:: 9/2020

Was kostet Wasser?

Unterschiedliche Wassertarife vergleichen – ein Modell

Die unterschiedlichen Wassergebühren in den Gemeinden stehen regelmäßig im Fokus der Öffentlichkeit. Wenn Medien darüber berichten, tragen die Meldungen oft Titel wie »In diesen Orten ist Trinkwasser besonders teuer«, »Wasserpreise im Landkreis variieren stark« oder auch »Wasser kann teuer sein – muss es aber nicht«. Trotzdem bleibt es für den Einzelnen schwierig die Gebühren von Gemeinden mit üblicherweise aus mehreren Komponenten bestehenden Tarifen zu vergleichen und herauszufinden, ob in der eigenen Gemeinde das Wasser teurer oder günstiger ist als beispielsweise in der Nachbargemeinde.

Das soll die (fiktive) Jahresrechnung nun ändern. Sie soll eine einfache und gut nachvollziehbare Methode bieten, die durchschnittlichen Wasserkosten eines Einwohners in einer Gemeinde zu errechnen und mit einer anderen Kommune oder dem Durchschnitt Baden-Württembergs zu vergleichen. Auf Grundlage dieses Rechenmodells betragen die Wasserkosten im Land pro Jahr und Person 228 Euro, wovon auf die Trinkwasserversorgung 106 Euro und auf die Abwasserentsorgung und -reinigung 122 Euro entfallen.

Im vorliegenden Bericht werden die Jahresrechnung erstmalig vorgestellt sowie die Entwicklung der Wasserkosten und die Unterschiede zwischen den Gemeinden beleuchtet. Es wird auch der Frage nachgegangen, welches Gewicht den vom Wasserverbrauch abhängigen oder den davon unabhängigen Tarifkomponenten an der Gesamtrechnung zukommt. Damit wird eine Aussage dazu möglich, in welchem Umfang die hohen Fixkosten für Bau und Erhalt der Wasserinfrastruktur überhaupt durch die vom Verbrauch unabhängigen Grundgebühren abgedeckt sind.

Die (fiktive) Jahresrechnung

Die Jahresrechnung soll eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Gemeinden herstellen, indem alle Tarifkomponenten in die Rechnung einfließen. Eine bloße Gegenüberstellung einzelner Komponenten garantiert schließlich keine Vergleichbarkeit, da die Kosten der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bei einer relativ günstigen Grundgebühr beispielsweise auf eine höhere Verbrauchsgebühr umgelegt oder das Fehlen einer Grundgebühr für die Abwasserentsorgung durch eine besonders hohe Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr ausgeglichen sein könnte.

Die fiktive Jahresrechnung berücksichtigt daher für Trinkwasser sowohl die verbrauchsabhängigen Gebühren als auch die Grundgebühren. Ihr liegt ein Rechenmodell zugrunde, das die verbrauchsabhängige Trinkwassergebühr durch eine Multiplikation mit dem Landesdurchschnitt des jährlichen Pro-Kopf-Wasserverbrauchs in einen Jahreswert überführt und mit der jährlichen Grundgebühr addiert.

Die Abwasserkostenrechnung setzt sich aus den beiden Komponenten der gesplitteten Gebühr zusammen oder enthält bei den Gemeinden mit dem alten Tarifmodell die Einheitsgebühr multipliziert mit dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Wasserverbrauch. Wenn eine gesplittete Abwassergebühr vorliegt, wird die Schmutzwassergebühr wiederum mit dem jährlichen Pro-Kopf-Wasserverbrauch und die Niederschlagswassergebühr mit dem Landesdurchschnitt der gebührenwirksamen Pro-Kopf-Fläche multipliziert. Dann wird, sofern in der jeweiligen Gemeinde eine Grundgebühr für die Abwasserentsorgung erhoben wird, diese Gebühr zu den anderen Größen addiert. Die Jahresrechnung bezieht sich auf einen Durchschnittseinwohner. Eine detaillierte Erläuterung der Vorgehensweise enthält der i-Punkt »Datenquellen und Rechenmodell«.

