:: 5/2021

Fleischerzeugung in Baden-Württemberg im Jahr 2020

Das Jahr 2020 war auch für die Fleischerzeugung ein ungewöhnliches Jahr aufgrund der Corona-Pandemie. Schon zu Beginn standen Schlachthöfe als Hotspots für Infektionen im Fokus. Trotz zeitweiser regionaler Kapazitätseinschränkungen konnte in Baden-Württemberg im Vergleich zum Vorjahr eine größere Schlachtmenge erreicht werden. Zurückzuführen ist dies auf einen Anstieg in der Erzeugung von Schweinefleisch. Es hat vermutlich eine Produktionsverlagerung aus anderen Bundesländern stattgefunden. Der periodenweise ausgebliebene Außer-Haus-Verzehr, durch eine geschlossene Gastronomie, verursachte einen Rückgang in der Rindfleischproduktion. Hier ist jedoch schon seit längerem ein abnehmender Trend festzustellen.

Die Schlachtmenge (ohne Geflügel) belief sich im Jahr 2020 auf 545 000 Tonnen (t) im Land und damit 7 000 t oder 1,3 % mehr als noch im Jahr 2019. Im Jahr 2020 wurden 5,1 Millionen (Mill.) Tiere (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde) in Baden-Württemberg geschlachtet. Also 92 000 Tiere (+ 1,8 %) mehr als im Jahr zuvor (Tabelle). Die baden-württembergische Produktion nahm deutschlandweit einen Anteil von rund 9 % ein. Die vorläufige Gesamtmenge lag in der Bundesrepublik bei 6,2 Mill. t und verzeichnete damit einen Rückgang um 2,5 % im Vergleich zu 2019.

Mehr Schweine geschlachtet

Die Zunahme der Schlachtmenge in Baden-Württemberg ist vor allem auf die gesteigerte Schweinefleischproduktion zurückzuführen. Sie nahm um 10 700 t oder 2,8 % im Vergleich zum Vorjahr zu. Während die Menge im 1. Halbjahr noch auf Vorjahresniveau lag, wurde sie im 2. Halbjahr um über 5,2 % gesteigert. Überhänge aus den Monaten April und Mai, in denen es coronabedingte Schlachthofschließungen gab, verschoben sich in die 2. Jahreshälfte (Schaubild 1). Dieses Überangebot an schlachtreifen Schweinen zeigte sich auch deutlich am hohen Bestand an schweren Mastschweinen (über 110 kg) in der Viehbestandserhebung im November 2020. Er lag um 16 300 Tiere oder 28,2 % höher als zur selben Zeit im Jahr zuvor.

Da die Schweineschlachtmenge in Deutschland insgesamt zurückgegangen ist, kann davon ausgegangen werden, dass auch regionale Produktionsverlagerungen nach Baden-Württemberg stattfanden. Insgesamt wurden 384 800 t Schweinefleisch im Bundesland erzeugt, das entspricht nach vorläufigen Ergebnissen einem Anteil von 7,5 % an der gesamtdeutschen Fleischerzeugung. Im Jahr 2019 belief sich der Anteil von Baden-Württemberg auf 7,2 %. Mit einem Anteil von mehr als zwei Dritteln an der Gesamterzeugung, ist Schweinefleisch die bedeutendste Fleischart.

Rindfleisch im Abwärtstrend

Die Rindfleischerzeugung ist in Baden-Württemberg seit geraumer Zeit rückläufig. Im Jahr 2020 betrug die Schlachtmenge 156 000 t und lag wieder um 2,6 % unter dem Vorjahr. Während die Menge an geschlachteten Färsen (+ 700 t) leicht zugenommen hat, ist sie bei den Bullen (– 3 700 t) und Kühen (– 1 500 t) gesunken. Im Jahresverlauf ist erkennbar, dass in den Monaten April und Mai sowie Oktober bis Dezember eine geringere Rindfleischmenge im Vergleich zu den Monaten im Vorjahr produziert wurde (Schaubild 1). Die geschlossene Gastronomie und Hotellerie in den Lockdown-Phasen und der damit einhergehende Nachfragerückgang könnte dies beeinflusst haben.

