweise in den USA bzw. China 2,8 % bzw. 2,2 %. Für einen weltweiten Vergleich der FuE-Aktivitäten werden in Schaubild 1 für ausgewählte Regionen die zuvor beschriebenen drei Kenngrößen, die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der FuE-Ausgaben, die FuE-Intensität und die absoluten FuE-Ausgaben im Gesamtüberblick dargestellt. Baden-Württemberg belegt bei der Dynamik der FuE-Ausgaben einen Platz im Mittelfeld und bei der FuE-Intensität einen Platz im Spitzenfeld.

Weltweite FuE-Ausgaben: Hoher Anteil in Asien

Wie ist die weltweite Verteilung der absoluten FuE-Ausgaben und wie hat sich diese in den letzten Jahren entwickelt? 2017 beliefen sich die weltweiten FuE-Ausgaben auf über 2 Billionen (Bill.) US-Dollar.3 In der vergangenen Dekade hat sich damit das globale FuE-Aufkommen nahezu verdoppelt. Der Beitrag der Regionen zu diesen Investitionen unterscheidet sich erheblich. Der Anteil an den weltweiten FuE-Ausgaben in den USA betrug 2017 rund 25 % (Schaubild 2). 2007 lag dieser Anteil noch bei 31 %, 1997 sogar noch bei 36 %. Im Zeitverlauf haben sich in den USA die FuE-Investitionen zwar erhöht, aber der Zuwachs fiel schwächer aus als in anderen Regionen. China hat im Zeitraum 2007 bis 2017 allein gut 38 % der zusätzlichen FuE-Ausgaben getätigt und somit deutlich mehr als die 27 Länder der Europäischen Union (16 %), die USA (17 %) oder Deutschland (6 %) in den Innovationsprozess investiert. Der Anteil Chinas am weltweiten FuE-Aufkommen hat sich im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017 damit mehr als verdoppelt, und zwar von 10 % auf 23 %. Neben den USA hat sich auch der Anteil am weltweiten FuE-Aufkommen in Japan und der EU verringert. Damit investiert China seit 2013 einen höheren Anteil in Forschung und Entwicklung als die EU-27 und seit 2016 investieren China und Südkorea zusammen einen höheren Anteil in Forschung und Entwicklung als die USA. Geht man von einer ähnlichen Entwicklung in den nächsten Jahren aus, so werden voraussichtlich ab 2020 die FuE-Ausgaben in China weltweit am höchsten sein (Schaubild 3).4 Wie hoch ist der Anteil Baden-Württembergs am weltweiten FuE-Aufkommen? Der Anteil Baden-Württembergs an den weltweiten FuE-Ausgaben liegt seit Jahren unter 2 % (2017: 1,7 %) und konnte sich trotz überdurchschnittlicher Wachstumsrate nur moderat verbessern.

Weltweite Entwicklung der FuE-Intensität

In den USA stieg die FuE-Intensität im Betrachtungszeitraum 1997 bis 2017 nur um geringfügige 0,3 Prozentpunkte. Im Zeitraum zwischen 2001 und 2007 stagnierte der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt bzw. ging teilweise sogar leicht zurück. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auch in der EU-27. Hier lag die Veränderung der Kennzahl ebenfalls bei moderaten 0,4 Prozentpunkten. In dieser Größenordnung verlief auch die Entwicklung in Japan. In Deutschland hat sich die FuE-Intensität innerhalb des Betrachtungszeitraums etwas stärker erhöht, und zwar um 0,9 Prozentpunkte. Deutlich dynamischer verlief hingegen die Entwicklung in China und Südkorea. Im Reich der Mitte und in Südkorea hat sich diese Kennzahl deutlich verbessert, sie stieg im betrachteten Zeitraum 1997 bis 2017 von 0,6 % bzw. 2,2 % um rund 1,5 bzw. 2,1 Prozentpunkte an. 2017 lag die FuE-Intensität in China mit 2,2 % im EU-Durchschnitt. Südkorea ist mit einer FuE-Intensität von 4,3 % bereits deutlich an Deutschland, den USA und Japan vorbeigezogen und in der Spitzengruppe angekommen (Schaubild 4). Noch dynamischer entwickelte sich die Kennzahl in Baden-Württemberg. Im Südwesten lag die FuE-Intensität im Jahr 2017 bei 5,6 %, diese hat sich damit gegenüber dem Jahr 1997 um beachtliche 2,1 Prozentpunkte verbessert.

