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Auf dem Weg zu mehr Egalität? Die Entwicklung des Elterngeldbezugs von Vätern und Müttern in Baden-Württemberg

Mit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 wurden in Deutschland die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass Mütter und Väter in den ersten Lebensmonaten ihres Kindes die Zeit für Familienarbeit und Erwerbsarbeit gemeinsam aufteilen können. Damit sollte das Elterngeld den Wünschen junger Eltern entgegenkommen: Immer mehr Paare wünschen, sich egalitär – das heißt zu möglichst gleichen Teilen – für die Kinderbetreuung und das Haushaltseinkommen zu sorgen.1

Die Erweiterung des Elterngeldes um das Elterngeld Plus sowie den Partnerschaftsbonus (zu den Begriffen siehe i-Punkt »Die Arten des Elterngeldes«) zum 1. Juli 2015 greift darüber hinaus stärker die Lebensrealitäten von Eltern auf. So steigt die Erwerbstätigkeit von Frauen, und auch Müttern, stetig an und auch Väter wünschen sich nicht nur mehr Zeit mit der Familie, sondern setzen diesen Wunsch tendenziell häufiger in die Tat um.2 Mit der Option, das Elterngeld mit einer (partnerschaftlichen) Teilzeittätigkeit zu kombinieren, sollte hierfür eine Basis geschaffen werden.

Der vorliegende Artikel setzt sich mit Blick auf Baden-Württemberg mit der Frage auseinander, inwiefern das Elterngeld, das ElterngeldPlus und der Partnerschaftsbonus ihr Ziel erreichen und die Wünsche und Lebensrealitäten von Familien unterstützen. Er fragt nach den Nutzungsmustern und stellt dabei insbesondere die Inanspruchnahme durch Väter in den Fokus. Dabei diskutiert er auch, wo potenzielle Hemmnisse für die Inanspruchnahme liegen.

Geschlechterverteilung

Das Elterngeld wird von Eltern größtenteils positiv wahrgenommen: 92 % der befragten Eltern einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach gaben an, sie hielten das Elterngeld für eine »gute Regelung«.3 Entsprechend zeigt sich die Beliebtheit des Elterngelds auch in der zunehmenden Nutzungshäufigkeit von Müttern, aber insbesondere in der von Vätern. Schaubild 1 verdeutlicht, wie viele der im jeweiligen Geburtsjahr geborenen Kinder eine Mutter bzw. einen Vater haben, der oder die Elterngeld bezieht.

Seit 2008 bezieht nahezu jede Mutter in Baden-Württemberg Elterngeld.4 Für 2009 geborene Kinder waren es 98,8 % der Mütter. Seither schwankt dieser Anteil an elterngeldbeziehenden Müttern nur minimal und erreichte 2017 einen Wert von 99,2 %. Anders sieht es bei den elterngeldbeziehenden Vätern aus. Zwischen den Kindesgeburtsjahren 2008 und 2017 stieg ihr Anteil in Baden-Württemberg von zunächst 20,6 % jährlich an und erreichte 2017 schließlich einen Anteil von 43,7 %. Anders ausgedrückt: Rund 44 % der 2017 geborenen Kinder hatten einen Vater, der für sie Elterngeld bezog. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass 56 % der Väter, die eigentlich Elterngeld hätten beziehen können, dies nicht taten. Dadurch verfiel auch der Anspruch des Paares auf mindestens 2 weitere Monate Elterngeld. Das verdeutlicht, dass das Elterngeld noch nicht egalitär zwischen den Elternteilen aufgeteilt ist, wenngleich sich der Trend dorthin entwickelt.

Der Blick in die Kommunen Baden-Württembergs zeigt, dass die Nutzung des Elterngeldes durch Väter deutlich variiert. Die durchschnittliche Quote von 43,7 % elterngeldbeziehenden Vätern variiert je nach Land- oder Stadtkreis zwischen dem niedrigsten Wert von 22,7 % (Waldshut) und dem Maximum von 54,4 % (Main-Tauber-Kreis). Die höchsten Werte liegen teilweise in den Universitätsstädten (Heidelberg, Freiburg im Breisgau, Karlsruhe, Tübingen), aber auch in einigen ländlicheren Gebieten (zum Beispiel Main-Tauber-Kreis, Biberach, Ravensburg). Die niedrigsten Werte sind primär in ländlichen Gebieten, zum Beispiel Lörrach und Tuttlingen, aber auch in einigen größeren Städten wie Heilbronn und Pforzheim vertreten (Schaubild 2).