Trinkwasserkosten steigen stärker als Abwasserkosten

Nach dem Ergebnis der Jahresrechnung 2019 bezahlte ein Baden-Württemberger durchschnittlich gerundet 106 Euro für Trinkwasser. 2018 lagen die Jahreskosten noch bei 104 Euro und 2011 bei 91 Euro. Binnen eines Jahres – zwischen 2018 und 2019 – stiegen die Kosten damit um 2,50 Euro bzw. 2,4 % an. Dies lag über der durchschnittlichen Veränderungsrate seit 2011. Denn im betrachteten Zeitraum stiegen die Jahreskosten für Trinkwasser im Schnitt um 1,9 %. Die Erhöhung zwischen 2018 und 2019 war damit der zweitstärkste Anstieg der Kosten seit 2011. Lediglich zwischen 2014 und 2015 gab es einen noch etwas stärkeren Anstieg.

Die Trinkwassergebühren setzen sich zusammen aus der mit dem Wasserverbrauch verbundenen variablen Gebühr sowie der Grundgebühr für die Bereitstellung der öffentlichen Versorgungsinfrastruktur, die vielerorts auch als Zählergebühr bezeichnet wird. Die aktuelle Entwicklung beim Trinkwasser hängt auch mit der Erhöhung der durchschnittlichen Grundgebühr zusammen. Denn während im Land die Verbrauchskosten für Trinkwasser zwischen 2018 und 2019 lediglich um 2 % gestiegen sind, erhöhten die sich mit der Grundgebühr einhergehenden Kosten um 0,60 Euro bzw. 5,4 %.

Mit dem Trinkwasserbezug fallen auch Abwasserkosten an. 2019 betrugen die Jahreskosten auf Grundlage des verwendeten Rechenmodells dafür 122 Euro je Person. Die Entwicklung der Abwasserkosten verläuft damit deutlich gedämpfter als die des Trinkwassers, da der Endverbraucher für die Abwasserentsorgung und -behandlung lediglich rund 0,60 Euro bzw. 0,5 % mehr im Vergleich zu 2018 bezahlen musste. Somit ist ein unterdurchschnittlicher Kostenanstieg zu verzeichnen, da sich die jährlichen Kosten seit 2011 im Schnitt um 1 % erhöhten.1 Der geringe Kostenanstieg beim Abwasser ist auf die quasi konstant gehaltene Schmutzwasser- bzw. Einheitsgebühr zurückzuführen. Lediglich die Erhöhung der Niederschlagswassergebühr verteuerte das Abwasser etwas (Tabelle).

Mögliche Gründe für die Kostensteigerung

2019 bezahlte ein Einwohner für Trinkwasser und Abwasser im Durchschnitt 228 Euro. Im Vorjahr waren es 225 Euro und 2011 noch 204 Euro. Damit entspricht der aktuelle Anstieg der Wasserkosten um 3,10 Euro bzw. 1,4 % dem jährlichen Durchschnitt seit dem Basisjahr. Da die Gemeinden ihre Wassergebühren in der Regel nach dem Kostendeckungsprinzip festlegen, lassen sich Gebührenanstiege durch Investitionen, aber auch durch eine Erhöhung laufender Kosten erklären. Beispielsweise stiegen die Stromkosten – energieaufwändig ist zum Beispiel der Kläranlagenbetrieb – zum Januar 2019 binnen eines Jahres um 3,3 % an und das Wasserentnahmeentgelt2 für die öffentliche Wasserversorgung wurde zum 1. Januar 2019 von 8,1 Eurocent je Kubikmeter (Cent/m3) auf 10 Cent/m³ gewonnenes Wasser erhöht.

