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Bildungsbeteiligung in Baden-Württemberg im Jahr 2019

Im Kindergartenjahr, Schuljahr oder Wintersemester 2019/20 besuchten insgesamt fast 2,3 Millionen (Mill.) Kinder, Jugendliche und Erwachsene eine formale Bildungseinrichtung in Baden-Württemberg. Hierzu zählen Kindertageseinrichtungen, Grundschulförderklassen, Schulkindergärten, Schulen und Hochschulen. Die allgemeine Schulpflicht sorgt dafür, dass praktisch alle 6- bis 15-Jährigen eine Schule oder eine vorschulische Bildungseinrichtung besuchen. Aber auch darüber hinaus nimmt die Mehrheit der Bevölkerung bis zum 21. Lebensjahr eine Bildungseinrichtung in Anspruch. Bis zur Vollendung des 40. Lebensjahrs würden sich Neugeborene demnach im Mittel in etwas mehr als der Hälfte ihrer Lebenszeit an formalen Bildungsangeboten beteiligen. Je nach Angebot sind hierbei geschlechtsspezifische Unterschiede zu beobachten. So besuchen Frauen mittlerweile häufiger eine Hochschule als Männer. Relativ wenig lässt sich dagegen aus Sicht der amtlichen Statistik zu non-formalen Bildungsangeboten sagen, die zum Beispiel im Bereich der Weiterbildung eine große Bedeutung haben. Nur für einige Teilbereich – wie für die Volkshochschulen – gibt es statistische Daten.

Bildungsaktivitäten sind statistisch nur begrenzt erfassbar

Bildung eröffnet aus individueller Perspektive nicht nur Möglichkeiten für eine qualifizierte Berufstätigkeit, sondern verbessert auch die Chancen, das Leben selbstbestimmt zu gestalten und sich am kulturellen und politischen Geschehen aktiv zu beteiligen. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht fördert ein hohes Bildungsniveau der Bevölkerung das Arbeitskräfte- und das Innovationspotenzial. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Bildung auch zu einem guten und respektvollen Zusammenleben in der Gesellschaft, zu Toleranz und zu Chancengerechtigkeit beitragen kann.1 Der Besuch von Bildungseinrichtungen dient damit nicht allein dem vordergründigen Erreichen formaler Bildungsabschlüsse, sondern auch der Verfolgung persönlicher und gesellschaftlicher Ziele.

Der Erwerb von Bildung ist allerdings nicht auf den Besuch formaler Bildungseinrichtungen wie Kindertageseinrichtungen, Schulen oder Hochschulen beschränkt. Wissen und Qualifikationen können ebenso in non-formalen Einrichtungen wie beispielsweise Volkshochschulen, Qualifizierungskursen von Kammern oder Angeboten von Einrichtungen wie der Landeszentrale für politische Bildung erlangt werden. Auch informelles Lernen, das nicht an den Besuch einer Bildungseinrichtung gebunden ist und zum Beispiel als Lesen von Fachliteratur oder als selbstgesteuerte Online-Schulung am Arbeitsplatz stattfinden kann, trägt zur Weiterbildung bei. Schließlich kann der Wissenserwerb auch zufällig im Alltag stattfinden – im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen, beim Zeitunglesen oder bei unzähligen anderen Gelegenheiten.2

Die Gewinnung von Informationen über die Bildungsbeteiligung der Bevölkerung ist umso schwieriger, je weniger formalisiert die Lernumgebung ist. Für formale Bildungseinrichtungen gibt es umfassende amtliche Statistiken. Diese liegen für non-formale Bildungseinrichtungen meist nicht vor. Im günstigen Fall gibt es hier Dachorganisationen, die Daten ihrer Mitglieder sammeln und zur Verfügung stellen können, wie zum Beispiel der Volkshochschulverband. Informelle Lernaktivitäten lassen sich mit den Werkzeugen der amtlichen Statistik nur ansatzweise durch Erhebungen wie den Mikrozensus3 erfassen. Zufälliges Lernen entzieht sich einer datengestützten Betrachtung vollkommen. Aus diesen Gründen beschränkt sich diese Betrachtung der Bildungsbeteiligung in Baden-Württemberg weitgehend auf den Besuch formaler Bildungseinrichtungen.

