:: 3/2021

Landwirtschaftszählung 2020 – Erste Ergebnisse

Agrarstruktur im Wandel

Im Jahr 2020 erfolgte durch eine Landwirtschaftszählung wieder eine umfassende Inventur der landwirtschaftlichen Strukturen im Land. Landwirtschaftszählungen erfolgen in etwa 10-jährigem Abstand und dokumentieren den Stand und die Entwicklungen im Agrarsektor. Im vorliegenden Beitrag werden die ersten – noch vorläufigen – Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020 vorgestellt. Sie zeigen in Baden-Württemberg eine Landwirtschaft, die sich in einem vielfältigen Wandlungsprozess befindet.

Etwa alle 10 Jahre gibt es – den Empfehlungen der Welternährungsorganisation FAO folgend – in den meisten Staaten der Erde eine Bestandsaufnahme in der Landwirtschaft. Innerhalb der Europäischen Union gibt die EU-Verordnung 2018/1091 dabei einen einheitlichen Rahmen für alle Mitgliedsstaaten vor. Sie legt fest, welche Merkmale dabei in allen landwirtschaftlichen Betrieben zu erheben sind. In Deutschland trat der weltweite bzw. europäische Agrarzensus unter der Überschrift »Landwirtschaftszählung 2020« in Erscheinung, dessen erste Ergebnisse nachfolgend präsentiert werden. Die Landwirtschaftszählung 2020 umfasste in Deutschland zusätzlich zu den EU-weit verbindlichen Merkmalen auch nationalen Datenbedarf.

Immer noch »Wachsen oder Weichen«?

In den vergangenen Jahrzehnten war der Agrarstrukturwandel in Baden-Württemberg weitgehend dominiert vom Prinzip »Wachsen oder Weichen«. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe verringerte sich von Jahr zu Jahr in einem zum Teil erheblichen Tempo. Die freiwerdenden Flächen konnten dann von den verbleibenden Betrieben zum Größenwachstum genutzt werden. In den Jahren vor der Jahrtausendwende verringerte sich die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe von Jahr zu Jahr in einer Spannweite von – 3 % bis – 5 %. Bei diesen Abnahmeraten verringert sich die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe binnen eines Jahrzehnts um rund ein Drittel. So zum Beispiel zwischen 1989 und 1999 um – 37 % von 120 000 auf knapp 76 000 Betriebe.1 Hätten sich diese Abnahmeraten unvermindert fortgesetzt, würde es in Baden-Württemberg im Jahr 2020 vielleicht noch 25 000 bis 26 000 Betriebe geben.

Noch 39 400 Betriebe im Land

Seit der Jahrtausendwende hat sich jedoch das Tempo des Strukturwandels – gemessen an der Zahl der Betriebe – zunehmend verlangsamt. Die jährlichen Abnahmeraten verringerten sich zunächst auf unter – 3 % (etwa 1999 bis 2007), dann auf unter – 2 % (von 2007 bis 2016). Für den Zeitraum zwischen 2016 – der letzten Agrarstrukturerhebung – und 2020 ergibt sich rechnerisch sogar eine jährliche Abnahmerate von weniger als einem Prozent (– 0,7 %). Das Prinzip des »Wachsens oder Weichens« hat sich zumindest in der offenkundigen Form – die Betriebe werden weniger und die verbleibenden Betriebe immer größer – weitgehend überlebt. Der Strukturwandel ist damit aber mitnichten zum Stillstand gekommen, vielmehr gewinnen andere Facetten des strukturellen Wandels an Gewicht (Tabelle).

Betriebsformen werden vielfältiger

Die traditionelle Rechtsform in der Landwirtschaft ist die Einzelunternehmung, das heißt, der Betriebsinhaber oder die Betriebsinhaberin ist eine Einzelperson oder ein Ehepaar. Die Einzelunternehmung ist nach wie vor die dominierende Rechtsform (Anteil 88 %), aber von Jahr zu Jahr wird der Anteil etwas geringer. Dieser Rückgang beruht vor allem darauf, dass andere Rechtsformern – und hier im Besonderen die Personengesellschaften – an Bedeutung gewinnen. Die Personengesellschaften sind in der Landwirtschaft in der Regel sogenannte BGB-Gesellschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Mehr als jeder zehnte landwirtschaftliche Betrieb im Land wird mittlerweile in Form einer GbR geführt.

