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Im Blickpunkt: Die Stadt Pfullendorf

In der Serie »Im Blickpunkt« steht dieses Mal die Stadt Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen. Aus dem Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Pfullendorf wie für jede andere Gemeinde des Landes interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen. Besonders herausgehoben werden an dieser Stelle die Bevölkerungsentwicklung, die Wohn- und die Beschäftigtensituation.

Pfullendorf ist die drittgrößte Stadt im Landkreis Sigmaringen und liegt in topografischer Hanglage, rund 20 Kilometer (km) nördlich des Bodensees im hügeligen Gelände des Linzgaus. Das Pfullendorfer Gemeindegebiet liegt auf der Europäischen Hauptwasserscheide zwischen Rhein und Donau. Die Wasserscheide verläuft südlich des Pfullendorfer Teilortes Denkingen, nach Aftholderberg auf einem Moränenwall der äußeren Würmendmoräne. Die Stadt bildet ein Mittelzentrum der Region Bodensee-Oberschwaben. Der Mittelbereich umfasst die südwestlichen Gemeinden des Landkreises Sigmaringen, im Einzelnen die Städte und Gemeinden Herdwangen-Schönach, Illmensee, Leibertingen, Meßkirch, Pfullendorf, Sauldorf und Wald. Ab Anfang der 1970er-Jahre wurden im Zuge der Gemeindereform die bis dahin selbstständigen Gemeinden Aach-Linz, Denkingen, Gaisweiler, Tautenbronn, Großstadelhofen, Mottschieß, Otterswang und Zell-Schwäblishausen eingemeindet.

Die Stadt Pfullendorf betreibt die 24,6 km lange Bahnstrecke von Altshausen nach Pfullendorf als öffentliche Bahnstrecke. In Altshausen besteht die Möglichkeit des Übergangs zum Streckennetz der DB Netz AG. Der öffentliche Personennahverkehr in Pfullendorf wird von zwei Verkehrsverbünden betrieben, wodurch ein breites Fahrangebot Richtung Bodensee und Oberschwaben zur Verfügung steht. Auch innerhalb der Stadt, wo eine Angliederung an Verkehrsverbünde oftmals nicht möglich ist, ist ein Bürgerbus seit vielen Jahren im Einsatz.

Bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit fanden sich in der Gegend um Pfullendorf Siedlungsspuren, die den Schluss zulassen, dass hier Menschen lebten. So gibt es im Wald bei Pfullendorf einen Grabhügel. Römische Mauerreste einer Villa Rustica auf der Gemarkung der Stadt weisen auf eine spätere gallorömische Besiedlung hin. Die Grafen von Pfullendorf werden erstmals gegen Ende des 11. Jahrhunderts erwähnt. Friedrich II. erhob Pfullendorf bei einem Reichstag in Frankfurt am Main Ende April 1220 zur königlich-staufischen Stadt, was am 2. Juni 1220 in Worms beurkundet wurde. Nachdem die Staufer 1268 in männlicher Linie ausgestorben waren, zog König Rudolf von Habsburg im Jahre 1282 die Stadt unmittelbar an das Reich. Von da an bis zum Jahre 1803 war Pfullendorf eine Reichsstadt. Im Jahre 1434 verlieh Kaiser Sigismund der Reichsstadt die »Hohe Gerichtsbarkeit«, den Blutbann. Im 14. und 15. Jahrhundert gehörte Pfullendorf zahlreichen Städtebündnissen an, die die Freiheiten der Reichsstädte gegen die Fürsten verteidigten. So gehörte Pfullendorf 1431 und 1441 mit Überlingen und Ravensburg dem Bund der Seestädte an. Im Jahr 1492 war Pfullendorf auch Mitglied des Schwäbischen Bundes gegen Herzog Albrecht von Bayern. Während des Dreißigjährigen Kriegs brach im September 1628 in Pfullendorf die Pest aus. Ihr fielen 559 Menschen zum Opfer, mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Am 6. Juli 1632 zogen die Schweden unter dem Kommandanten Oberstleutnant Marx Konrad von Rehlingen mit 1 000 Reitern in Pfullendorf ein, nachdem die Stadt 5 Stunden umkämpft war und die Wallfahrtskirche Maria Schray in Brand gesteckt wurde. Sie brannte bis auf den gotischen Chor nieder. Während des Spanischen Erbfolgekrieges wurde Pfullendorf im Mai 1704 von einer bayrisch-französischen Armee besetzt. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde Pfullendorf mediatisiert. Pfullendorf wurde ein Bestandteil von Baden und blieb bis 1936 Amtssitz eines badischen Bezirksamtes. Die Stadt Pfullendorf kam 1973 im Rahmen der Kreisreform zum Landkreis Sigmaringen.

