:: 9/2020

Im Blickpunkt: Die Stadt Balingen

In der Serie »Im Blickpunkt« steht dieses Mal die Stadt Balingen im Zollernalbkreis. Aus dem Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Balingen wie für jede andere Gemeinde des Landes interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen. Besonders herausgehoben werden an dieser Stelle die Bevölkerungsentwicklung, die Wohn- und die Beschäftigtensituation.

Balingen ist eine Stadt im Süden Baden-Württembergs, etwa 70 Kilometer (km) süd-südwestlich von Stuttgart. Sie ist die Kreisstadt und nach Albstadt die zweitgrößte Stadt des Zollernalbkreises und bildet ein Mittelzentrum zu dem neben Balingen selbst die Städte und Gemeinden Dautmergen, Dormettingen, Dotternhausen, Geislingen, Hausen am Tann, Ratshausen, Rosenfeld, Schömberg, Weilen unter den Rinnen und Zimmern unter der Burg gehören. Die Große Kreisstadt ist mit der Nachbarstadt Geislingen eine vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft eingegangen. Ab Anfang der 1970er-Jahre wurden die bis dahin selbstständigen Gemeinden Streichen, Ostdorf, Endingen, Erzingen, Zillhausen, Engstlatt und Frommern eingemeindet. Balingen liegt am Rand der Schwäbischen Alb im Tal der Eyach, einem Nebenfluss des Neckars. Südlich der Stadt befinden sich die sogenannten Balinger Berge, darunter das Plettenberg, der Schafberg und die Lochen. Westlich der Stadt liegt die Liasebene des Kleinen Heubergs.

Durch Balingen führt die Zollernalbbahn, welche von Tübingen bis nach Aulendorf verläuft. Balingen liegt auch an der Bahnstrecke Balingen – Schömberg, welche aber nur im Ausflugsverkehr und Güterverkehr bedient wird. Balingen hat insgesamt sechs Bahnhöfe: Engstlatt, Balingen, Balingen-Süd, Frommern, Endingen und Erzingen. Der Öffentliche Personennahverkehr wird durch den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (NALDO) gewährleistet. Durch Balingen führt die Bundesstraße B 27, die sich nördlich des Stadtteiles Engstlatt bis südlich von Balingen auf einer Länge von etwa 10 km mit der Bundesstraße B 463 vereint. Die B 27 verbindet die Stadt nach Norden mit dem Großraum Stuttgart und nach Süden mit Schaffhausen in der Schweiz. Die B 463 verläuft in Richtung Nordwesten über Haigerloch zur Bundesautobahn A 81 und in Richtung Südosten über Albstadt bis nach Sigmaringen.

