:: 10/2020

Handwerkszählung 2017 – Teil 2

Größenklassen, Produktivität und regionale Aspekte

Das Handwerk ist ein bedeutender Bestandteil der heimischen Wirtschaft, spielt eine wichtige Rolle in den wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozessen und ist ein bedeutender Arbeitgeber. Nicht zuletzt ist die berufliche Aus- und Weiterbildung ohne das Handwerk kaum vorstellbar.

Der vorliegende Beitrag schließt an eine Veröffentlichung in Heft 6+7/2020 dieser Schriftenreihe an und stellt Größenstrukturen sowie Produktivitätsunterschiede vor. Die Regionalbetrachtung zeigt schließlich die große wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in ländlichen Gebieten.

Das baden-württembergische Handwerk ist mit durchschnittlich zehn Personen je Unternehmen traditionell kleinbetrieblich strukturiert. 42 653 Handwerksunternehmen, das sind 57,5 % aller Handwerksunternehmen, beschäftigten im Jahr 2017 weniger als fünf Personen. Insgesamt arbeiteten 86 037 Beschäftigte in diesen Kleinstunternehmen (11,5 %). Sie erwirtschafteten mit rund 7,2 Milliarden (Mrd.) Euro 7,5 % des gesamten Handwerksumsatzes im Südwesten. In den gut 2 000 (2,7 %) größten Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten waren insgesamt über 300 000 Personen tätig, das entspricht einem Anteil von vier Zehnteln an der Gesamtbeschäftigtenzahl im Handwerk. Mit 48,1 Mrd. Euro wurde in den größten Unternehmen gut die Hälfte des Branchenumsatzes erzielt (Tabelle 1).

Die im Durchschnitt größten Unternehmen finden sich im Lebensmittelgewerbe, wo in einem Unternehmen über 24 Personen beschäftigt waren, in Bäckereiunternehmen sogar durchschnittlich 36 Personen. Auch in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf (17 Personen je Unternehmen) fanden sich überdurchschnittlich große Unternehmen, allen voran bei den Schneidewerkzeugmechanikern (knapp 48 Personen je Unternehmen) und den Chirurgiemechanikern (36 Personen je Unternehmen). Dagegen sind Kleinstunternehmen typisch für die Handwerke für den privaten Bedarf (vier Personen je Unternehmen). Gemäß dem Motto »keine Regel ohne Ausnahme« waren bei Textilreinigern im Schnitt 28 Personen je Unternehmen beschäftigt.

Höchste Produktivität im Kraftfahrzeuggewerbe

Hinsichtlich der Produktivität, also dem Umsatz je tätiger Person, zeigen sich zwischen den Gewerbegruppen enorme Unterschiede. Durchschnittlich wurde im baden-württembergischen Handwerk 2017 ein Umsatz von 127 479 Euro je tätiger Person erzielt. Die Bandbreite erstreckte sich von den Handwerken wie dem Kraftfahrzeuggewerbe (270 488 Euro je tätiger Person) und dem Bauhauptgewerbe (166 662 Euro je tätiger Person) bis zu den arbeitsintensiven Handwerken für den privaten Bedarf (49 253 Euro je tätiger Person). Im Kraftfahrzeuggewerbe erwirtschaftete eine Person damit den 5 ½-fachen Umsatz eines Beschäftigten in den Handwerken für den privaten Bedarf. Das Ausbaugewerbe (114 058 Euro je tätiger Person) und die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (110 527 Euro je tätiger Person) bildeten das Mittelfeld, gefolgt vom Lebensmittelgewerbe (83 494 Euro je tätiger Person) und vom Gesundheitsgewerbe (82 122 Euro je tätiger Person) (Tabelle 2).

Große wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in ländlichen Gebieten

In der Regionalbetrachtung zeigt sich, dass dem Handwerk in den Stadt- und Landkreisen recht unterschiedliche Bedeutung zukommt. Der Indikator Handwerksbesatz1 beleuchtet die beschäftigungspolitische Bedeutung des Handwerks in der Fläche (siehe Schaubild 1) bzw. die regionalen Strukturunterschiede des Handwerks. Danach arbeitete im Jahr 2017 im Alb-Donau-Kreis, im Landkreis Emmendingen, im Zollernalbkreis, in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Freudenstadt, Calw, Waldshut und Reutlingen sowie im Rems-Murr-Kreis mehr als jeder vierte Beschäftigte im Handwerk (Schaubild 2).

Gleichzeitig lagen in den Landkreisen Waldshut, Freudenstadt, Zollernalb, Emmendingen und Schwäbisch Hall die Umsatzanteile aus Handwerksunternehmen am Gesamtumsatz aller Unternehmen dieser Kreise zwischen einem Fünftel und über einem Viertel. Zum Vergleich: Die baden-württembergischen Handwerksunternehmen stellten Arbeitsplätze für 17 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land und erwirtschafteten knapp 9 % des Gesamtumsatzes aller im Land ansässigen Unternehmen.

In den Stadtkreisen kommt dem Handwerk als Arbeitgeber deutlich geringere Bedeutung zu. So lagen in Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg und Ulm sowie im Bodenseekreis die Beschäftigtenanteile jeweils unter der 10 %-Marke. Auch die Umsatzanteile aus dem Handwerk waren in den Stadtkreisen am niedrigsten und blieben in Stuttgart, Karlsruhe Ulm, Heilbronn und Mannheim unter der 5 %-Marke.

Es wird klar, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in ländlichen Gebieten höher ist als in den verdichteten Räumen. Denn in den verdichteten Räumen sind sehr viel mehr, darunter auch große und teilweise weltweit tätige Unternehmen ansässig. Die Branchenstruktur dort ist vielfältig und in den Zentren gibt es zudem in der öffentlichen Verwaltung ein großes Arbeitsplatzangebot.

1 Der Handwerksbesatz ist hier definiert als der Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter (SVP) des zulassungspflichtigen bzw. des zulassungsfreien Handwerks an den SVP insgesamt. Die geringfügig Beschäftigten finden hierbei keine Berücksichtigung.