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Gewerbesteuereinnahmen und Schuldenstand der Kommunen bis bzw. zum 30. September 2020

Durch die Corona-Krise und den damit verbundenen Schließungen von Unternehmen und der massiven Ausweitung von Kurzarbeit, sind in vielen Kommunen in Baden-Württemberg die Gewerbesteuereinnahmen teils dramatisch weggebrochen. Um 892 Millionen (Mill.) Euro netto lagen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer bis Ende September 2020 niedriger als im Vorjahreszeitraum. Dass dies nicht zu einer spürbaren Erhöhung des Schuldenstands geführt hat, ist Geldern zu verdanken, die von Bund und Land zur Verfügung gestellt wurden. Der Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen, steht eine Schuldenerhöhung beim nichtöffentlichen Bereich in Höhe von 182 Mill. Euro gegenüber.

Die Gewerbesteuer (GewSt) ist eine Haupteinnahmequelle für Gemeinden und wird direkt von den Gemeinden erhoben. Im Jahr 2019 kamen 21,3 % der Gesamteinnahmen der Kommunen von der GewSt, kein anderer Einzelposten war höher.

Öffentliche Schulden sind grundsätzlich im Fokus der Öffentlichkeit. In den Medien ist immer wieder von der Einhaltung der Maastricht-Kriterien in den 27 EU-Mitgliedsländern zu hören. Ziel der Kommunen ist eine möglichst geringe Verschuldung, um den ihnen obliegenden Aufgaben in vollem Umfang nachkommen zu können. Je höher die Schulden (pro Einwohner) sind, umso mehr besteht die Gefahr, dass eine Kommune nicht mehr alle Aufgaben erfüllen kann.

Nachdem in den letzten Jahren immer neue Rekordeinnahmen gemeldet wurden, hat das Herunterfahren der Wirtschaft aufgrund der Corona-Krise zu einem deutlichen Einbruch der GewSt-Einnahmen geführt. Welche Auswirkungen dies auf die Einnahmen der Gemeinden hat, soll anhand eines Vergleichs der GewSt-Einnahmen zum Stand 30. September der Jahre 2019 und 2020 zeigen. Die Schulden im kommunalen Bereich gingen hingegen in Summe jahrelang zurück und erreichten ihren Tiefpunkt zum Ende des Jahres 2019. Hier soll ein Vergleich der Schuldenstände zum 31. Dezember 2019 mit dem Stand zum 30. September 2020 zeigen, wie sich diese wichtige Zahl in der bisher abbildbaren Zeit seit dem Beginn der Corona-Krise im Februar/März 2020 entwickelt hat.

Gewerbesteuereinnahmen (brutto) um mehr als 20 % verringert

Die GewSt-Einnahmen (brutto) sind in Baden-Württemberg zum Stand 30. September 2020 im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um 21,9 % zurückgegangen. Insgesamt knapp 892 Mill. Euro netto standen den Kommunen bis Ende September 2020 weniger zur Verfügung als im Vorjahreszeitraum. Der Nettobetrag, der nach Abzug der GewSt-Umlage übrig bleibt ist um 16,9 % gesunken. Die GewSt-Umlage wirkt hier ausgleichend. Wenn die Einnahmen aus der GewSt fallen, sinkt die GewSt-Umlage überproportional, umgekehrt würde der Betrag, der an Bund und Land abgeführt werden muss, überproportional steigen, wenn die GewSt-Einnahmen steigen.

Nicht in allen Land- bzw. Stadtkreisen haben sich die GewSt-Einnahmen gleich entwickelt. Es gibt mit dem Landkreis Heilbronn und dem Neckar-Odenwald-Kreis zwei Landkreise, in denen die Nettoeinnahmen aus der GewSt sogar noch gestiegen sind (um 1,3 % bzw. um 4,1 %). Mit Mannheim gibt es auch einen Stadtkreis, der mit 214 Mill. Euro fast genauso viel eingenommen hat wie im Vorjahreszeitraum (−0,0 %). Im Regierungsbezirk Stuttgart sind die GewSt-Einnahmen mit −20,5 % am stärksten gefallen. Der Landkreis mit dem stärksten Rückgang (Landkreis Ludwigsburg −34,8 %) liegt im selben Regierungsbezirk (Tabelle 1).

Noch unterschiedlicher gestaltet sich die Bandbreite bei den Ergebnissen auf Gemeindeebene. Von den insgesamt 1 101 Kommunen in Baden-Württemberg mussten zum 30. September 2020 insgesamt 706 Kommunen einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum melden. Bei 136 davon, fiel der Rückgang mit über −50 % besonders stark aus. Immerhin 395 Kommunen konnten dagegen eine Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum feststellen, 79 davon durften sich sogar über eine Steigerung von über 50 % freuen (Schaubild). Steigerungen gab es vor allem bei Gemeinden, die Unternehmen im Bereich Telekommunikation, digitale Dienstleistungen oder Konsumgüter (zum Beispiel Teigwaren, Hygieneartikel) bei sich angesiedelt haben.1

Nur geringfügiger Anstieg der gesamten Schulden seit Ende 2019

Seit dem 31. Dezember 2019 sind die gesamten Schulden (gegenüber dem nichtöffentlichen Bereich) der Kommunen nicht außergewöhnlich stark gestiegen. Der weitaus größte Teil der Schulden fällt unter die Investitionskredite, welche von 5 629 Mill. Euro Ende 2019 auf 5 661 Mill. Euro am 30. September 2020 gestiegen sind. Dies entspricht einem Zuwachs von knapp 0,6 % gegenüber dem Stand vom 31. Dezember 2019. Kassenkredite, die kurzfristiger Natur sind und dazu dienen Liquiditätsengpässe zu überbrücken stiegen bis zum 30. September 2020 von rund 218 Mill. Euro auf gut 367 Mill. Euro (+ 68 %).