Die GbR ist häufig eine Übergangsform, die dazu dient den Generationswechsel in den Betrieben zu moderieren. Hierzu wird eine GbR aus Übergeber und Übernehmer gegründet, sodass für eine Übergangszeit beide Generationen an der Betriebsführung beteiligt sein können. Nach vollständiger Hofübergabe wird die GbR dann meist wieder aufgelöst.

Hinter einer GbR kann aber auch eine andere Intention stehen. Nicht selten ist es eine Betriebszweiggemeinschaft, bei der sich zwei oder mehrere Betriebsinhaber für ein gemeinsames Wirtschaften entschieden haben. Das kann eine GbR zur Außenbewirtschaftung sein oder eine GbR zur gemeinsamen Tierhaltung (zum Beispiel Milchkuhhaltung). Aus agrarstruktureller Sicht ist bedeutsam, dass die Gründung einer GbR zu einem neuen Betrieb führt, ohne dass sich die Zahl der landwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteure verändert. Wenn zwei Betriebsinhaber gemeinsam eine GbR gründen (und die bisherigen Betriebe zumindest teilweise erhalten bleiben), dann sind es nun drei statt zwei Betriebe, aber an der Zahl der beteiligten Personen hat sich nichts geändert. Das gilt es bei der Einschätzung des Strukturwandels zu beachten.

Durchschnittliche Betriebsgröße bei 36 Hektar – größte Betriebe im Land bei über 1 000 Hektar

Die Zahl der Betriebe nimmt zwar langsamer, aber weiterhin ab. Im Gegenzug werden die Betriebe immer größer (Schaubild 1). Die durchschnittliche Betriebsgröße in Baden-Württemberg beträgt im Jahr 2020 rund 36 Hektar landwirtschaftliche genutzte Fläche (ha LF). Im Vergleich zu 2010 ist das ein Zuwachs um gut 4 ha LF, aber der Abstand zum Bundesdurchschnitt (63 ha) ist damit nach wie vor deutlich. Immerhin gibt es in Baden-Württemberg zwischenzeitlich auch Betriebe, die in Größenordnungen vorstoßen, die früher den neuen oder nördlichen Ländern vorbehalten waren: die größten Betriebe – nur gut eine Handvoll, aber immerhin – bewirtschaften eine Fläche von über 1 000 ha. Zum Vergleich: Es gibt in Baden-Württemberg fast 200 Gemeinden, deren gesamte Gemarkungsfläche kleiner ist als die Betriebsfläche dieser größten Betriebe.

Tierhaltung in schwierigen Zeiten

Die Haltung von Nutztieren ist der wichtigste Produktionszweig in der deutschen Landwirtschaft. Fast zwei Drittel der Verkaufserlöse werden mit tierischen Erzeugnissen erzielt (2018). In Baden-Württemberg ist die Bedeutung der tierischen Produktion im Vergleich zum gesamtdeutschen Durchschnitt etwas geringer. Bezogen auf die Verkaufserlöse erreichte ihr Anteil in 2018 nur gut 51 %. Die Tierhaltung sieht sich mit vielfältigen Anforderungen und davon ausgehendem Veränderungsdruck konfrontiert. Auf der einen Seite steht eine Gesellschaft, deren Ernährungsgewohnheiten sich verändern: vegetarische und vegane Ernährungsweise gewinnen an Bedeutung. Aus der Gesellschaft heraus werden auch immer explizitere Forderungen zum Tierschutz (Haltungsbedingungen) und zum Grundwasser- und Klimaschutz (Emission klimarelevanter Gase) artikuliert. Dabei scheint die ökonomische Dimension, die Tierhaltung ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Lebensunterhalt der Landwirte, oftmals in den Hintergrund zu treten. Die objektive Entwicklung der Tierhaltung in Baden-Württemberg spricht auf jeden Fall eine deutliche Sprache: Sie verändert sich massiv.