Bezugsdauer

Von Interesse ist schließlich die Frage, ob innerhalb der Familien, in denen beide Elternteile Elterngeld beziehen, eine egalitäre Bezugsdauer erkennbar ist, wie sie von 42 % der Eltern gewünscht wird.5 Schaubild 3a und 3b veranschaulichen, dass dies nicht der Fall ist. Zwar nimmt der Anteil an Vätern, der zwischen 3 und 9 Monaten Elterngeld bezieht, seit 2009 in Baden-Württemberg etwas zu. Dennoch nahmen 2019 rund 80 % der elterngeldbeziehenden Väter lediglich 2 Monate in Anspruch, weshalb diese Bezugsdauer gemeinhin zunehmend auch als »Vätermonate« bezeichnet wird. Im Kontrast dazu lagen die Bezugsdauern bei rund zwei Dritteln der Mütter bei 10 bis 12 Monaten. Das Modell »12 Monate Elterngeld Mutter + 2 Monate Vater« ist damit am häufigsten vertreten.

Auch Schaubild 4 unterstreicht, dass der Anteil an Vätern, der 2 Monate Elterngeld bezieht, seit 2009 zwar zunimmt, jedoch zu Ungunsten einer längeren Elternzeit. In diesem Zeitraum sank die durchschnittliche Bezugsdauer von Vätern von 3,3 auf 2,7 Monate. Ab 2015 zeigt sich mit der Einführung des ElterngeldPlus und des Partnerschaftsbonus ein Bruch dieses rückläufigen Trends. Seither beziehen etwas mehr Männer das Elterngeld für 3 bis 9 Monate. Einige nutzen es nun sogar häufiger für mehr als 13 Monate, sodass die durchschnittliche Bezugsdauer entsprechend wieder auf 3,1 Monate im Jahr 2019 stieg. Frauen bezogen das Elterngeld dagegen bis zum Kindesgeburtsjahr 2015 größtenteils für 10 bis 12 Monate (Schaubild 3b) mit einer durchschnittlichen Dauer von konstant 11,6 bis 11,7 Monaten (Schaubild 4). Mit der Erweiterung des Elterngeldes im Jahr 2015 scheinen vor allem Frauen die Verlängerung der Bezugsdauer des Elterngeldes für sich zu nutzen: Gut ein Drittel der Mütter bezog im Jahr 2019 mehr als 13 Monate lang Elterngeld, sodass auch die durchschnittliche Bezugsdauer entsprechend auf 14,4 Monate anstieg.

Die Entwicklung der Bezugszeit von Frauen deutet darauf hin, dass die Einführung des ElterngeldPlus besonders auf die Elterngeldnutzung von Müttern einen Effekt hat. Das könnte bedeuten, dass Frauen dieses Angebot dazu nutzen, in Teilzeit in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Auf die Nutzung durch Väter hat das ElterngeldPlus einen schwächeren Effekt. Vertiefende Analysen zur Nutzung von ElterngeldPlus werden im Abschnitt »Warum beziehen Väter kein oder wenig Elterngeld?« erläutert.

Die Bezugsdauer unterscheidet sich auch in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs. In Schaubild 5 ist für Väter grafisch dargestellt, welcher Anteil an elterngeldbeziehenden Vätern länger als 2 Monate Elterngeld für ein 2017 geborenes Kind bezog. Dabei zeigt sich, dass tendenziell eher in den größeren Städten Väter für mehr als 2 Monate Elternzeit beziehen. So finden sich die höchsten Anteile in Heidelberg mit 35,4 %, sowie in den Stadtkreisen Freiburg im Breisgau (35 %) und Mannheim (28,8 %). Der niedrigste Anteil an Vätern, die länger als 2 Monate lang das Elterngeld bezogen, findet sich dagegen in den ländlicheren Regionen, wie unter anderem dem Hohenlohekreis (11,7 %).