FuE-Intensität in den USA – Vergleich der Bundesstaaten

In den USA stieg die FuE-Intensität im Zeitraum 2007 bis 20175 zwar nur knapp um 0,2 Prozentpunkte, einzelne US-Bundesstaaten weichen von der Gesamtentwicklung in den USA jedoch deutlich ab. Unter den forschungsaktivsten US-Bundesstaaten hat sich die FuE-Intensität im Betrachtungszeitraum im wirtschaftlich bedeutendsten US-Bundesstaat Kalifornien am dynamischsten entwickelt. Im Jahr 2017 lag die FuE-Intensität hier insgesamt um 1,1 Prozentpunkte höher als noch vor einer Dekade. In Oregon, Idaho und Delaware war die Entwicklung der FuE-Intensität im Zeitraum 2007 bis 2017 ebenfalls im Plus (1,1 bzw. 1,2 und 0,5 Prozentpunkte). Teilweise ging diese Kenngröße in den für Forschung und Entwicklung bedeutenden US-Bundesstaaten, wie beispielsweise Massachusetts oder auch New Jersey, deutlich zurück, und zwar um jeweils rund 1,2 Prozentpunkte (Schaubild 5).6

Analog zu anderen Ländern gibt es damit auch in den USA einzelne Regionen, die bei der Kennzahl FuE-Intensität weit über dem nationalen Durchschnittswert liegen. Im Jahr 2017 führte in den USA mit einer FuE-Intensität von 7 % New Mexiko aufgrund struktureller Besonderheiten die Rangliste der US-Bundesstaaten an. Größere forschungsaktive Unternehmen sind hier jedoch nicht angesiedelt. Die tragende Säule ist der staatliche Bereich bzw. erfolgt mit dessen Unterstützung. Im Bereich der Energieversorgung werden zwei bedeutende nukleare FuE-Zentren in New Mexico gefördert. Die hohe FuE-Intensität in New Mexiko geht somit auf die hohen staatlichen FuE-Investitionen im Verhältnis zum insgesamt geringen Bruttoinlandsprodukt dieses US-Bundesstaates zurück. Auf dem nachfolgenden Rangplatz folgt mit einer FuE-Intensität von 5,8 der US-Bundesstaat Massachusetts. Der US-Bundesstaat Massachusetts gehört, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, zu den leistungsfähigsten US-Bundesstaaten7 und ist einer der wichtigsten Bildungsstandorte in den USA. Hier befinden sich weltweit bekannte Universitäten und Forschungsinstitute wie beispielsweise die University of Massachusetts, die private Harvard University und das Massachusetts Institute of Technology (MIT). Wichtige Wirtschaftszweige in Massachusetts sind die elektrotechnische und elektronische Industrie, der Maschinenbau und die Metallindustrie. Die beiden US-Bundesstaaten New Mexico und Massachusetts weisen damit eine höhere FuE-Intensität als Baden-Württemberg (5,6 %) auf. Massachusetts hat zwar eine geringere Bevölkerungszahl als der Südwesten, ist jedoch mit Baden-Württemberg einigermaßen vergleichbar.8 Im Gegensatz dazu kommt New Mexico nur auf eine Bevölkerungszahl von etwa 2 Millionen (Mill.) und liegt damit deutlich unter der von Baden-Württemberg (rund 11 Mill.). Die zwei US-Bundesstaaten Kalifornien und Maryland verzeichnen ebenfalls eine beachtliche FuE-Intensität von über 5 % und in den Bundesstaaten Washington und Michigan lag die Kennzahl 2017 noch bei jeweils knapp unter 5 %.

Beim Vergleich der 50 US-Bundesstaaten rückt Kalifornien als herausragender FuE-Standort in den Blickpunkt. Als von den USA losgelöster Einzelstaat wäre Kalifornien weltweit die fünftgrößte Wirtschaftsmacht nach den USA, China, Japan und Deutschland. Dieser bedeutende Wirtschaftsraum, in dem Unternehmen wie Intel, Google, Cisco Systems, Oracle, Apple, Amgen und Hewlett-Packard ihren Sitz haben, schultert allein gut ein Viertel der gesamten FuE-Ausgaben der Vereinigten Staaten von Amerika. Außerdem wird hier ein Anteil von inzwischen 5,4 % des Bruttoinlandprodukts in FuE investiert – fast so viel wie in Baden-Württemberg. Wie dominant dieser Forschungs- und Entwicklungsstandort ist, zeigt folgender Vergleich: Die FuE-Intensität liegt in Deutschland deutlich unter der von Kalifornien (– 2,3 Prozentpunkte), obwohl Deutschland in etwa die doppelte Bevölkerungszahl und eine höhere Wirtschaftsleistung aufweist, investiert der Wirtschaftsraum Kalifornien mehr in Forschung und Entwicklung (siehe auch Schaubild 1).