Rinder- und Schweinehaltung auf dem Rückzug

Viele landwirtschaftliche Betriebe haben in den vergangenen 10 Jahren die Tierhaltung aufgegeben. Hielten im Jahr 2010 noch rund 28 200 Betriebe Vieh, so sind es im Jahr 2020 nur noch 21 500 Betriebe, die Vieh halten. Das ist fast ein Viertel (– 23,6 %) weniger binnen 10 Jahren. Die Zahl der Betriebe mit Vieh hat nicht nur absolut, sondern auch relativ an Bedeutung verloren. Der Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe mit Vieh hat sich zwischen 2010 und 2020 von 63 % auf 55 % verringert, das heißt, die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe hält zwar noch Vieh, aber insgesamt geht die Bedeutung der viehhaltenden Betriebe zurück. Noch deutlicher wird diese Entwicklung bei dem Blick auf einzelne Tierarten oder -kategorien. Rinder werden nur noch in jedem dritten Betrieb (2010: 40 %) gehalten, Schweinehaltung wird zur Sache für vergleichsweise wenige Spezialisten, nur noch jeder zehnte Betrieb hält in 2020 Schweine (2010: 20 %) (Schaubild 2).

Dieser Bedeutungsverlust ist Folge erheblicher struktureller Veränderungen, deren Dimension in der längerfristigen Betrachtung erst richtig deutlich wird. Vor rund 50 Jahren wurden in Baden-Württemberg 1,84 Millionen (Mill.) Rinder in fast 131 600 Betrieben2 gehalten, im Jahr 2020 sind es noch 0,94 Mill. Rinder (– 49 %) die in 13 500 Betrieben (– 90 %) gehalten werden. Im Jahr 1971 hielten fast genauso viele Betriebe Schweine wie Rinder: In 131 000 Betrieben wurden insgesamt 2,06 Mill. Schweine gehalten (der größte Schweinebestand in Baden-Württemberg wurde mit 2,36 Mill. für das Jahr 1987 notiert). Im Jahr 2020 halten noch knapp 4 000 Betriebe Schweine (– 97 %), insgesamt 1,67 Mill. Tiere (– 19 %).

Auch in den letzten Jahren hat sich die Haltung von Rindern und Schweinen noch mit großer Dynamik verändert. Allein zwischen 2010 und 2020 hat ein Viertel der Betriebe mit Rindern die Haltung beendet. Von 10 800 Milcherzeugern im Jahr 2010 sind in 2020 nur noch gut 6 200 aktiv (– 42 %). Bei den schweinehaltenden Betrieben hat zwischen 2010 und 2020 mehr als jeder zweite die Schweinehaltung (– 54 % auf knapp 4 000 Betriebe) aufgegeben.

Mehr Gegacker und Gemecker auf den Höfen – Hühner und Ziegen im Aufwind

Aber nicht in allen Zweigen der Viehhaltung stehen die Zeichen auf Abbau, bei Legehennen und bei Ziegen gibt es klare positive Tendenzen. Bei Legehennen ist nach dem Bestandsabbau in Folge des Auslaufens der Käfighaltung eine Trendwende zu verzeichnen. Mit 3,4 Mill. Legehennen werden 52 % mehr Legehennen als vor einem Jahrzehnt gehalten. 3 Auch bei Ziegen gibt es, wenn auch von einem im Vergleich mit den anderen Tierarten sehr niedrigem Niveau ausgehend, eine eindeutige Aufwärtsentwicklung: + 30 % auf 32 600 Tiere binnen 10 Jahren.

Haltungsformen werden tiergerechter – weniger Anbindehaltung bei Rindern, kaum noch Käfighaltung bei Hennen

Sowohl die Anbindehaltung bei Rindern als auch die Käfighaltung von Legehennen sind von der Entwicklungsrichtung her Auslaufmodelle. Während die Käfighaltung bei Legehennen kurz vor dem endgültigen Aus steht, ist bei der Anbindehaltung von Rindern der Weg noch etwas länger. Legehennen werden 2020 überwiegend in Bodenhaltung gehalten, rund 63 % der Haltungsplätze entfallen auf diese Haltungsform. Der Freilandhaltung sind 36 % der Haltungsplätze zuzurechnen, Käfighaltung ist praktisch bedeutungslos (unter 1 % der Haltungsplätze).