Deutlicher Anstieg der Besuchsquote von Kindertageseinrichtungen bei unter 3-Jährigen

Mittlerweile ist es allgemein anerkannt, dass das lebenslange Lernen nicht erst mit der Einschulung beginnt. Bildung ist neben Betreuung und Erziehung ein wichtiger Auftrag der Kindertageseinrichtungen. Am Stichtag der Statistik Anfang März 2020 haben rund 444 000 Kinder eine Kindertageseinrichtung in Baden-Württemberg besucht. Unter diesen waren fast 25 600 Schulkinder, die diese Einrichtung nachmittags ergänzend zum Schulbesuch genutzt haben. 418 400 Kinder besuchten ausschließlich eine Kindertageseinrichtung.

Im »klassischen« Kindergartenalter von 3 bis unter 6 Jahren lag die Besuchsquote von Kindertageseinrichtungen bei rund 94 % (Schaubild 1). Durch den Ausbau von Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige ist in den letzten Jahren der Anteil der Kinder dieser Altersgruppe, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, deutlich angestiegen und liegt inzwischen bei etwa 25 %.4 Zwischen Mädchen und Jungen besteht hierbei nahezu kein Unterschied. Im Jahr 2010 lag die Besuchsquote unter 3-Jähriger noch bei unter 16 %.

Grundschulförderklassen und Schulkindergärten zählen ebenfalls zum vorschulischen Bereich. Grundschulförderklassen dienen der Förderung bereits schulpflichtiger, aber noch nicht schulreifer Kinder. Das Angebot der Schulkindergärten richtet sich an behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder. Hier können Kinder bereits ab dem Alter von 2 Jahren gefördert werden. Im Schuljahr 2019/20 besuchten 3 900 Kinder eine Grundschulförderklasse und 4 400 Kinder einen Schulkindergarten. In beiden Einrichtungen sind etwa zwei Drittel der Kinder männlich.

Schulpflicht sorgt im Grundschulalter …

Die Primarstufe umfasst in Baden-Württemberg die Klassenstufen 1 bis 4 der Grundschulen und der Freien Waldorfschulen. Grundsätzlich zählen auch die entsprechenden Klassenstufen an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) zur Primarstufe. Allerdings werden die SBBZ in diesem Beitrag gesondert betrachtet. Für Kinder, die vor dem jeweiligen Stichtag das 6. Lebensjahr vollenden, beginnt in Baden-Württemberg die Schulpflicht. Bis zum Beginn des Schuljahres 2021/22 wird dieser Stichtag stufenweise vom 30. September auf den 30. Juni verlegt.5

Im Schuljahr 2019/20 besuchten fast 381 400 Schülerinnen und Schüler eine Grundschule im Land. Weitere gut 7 500 Schülerinnen und Schüler wurden in den Klassenstufen 1 bis 4 einer Freien Waldorfschule unterrichtet. Durch die Schulpflicht ergibt sich für die entsprechenden Altersjahrgänge – unter Einbeziehung der SBBZ – eine Schulbesuchsquote von 100 % (Schaubild 1). Der weitaus größte Teil der Schülerinnen und Schüler im Primarbereich befindet sich im Alter von 6 Jahren bis 10 Jahren.

… und bis zum Alter von 15 Jahren für vollständigen Schulbesuch

Nach dem Besuch der Grundschule verzweigen sich die Bildungswege (Übersicht). Die Schülerinnen und Schüler wechseln dann in der Regel auf

  • eine Haupt- und Werkrealschule oder
  • eine Realschule oder
  • ein Gymnasium oder
  • eine Gemeinschaftsschule.

Alternativen hierzu wären der Besuch einer Schule besonderer Art6 oder einer Freien Waldorfschule.

Die Schülerinnen und Schüler befinden sich damit im Sekundarbereich I, dessen Bildungsziel der Hauptschulabschluss oder der Realschulabschluss ist. An Gymnasien endet dieser Bildungsabschnitt vor dem Eintritt in die Eingangsstufe, also an 8-jährigen Gymnasien mit dem erfolgreichen Abschluss der 9. Klassenstufe und an 9-jährigen Gymnasien am Ende der 10. Klassenstufe.