FuE-Intensität in der EU-27: Deutschland auf Platz 2

Innerhalb der 27 EU-Länder belegte im Jahr 2017 weiterhin Schweden im Forschungsvergleich mit einer FuE-Intensität von 3,4 % den ersten Platz. Deutschland folgt mit einer FuE-Intensität von 3,1 % auf dem zweiten Platz, dicht gefolgt von Dänemark und Österreich. Damit haben aktuell vier Länder das EU-2020 Ziel einer FuE-Intensität von 3 % erreicht. Neben Schweden hatte Dänemark bereits 2011, Österreich 2013 und Deutschland 2017 dieses Ziel erreicht. Deutschland wies im Jahr 2007 eine FuE-Intensität von 2,5 % auf und belegte im FuE-Wettbewerb der 27 EU-Länder damals Platz 4 nach Finnland, Schweden und Dänemark. Dänemark und Österreich konnten ihre FuE-Intensität im Zeitraum 2007 bis 2017 um 0,5 bzw. 0,6 Prozentpunkte erhöhen. In Schweden ist die FuE-Intensität in den letzten 10 Jahren nur leicht (0,1 %) gestiegen und in Finnland ist die Kennzahl sogar beachtlich zurückgegangen (– 0,6 %). 2011 belegte Finnland mit einer FuE-Intensität von 3,6 % noch den Spitzenplatz im EU-Vergleich. Inzwischen liegt die FuE-Intensität von Finnland unter der Zielmarke von 3 % (Schaubild 6). Am deutlichsten hat sich die FuE-Intensität in Belgien verbessert, und zwar um 0,8 Prozentpunkte. Belgien liegt damit 2017 im EU-Vergleich hinter Finnland auf dem sechsten Platz und hat Frankreich inzwischen überholt.

Von den Ländern, die 2007 noch eine FuE-Intensität von weniger als 1 % (0,6 %) aufwiesen, haben Griechenland und Polen ihre FuE-Intensität am deutlichsten erhöht und liegen nun über dieser Marke. Auch die im Jahr 2004 in die EU bzw. 2009 in den Euroraum aufgenommene Slowakei konnte ihre FuE-Intensität deutlich erhöhen. Die Slowakei verzeichnete im Jahr 2007 eine FuE-Intensität von nur 0,5 % und konnte diese bis zum Jahr 2017 auf 0,9 % fast verdoppeln. Am unteren Ende des EU-Vergleichs mit Werten von unter 1 % lagen im Jahr 2017 Länder wie Zypern, Rumänien, Lettland, Malta, Kroatien und Bulgarien, die erst in den Jahren 2004 bzw. 2007 sowie 2013 in die EU aufgenommen wurden.

Regionale Verteilung der FuE-Aktivitäten in der EU-27

Die EU-Länder sind sehr unterschiedlich in ihrer Größe. Für die bevölkerungsreichen und wirtschaftsstarken Länder der EU wie beispielsweise Deutschland und Frankreich werden die statistischen Daten auf regionaler Ebene entsprechend der Gebietssystematik »Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques« (NUTS) untergegliedert. Diese Systematik ist eine Klassifikation der Regionen innerhalb der Europäischen Union9 zur Erstellung regional vergleichbarer Statistiken, die auf Verwaltungseinheiten basiert. Die NUTS-1-Ebene entspricht in Deutschland den Bundesländern.

Nachfolgend soll untersucht werden, wie sich die FuE-Intensität der Länder auf die einzelnen Regionen auf NUTS-1-Ebene verteilt. Schaubild 7 zeigt den jeweiligen Minimal- und Maximalwert der FuE-Intensität der Regionen auf NUTS-1-Ebene eines EU-Mitgliedstaats und zwar in Bezug zum Landes- und EU-Durchschnitt für die Jahre 2007 und 2017. Hierbei ist zu beachten, dass die Länder sich in der Anzahl ihrer Regionen deutlich unterscheiden. Hinter der ausgewiesenen Spannweite zwischen Minimum und Maximum verbirgt sich damit jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Regionen, nämlich beispielsweise nur zwei in Finnland10 bzw. bis zu 16 in Deutschland. Daher kann eine geringe Spannweite auch auf die geringe Anzahl an Regionen zurückgeführt werden. Durch diese Aufbereitung der Daten lassen sich dennoch einige interessante Aspekte erkennen.