Bei Rindern ist der Sachverhalt etwas komplizierter: Einem Bestand von rund 936 100 Rindern stehen 988 100 Haltungsplätze zur Verfügung. Von den Haltungsplätzen entfällt die große Mehrheit (83 %) auf Laufstallhaltungen, also Haltungsformen bei denen sich die Tiere frei bewegen können. Rund 5 % der Haltungsplätze entfallen auf sonstige Haltungsformen (Kälberiglus und Ähnlichem). Rund 13 % der Haltungsplätze entfallen auf Anbindehaltung. Im Vergleich zu 2010 wurde die Zahl der Plätze in Anbindehaltung um über 60 % verringert, von 326 900 auf 125 400 Plätze in insgesamt rund 5 400 Betrieben. Würde sich dieser Trend streng linear fortsetzen, gäbe es in wenigen Jahren keine Anbindehaltung im Land mehr. Aus Tierschutzgründen sicher wünschenswert, hätte diese Entwicklung auch eine Kehrseite. Die Anbindehaltung ist eine Domäne der kleinbetrieblichen Tierhaltung, die knappe Mehrheit der Haltungsplätze für Anbindehaltung findet sich in Betrieben mit weniger als 50 Rindern. Ein Aus der Anbindehaltung würde in einer Mehrheit dieser Betriebe sicherlich die Tierhaltung grundsätzlich in Frage stellen.

Für einzelne Betriebe gibt es dabei noch eine Zwischenlösung: die Kombination der Anbindehaltung mit Weidehaltung. In knapp 3 000 Betrieben mit Anbindehaltung gibt es auch Weidehaltung. Aus den Daten der Landwirtschaftszählung lässt sich allerdings nicht ableiten, ob genau die Tiere in Anbindehaltung in den Genuss der Weide kommen oder ob es Tiere in Laufstallhaltung sind. Um das im Detail zu erfassen, müsste die Erhebung noch aufwendiger gestaltet werden, als sie ohnehin ist.

Mehr Ökobetriebe im Land

Kein Thema ist Anbindehaltung in ökologisch wirtschaftenden Betrieben. Die einschlägigen Vorschriften lassen eine Anbindehaltung nicht bzw. in Kleinbetrieben nur in Verbindung mit Weidehaltung zu. Und Ökobetriebe werden es immer mehr im Land. Insgesamt haben im Jahr 2020 annähernd 4 500 landwirtschaftliche Betriebe in Baden-Württemberg vollständig oder teilweise nach den Vorgaben der Öko-Verordnung (EG) 834/2007 gewirtschaftet und zählen damit zu den Ökobetrieben. Das entspricht einem Anteil von 11,3 % an den insgesamt 39 400 landwirtschaftlichen Betrieben im Land. Im Vergleich zur Landwirtschaftszählung 2010 hat die Zahl der Ökobetriebe um fast die Hälfte (+ 46,9 %) zugenommen (Schaubild 3).

Von den Ökobetrieben werden gut 175 600 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche ökologisch bewirtschaftet. Insgesamt bewirtschaften die Ökobetriebe eine Fläche von 183 100 ha. Die Differenz erklärt sich dadurch, dass Ökobetriebe nicht immer vollständig auf Ökolandbau umgestellt sein müssen, sondern dass auch abgegrenzte Betriebsteile umgestellt werden können. Das ist in Baden-Württemberg zwar die Ausnahme, aber es kommt vor.

Der Anteil der ökologisch bewirtschaften Fläche nahm in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren stetig zu und erreicht nun mit einem Anteil von 12,4 % einen neuen Höchststand. Im Jahr 2010 belief sich die ökologisch bewirtschaftete Fläche noch auf knapp 98 400 ha (Anteil 7 %). Bei ähnlichen Wachstumsraten in den kommenden 10 Jahren würde sich der Anteil der Ökobetriebe im Jahr 2030 bei etwa 22 % bewegen. Das bleibt hinter den Zielgrößen zum Beispiel des Bio-Aktionsplans Baden-Württemberg mit 30 bis 40 % Flächenanteil in 2030 zurück. Die Zielgröße der »Zukunftsstrategie ökologischer Landbau« der Bundesregierung mit 20 % im Jahr 2030 scheint dagegen erreichbar, aber dafür müsste die Dynamik in Richtung Ökolandbau der Vergangenheit zumindest aufrecht erhalten bleiben.

Von den insgesamt 175 600 ha Ökofläche waren 90,8 % in 2020 bereits vollständig auf die ökologische Bewirtschaftung umgestellt, 9,2 % der Fläche (16 200 ha) befanden sich noch in der Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise. Flächen in der Umstellungsphase werden zwar bereits nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet, die darauf produzierten Erzeugnisse dürfen jedoch noch nicht als »bio« oder »ökologisch« verkauft werden. Wertet man den Anteil der sich in Umstellung befindlichen Fläche als Indikator für die Dynamik des Prozesses, dann ist festzustellen, dass im Jahr 2020 der Anteil der Umstellungsfläche nur wenig größer ist als in 2010 (8,7 %). Zwischenzeitlich lag der Anteil der Umstellungsfläche jedoch bei 13,3 % (2016).