Ein weiterer Kostentreiber können Investitionen in Kläranlagen zur Entfernung von Spurenstoffen sein. Dabei handelt es sich um Stoffe, die in sehr niedrigen Konzentrationen nachteilige Wirkungen auf die aquatischen Ökosysteme haben können und/oder die Gewinnung von Trinkwasser aus dem Rohwasser negativ beeinflussen können.3 Sie stammen teilweise aus der Herstellung und Verwendung von Arzneimitteln, Bioziden, Pflanzenschutzmitteln sowie von Körperpflege- und Waschmitteln.4 Die Spurenstoffe weisen ein sehr unterschiedliches Eliminationsverhalten im Körper und in der Kläranlage auf. Diclofenac, zum Beispiel, ist ein Schmerzmittel, das durch die Einnahme um 80 % eliminiert wird und nach Ausscheiden um ein weiteres Viertel in der Kläranlage. Dadurch bleiben 15 % der Anfangsmenge auch nach der Abwasserreinigung im Ablauf der Kläranlage erhalten.5

Weitere Investitionen erfordern die Klärschlammverordnung sowie die Düngeverordnung. Die aktuellen Vorgaben zur Verwertung von Klärschlämmen erschweren es den Kläranlagenbetreibern, Abnehmer zur stofflichen Verwertung des Abfallproduktes in der Landwirtschaft und im Landbau zu finden. Dadurch steigt die Menge des Klärschlammes an, der verbrannt werden muss. Zusätzlich sind Zwischenlager- und Verbrennungskapazitäten bundesweit begrenzt und nicht ausreichend verfügbar. Obwohl im Land seit vielen Jahren fast ausschließlich auf die Verbrennung gesetzt wird, stießen einzelne Anlagenbetreiber wegen des angespannten Entsorgungsmarkts in Deutschland bereits auf Engpässe und erhielten als Antwort auf Ausschreibungen nur noch wenige Angebote mit bis zu 80 % gestiegenen Preisen.6

Darüber hinaus macht die Klärschlammverordnung erstmals Vorgaben zur Rückgewinnung von Phosphor. Die Klärschlammverordnung greift ab 2029 bzw. ab 2032 in Kläranlagen über 50 000 Einwohnerwerten. Dadurch kann es in den nächsten Jahren aufgrund der technischen Maßnahmen zur Phosphor-Rückgewinnung zu Gebührensteigerungen kommen. Diese Investitionen können je nach Zeitpunkt der Umsetzung schon jetzt oder auch in den kommenden Jahren in Form von erhöhten Wasserkosten auf die Endverbraucher umgelegt werden.

Wasserkosten vor allem vom eigenen Verbrauch abhängig

Die Kosten für die Betreiber von Anlagen zur Trinkwasserbereitstellung und Abwasserentsorgung sind größtenteils nicht vom Verbrauch der Einwohner abhängig. Ungefähr 77 % der Kosten für die Trinkwasserversorgung fallen auch dann an, wenn gar kein Wasser bezogen wird.7 Diese Kosten werden jedoch nicht ansatzweise durch die Grundgebühren abgedeckt. Die durchschnittlichen Grundgebühren auf der Wasserrechnung eines Baden-Württembergers betrugen 2019 rund 11 % der gezahlten Trinkwasserkosten (Schaubild 1).8 Somit muss der Rest der Fixkosten, die für die Instandhaltung der Wasserversorgungsanlagen sowie für Verwaltungs- und Personalkosten entstehen, durch Einnahmen aus den variablen Gebühren finanziert werden. Diese verbrauchsabhängigen Gebühren machten mit 89 % den Großteil der Trinkwasserkosten pro Person und Jahr aus.

Wegen des großen Anteils der verbrauchsabhängigen Kosten an den Gesamtkosten kann die eigene Wasserrechnung kurzfristig sehr effektiv durch die Senkung des persönlichen Wasserverbrauchs reduziert werden. Kommt es jedoch zu einer kollektiven Reduktion des Wasserverbrauchs, fehlen den Betreibern die entsprechenden Einnahmen, um die zu einem großen Teil durch die verbrauchsabhängigen Gebühren der Bürger finanzierten Fixkosten decken zu können. Aus diesem Grund müssen die Gebühren im folgenden Jahr steigen, da die festen Kosten der Anlagenbetreiber auf eine geringere verbrauchte Wassermenge umgelegt werden müssen. Langfristig gesehen führt ein rückläufiger Wasserverbrauch in einer Gemeinde dort also zu einer Gebührenerhöhung.