Im Schuljahr 2019/20 wurden gut 558 600 Schülerinnen und Schüler an einer Schule im Sekundarbereich I unterrichtet. Am häufigsten waren hierbei die Realschulen und Gymnasien mit Anteilen von rund 38 % und knapp 36 % vertreten. Gemeinschaftsschulen und Schulen besonderer Art hatten zusammen einen Anteil von gut 15 % an der Schülerschaft. Knapp 9 % der Schülerinnen und Schüler wurden an einer Haupt- und Werkrealschule unterrichtet und 2 % an einer Freien Waldorfschule.

Die Schulpflicht besteht nach dem Wechsel von einer Grundschule auf eine weiterführende Schule weitere 5 Jahre. Falls der Hauptschulabschluss in dieser Zeit nicht erreicht wird, verlängert sich diese in der Regel auf 6 Jahre.7 Daher ist es naheliegend, dass die Schulbesuchsquote bis zum Alter von 15 Jahren weiter bei 100 % liegt (Schaubild 1). Die weitaus meisten der Schülerinnen und Schüler dieser Altersgruppe besuchen den Sekundarbereich I an einer allgemeinbildenden Schule. Daran schließt sich der Übergang in den Sekundarbereich II oder an eine berufliche Schule an.

Überdurchschnittliche Bildungsbeteiligung von Schülerinnen im Sekundarbereich II

An Gymnasien, Schulen besonderer Art und Freien Waldorfschulen ist der Wechsel in den Sekundarbereich II mit dem Ziel des Erwerbs der Hochschulreife durch einfache Versetzung in die Eingangsstufe der gymnasialen Oberstufe möglich. Grundsätzlich gilt dies auch für die Gemeinschaftsschulen, allerdings gibt es bislang nur wenige Schulen in Baden-Württemberg, an denen diese Möglichkeit angeboten wird. Absolventinnen und Absolventen anderer Schularten können nach Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses ebenfalls in die gymnasiale Oberstufe wechseln, wobei auch berufliche Gymnasien eine gerne gewählte Alternative sind. Für Spätberufene bietet auch der Zweite Bildungsweg Chancen zum Erreichen der Hochschulreife (Übersicht).

An allgemeinbildenden Schulen des Sekundarbereichs II wurden im Schuljahr 2019/20 insgesamt über 101 800 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, 93 % von ihnen an einem Gymnasium. Eine Freie Waldorfschule besuchten gut 4 % der Schülerinnen und Schüler, 2 % strebten das Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg an und etwas weniger als 1 % verfolgten dieses Ziel an einer Gemeinschaftsschule oder einer Schule besonderer Art.

Am höchsten war die Bildungsbeteiligung in diesem Abschnitt des formalen Bildungssystems bei den 16- und 17-Jährigen mit Werten von knapp 32 % bzw. gut 30 %. Über 16 % der 15-Jährigen wurden bereits an einer Schule des Sekundarbereichs II unterrichtet und von den 18-Jährigen waren noch knapp 12 % dort zu finden. Im Gegensatz zu den vorgelagerten Bildungsbereichen, in denen die Geschlechterverteilung weitgehend dem Durchschnitt der Bevölkerung in Baden-Württemberg entspricht, sind hier Schülerinnen überrepräsentiert. So besuchten gut 35 % der weiblichen 16-Jährigen eine gymnasiale Oberstufe, aber nur etwas mehr als 28 % der männlichen. Bei den 17-Jährigen war das Verhältnis mit 34 % zu 27 % sehr ähnlich. Auch bei den 15-Jährigen war der Abstand bei Werten von knapp 20 % und 13 % vergleichbar (Schaubild 1).

Jungen besuchen häufiger ein SBBZ

Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot können das auf verschiedene Förderschwerpunkte ausgerichtete Angebot der SBBZ nutzen oder eine allgemeine Schule besuchen, an der sie im Unterricht inklusiv gefördert werden. Ein weiteres Modell der Beschulung ist die kooperative Organisationsform, bei der die Kinder organisatorisch im Verantwortungsbereich des SBBZ bleiben, aber einen Teil der Unterrichtsstunden an einer allgemeinen Schule gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern dieser Schule erhalten (Übersicht).