Interessante Unterschiede zwischen den Kreisen des Landes ergeben sich, wenn man Schaubild 2 und 5 nebeneinanderstellt. In einigen Kreisen ist augenscheinlich, dass ein hoher Anteil an elterngeldbeziehenden Vätern mit langen Bezugsdauern im Verhältnis stehen kann. Dies trifft beispielsweise für Heidelberg und Freiburg im Breisgau zu. In anderen Kreisen wird aber auch deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen Bezugshäufigkeit und Bezugsdauer nicht bestehen muss. Hervorzuheben ist der Main-Tauber-Kreis, in dem zwar mit einem Anteil von 54,4 % so viele Väter Elterngeld bezogen wie in keinem anderen Kreis des Landes. Jedoch lag die Bezugsdauer auch in keinem anderen Kreis (außer dem Hohenlohekreis) seltener über 2 Monate (11,7 %). Dieses Ergebnis zeigt sich auch im deutschlandweiten Trend beim Vergleich der Bundesländer: Baden-Württemberg weist im Vergleich zu anderen Bundesländern eine hohe Quote an Vätern auf, die für 2017 geborene Kinder Elterngeld beziehen (Baden-Württemberg 43,7 %; Deutschland 40,4 %), hat aber eine vergleichsweise etwas niedrigere durchschnittliche Bezugsdauer (Baden-Württemberg 2,9 Monate; Deutschland 3,4 Monate).6

ElterngeldPlus

Seit 2015 setzen sich die Statistiken zum Elterngeldbezug nicht mehr nur aus Basiselterngeld, sondern aus Basiselterngeld und ElterngeldPlus sowie dem Partnerschaftsbonus zusammen. Dabei ist die Frage interessant, inwiefern Mütter oder Väter die Möglichkeit nutzen, durch das ElterngeldPlus in Teilzeit in den Beruf zurückzukehren bzw. diesen Schritt mithilfe des Partnerschaftsbonus sogar zu teilen. Der Abschnitt »Bezugsdauer« hat bereits einen Hinweis darauf gegeben, dass mit Blick auf die Bezugsdauern tendenziell eher Mütter das ElterngeldPlus für sich in Anspruch nehmen. In Schaubild 6 sind nun die Anteile der Elterngeldbeziehenden von ElterngeldPlus mit und ohne Partnerschaftsbonus in Baden-Württemberg differenziert nach Müttern und Vätern dargestellt.

Für elterngeldbeziehende Mütter zeigt sich, dass der Anteil an Müttern, die ElterngeldPlus ohne Partnerschaftsbonus bezogen, von 2016 bis 2019 von 19,5 % auf 31,9 % anstieg. Anders ausgedrückt: Rund ein Drittel der Mütter nutzte 2019 das ElterngeldPlus, um in Teilzeit in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren. Im gleichen Zeitraum blieb der Anteil derjenigen Mütter, die ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus bezogen und damit die Teilzeiterwerbstätigkeit mit ihrem Partner teilten, konstant bei 1,1 %.

Unter Vätern ist die Nutzung von ElterngeldPlus ohne Partnerschaftsbonus von 2016 bis 2019 von 6,6 % auf 8,5 % angestiegen. Auch der Anteil der elterngeldbeziehenden Väter, die ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus beziehen, hat sich von 2,5 % auf 2,8 % leicht erhöht. Anders ausgedrückt bedeutet das aber auch, dass es 2019 insgesamt nur rund 11 % der elterngeldbeziehenden Väter waren, die nebenher in Teilzeit erwerbstätig waren.

Damit wird deutlich, dass der durch das ElterngeldPlus gesetzte Anreiz zur Kombination von Erwerbs- und Familienarbeit eher von Frauen genutzt wird, um in Teilzeit in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren, als von Männern, um mehr Zeit ihrer Familie zu widmen. Auch die Möglichkeit, sich zu gleichen Anteilen um Erwerbs- und Familienarbeit zu kümmern wird damit nur von sehr wenigen Paaren genutzt.