Gleiches gilt in noch stärkerem Ausmaß für die Abwasserkosten. Auch hier sollte man annehmen, dass ein geringerer Trinkwasserverbrauch und damit auch eine geringere Menge an Abwasser Kosten für die Einwohner einspart. Jedoch ist hier der Unterschied zwischen Kosten- und Gebührenstruktur noch gravierender. Während die Fixkosten – also die Grundgebühr – im Durchschnitt aller Gemeinden des Landes beim Verbraucher 2019 nur 0,3 % der Abwasserrechnung ausmachten,9 entstehen beim Entsorger 75 % bis 85 % der Kosten unabhängig vom Verbrauch.10 Also muss auch hier ein Großteil der Fixkosten für die Abwasserbeseitigung durch variable Gebühren gedeckt werden. Geht die Abwassermenge zurück, können die Fixkosten nicht mehr gedeckt werden und im folgenden Jahr müssen die variablen Gebühren verteuert werden.

Ein auf Dauer effektiver Weg, die persönlichen Ausgaben für Wasser zu senken, verläuft über die Niederschlagswassergebühr in Gemeinden mit gesplitteter Abwassergebühr. Der Anteil dieser Kosten an den jährlichen Abwasserkosten liegt – auf Grundlage des verwendeten Rechenmodells – immerhin bei 31 %. Die Wasserrechnung kann also durch eine Flächenentsiegelung auf dem eigenen Grundstück gesenkt werden, da dies die Niederschlagswasserkosten herabsetzt. Dies wird von einigen Städten und Gemeinden sogar finanziell unterstützt, da so ein natürlicher Wasserkreislauf auf dem Grundstück, in Form einer Grundwasserneubildung aus Niederschlägen, gefördert wird. Die Herausnahme von gebührenwirksamen Flächen könnte auf der anderen Seite eine Erhöhung der Niederschlagswassergebühr in der Gemeinde nach sich ziehen, um bestehende Kosten weiterhin decken zu können.

Werden Wasser und Abwasser zusammen betrachtet, hatten die Abwasserkosten mit 122 Euro einen Anteil von über 53 % an den gesamten Jahreskosten. Für Trinkwasser werden dementsprechend etwas weniger als 47 % der Wasserrechnung gezahlt. Nach Gebührenkomponenten betrachtet, lag 2019 der Anteil der verbrauchsabhängigen Gebühren an der Gesamtrechnung für Trink- und Abwasser bei 78 %, der Grundgebühren bei gut 5 % und der Niederschlagswassergebühren bei knapp 17 %.

Kostenspanne von bis zu 348 Euro zwischen den Gemeinden

Die Kosten von Bereitstellung und Entsorgung des Wassers variieren stark zwischen den verschiedenen Gemeinden Baden-Württembergs. Bei der »günstigsten« Gemeinde handelt es sich um Forchheim im Landkreis Emmendingen mit durchschnittlichen jährlichen Wasserkosten – immer betrachtet auf Grundlage des verwendeten Rechenmodells – von 94 Euro pro Einwohner. Die »teuerste« Gemeinde ist Widdern im Landkreis Heilbronn mit 442 Euro pro Einwohner. Zwischen diesen beiden Gemeinden ergibt sich eine Spanne von insgesamt 348 Euro, in der die anderen 1 099 Gemeinden rangieren (Schaubild 2).

Das über die Einwohnerzahlen der Gemeinden gewichtete Landesmittel liegt bei 228 Euro pro Kopf und Jahr. Betrachtet man das ungewichtete arithmetische Mittel, fällt auf, dass es mit 234 Euro höher liegt als das gewichtete Mittel. Das lässt darauf schließen, dass es einige kleinere Gemeinden gibt, deren Wasserkosten sehr hoch sind. Im gewichteten Durchschnitt werden sie nicht so stark berücksichtigt, da die größeren Städte mit den geringeren Kosten stärker in den Durchschnitt einfließen.