An einem SBBZ wurden im Schuljahr 2019/20 knapp 51 900 Schülerinnen und Schüler gefördert, von denen rund 3 400 in einer kooperativen Organisationsform beschult wurden. Weitere 8 900 Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot wurden an einer allgemeinen Schule inklusiv unterrichtet. Den größten Anteil an der Gesamtschülerzahl hatten die Schülerinnen und Schüler der SBBZ mit Werten um 5 % im Alter von 8 bis 14 Jahren. Jungen besuchten deutlich häufiger ein SBBZ als Mädchen. Bei Mädchen lag der höchste Anteilswert im Alter von 10 Jahren bei knapp 4 %. Dagegen erhielten knapp 7 % der Jungen im Alter von 8 bis 10 Jahren Unterricht an einem SBBZ (Schaubild 1).

Die Mehrheit der 17- und 18-Jährigen besucht eine berufliche Schule

Die Bildungsgänge an beruflichen Schulen haben unterschiedliche Bildungsziele. Viele von ihnen dienen dem Erwerb eines Berufsabschlusses, wie zum Beispiel die Teilzeit-Berufsschule als Teil des dualen Ausbildungssystems. Andere haben die Vermittlung berufsvorbereitender oder berufsgrundbildender Kenntnisse zum Ziel, um die Chancen von Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz zu erhöhen. In einer Reihe von Bildungsgängen können zusätzlich zum beruflichen Abschluss auch allgemeinbildende Abschlüsse erworben werden. In manchen Bildungsgängen wie den beruflichen Gymnasien steht der allgemeinbildende Abschluss sogar eindeutig im Vordergrund. Je nach Bildungsgang sind die formalen Zugangsvoraussetzungen unterschiedlich (Übersicht).

Insgesamt besuchten im Schuljahr 2019/20 fast 413 000 Schülerinnen und Schüler eine berufliche Schule in Baden-Württemberg. Die nach Schülerzahl größte Schulart war die Berufsschule mit knapp 199 900 Schülerinnen und Schülern,8 gefolgt von den beruflichen Gymnasien mit rund 60 100 Schülerinnen und Schülern, den Berufskollegs mit fast 57 700 Schülerinnen und Schülern und den Berufsfachschulen mit annähernd 54 900 Schülerinnen und Schülern. An den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens und den Fachschulen lagen die Schülerzahlen mit gut 20 100 bzw. gut 19 000 deutlich darunter. Die zahlenmäßig kleinste Schulart waren die Berufsoberschulen als Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs mit rund 1 300 Schülerinnen und Schülern.

Im Alter von 16 bis 20 Jahren waren die Schülerinnen und Schüler der beruflichen Schulen die größte Gruppe unter den Bildungsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Bei den 16-Jährigen lagen sie mit einem Anteil von gut 37 % vor den Schülerinnen und Schülern des Sekundarbereichs II der allgemeinbildenden Schulen, bei den 19- und den 20-Jährigen mit Anteilen von 47 % und fast 35 % vor den an Hochschulen Studierenden. Unter den 17- und den 18-Jährigen stellten die Schülerinnen und Schüler der beruflichen Schulen mit Anteilen von gut 56 % bzw. knapp 60 % sogar die absolute Mehrheit.

Da viele Ausbildungsberufe eine gewerbliche Ausrichtung haben und damit immer noch mehr junge Männer als junge Frauen ansprechen, war der Anteil der Schülerinnen an beruflichen Schulen im Schuljahr 2019/20 mit gut 45 % unterdurchschnittlich. Dementsprechend lag die Bildungsbeteiligung von Frauen an beruflichen Schulen in den meisten Altersjahren unter der der Männer. Ihren Höchstwert erreichte sie bei beiden Geschlechtern im Alter von 18 Jahren. Bei Frauen betrug sie knapp 57 %, bei Männern gut 62 % (Schaubild 1).