Balingen wurde im Jahr 863 als Balginga erstmals erwähnt. Im 12. Jahrhundert traten verschiedene Adlige als Ortsherren Balingens auf. Balingen gehörte zur bis 1162 existierenden Herrschaft Haigerloch, dann fiel es den Grafen von Hohenberg zu. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgte der Übergang an die Grafen von Zollern, diese machten den Ort zum Sitz der Herrschaft Schalksburg. Etwa 200 Meter flussaufwärts zur bisherigen Siedlung in einer Landzunge zwischen Eyach und Steinach wurde 1255 die Stadt Balingen gegründet. Mit dem Stadtrecht wuchs die Siedlung rasch an und erhielt eine Ummauerung. 1403 gelangte Balingen durch Kauf an Württemberg. Die Stadt wurde bald Sitz eines Amtes. Im 15. Jahrhundert war die Stadt mehrfach verpfändet, so unter anderem an Graf Hans von Werdenberg und an die Herren von Bubenhofen. Wie bereits um 1350 wurde Balingen in den Jahren 1463 bis 1465 von der Pest heimgesucht. Im 16. Jahrhundert trat die Pest immer wieder auf. 1610/1611 starben etwa 400 Einwohner daran. Die Aufständischen vom armen Konrad übernahmen 1514 die Herrschaft über die Stadt. Der Dreißigjährige Krieg führte zur erneuten Verbreitung der Pest. Nach Feuersbrünsten 1724 und 1809 wurde die Stadt mit regelmäßigem Grundriss neu erbaut. 1758 wurde Balingen Sitz eines Oberamtes, welches 1806 mit der Gründung des Königreichs Württemberg durch die Angliederung ehemals vorderösterreichischer sowie ritterschaftlicher Gebiete und der Stadt Ebingen erheblich vergrößert wurde. Das Oberamt Balingen gehörte ab 1810 zur Landvogtei am oberen Neckar und ab 1818 zum Schwarzwaldkreis. Die Bewohner betrieben seit dem 19. Jahrhundert hauptsächlich Trikotwebereien und waren in der Handschuh- und Schuhfabrikation tätig, andere betrieben Viehhandel. Das Jahrhunderthochwasser der Eyach am 4. und 5. Juni 1895 kostete 41 Menschen das Leben. Gewaltige Wassermassen eines Gewitters rissen Eisenbahngleise zwischen den Stationen Frommern und Laufen ein, bevor es Balingen erreichte, Felder überschwemmte, Bäume entwurzelte, Brücken und Wehren und Mühlen in Mitleidenschaft zog. Seit 1918/1919 befand sich die Stadt im freien Volksstaat Württemberg. Bei den Verwaltungsreformen während der NS-Zeit in Württemberg wurde das Oberamt Balingen 1934 in Kreis Balingen umbenannt und 1938 in den Landkreis Balingen überführt. Von 1944 bis 1945 wurden in den Ortsteilen Frommern, Engstlatt und Erzingen Werke und Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof betrieben, um im Rahmen des Unternehmens »Wüste« Treibstoff aus Ölschiefer zu gewinnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Stadt Balingen in der Französischen Besatzungszone und kam 1947 zum neu gegründeten Land Württemberg-Hohenzollern, welches 1952 als Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern im Land Baden-Württemberg aufging. Durch die Kreisreform in Baden-Württemberg wurde Balingen ab 1973 Bestandteil des neu gebildeten Zollernalbkreises.

Balingen hat eine Gemarkungsfläche von 9 032 Hektar (ha). Davon werden fast 44 % landwirtschaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächennutzungsart leicht unter dem Landesdurchschnitt. Die Waldfläche beträgt gut 33 % und liegt unter dem Niveau des Landes (38 %). Mehr als 21 % der Fläche sind besiedelt oder dienen als Verkehrsfläche, hier wird das Landesmittel (14,6 %) deutlich überschritten.

Am 31. Dezember 2018 lebten 34 217 Personen in Balingen. Mit 379 Personen je Quadratkilometer (km2) entspricht die Besiedelungsdichte den ländlich geprägten Teilen Baden-Württembergs und liegt über dem Landesdurchschnitt (310). Die Bevölkerungsentwicklung war in den Jahren zwischen 2008 und 2018 leicht positiv. In diesem Zeitraum hat die Bevölkerung um 0,5 % zugenommen. Sie lag damit unter der landesweiten Entwicklung. Das Durchschnittsalter der Bürger von Balingen betrug 45,5 Jahre und lag damit über dem Landesdurchschnitt von 43,5 Jahren. Gut 10 % der Einwohner von Balingen hatten 2018 einen ausländischen Pass. Der Ausländeranteil in Balingen lag damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 15,5 %.

Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in Balingen ist positiv. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2018 nahm der Wohnungsbestand um 3,7 % zu und lag damit aber noch unter dem Landesniveau. Die Werte für baureifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen 2015 und 2017 mit 132 Euro je Quadratmeter (EUR/m2) um 56 EUR/m2 niedriger als die im Landesdurchschnitt ermittelten Werte. Dies könnte für junge Familien ein Anreiz sein, hier eine Immobilie zu erwerben. Gut 76 % der Wohngebäude sind Einfamilienhäuser, hier wird das Landesmittel deutlich überschritten. Mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 50 m2 je Einwohner liegt der Wert in Balingen über dem Landesdurchschnitt.