Die Ursachen der Kostenunterschiede sind komplex und die Kostenhöhe ist von Gemeinde zu Gemeinde sehr spezifisch. Diese Kostenunterschiede zwischen den Gemeinden hängen von regionalen Strukturunterschieden wie zum Beispiel Siedlungsdichte, von Qualität und Verfügbarkeit der Wasserressourcen im Umkreis der Städte und Dörfer, von den Anforderungen an die Abwasserreinigung und vielen weiteren Faktoren ab. Dazu gehören auch Transportkosten für über weite Strecken herangeleitetes Trinkwasser, wenn sich keine geeigneten Wasserressourcen im direkten Umkreis befinden. Die Karte (Schaubild 3) vermittelt einen Eindruck von der räumlichen Verteilung geringer und hoher Jahreskosten für Trinkwasser und Abwasser.

Beispielsweise beziehen sowohl Eningen unter Achalm im Landkreis Reutlingen als auch Sipplingen im Bodenseekreis ihr Trinkwasser vollständig von der Bodenseewasserversorgung. Trotzdem sind die berechneten jährlichen Trinkwasserkosten in Eningen unter Achalm mit 116 Euro um rund 30 Euro höher als in der am Bodensee gelegenen Gemeinde Sipplingen. Die Kosten für Abwasser unterscheiden sich dagegen kaum: ein Sipplinger zahlt – auf Basis des Rechenmodells – mit ca. 135 Euro pro Jahr ungefähr 3 Euro mehr als ein Einwohner von Eningen unter Achalm für Abwasser. Der bedeutend größere Unterschied bei den Trinkwasserkosten ist nicht zuletzt dem deutlich weiteren Transportweg geschuldet. Denn das Seepumpwerk des Zweckverbandes Bodenseewasserversorgung liegt auf Sipplinger Gemarkung, sodass sich für den Trinkwassertransport die wohl kürzeste mögliche Strecke ergibt. Im Gegensatz dazu muss das Bodenseewasser den Weg über die Schwäbische Alb nehmen, um in Eningen unter Achalm aus dem Wasserhahn zu kommen.

Wasserkosten in der Hälfte der Gemeinden unverändert

Auch die Veränderung der Wasserkosten zwischen 2018 und 2019 ist bei den Gemeinden nicht einheitlich. Die Entwicklung kann von der Siedlungsstruktur des Versorgungs- oder Entsorgungsgebietes abhängen. Denn unterschiedliche regionale Voraussetzungen haben natürlich auch einen unterschiedlichen Bedarf an Sanierungs- und Bau- bzw. Ausbaukosten der Infrastruktur zur Folge.

In Regionen mit besonders aufwändigen Infrastrukturmaßnahmen gewährt das Land Baden-Württemberg Zuschüsse. Beispielsweise unterstützte das Land die Gemeinde Michelbach an der Bilz im Landkreis Schwäbisch Hall 2016 bei deren Vorhaben, die beiden kommunalen Kläranlagen zusammenzulegen. Dies sollte nicht nur die Kapazität der Abwasseranlage, sondern vor allem auch ihre Zuverlässigkeit steigern.11 Weitere Zuschüsse gewährte das Land der Gemeinde Elztal im Neckar-Odenwald-Kreis für einen Anschluss an die Bodenseewasserversorgung und den Bau einer Ultrafiltrationsanlage. Der Anschluss an die Fernversorgung wird die Versorgungssicherheit erhöhen, sodass die Wasserversorgung gesichert ist, selbst wenn die Eigenwasserversorgung ausfällt.12