Pfullendorf hat eine Gemarkungsfläche von 9 050 Hektar (ha). Davon werden gut 52 % landwirtschaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächennutzungsart über dem Landesdurchschnitt. Die Waldfläche beträgt gut 34 % und liegt unter dem Niveau des Landes (38 %). Mehr als 11 % der Fläche sind besiedelt oder dienen als Verkehrsfläche, hier wird das Landesmittel deutlich unterschritten.

Am 31. Dezember 2019 lebten 13 446 Personen in Pfullendorf. Mit 149 Personen je Quadratkilometer (km2) entspricht die Besiedelungsdichte den ländlich geprägten Teilen Baden-Württembergs und liegt unter dem Landesdurchschnitt (311). Die Bevölkerungsentwicklung war in den Jahren zwischen 2009 und 2019 positiv. In diesem Zeitraum hat die Bevölkerung um mehr als 3 % zugenommen. Sie entspricht damit in etwa der landesweiten Entwicklung. Das Durchschnittsalter der Bürger von Pfullendorf betrug 43,5 Jahre und lag damit leicht unter dem Landesdurchschnitt von 43,6 Jahren. Gut 13 % der Einwohner von Pfullendorf hatten 2019 einen ausländischen Pass. Der Ausländeranteil in Pfullendorf lag damit unter dem Landesdurchschnitt von fast 16 %.

Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in Pfullendorf ist positiv. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2019 nahm der Wohnungsbestand um 10 % zu und lag damit deutlich über dem Landesniveau. Die Werte für baureifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen 2016 und 2018 mit 91 Euro je Quadratmeter (m2) um 101 Euro/m2 niedriger als die im Landesdurchschnitt ermittelten Werte. Gut 65 % der Wohngebäude sind Einfamilienhäuser. Mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 47 m2 je Einwohner lag der Wert in Pfullendorf leicht über dem Landesdurchschnitt. Architektonisch fallen im Stadtbild von Pfullendorf zahlreiche historische Bauwerke auf: Der historische Marktplatz mit Brunnen ist das Herz der ehemals freien Reichsstadt, der heutigen Altstadt, um ihn gruppieren sich mehrere denkmalgeschützte Gebäude wie das historische Rathaus aus den Jahren 1524/1525, das Alte Spital besteht seit dem Mittelalter, die Steinscheuer/Spitälische Zehntscheuer, ein spätgotischer Bau, wurde 1515 ganz aus Stein mit den stiltypischen Öffnungsrahmen und monumentalem Treppengiebel als Getreidescheuer erbaut, etwas abseits vom Marktplatz steht in der Metzgergasse das Bindhaus – ein Fachwerkhaus aus dem Jahre 1499, die Stadtpfarrkirche St. Jakob wurde 1480/1481 als gotische Pfeilerbasilika vom Salemer Baumeister Hans von Savoyen vollendet und 1750 barockisiert, die Wallfahrtskirche Maria Schray ist auf die Zeit vor 1480 zu datieren, die Friedhofskapelle St. Leonhard wurde 1401 erstmals genannt und stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert, die evangelische Christuskirche wurde 1910 durch die evangelische Kirchengemeinde eingeweiht.