Frauen entscheiden sich häufiger für ein Studium als Männer

Hochschulen sind die wichtigsten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. Im Wintersemester 2019/20 waren rund 356 900 Studierende an den Hochschulen in Baden-Württemberg eingeschrieben. Unter diesen befanden sich etwas mehr als 60 900 Studienanfängerinnen und -anfänger im 1. Hochschulsemester. Die meisten Studierenden zählten mit nahezu 168 700 die Universitäten, gefolgt von den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften mit rund 123 800 Studierenden. An der Duale Hochschule Baden-Württemberg waren gut 35 100 Studierende immatrikuliert, an den Pädagogischen Hochschulen etwas mehr als 24 900 und an den Kunsthochschulen fast 4 400.

In den letzten Jahren haben meist um 85 % der Absolventinnen und Absolventen, die an einer Schule in Baden-Württemberg die Hochschulreife erworben hatten, ein Studium aufgenommen. Bei den Absolventinnen und Absolventen mit Fachhochschulreife war dieser Anteil mit Werten um 45 % deutlich geringer.9 Allerdings haben nicht alle von diesen ein Studium an einer Hochschule in Baden-Württemberg begonnen. Umgekehrt kamen aber auch viele Studierwillige aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland nach Baden-Württemberg.

Gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung wiesen die Altersjahrgänge der 20- bis 23-Jährigen im Wintersemester 2019/20 mit Werten zwischen knapp 29 % und gut 32 % die höchste Bildungsbeteiligung auf. Über der 20 %-Marke lagen auch die Beteiligungsquoten der 19-Jährigen sowie der 24- und 25-Jährigen. Bei den 19- bis 24-Jährigen lag die Bildungsbeteiligung von Frauen zum Teil deutlich über der von Männern. Am größten war der Abstand im Alter von 21 Jahren, in dem knapp 36 % der Frauen, aber nur gut 29 % der Männer an einer Hochschule eingeschrieben waren. Bei den älteren Jahrgängen – aber auch bei den 18-Jährigen – waren dagegen die Beteiligungsquoten der Männer geringfügig höher als die der Frauen (Schaubild 1). Absolut war die Zahl der Studenten in Baden-Württemberg im Wintersemester 2019/20 mit knapp 184 000 allerdings noch größer als die der Studentinnen mit gut 172 900. Dass die Beteiligungsquote der Frauen dennoch insgesamt höher ist, erklärt sich durch den relativ geringen Bevölkerungsanteil der Frauen im Alter von 18 bis unter 30 Jahren von nur gut 47 %.

Bildungserwartung für Männer 20,8 Jahre, für Frauen 20,6 Jahre

Ab dem Alter von 3 Jahren bis zum Alter von 21 Jahren besucht die Mehrheit der Bevölkerung eine Bildungseinrichtung. Unter den Frauen reicht diese Spanne sogar bis zum 22. Lebensjahr. Ein Maß, das die Bildungsbeteiligung im Lebenslauf auf einen Wert verdichtet, ist die »Bildungserwartung« (siehe i-Punkt). Auf Grundlage der Verhältnisse im Schuljahr bzw. Wintersemester 2019/20 ergibt sich daraus, dass Neugeborene in Baden-Württemberg bis zur Vollendung ihres 40. Lebensjahrs im Durchschnitt etwas mehr als die Hälfte ihres Lebens in formalen Bildungseinrichtungen verbringen werden. Für männliche Neugeborene beträgt die Bildungserwartung 20,8 Jahre, für weibliche 20,6 Jahre.