50 000 weniger Arbeitskräfte in der Landwirtschaft

Im Rahmen der Landwirtschaftszählung wird der Arbeitseinsatz in den landwirtschaftlichen Betrieben erfasst. Bezugszeitraum waren die 12 Monate zwischen März 2019 und Februar 2020. Das war noch vor Ausbrauch der Coronapandemie, die Ergebnisse sollten daher weitestgehend vergleichbar mit den Angaben früherer Erhebungen sein. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass Meldungen, die erst später im Lauf des Jahres 2020 eingingen, sich im Einzelfall von den aktuellen Entwicklungen, wie zum Beispiel den Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Saisonarbeitskräften, beeinflusst zeigten. Wo immer möglich, wurde das bereinigt.

Nach den vorläufigen Ergebnissen der Landwirtschaftszählung waren 2019/2020 insgesamt knapp 140 000 Personen mit betrieblichen Arbeiten beschäftigt. Gegenüber der Landwirtschaftszählung im Jahr 2010 entspricht dies einem Rückgang um über ein Viertel (– 26 %). Eine rückläufige Entwicklung ist sowohl bei den Familienarbeitskräften wie bei den Saisonarbeitskräften festzustellen. Nur für die sonstigen ständigen Arbeitskräfte war eine Zunahme zu verzeichnen.

Die größte Gruppe und das Rückgrat unter den landwirtschaftlichen Arbeitskräften sind die Familienarbeitskräfte: Ihr Anteil beläuft sich auf knapp 50 % aller Arbeitskräfte und ihr Arbeitseinsatz ist überdurchschnittlich hoch, der Anteil am geleisteten Arbeitsvolumen beträgt rund 58 % (Schaubild 4). Die Familienarbeitskräfte sind überwiegend männlich (66 %). Seit 2010 hat die Zahl der Familienarbeitskräfte um 24 % auf 68 900 abgenommen.

Saisonarbeitskräfte sind nur vorübergehend für einige Tage, Wochen oder maximal 6 Monate in den Betrieben beschäftigt. Typische Einsatzgebiete sind Pflege- und Erntearbeiten in den Obst-, Gemüse- und Weinbaubetrieben des Landes. Rund 43 % der Saisonarbeitskräfte sind weiblich, das ist der höchste Anteil in den verschiedenen Beschäftigtengruppen. Die Zahl der Saisonarbeitskräfte hat sich im Vergleich zu 2010 um fast 42 % auf gut 46 200 verringert. Bei dieser Entwicklung dürften Probleme bei der Gewinnung von Saisonarbeitskräften ebenso eine Rolle gespielt haben, wie die notwendige Überwälzung des Mindestlohnes auf die Erzeugerpreise.

Eine positive Entwicklung gab es dagegen bei den ständig Beschäftigten. Diese Gruppe umfasst zum einen abhängig Beschäftigte mit einem dauerhaften Arbeitsverhältnis, aber auch tätige Mitinhaber und Gesellschafter in Personengesellschaften. Die eingangs erwähnte Zunahme von Betrieben in der Rechtsform einer GbR dürfte daher auch hier ihren Niederschlag finden. Die Zahl der ständig Beschäftigten hat insgesamt um 21,7 % auf 24 700 zugenommen.

Arbeitsproduktivität weiter gestiegen

Das Arbeitsvolumen in der Landwirtschaft in Arbeitskrafteinheiten4 (AKE) beläuft sich 2019/2020 auf insgesamt 60 900 AKE. Gegenüber 2010 ist das eine Verringerung um 12,5 %. Damit schrumpft das Arbeitsvolumen weniger als die Zahl der eingesetzten Arbeitskräfte, das heißt, die individuelle Arbeitsleistung nimmt im Durchschnitt zu. Das Arbeitsvolumen wird zur Bewirtschaftung von über 1,4 Mill. ha Fläche eingesetzt, eine Fläche die sich im Zeitablauf nur wenig verändert hat. Der Arbeitseinsatz je 100 ha LF hat sich daher zwischen 2010 und 2020 von 4,9 AKE auf 4,3 AKE verringert. Der Arbeitskräftebesatz hat sich damit weiter reduziert und im Gegenzug die Arbeitsproduktivität weiter erhöht. Rein rechnerisch hat in 2010 eine AKE gut 20 ha LF bewirtschaftet, in 2020 waren es schon 23 ha LF.

