:: 3/2021

Erste Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ausländische Studierende

Rund 3 200 ausländische Studierende weniger als noch im Vorjahr, Rückgang um 8 %

Infolge der Einschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr im Frühjahr 2020 ist die Anzahl der ausländischen Studierenden an den baden-württembergischen Hochschulen im Sommersemester 2020 um 3 800 Personen oder 8 % im Vergleich zum Sommersemester 2019 gesunken. Bei den Austauschstudierenden, die nur für kurze Zeit nach Deutschland kommen, waren es 1 400 Personen oder 29 % weniger als noch 1 Jahr zuvor. Aufgrund ihres hohen Ausländeranteils sind Universitäten und Kunsthochschulen am stärksten durch die Corona-Pandemie betroffen.

8 % weniger ausländische Studierende als im Vorjahr

Im Sommersemester 2020 waren knapp 332 100 Studierende an den baden-württembergischen Hochschulen eingeschrieben, darunter 42 700 Studierende mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Infolge der Einschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr im Frühjahr 2020 ist die Anzahl der ausländischen Studierenden um 3 800 Personen oder 8 % im Vergleich zum Sommersemester 2019 gesunken. Insgesamt ist die Anzahl der Studierenden um etwa 1 % zurückgegangen.

Rückgang vor allem bei Bildungsausländern

Differenziert man die ausländischen Studierenden nach ihrem Herkunftsland, dann zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Nationen (Schaubild 1). So ist die Anzahl der Studierenden aus China, der größten Gruppe unter den ausländischen Studierenden, um 12 % zurückgegangen. Starke Rückgänge waren auch bei Studierenden aus den USA (– 32 %), Tunesien (– 23 %) und Südkorea (– 20 %) zu verzeichnen. Kaum verändert hat sich hingegen die Anzahl der Studierenden aus der Schweiz (+ 0,5 %). Eine Zunahme wurde bei Studierenden aus Syrien (+ 25 %), Österreich (+ 8 %), Indien (+ 8 %) und Kroatien (+ 2 %) festgestellt. Unter den deutschen Studierenden gab es keine Veränderung (+ 0,1 %).

Das Sinken der Anzahl ausländischer Studierender geht dabei vor allem auf den Rückgang der Bildungsausländer zurück. Etwa 74 % der ausländischen Studierenden oder 31 700 Personen hatten ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben. Das waren 3 300 Personen oder fast 10 % weniger als noch im Sommersemester 2019. Die Anzahl der ausländischen Studierenden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben hatten (Bildungsinländerinnen und -inländer), ging nur um etwa 4 % oder um 440 Personen zurück.

Bei den ausländischen Studierenden der meisten Herkunftsländer handelt es sich überwiegend um Bildungsausländerinnen und -ausländer (Schaubild 2). So betrug der Anteil der Bildungsausländer bei den Studierenden aus China beispielsweise 94 %, bei den Studierenden aus Indien sogar 99 %. Doch während die Anzahl der chinesischen Bildungsausländer um 13 % zurückging, stieg die Anzahl der indischen Bildungsausländer um 3 % an. Zuwächse waren sonst nur noch bei den Bildungsausländern aus Syrien (20 %), Kroatien (13 %), Österreich (10 %), der Türkei (3 %) und der Schweiz (1 %) zu verzeichnen. Abgesehen davon ging die Anzahl der Bildungsausländer aus fast allen anderen Herkunftsländern zurück.

Anders sieht es bei Studierenden aus den Herkunftsländern der sogenannten »Gastarbeiter« und aus dem ehemaligen Jugoslawien aus. Wie bereits in den Jahren zuvor handelt es sich bei diesen Studierenden vorrangig um Bildungsinländer. Der Anteil der Bildungsinländer bei den Studierenden aus der Türkei betrug 79 %, bei den Studierenden aus Kroatien 75 %, Griechenland 61 % und Italien 51 %.

Aufgrund der spezifischen Migrationsgeschichte und des hohen Anteils dieser Ausländergruppen an der ausländischen Bevölkerung in Baden-Württemberg1 ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Studierenden vielfach um in Deutschland aufgewachsene und zur Schule gegangene Ausländerinnen und Ausländer handelt. Daher wäre auch zu erwarten gewesen, dass es – ganz so wie bei den deutschen Studierenden – kaum Veränderungen in der Anzahl der Studierenden im Sommersemester 2020 gibt. Dennoch ging die Anzahl der Bildungsinländerinnen und -inländer aus der Türkei (– 9 %), Griechenland (– 9 %), Italien (– 8 %) und Kroatien (– 2 %) deutlich zurück.