Die einzelnen Stufen des Bildungswesens leisten einen unterschiedlichen Beitrag zu dieser Bildungserwartung, der auch geschlechtsspezifische Differenzen aufweist (Schaubild 2). Die vorschulischen Bildungseinrichtungen trugen für Männer 4 Jahre und für Frauen 3,9 Jahre zu diesem Wert bei. Kindertageseinrichtungen hatten zwar den mit Abstand größten Anteil hieran. Den kleinen Unterschied zwischen Männern und Frauen machten aber die Grundschulförderklassen und Schulkindergärten aus, die weit stärker von Jungen als von Mädchen besucht werden. Die beiden folgenden Stufen an allgemeinbildenden Schulen – Primarbereich und Sekundarbereich I – sind weitgehend durch die Erfüllung der Schulpflicht geprägt, woran sich deren Beitrag zur Bildungserwartung orientiert: für beide Geschlechter einheitlich 3,9 Jahre im Primarbereich und 5,4 Jahre im Sekundarbereich I. Im Sekundarbereich II schlägt sich nieder, dass an den Gymnasien mehr Schülerinnen als Schüler zu finden sind. Hierdurch lag die entsprechende Bildungserwartung von Frauen mit 1,1 Jahren über der der Männer, die 0,8 Jahre betrug. Dagegen führte der höhere Jungenanteil an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren dazu, dass diese 0,6 Jahre zur Bildungserwartung von Männern beitrugen, aber nur 0,4 Jahre zu der von Frauen. Die im Vergleich zu Frauen höhere Präferenz von Männern, einen dualen oder schulischen Ausbildungsberuf zu wählen, erklärt den relativ großen Unterschied bei den beruflichen Schulen: 3,6 Jahre für Männer gegenüber 3,2 Jahre für Frauen. Da eine Berufsausbildung nur selten länger als 3 Jahre in Anspruch nimmt, wird durch diese Werte deutlich, dass eine größere Zahl von Schülerinnen und Schülern vor dem Beginn der Ausbildung – meist 1-jährige – berufsvorbereitende Bildungsgänge besucht. Beim Studium an Hochschulen führte die in der Summe etwas höhere Studierneigung von Frauen zu einem mit 2,6 Jahren um 0,1 Jahre höheren Beitrag zur Bildungserwartung als bei Männern.

Im Jahr 2010 lag die Bildungserwartung mit 20,6 Jahren für Männer und 20,1 Jahren für Frauen etwas niedriger als 2019. Dieser Anstieg ist vor allem auf zwei Bildungsbereiche zurückzuführen. Der Ausbau der Kindertageseinrichtungen für Kinder im Alter von unter 3 Jahren führte bei beiden Geschlechtern zu einer Zunahme um 0,3 Jahre. Steigende Studierendenzahlen ergaben für Männer einen Zuwachs der Bildungserwartung um 0,2 Jahre und für Frauen um 0,4 Jahre. Damit haben die Frauen die Männer hinsichtlich der Studierneigung in diesem Zeitraum überholt. Bei der Bildungsbeteiligung an beruflichen Schulen gab es nur geringfügige Änderungen. Dagegen sank die durchschnittliche Zahl der an allgemeinbildenden Schulen verbrachten Jahre für beide Geschlechter um 0,3 Jahre ab. Hauptursache hierfür dürfte der Übergang vom 9-jährigen auf den 8-jährigen Gymnasialbildungsgang mit dem »doppelten« Abiturjahrgang im Jahr 2012 sein.

Das Bildungsangebot der Volkshochschulen wird rege genutzt

Die Bildung endet im Lebenslauf natürlich nicht mit dem Verlassen der Schule oder Hochschule. Lebenslanges Lernen ist mehr als nur ein Schlagwort. Laufende Weiterbildung ist eine zentrale Voraussetzung, um im Berufsleben den Anforderungen gewachsen zu bleiben. Auch für die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an politischen Entwicklungen ist es von Nutzen, sich weiter zu bilden. Da diese Weiterbildungsaktivitäten in der Regel nicht an formalen Bildungseinrichtungen stattfinden und es keine umfassende Rechtsgrundlage für eine Datenerhebung gibt, sind in der amtlichen Statistik nur punktuell Daten hierzu vorhanden. So werden im Mikrozensus unter anderem Fragen zur Weiterbildung gestellt. Für das Jahr 2018 ergab sich hieraus, dass die Weiterbildungsbeteiligung in Baden-Württemberg in fast allen Regionen über dem Bundesdurchschnitt von 11,4 % der Befragten lag. Am höchsten war dieser Wert in der Region Rhein-Neckar mit 15,3 %. Über 80 % der Befragten gaben dabei an, dass die Weiterbildung ausschließlich beruflich motiviert war.10