Warum beziehen Väter kein oder wenig Elterngeld?

Paare in Deutschland wünschen sich für ihre Familie eine egalitäre Rollenaufteilung, in der Mütter und Väter gleichermaßen für die Familie aber auch das Erwerbseinkommen sorgen.7,8 Wie die Zahlen für den Bezug von Elterngeld in Baden-Württemberg jedoch zeigen, ist mit Fokus auf das Elterngeld sowie das ElterngeldPlus und die Partnerschaftsmonate lediglich ein leichter Trend hin zu einer egalitäreren Aufteilung zu beobachten.9 Doch wie lässt sich der Unterschied zwischen Wunsch bzw. Idealvorstellung und tatsächlichem Handeln bzw. tatsächlicher Lebensweise erklären?

Im DIW-Wochenbericht 35/2019 wurden Daten der Pairfam-Studie ausgewertet, die deutschlandweit Väter, die entweder kein oder nur kurz Elterngeld bezogen haben, nach ihren Beweggründen gefragt hat.10 Mit großem Abstand werden hier von den Vätern an erster Stelle finanzielle Gründe dafür genannt, dass sie kein oder nur für kurze Zeit Elterngeld beziehen. Dafür gibt es mehrere plausible Erklärungen. Vor allem für Paare, bei denen das Einkommen des Mannes höher ist als das der Frau, ist es aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll, dass der Mann (für längere Zeit) aus dem Beruf ausscheidet und währenddessen nur noch ein reduziertes Einkommen hat.11 Auch Paare, die insgesamt ein niedriges Einkommen haben, können sich ein zusätzlich reduziertes Einkommen nicht leisten. Die Studie zeigt aber auch, dass Väter eher in Elternzeit gehen, wenn ihre Partnerinnen erwerbstätig sind und noch eher, wenn das Einkommen der Partnerin hoch ist.12 Die finanziellen Gründe, aus denen Väter kein oder wenig Elterngeld beanspruchen, setzen sich also hauptsächlich einerseits aus einem niedrigen Gesamteinkommen eines Paares und andererseits aus einer großen Einkommenskluft (Gender Pay Gap) zwischen den Partnern zusammen. Werden diese beiden Aspekte kombiniert (wenn zum Beispiel die Frau kein Erwerbseinkommen und der Mann ein niedriges hat), ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann kein Elterngeld beansprucht und nicht in Elternzeit geht, besonders hoch.

An zweiter Stelle wird genannt, dass die Partnerin 12 Monate beim Kind bleiben wollte, also den größten Teil der Elternzeit für sich selbst beansprucht hat. Dies könnte damit zu erklären sein, dass Frauen sich selbst (in ihrer Mutterrolle) oft als hauptverantwortlich in der Kinderbetreuung sehen13 oder davon ausgehen, dass die Einnahme dieser Rolle von ihnen gesellschaftlich erwartet wird.14 Solche Rollenerwartungen können bewirken, dass Mütter es ungern zulassen, dass ihr Partner bzw. der Vater ihrer Kinder umfangreiche Sorgetätigkeiten übernimmt (»maternal gatekeeping«).15

Die Sorge vor negativen beruflichen Konsequenzen steht für Väter schließlich an dritter Stelle. Eine Abwesenheit von der Erwerbstätigkeit wird in der Arbeitswelt teilweise mit geringerem Karrierewillen assoziiert und kann beispielsweise zum Verpassen von Aufstiegschancen führen.16 Gerade Männer schreiben ihrem Beruf und ihrer Karriere häufiger eine höhere Bedeutung zu als Frauen, weshalb sie eine potenzielle Gefährdung ihrer Karrierechancen eher vermeiden möchten. Ähnlich wie mit den Nachteilen durch Fernbleiben von der Erwerbsarbeit verhält es sich mit der Reduktion auf Teilzeitarbeit, die in einer stark präsenzorientierten Arbeitswelt, wie sie in Deutschland häufig gelebt wird, nicht selten mit geringem Karrierewillen assoziiert wird. Durch die Teilzeiterwerbstätigkeit während des Bezugs von ElterngeldPlus bzw. dem Partnerschaftsbonus werden solche ökonomischen Nachteile, die aus einer vollständigen Abwesenheit vom Arbeitsplatz resultieren könnten, zwar teilweise vermieden. Im Vergleich zur Vollzeiterwerbstätigkeit bringt die Teilzeitarbeit jedoch ebenfalls Nachteile wie geringere Bezahlung bzw. spätere Gehaltserhöhungen oder schlechtere Aufstiegschancen und eine Verringerung der Rentenansprüche mit sich.17 Die Teilzeitarbeit beim ElterngeldPlus stellt also einen Kompromiss zwischen Vollzeiterwerbstätigkeit und keiner Erwerbstätigkeit dar, wobei Väter durch die antizipierten möglichen Nachteile die Vollzeiterwerbstätigkeit eher vorziehen.