Unveränderter Frauenanteil

Im Sommersemester 2020 studierten etwa 20 800 Frauen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit an einer baden-württembergischen Hochschule. Der Frauenanteil betrug somit gut 49 % und lag damit auf dem Niveau des Vorjahres. Allerdings zeigten sich mitunter große Unterschiede zwischen den Herkunftsländern (Schaubild 3). So war der Frauenanteil unter den Studierenden aus Russland (68 %), der Ukraine (65 %) und Südkorea (61 %) im Sommersemester 2020 fast doppelt so hoch wie der Frauenanteil unter den Studierenden aus Tunesien (36 %), Ägypten (35 %) und Indien (33 %). Schlusslicht unter den hier berücksichtigten Herkunftsländern bildete Syrien mit einem Frauenanteil von 21 %.

Verglichen mit dem Vorjahr studierten rund 2 000 Frauen aus dem Ausland oder 9 % weniger an einer baden-württembergischen Hochschule als noch im Sommersemester 2019. Bei den männlichen Studierenden aus dem Ausland waren es rund 1 800 Personen oder 8 % weniger. Je nach Herkunftsland zeigen sich aber erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So betrug der Rückgang unter der weiblichen Studierenden aus China 13 %, der Rückgang unter der männlichen Studierenden aus China nur 10 %. Auch unter den Studierenden aus Südkorea und aus Russland blieben deutlich mehr Frauen (– 23 % bzw. – 15 %) als Männer (– 13 % bzw. – 9 %) den baden-württembergischen Hochschulen fern. Genau umgekehrt verhielt es sich bei den Studierenden aus Tunesien, dem Iran, der USA und Italien. Hier blieben im Sommersemester 2020 deutlich mehr Männer als Frauen den baden-württembergischen Hochschulen fern. Bei den Studierenden aus der Türkei, der zweitgrößten Gruppe ausländischer Studierender, gab es hingegen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Corona trifft Universitäten und Kunsthochschulen besonders hart

Der Ausländeranteil unter den Studierenden ist an den Kunsthochschulen mit 33 % und an den Universitäten mit 17 % besonders hoch. Daher sind diese Hochschulen auch in besonderem Maße durch die Corona-Pandemie betroffen (Tabelle). An den Universitäten waren gut 2 800 ausländische Studierende oder rund 10 % weniger eingeschrieben als noch 1 Jahr zuvor. Überdurchschnittlich stark ging die Anzahl ausländischer Studierender an der Universität Freiburg (– 19 %) und an der Universität Tübingen (– 13 %) zurück. An den Kunsthochschulen waren im Sommersemester 2020 etwa 200 ausländische Studierende oder knapp 14 % weniger eingeschrieben als noch im Sommersemester 2019. Den größten Rückgang ausländischer Studierender hatte dabei die Staatliche Hochschule für Musik Karlsruhe mit 35 % zu verzeichnen.

Austauschstudierende mit einem Minus von 29 %

Rückläufig war auch die Anzahl der Austauschstudierenden, das heißt der ausländischen Studierenden, die in der Regel nur für ein oder zwei Semester zum Studium nach Deutschland kommen. Im Sommersemester 2020 studierten knapp 3 500 Austauschstudierende an einer baden-württembergischen Hochschule. Das waren 1 400 Personen oder 29 % weniger als noch 1 Jahr zuvor (Schaubild 4). Um mehr als die Hälfte schrumpfte die Anzahl der Austauschstudierenden aus Finnland (– 64 %), den USA (– 53 %) und Kanada (– 50 %). Auch bei den Austauschstudierenden aus Südkorea (– 47 %) und Japan (– 42 %) war ein starker Rückgang zu verzeichnen. Vergleichsweise gering war hingegen der Rückgang Austauschstudierender aus der Schweiz (– 13 %) und Russland (– 10 %).

Das Ausmaß des Rückgangs unterscheidet sich hierbei je nach Hochschulart deutlich. So verloren die Kunsthochschulen im Vergleich zum Vorjahr etwa die Hälfte ihrer Austauschstudierenden (– 53 %), während die Pädagogischen Hochschulen (– 26 %), die Duale Hochschule Baden-Württemberg (– 28 %), die staatlichen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (– 29 %) und die Universitäten (– 30 %) weniger Austauschstudierende zu verzeichnen hatten. Entgegen diesem Trend war bei den privaten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ein Zuwachs von 22 % unter den Austauschstudierenden festzustellen.