Eine große Anbietergruppe von Weiterbildungen sind die Volkshochschulen. Im Jahr 2019 wurden von den Volkshochschulen in Baden-Württemberg fast 116 900 Kurse und Lehrgänge angeboten, für die 1,26 Mill. Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt wurden. Der beliebteste Programmbereich war »Gesundheit« mit einem Anteil von über 41 % der Teilnahmefälle, gefolgt von »Sprachen« mit fast 28 %. Auf »Kultur – Gestalten« entfielen gut 15 % der Teilnahmen, auf »Politik – Gesellschaft – Umwelt« rund 9 % und auf »Arbeit – IT – Management« gut 5 %. Die Bereiche »Schulabschlüsse, Studienzugang und -begleitung« sowie »Grundbildung« machten zusammen gut 1 % der Teilnahmefälle aus.

Für rund zwei Drittel der Teilnahmefälle liegen Daten zum Alter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor. Mit knapp 29 % stellte die Altersgruppe der 50- bis unter 65-Jährigen den größten Anteil der Kursbesucherinnen und -besucher. Dahinter rangierten die 35- bis unter 50-Jährigen mit einem Anteil von etwas über 23 % vor den 25- bis unter 35-Jährigen mit gut 15 %. Auch im höheren Alter ist die Bereitschaft zur Weiterbildung noch weit verbreitet. Mehr als 13 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren 65- bis unter 75-Jährige und rund 6 % waren 75 Jahre alt oder älter. In allen Altersgruppen ab dem 35. Lebensjahr war der Programmbereich »Gesundheit« am stärksten gefragt. Nur bei den unter 18-Jährigen lag »Kultur – Gestalten« vorne und bei den 18- bis unter 25-Jährigen sowie den 25- bis unter 35-Jährigen der Bereich »Sprachen« (Schaubild 3).

Auch an Einrichtungen des formalen Bildungssystems gibt es non-formale Angebote für Weiterbildungsinteressierte. Hierzu zählt zum Beispiel die Möglichkeit, als Gasthörerin oder Gasthörer an einer Hochschule Vorlesungen zu besuchen und an Seminaren teilzunehmen. Im Wintersemester 2019/20 nutzten fast 4 000 Personen dieses Angebot. Über 60 % von diesen hatten das 65. Lebensjahr bereits vollendet.

Diese wenigen Informationen zu non-formalen Bildungsangeboten können nur schlaglichtartig einige Aspekte dieses Bereichs beleuchten. Ein vollständiges Bild kann die amtliche Statistik nicht liefern. Die Bedeutung non-formaler Bildung für die Weiterbildung in einer sich rasch weiterentwickelnden Umwelt ist aber unzweifelhaft, man denke nur an das Schlagwort »Digitalisierung«. Weitergehende Informationen über diesen Bereich wären somit eine hilfreiche Grundlage für eine zielgerichtete Förderung in diesem Bereich.

1 Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2020, Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalen Welt. Bielefeld 2020, S. 1; https://www.bildungsbericht.de/static_pdfs/bildungsbericht-2020.pdf (Abruf: 21.12.2020). Zitierweise: Bildung in Deutschland 2020.

2 Konsortium Bildungsmonitoring: Anwendungsleitfaden für den Aufbau eines kommunalen Bildungsmonitorings. Bonn, Wiesbaden und Stuttgart 2020, S. 17; https://www.transferinitiative.de/media/content/206902__DLR_leitfaden.pdf (Abruf: 21.12.2020).

3 www.statistik-bw.de/DatenMelden/Mikrozensus/ (Abruf: 21.12.2020).

4 Kitzenmaier, Ronja: »Frühkindliche Bildung in den Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs 2019«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2020«, S. 17.

5 § 73 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) in der Fassung vom 01.08.1983 zuletzt geändert am 19.03.2020 (GBl. S. 144; K.u.U. S. 127).

6 Schwarz-Jung, Silvia: »Die Schulen besonderer Art drei Exoten in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2006«, S. 9–12.

7 § 75 SchG.

8 Einschließlich rund 7 200 Schülerinnen und Schülern im Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf.

9 Landesinstitut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Bildung in Baden-Württemberg 2018. Stuttgart 2018, S. 151 ff.

10 Bildung in Deutschland 2020, Tab. G2-3web.