Die Chance auf eine Beschäftigung in Pfullendorf hat in den vergangenen 10 Jahren zugenommen. So hatten hier 2019 rund 6 470 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Arbeitsplatz. Dies sind fast 5 % mehr als 2009. Langfristig betrachtet lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2019 um 125 höher als 1999. Gut 41 % aller Arbeitsplätze in Pfullendorf liegen heute noch in dem Wirtschaftsbereich des Produzierenden Gewerbes und nehmen damit eine dominierende Position wie in vielen anderen Kommunen des Landes ein.

Der Schuldenstand je Einwohner in Pfullendorf belief sich auf 2 326 Euro im Jahr 2019 und lag damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von 1 030 Euro je Einwohner. Die Steuerkraftmesszahl je Einwohner lag über und die Steuerkraftsumme je Einwohner lag im Jahr 2019 unter dem Landesniveau.

Kulturell und in der Natur hat Pfullendorf seinen Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Besucherinnen und Besuchern einiges zu bieten. Pfullendorf ist Station der Oberschwäbischen Barockstraße, der Deutschen Fachwerkstraße und der Hohenzollernstraße. Seit 2008 gibt es einen etwa 9 km langen Wanderweg, der entlang der landschaftlichen exponierten Wasserscheide Rhein-Donau von Straß nach Aftholderberg führt. Der Bahndamm zwischen Pfullendorf und Aach-Linz mit seiner in der Region einmaligen Magerkalkrasen-Fläche ist ein eingetragenes Naturdenkmal. Um das Verschwinden von seltenen Tieren und Pflanzen zu verhindern und damit ein ökologisch wertvolles Terrain zu erhalten, besteht hier seit rund 25 Jahren eine Pflegepflicht. Diese umfasst das Abmähen der Rasenfläche jeweils nach der Vegetationsphase und das Abfahren und ordnungsgemäße Entsorgen des Schnittgutes. Die Eigentümer können zu dieser Pflege nicht gezwungen werden, dürfen die Maßnahmen aber auch nicht verhindern. In Pfullendorf wird die schwäbisch-alemannische Fasnet durch die Narrenzunft Stegstrecker e. V. gepflegt. Der Vereinsbezeichnung »Stegstrecker« ist ein übernommener Neckname, so sollen die Pfullendorfer einmal versucht haben, einen zu kurz geratenen Steg zu strecken. Die Schnellergilde der Stegstreckerzunft pflegt am Funkensonntag den Brauch des Funkenabbrennens im Seepark. Am Rande der Stadt liegt der Seepark Linzgau, ein attraktives Naherholungs- und Freizeitparadies für Jung und Alt. Der rund 50 ha große Park mit seinem wunderschönen See bietet zahlreiche Möglichkeiten: Badestrand und Liegewiese, Spielen und Entdecken in der Wassererlebniswelt, Klettern beim Abenteuerspielplatz »Seeungeheuer«, Spazieren gehen und die Natur entdecken, Wasserski- oder Wakeboardfahren. In der Stadtmitte hat Pfullendorf einen kleinen Stadtgarten genannten Stadtpark. Hier befindet sich der Stadtsee, mit einer kleinen Insel und Springbrunnen. Das Heimat- und Handwerksmuseum der Stadt Pfullendorf zeigt eine Sammlung zur Heimatgeschichte, zu historischem Handwerk und zur Pfullendorfer Fasnet. In der städtischen Galerie »Alter Löwen« finden wechselnde Ausstellungen verschiedener hauptsächlich einheimischer Künstlerinnen und Künstler statt. Traditionell finden in Pfullendorf regelmäßig verschiedene Märkte statt. Zu erwähnen sind der Fastenmarkt, der Maimarkt, der Jakobimarkt, der Kirchweihmarkt und der Nikolausmarkt. Auch das traditionelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Schauspiel des Engelsabstiegs in der Adventszeit begeistert junge und alte Menschen von nah und fern. Das mögen die Hauptgründe dafür sein, dass es 2019 zu 2 915 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner in Pfullendorf kam.