Die höchste Spannweite der FuE-Intensität zwischen den Regionen eines Landes war 2007 in Finnland zu beobachten, dicht gefolgt von Deutschland. Diese umfasste einen Bereich von 3,2 bzw. 3,1 Prozentpunkten. Die Entwicklung der Kennzahl von 2007 bis 2017 unterscheidet sich in diesen beiden Ländern deutlich und der regionale Unterschied ist bezogen auf die betrachteten EU-Länder am stärksten ausgeprägt. In Finnland ging die FuE-Intensität in der führenden Region Manner-Suomi zurück. Hierdurch verringerte sich die Spannweite um 0,8 Prozentpunkte. Mit einer Fläche fast so groß wie Deutschland und einer Bevölkerungsanzahl halb so groß wie Baden-Württemberg gehört Finnland zu den am dünnsten besiedelten Ländern Europas. Im Wesentlichen konzentrieren sich die FuE-Aktivitäten auf die wirtschaftsstarke Region Manner-Suomi. Dies zeigt sich auch im Schaubild 7, der Landeswert entspricht in etwa dem Maximalwert der Regionen.11 Hingegen nahm die FuE-Intensität in Deutschland um einen weiteren Prozentpunkt zu und die Spannweite umfasste 2017 deutschlandweit inzwischen einen Bereich von 4,1 Prozentpunkte. Die FuE-Intensität ist damit innerhalb Deutschlands im europäischen Vergleich am unterschiedlichsten verteilt. Im Vergleich zum Jahr 2017 konnte sich die Kennzahl insgesamt in allen Regionen steigern, aber auch die Unterschiede bezüglich der FuE-Aktivitäten haben zugenommen. In Schaubild 7 sticht neben der Entwicklung in Österreich und Griechenland besonders die Entwicklung in Belgien mit seinen drei Regionen auf NUTS-1-Ebene hervor. Die FuE-Intensität hat sich dort im Zeitraum 2007 bis 2017 insgesamt um 0,8 Prozentpunkte von 1,9 % auf 2,7 % erhöht. Hingegen blieb die Spannweite vergleichsweise stabil. Die Veränderung belief sich auf 0,1 Prozentpunkte. Damit haben sich in allen drei Regionen die FuE-Ausgaben deutlich verbessert und sind weiterhin relativ gleichmäßig im Land verteilt. Der Hintergrund hierfür war, dass die Unternehmen ihre FuE-Ausgaben in allen drei Regionen nahezu verdoppelten.

Baden-Württemberg mit höchster FuE-Intensität in der EU-27

Im Jahr 2017 belegte Baden-Württemberg im Forschungsvergleich der 90 Regionen12 in der EU-27 den Spitzenplatz. Baden-Württemberg investierte enorme 5,6 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung. Auf Platz 2 im Ranking der EU-Regionen lag mit einer FuE-Intensität von 4,3 % die Region Südösterreich.13 Zu der südlich des Alpenhauptkamms gelegenen Region gehört Graz mit seinen Hochschulen, universitären Einrichtungen und Forschungszentren. Hier befindet sich auch der sogenannte »Autocluster Steiermark«, ein Zusammenschluss von mehr als 180 steirischen Unternehmen und der »Green Tech Cluster Styria«, einer der größten Umwelttechnik-Cluster Europas. In den letzten Jahren nahmen in dieser Alpenregion innerhalb der EU-27 die FuE-Investitionen neben Baden-Württemberg am stärksten zu.14 Während einer Dekade erhöhte sich dort die FuE-Intensität um beachtliche 1,1 Prozentpunkte. EU- und deutschlandweit hat Baden-Württemberg seine FuE-Intensität im Zeitraum 2007 bis 2017 am deutlichsten ausgeweitet, und zwar um 1,5 Prozentpunkte. In den letzten Jahren belegte Baden-Württemberg im Forschungsvergleich allerdings nicht immer den Spitzenplatz. Im Jahr 2001 lag Berlin vor Baden-Württemberg und im Jahr 2007 musste der Südwesten die Spitzenposition mit der Region East of England teilen. 15 2017 folgten im Ranking der EU-Regionen auf Platz 3 bis 8 die Regionen Södra Sverige und Östra Sverige in Schweden sowie Berlin, Niedersachsen, Bayern und Dänemark mit einer FuE-Intensität von jeweils über 3 %. In der Region Östra Sverige in Schweden ist die FuE-Intensität gegenüber dem Vergleichsjahr 2007 zurückgegangen. Diese Region lag 2007 mit einer FuE-Intensität von bereits 3,7 % noch auf Platz 2 und ist im Jahr 2017 mit einer FuE-Intensität von ebenfalls knapp 3,7 % im EU-Ranking auf den vierten Platz zurückgefallen. Deutlich ist diese Kennzahl in der finnischen Region Manner-Suomi zurückgegangen (– 0,6 Prozentpunkte). Diese Region lag 2007 mit einer FuE-Intensität von 3,4 % im EU-Vergleich noch auf Platz 4 und liegt 2017 auf dem 16. Platz (Schaubild 8).16