Mehr Betriebe mit Hofnachfolge – damit alles besser?

Im Rahmen einer Landwirtschaftszählung werden die inhabergeführten Betriebe traditionell auch zur Hofnachfolge befragt. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2010 waren rund 12 300 Betriebsinhaberinnen und -inhaber in der betroffenen Altersgruppe (55 Jahre und älter) und wurden daher zur Hofnachfolgesituation befragt. Rund 3 400 Betriebe (28 %) gaben eine gesicherte Hofnachfolge an, in 34 % der Fälle wurde die Frage negativ beantwortet, bei 38 % war der weitere Fortgang noch ungewiss. In 2020 gibt es nun deutlich mehr Betriebe, die angeben eine gesicherte Hofnachfolge zu haben: In 4 700 Betrieben, das sind 1 300 Betriebe mehr als 2010, wird die Fortführung des Betriebes als gesichert eingeschätzt. Trotzdem hat sich die Hofnachfolgesituation nicht grundsätzlich verbessert. Der Anteil der Betriebe mit gesicherter Hofnachfolge ist mit 29 % in 2020 praktisch genauso hoch wie im Jahr 2010. Die absolute Zunahme ist im Wesentlichen mit dem demografischen Wandel zu erklären, der zu einer Alterung der Betriebsinhaber und Betriebsinhaberinnen geführt hat. Es gibt in 2020 deutlich mehr Betriebsinhaberinnen und -inhaber mit 55 Jahren und älter, die sich mit der Hofnachfolgefrage konfrontiert sehen.

Die Demografie erklärt nicht alles

Es ist aber nicht der demografische Wandel allein, der zur deutlichen Alterung der Betriebsinhaber und Betriebsinhaberinnen geführt hat. In den zurückliegenden Zeitraum fällt auch ein wichtiges Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2018. Bis dahin war der Bezug von Altersgeld für Landwirtinnen und Landwirte (unabhängig von sonstigen Voraussetzungen) an die Abgabe der Hofbewirtschaftung gekoppelt. Diese Regelung ist mittlerweile abgeschafft, das heißt, ältere Landwirtinnen und Landwirte können Altersgeld beziehen und gleichzeitig ihren Betrieb weiter bewirtschaften. Das führt dazu, dass der Anteil der Betriebsinhaberinnen und -inhaber mit 65 Jahren und älter sich im Vergleich zu früher merklich erhöht hat. Lag der entsprechende Anteil in 2010 noch bei 5 %, so beziffert er sich in 2020 auf 10 %.

LZ 2020 – Noch manches zu entdecken

Dieser Beitrag ist ein erster Ausflug in die Welt der Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020, sie bietet aber noch viel mehr. Stichworte sind beispielsweise die sozialökonomische Entwicklung der Betriebe (Haupt- und Nebenerwerb) und die Veränderungen bei den Besitz- und vor allem bei den Pachtverhältnissen. Der Anfall, die Ausbringung und die Lagerung von Wirtschaftsdünger sind unter Umweltgesichtspunkten von großem Interesse, Einkommenskombinationen ermöglichen ein breiteres ökonomisches Fundament der Betriebe und neuartige Informationen zur Unternehmensstruktur sind möglicherweise nicht nur in den neuen Ländern von Relevanz. Vor allem aber ermöglichen die Daten der Landwirtschaftszählung auch eine Analyse der regionalen Entwicklungen oder vertiefte Untersuchungen zu strukturellen Aspekten, zum Beispiel der Frage, ob, wie und wo sich ökologisch wirtschaftende Betriebe von den übrigen Betrieben unterscheiden. Dazu demnächst mehr an dieser Stelle.

1 Landwirtschaftliche Betriebe waren bis 1999 anders definiert als heute, die Vergleichbarkeit ist daher eingeschränkt.

2 Betriebe wurden damals anders definiert als heute, im historischen Vergleich ist das jedoch vernachlässigbar.

3 1971 wurden in Baden-Württemberg 5,97 Mill. Legehennen in 140 000 Betrieben gezählt. Knapp 19 000 Ziegen wurden in gut 9 000 Betrieben erfasst.

4 Eine Arbeitskrafteinheit (AKE) ist eine rechnerische Größe und entspricht einer vollbeschäftigten Arbeitskraft.