In Kontrast dazu steht, dass Väter, die Elterngeld bezogen haben, mehrheitlich der Meinung sind, dies habe ihrer Karriere nicht geschadet (89 %).18 Dabei muss jedoch bedacht werden, dass die meisten Väter nur kurz Elterngeld beziehen und dass potenzielle negative Konsequenzen für den Beruf eher dann wahrscheinlich werden, wenn ein Elternteil dem Beruf länger fernbleibt. Das zeigt sich auch daran, dass Frauen (die für gewöhnlich länger Elterngeld beziehen) weniger häufig berichten, das Fernbleiben vom Beruf habe ihrer Karriere nicht geschadet (75 %). Die vermeintlichen negativen beruflichen Konsequenzen des Elterngeldbezugs für Väter könnten also von der Dauer des Bezugs abhängen.

Fazit

Das Elterngeld erfreut sich in Baden-Württemberg seit seiner Einführung einer zunehmenden Beliebtheit bei Vätern. Mit 43,7 % ist es nahezu jeder zweite Vater, der für sein Kind Elterngeld bezieht. Die andere Seite der Medaille ist aber auch, dass die Bezugsdauer nicht nur deutlich unter derer der Mütter liegt. Durchschnittlich nehmen Väter für immer kürzere Zeit Elterngeld in Anspruch, sodass sich die Bezugsdauer auf die 2 sogenannten »Vätermonate« einpendelt. Auch der gesetzte Anreiz, durch das ElterngeldPlus und den Partnerschaftsbonus Eltern dazu zu motivieren, (gemeinsam) für eine Übergangszeit in Teilzeit zu arbeiten, führt aktuell noch dazu, dass vor allem Mütter diese Teilzeit für den Wiedereinstieg in den Beruf nutzen. Davon, gemeinsam mit dem/der Partner/Partnerin für eine kurze Zeit in Teilzeit zu arbeiten, sieht der Großteil der Eltern aktuell noch ab. Das Ziel der egalitären Rollenaufteilung, das zunehmend mehr Paare vor der Gründung ihrer Familie als Ideal anstreben, ist damit nach wie vor weit entfernt. Zumal Frauen, wenn sie Mütter werden, selten wieder in einem vollzeitnahen Beschäftigungsverhältnis in den Arbeitsmarkt zurückkehren, wenn sie einmal die Teilzeitoption für sich gewählt haben und damit potenziell auch Altersarmut riskieren.

Die Diskussion der Gründe zeigt, dass es vor allem eine strukturelle und gesellschaftliche Herausforderung ist, Eltern bei ihrem Wunsch nach mehr Egalität zu unterstützen. So lange Frauen weniger verdienen als ihre Partner, wird die Entscheidung, wer die Kinder betreut, immer zu Ungunsten der Mütter ausfallen. Wenn die Gesellschaft nach wie vor das Ideal einer traditionellen Familie proklamiert, werden Eltern seltener alternative Wege wählen. Und solange Arbeitgeber von ihren Mitarbeitenden in Vollzeit Präsenz erwarten und auch Karrierewillen damit assoziieren, werden Väter eher davon absehen ein potenziell missverständliches Signal an ihre Arbeitgeber zu senden. Hierzu braucht es eine Veränderung des Denkens über Familie und Karriere.