Fazit

Baden-Württemberg ist eine der führenden Forschungsregionen in Deutschland und Europa. Mit seinen gut ausgebauten Forschungs- und Entwicklungskapazitäten leistet der Südwesten mehr als ein Viertel der gesamtdeutschen FuE-Investitionen. Hierzulande werden 5,6 % des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investiert. Der Südwesten belegt somit im EU-weiten Vergleich Platz 1 und im weltweiten Vergleich einen Platz im Spitzenfeld. Im Vergleich zu Baden-Württemberg weisen in den USA die Bundesstaaten New Mexico und Massachusetts eine noch höhere FuE-Intensität auf (7,0 % bzw. 5,8 %).17 Im Bundesstaat Kalifornien wird ein Anteil von 5,4 % des Bruttoinlandsprodukts in FuE investiert – fast so viel wie in Baden-Württemberg. Absolut betrachtet sind in diesem US-Bundesstaat die FuE-Investitionen jedoch deutlich höher als in Baden-Württemberg und auch höher als in Deutschland.

Betrachtet man die weltweiten absoluten FuE-Investitionen, so belegt bei diesem Ranking derzeit noch die USA den Spitzenplatz vor China. Der Anteil Baden-Württembergs liegt seit Jahren unter 2 % und konnte sich in den letzten Jahren trotz überdurchschnittlicher Wachstumsrate bei den FuE-Ausgaben kaum verbessern. Der Grund hierfür liegt in der dynamischen Entwicklung in den asiatischen Ländern, allen voran in China. Der Anteil Chinas an den weltweiten FuE-Investitionen hat sich im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017 mehr als verdoppelt, und zwar von rund 10 % auf knapp 23 %.

1 Aufgrund der Datenverfügbarkeit für Baden-Württemberg ist die nachfolgende Analyse bis 2017 begrenzt.

2 Stand 2020.

3 Datenquelle: Unesco Institute for Statistics, Stand April 2020.

4 Wie sich die FuE-Ausgaben in den Regionen in der durch das Corona-Virus ausgelösten Krise 2019/2020 entwickeln, ist ungewiss. Hinweise gibt jedoch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Hier erhöhten sich in China die FuE-Ausgaben deutlich, hingegen gingen diese in den USA sogar leicht zurück.

5 Aufgrund der Datenverfügbarkeit ist hier der Betrachtungszeitraum auf 2007 bis 2017 beschränkt.

6 Massachusetts und New Jersey belegten im Rangvergleich des Bruttoinlandsprodukts der US-Staaten 2017 Platz 10 und Platz 8.

7 Datenquelle: National Science Foundation, http://www.nsf.gov/statistics/states/ (Abruf: 10.06.2020).

8 Die Bevölkerungszahl liegt bei rund 6 Mill.

9 27 Länder seit Februar 2020.

10 Länder mit nur einer Region auf NUTS-1-Ebene, wie beispielsweise Malta oder Zypern (Land = Region auf NUTS-1-Ebene), sind in dieser Analyse nicht berücksichtigt.

11 Dieses Muster ist auch in Portugal zu erkennen.

12 Analyse der Daten auf NUTS-1-Ebene. Die NUTS-1-Ebene entspricht in Deutschland den Bundesländern.

13 Kärnten und Steiermark.

14 Die Region hat innerhalb der betrachteten Dekade ihre FuE-Investitionen fast verdoppelt. Die FuE-Investitionen lagen im Jahr 2017 bei 2,9 Mrd. Euro.

15 Region im Vereinigten Königreich in der EU-28. Revisionsbedingt lag die FuE-Intensität in der Region East of England bei einer späteren Analyse knapp unter der von Baden-Württemberg.

16 Datenquelle: Eurostat, Stand März 2020.

17 Datenquelle: National Science Foundation.