Trotz staatlichen Zuschüssen können Investitionen steigende Wassergebühren hervorrufen. Die Variation derartiger Kosten zwischen den Gemeinden, auch bei den laufenden Aufwendungen für Energie- und Personaleinsatz, sorgt so für teilweise gegensätzliche Entwicklungen. Ungefähr in einem Drittel der Gemeinden erhöhten sich die Kosten zwischen 2018 und 2019. In den 376 betroffenen Gemeinden zogen die Wasserkosten im Schnitt um rund 7 % an. Die absolut gesehen stärkste Änderung auf Basis des angewandten Rechenmodells fand in Tunau im Landkreis Lörrach statt. Hier stiegen die jährlichen Wasserkosten pro Person um rund 80 Euro auf 303 Euro an. In 179 Gemeinden konnten die Wasserkosten dagegen gesenkt werden. Im Mittel wurden in diesen Gemeinden die Kosten um 4 % reduziert. Die stärkste Absenkung fand in Neulingen im Enzkreis statt. Die Einwohner dieser Kommune müssen nun laut Rechenmodell mit 189 Euro rund 62 Euro weniger pro Kopf und Jahr bezahlen. Im Landesdurchschnitt sind die Jahreskosten jedoch relativ stabil geblieben, da in ca. der Hälfte der Kommunen (546) die Kosten zwischen 2018 und 2019 unverändert blieben.

Kostenanstieg im Vergleich zu anderen Lebenshaltungskosten moderat

Insgesamt ist also ein durchschnittlicher Anstieg der Wasserkosten von 1,4 % zwischen 2018 und 2019 zu beobachten. Im Vergleich zum Gesamtanstieg der Verbraucherpreise laut dem Verbraucherpreisindex (VPI) ist der Anstieg der Wasserkosten jedoch sogar unterdurchschnittlich. Das Niveau der gesamten Verbraucherpreise in Baden-Württemberg stieg zwischen Januar 2018 und Januar 2019 um 1,6 % und damit um 0,2 Prozentpunkte mehr als die Wasserkosten.

Verglichen mit anderen Lebenshaltungskosten fällt der Anstieg noch geringer aus. Strom, Gas und Miete sowie Bekleidung und Schuhe erfuhren im selben Zeitraum einen bis zu doppelt so starken Preisanstieg wie die Wassergebühren. Lediglich Möbel- und Nahrungsmittelpreise zogen weniger stark an. So verteuerten sich die Nahrungsmittel um lediglich 0,7 %.13 Als »Lebensmittel Nr. 1« lag der Kostenanstieg für Trinkwasser aus der Leitung – ohne die Betrachtung des Abwassers – mit 2,4 % jedoch mehr als dreimal so hoch wie bei den Nahrungsmitteln. Ein Erklärungsversuch für die aktuell überproportionale Verteuerung könnten die bereits erwähnten Erhöhungen der laufenden Kosten oder getätigte Investitionen sein, denn der durchschnittliche jährliche Kostenanstieg für Trinkwasser lag seit 2015 bei lediglich 1,8 % und nur unwesentlich höher als der durchschnittliche jährliche Anstieg der Nahrungsmittelkosten von 1,7 %.14

Fazit

Das vorgestellte Modell der Jahresrechnung für die Verbraucherkosten von Trinkwasser und Abwasser eignet sich sowohl zum Vergleich der Gemeinden als auch verschiedener Betrachtungszeiträume. Mit ihr lassen sich Änderungen der Gebührenbelastung über die Jahre relativ einfach erkennen, wenn sich die Tarifkomponenten verändert haben. So bilden sich auch hinzukommende, wegfallende oder sich gegenläufig entwickelnde Tarifkomponenten in der Jahresrechnung der Gemeinde ab.

Es zeigen sich – auf Grundlage des verwendeten Rechenmodells – große Unterschiede zwischen den Gemeinden. In der »teuersten« Gemeinde kostete das Wasser pro Einwohner und Jahr 442 Euro und damit 348 Euro mehr als in der »günstigsten« Gemeinde. Die durchschnittliche Kostensteigerung zwischen 2018 und 2019 entspricht – anhand der fiktiven Jahresrechnung – mit 1,4 % genau dem Durchschnitt der jährlichen Zunahmen seit 2011. Bei genauerer Betrachtung ging dieser allgemeine Anstieg der Wasserkosten jedoch nur auf ein Drittel der Gemeinden zurück, in denen die Kosten im Schnitt um 7 % stiegen. In den anderen Gemeinden blieben die Kosten konstant oder sanken sogar im Vergleich zu 2018.