Am Ende sollten Eltern das Familien- und Zeitmodell wählen können, das sie sich für ihre Familie wünschen. Und dieses Modell sollte für sie nicht durch Vorbehalte von Arbeitgebern oder der Gesellschaft verhindert werden. Und kein Elternteil sollte durch das gewählte Modell berufliche, finanzielle oder persönliche Konsequenzen erwarten müssen.

1 Institut für Demoskopie Allensbach (2019): Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Familienpolitik. Befragungen im Rahmen der demoskopischen Begleitforschung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/IfD/sonstige_pdfs/Rahmenbedingungen_Bericht.pdf (Abruf: 20.12.2020).

2 BMFSFJ (2016): Partnerschaftliche Vereinbarkeit – Die Rolle der Betriebe.

3 Institut für Demoskopie Allensbach (2019).

4 Da hier die Anzahl der geborenen Kinder ins Verhältnis zu Elterngeldbeziehenden gestellt wird, gehören zur Gruppe derer, die kein Elterngeld bezogen, auch solche Eltern, die nach der Geburt keinen Bezug (mehr) zu ihrem Kind hatten, also zum Beispiel, wenn der/die ehemalige Partner/-in das Kind allein erzieht, wenn sie ihr Kind zur Adoption freigegeben haben oder wenn sie (was nur für Väter zutrifft) nicht über die Geburt ihres Kindes informiert waren.

5 Institut für Demoskopie Allensbach (2019). Hinweis: Im Osten Deutschlands wünschen sich 61 % eine egalitäre Rollenaufteilung, im Westen 37 %.

6 Statistisches Bundesamt Destatis (2020).

7 Dechant, Anna/Blossfeld, Hans-Peter (2015): Changes in the division of labor within highly educated German couples when the first child is born, in: Zeitschrift für Familienforschung, Jahrgang 27, Heft 3.

8 BMFSFJ (2016).

9 Einen genauen Einblick in die Aufgabenteilung in Familien gibt der GesellschaftsReport BW 2/2018: Generationen unter Druck? Die Beanspruchung von Menschen mittleren Alters, https://www.statistik-bw.de/FaFo/Familien_in_BW/R20182.pdf (Abruf: 20.12.2020).

10 Samtleben, Claire/Schäper, Clara/Wrohlich, Katharina (2019): Elterngeld und ElterngeldPlus: Nutzung durch Väter gestiegen, Aufteilung zwischen Müttern und Vätern aber noch sehr ungleich, in: DIW-Wochenbericht 35/2019, https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.673396.de/19-35-1.pdf (Abruf: 20.12.2020).

11 Dechant/Blossfeld (2015).

12 Juncke, David/Henkel, Melanie/Braukmann, Jan/Heimer, Andreas (2015): Dossier Väter und Familie – erste Bilanz einer neuen Dynamik, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), https://www.bmfsfj.de/blob/95454/54a00f4dd26664aae799f76fcee1fd4e/vaeter-und-familie-dossier-data.pdf (Abruf: 20.12.2020).

13 Dechant/Blossfeld (2015).

14 Schneider, Norbert/Diabaté, Sabine/Lück, Detlev (2014): Familienleitbilder in Deutschland. Ihre Wirkung auf Familiengründung und Familienentwicklung. Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

15 Schoppe-Sullivan, Sarah/Altenburger, Lauren/Lee, Meghan/Bower, Daniel/Kamp Dush, Claire (2015): Who are the Gatekeepers? Predictors of Maternal Gatekeeping, in: Parenting: Science and Practice 15/2015, Heft 3, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4922533/ (Abruf: 20.12.2020).

16 Possinger, Johanna (2013): Vaterschaft im Spannungsfeld von Erwerbs- und Familienleben. »Neuen Vätern« auf der Spur. Wiesbaden: Springer VS.

17 Juncke/Henkel/Braukmann/Heimer (2015).

18 Bernhardt, Janine/Hipp, Lena/Allmendinger Jutta (2016): Warum nicht fifty-fifty? Betriebliche Rahmenbedingungen der Aufteilung von Erwerbs- und Fürsorgearbeit in Paarfamilien, in: WZB Discussion Paper SP I 2016–501.