Architektonisch fallen im Stadtbild von Balingen zahlreiche historische Bauwerke auf: Das Wahrzeichen der Stadt ist das Zollernschloss mit dem »Reiterhaus« und dem »Wasserturm«. Unmittelbar daran grenzt das ehemalige Gerberviertel an, das auch »Klein-Venedig« genannt wird. Balingen war eine ausgesprochene Gerber-Stadt. Noch im 19. Jahrhundert reihte sich unterhalb der östlichen Stadtmauer, eine Gerberwerkstatt an die andere. Der für Balingen einst so wichtige Gewerbezweig fiel dann jedoch der Industrialisierung zum Opfer. Die alten Werkstattgebäude wurden dann ausgebaut und zu Wohnzwecken genutzt. Die spätgotische evangelische Stadtkirche beherbergt unter anderem das Grabmal Friedrichs von Zollern. Sie wurde im 15./16. Jahrhundert aus der alten Kapelle St. Nikolaus erbaut. Noch älter ist jedoch die Friedhofkirche in Balingen. Diese wurde bereits 1255 erwähnt und war »Unserer Lieben Frau« geweiht. Hoch über der Balinger Altstadt am Hang des Heubergs liegt die Sichelschule. Die in neugotischem Baustil errichtete katholische Heilig-Geist-Kirche entstand in den Jahren 1897 bis1899. In der Nähe des Krankenhauses befindet sich die im Jahr 1428 erbaute Siechenkapelle. Die Zehntscheuer ist ein Zeugnis von der einstigen Bedeutung der Landwirtschaft für die Bewohner Balingens.

Die Chance auf eine Beschäftigung in Balingen hat in den vergangenen 10 Jahren zugenommen. So hatten hier 2018 rund 17 771 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Arbeitsplatz. Dies sind 16,5 % mehr als 2008. Langfristig betrachtet lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2018 um mehr als 3 560 höher als 1999. Gut 32 % aller Arbeitsplätze in Balingen liegen heute noch in dem Wirtschaftsbereich des Produzierenden Gewerbes und nehmen damit aber keine dominierende Position wie in vielen anderen Kommunen des Landes ein. Der Schwerpunkt der Beschäftigung in Balingen liegt im Bereich der sonstigen Dienstleistungen mit annähernd 39 %.

Der Schuldenstand je Einwohner in Balingen belief sich auf 1 306 Euro im Jahr 2018 und lag damit über dem Landesdurchschnitt von 1 022 Euro je Einwohner. Die Steuerkraftmesszahl je Einwohner und die Steuerkraftsumme je Einwohner lagen im Jahr 2018 unter dem Landesniveau.

Kulturell und sportlich bietet die Stadt Balingen ihren Bürgerinnen und Bürgern und Besuchern eine Vielfalt an Sport- und Freizeitmöglichkeiten. Erfolgreichster Sportverein der Stadt ist die HBW Balingen-Weilstetten, die von 2006 bis 2017 in der 1. Handball-Bundesliga spielte. Nach 2 Jahren in der 2. Handball-Bundesliga gelang 2019 der Wiederaufstieg in die 1. Liga. In der Stadthalle Balingen finden regelmäßig Theatergastspiele, Opern-, Operetten- und Musical-Aufführungen sowie Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt. In Balingen befinden sich ein Waagenmuseum, ein Heimatmuseum, die Friedrich-Eckenfelder-Galerie, im Ortsteil Endingen ein Ortsmuseum und im Ortsteil Ostdorf ein Bauernmuseum. Das Haus der Volkskunst im Ortsteil Dürrwangen enthält ein Trachtenmuseum, ein Möbelmuseum und ein Hirtenhornmuseum. Ein einzigartiges Naturdenkmal ist der Zillhausener Wasserfall, hier stürzt der Büttenbach insgesamt 26 Meter tief in eine Schlucht, davon 17 Meter in freiem Fall. Der Wasserfall ist von einem Parkplatz unterhalb von Zillhausen über eine Treppenanlage zugänglich. Ein kleinerer Wasserfall liegt 2 km südlich im Wannental oberhalb von Stockenhausen. In der Stadthalle finden in mehrjährigem Abstand regelmäßig Kunstausstellungen mit überregionaler Bedeutung statt. Die Ausstellungen haben wechselnde Schwerpunkte, in der Vergangenheit zum Beispiel Marc Chagall, Pablo Picasso, Joan Miró, Gustav Klimt, Erich Heckel, Paul Klee oder Ernst Ludwig Kirchner. Das alljährlich Mitte Juli stattfindende Metal-Festival »Bang Your Head« auf dem Balinger Messegelände, das Balinger Rockfestival, das internationale Volkstanzfestival und das Balinger Volksfest runden das breite kulturelle Angebot ab. Das mögen die Hauptgründe dafür sein, dass es 2018 zu 1 845 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner in Balingen kam.