Diese Unterschiede sind auf die verschiedenen Herausforderungen zurückzuführen, denen sich die Gemeinden stellen müssen, um Versorgungs- und Entsorgungssicherheit, die Qualität des Trinkwassers und den Gewässerschutz zu garantieren.

1 Das Basisjahr 2011 wurde gewählt, da die Gemeinden seit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Mannheim vom 11.03.2010 auf eine gesplittete Abwassergebühr umstellen müssen. Die meisten Gemeinden stellten bereits zum 01.01.2011 um und aktuell haben 97 % der Gemeinden eine gesplittete Abwassergebühr.

2 Vergleiche Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Wasser­entnahmeentgelt: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/schutz-natuerlicher-lebensgrundlagen/wasser/rechtsvorschriften/wasserentnahmeentgelt/(Abruf: 25.08.2020).

3 Zintz, Klaus: Wie sich Spurenstoffe aus dem Abwasser eliminieren lassen, in: KomS-Technologieforum Spurenstoffe, https://koms-bw.de/cms/content/media/DWAVeranstalberichtSpurenWernauMai19Zz.pdf (Abruf: 25.08.2020).

4 Feuerstein, Wolfgang: Organische Spuren im Grundwasser – risikobasierte Untersuchungen in Baden-Württemberg, in: Zukunftsfähigkeit und Sicherheit der Wasserversorgung, iswa (Hrsg.), 2015, S. 7.

5 Vergleiche Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Ergebnispapier »Spurenstoffstrategie des Bundes«, S. 17, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Binnengewaesser/ergebnispapier_stakeholder_dialog_phase2_bf.pdf (Abruf: 25.08.2020).

6 Hildebrand, André: Die Situation der Klärschlammentsorgung im Land spitzt sich zu, in: Die Gemeinde (BWGZ) 06/2019.

7 Haakh, Frieder: Wie »gerecht« und zukunftssicher ist die Struktur der Wassertarife? Überlegungen aus Sicht der Betreiber, in: Zukunftsfähigkeit und Sicherheit der Wasserversorgung, iswa (Hrsg.), 2015, S. 49.

8 Im Zeitverlauf hat sich das Gewicht der Grundgebühr an den Wasserkosten im Landesdurchschnitt erhöht (siehe Tabelle). In den beiden Gemeinden mit der 2019 landesweit höchsten Grundgebühr für Trinkwasser wurde auf Basis des Rechenmodells rund die Hälfte der Wasserkosten durch die Grundgebühr gedeckt.

9 Erläuterung im i-Punkt (Abschnitt: Vorgehensweise zur Berechnung des Landesergebnisses).

10 Leptien, Christoph: Wirtschaftsdaten der Abwasserbeseitigung, in: Korrespondenz Abwasser, Abfall 08/2014.

11 Vergleiche Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Erweiterung der Kläranlage in Michelbach an der Bilz (Landkreis Schwäbisch Hall), Pressemitteilung vom 09.06.2016.

12 Vergleiche Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Mehr als eine Million Euro Förderung für Wasserversorgung Elztal (Neckar-Odenwald-Kreis), Pressemitteilung vom 19.08.2019.

13 Vergleiche Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Verbraucherpreisindex im Januar 2019: Ergebnisse auf neuer Basis (2015=100), Pressemitteilung vom 21.02.2019. https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2019036(Abruf: 25.08.2020).

14 Eine weitere Möglichkeit des Vergleiches ist der Anteil der Wasserkosten am verfügbaren Einkommen je Einwohner in Baden-Württemberg. Dieser beträgt 0,9 %.