Kassenkredite betreffen jedoch nur vergleichsweise wenige Kommunen. 1 030 Gemeinden2 hatten zu beiden Stichtagen keine Kassenkredite, bei weiteren zehn hat sich die Höhe der Kassenkredite nicht verändert. Der Anstieg der Kassenkredite um 149 Mill. Euro ist auf 66 Gemeinden zurückzuführen, davon hatten 46 Gemeinden Ende 2019 noch keine Kassenkredite. Bei 36 Kommunen sind die Kassenkredite im Zeitraum bis zum 30. September 2020 gesunken. Kassenkredite sind regional ungleich verteilt. Fast die Hälfte der Kassenkredite verbuchten Ende September die Kommunen der Region Mittlerer Oberrhein, während die Gemeinden des Regierungsbezirks Freiburg nicht mal 10 % aller Kassenkredite auf sich vereinen.

215 Gemeinden haben zum 30. September 2020 keine Investitionskredite gegenüber dem nicht öffentlichen Bereich gemeldet. Die meisten dieser Kommunen befinden sich im Regierungsbezirk Tübingen (71 Gemeinden) und im Regierungsbezirk Stuttgart (66 Gemeinden). Ähnlich wie bei der Gewerbesteuer kann man auch bei den Schulden keine einheitliche Steigerung oder Verringerung feststellen. In den ersten 3 Quartalen 2020 konnten 739 Gemeinden ihren Schuldenstand verringern, um insgesamt 499 Mill. Euro. 194 Kommunen haben insgesamt ihre Schuldenhöhe vergrößert, sodass in der Summe bei allen Gemeinden eine Steigerung von 32 Mill. Euro, bzw. 0,6 %, zu Buche steht. Da eine Gemeinde, die neue Schulden aufnimmt, tendenziell einen deutlich höheren Betrag aufnimmt, als eine andere Gemeinde regulär tilgt, steigt der Gesamtschuldenwert, obwohl bei deutlich mehr Gemeinden der Wert der Investitionskredite gesunken als gestiegen ist.

Zweistellige prozentuale Zuwächse beim Investitionskreditstand haben in den ersten 3 Quartalen die Stadtkreise Karlsruhe und Baden-Baden, sowie die Kommunen in den Landkreisen Hohenlohekreis, Konstanz, Alb-Donau-Kreis, Schwarzwald-Baar-Kreis sowie Ludwigsburg (Tabelle 2).

Hilfen des Bundes und des Landes begrenzen Schuldenwachstum

Dem Rückgang der Nettoeinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 892 Mill. Euro steht eine Gesamtschuldensteigerung in Höhe von lediglich knapp 182 Mill. Euro gegenüber. Neben insgesamt 200 Mill. Euro, die im März und April an die Kommunen geflossen sind um ausgefallene Kinderbetreuungsgebühren zu kompensieren, erhielten alle Kommunen in Baden-Württemberg im Oktober 2020 eine Überweisung vom Land in Gesamthöhe von 1 881 Mill. Euro. Dieser Betrag soll den Einnahmeausfällen aus der Gewerbesteuer der Gemeinden in 2020 entsprechen auf Basis der Steuerschätzung im Mai 2020. Die Zahlung wurde mit 840 Mill. Euro durch den Bund und mit 1 040 Mill. Euro durch das Land Baden-Württemberg finanziert.3

Ende des 3. Quartals haben die Einnahmenausfälle bei der Gewerbesteuer im Vergleich zum Vorjahr noch nicht die Hälfte des Betrags erreicht, der von Bund und Land den Kommunen in Baden-Württemberg als Gewerbesteuerkompensation zur Verfügung gestellt wurde. Weiter anhaltende Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen und Rückzahlungen von ggf. zu hoch angesetzten Gewerbesteuervorauszahlungen könnten dazu führen, dass die Gemeinden die erhaltenden Hilfen in voller Höhe benötigen.

Es konnte gezeigt werden, dass die gesamten Schulden der Kommunen in Baden-Württemberg bis zum Ende des 3. Quartals 2020 nur geringfügig gestiegen sind. Deutlich gestiegen sind lediglich die Kassenkredite. Durch den Erhalt der Gewerbesteuerkompensationszahlung Anfang des 4. Quartals 2020 besteht die Hoffnung, dass Kommunen die aufgenommenen kurzfristigen Kassenkredite zur Liquiditätssicherung im Jahr 2020 noch reduzieren können. Selbstverständlich können jedoch auch andere fehlende Einnahmen und gleichbleibende Ausgaben zu Situationen führen, die Kreditaufnahmen erfordern können. Dies konnte durch die Hilfen des Bundes und des Landes Baden-Württemberg bislang größtenteils vermieden werden.

1 Knözer, Sarah/Reif, Karl: Kommunalfinanzen – Haushaltsplanung in Coronazeiten, in: die:gemeinde, Veröffentlichung des Gemeindetag Baden-Württemberg, Dezember 2020, S. 48.

2 Wenn im Folgenden von Gemeinden bzw. Kommunen die Rede ist, sind dabei auch die Gemeindeverbände (Gv., hier: Landkreise) inkludiert. Die Landkreise als Gebietskörperschaft melden Schulden, haben jedoch keine Gewerbesteuereinnahmen.

3 Pressemitteilung des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 24. Juni 2020. https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/land-beteiligt-sich-am-kommunalen-solidarpakt-2020-des-bundes-1/ (Abruf: 8.12.2020).