Nischen in der Fleischproduktion

Die Schaf-, Ziegen- und Pferdefleischproduktion führt in Baden-Württemberg ein Nischendasein und nahm im Jahr 2020 zusammengenommen nur knapp 0,8 % an der gesamten Schlachtmenge ein. Im Vergleich zu 2019 wurden jedoch fast 30 000 Schafe1 mehr geschlachtet. Die Schaffleischerzeugung kam auf insgesamt 4 000 t im Jahr 2020. Die Schlachtung von Geflügel spielt in Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2020 wurden rund 6 100 t Geflügelfleisch erzeugt. Bei einer Gesamterzeugung von 1,6 Mill. t in Deutschland, beträgt der Anteil nur 0,6 %.2

Entwicklung seit den 1950er-Jahren

Anfang der 1950er-Jahre wurden noch weniger als 300 000 t Fleisch im Land erzeugt. Die Produktionsmengen stiegen in den folgenden Jahrzehnten bis zu einem vorläufigen Höchstwert von 560 000 t im Jahr 1991 an. Bis 2005 blieb die Menge bei etwa 500 000 t, um anschließend auf eine Rekordproduktion von über 600 000 t im Jahr 2016 anzuwachsen. In den nachfolgenden Jahren kam es zu einem Abwärtstrend, mit jährlichen Rückgängen zwischen 3 % und 4 %, der mit einer leichten Zunahme im Jahr 2020 zunächst gestoppt wurde. Bei diesen Entwicklungen ist zu beachten, dass nicht nur die Viehhaltung, sondern auch die Struktur der Schlachtstätten und -höfe einem erheblichen Wandel unterlag. Es gibt weniger und größere Schlachthöfe mit einem größeren Einzugsbereich als früher, der nicht an Landesgrenzen haltmacht.

Auch im Hinblick auf die Rinder- und Schweineschlachtmengen, die bis Mitte der 1980er-Jahre auf ähnlichem Niveau lagen, sind seit Anfang der 1990er-Jahre divergierende Entwicklungen zu beobachten. Die Erzeugung von Rindfleisch sank mit zwischenzeitlichen Schwankungen von 268 000 t im Jahr 1991 – dem historischen Maximum – auf 199 000 t im Jahr 20003. Bis zum Jahr 2011 stagnierte die jährliche Produktion, um dann etwa ein Viertel bis zum Jahr 2020 abzunehmen. Die zuletzt negative Entwicklung lässt sich zum einem Teil mit dem Rückgang der Rinderbestände im Bundesland erklären, denn seit 2010 ist der Bestand um 9,3 % gesunken. Zum anderen liegt die Vermutung nahe, dass Kapazitäten für Rinderschlachtungen in Baden-Württemberg weggefallen sind.

Die Schweinefleischmenge stagnierte zwischen 1990 und 2004 bei etwa 280 000 t. In der Folge kam es zu einem Anstieg der Schlachtkapazitäten bis zum Höchstwert von 422 000 t im Jahr 2016. In den Jahren 2017 bis 2019 waren dagegen rückläufige Zahlen zu vermelden. Wie schon beschrieben, konnte dann 2020 im Vorjahresvergleich eine höhere Produktion erzielt werden und der negative Trend zunächst aufgehalten werden.

Förderung der regionalen Erzeugung

Die insgesamt gestiegene Produktion im Jahr 2020 sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der lokalen oder regionalen Fleischerzeugung zu Einschränkung kommen kann. Neben coronabedingten Schlachthofschließungen werden auch immer wieder Tierschutzverstöße während der Schlachtung bekannt und führen zu vorläufigen oder vollständigen Einstellungen von Schlachtbetrieben. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken und die regionalen Wertschöpfungsketten von der Tierzucht bis zur Schlachtung aufrechtzuerhalten, hat die Landesregierung ein Förderprogramm in Höhe von 11 Mill. Euro aufgesetzt. Die Förderung ist auf Kleinst- bis mittelgroße Schlachtunternehmen begrenzt und kann entweder zur Modernisierung von Bestandsgebäuden, für Neubauten oder die Anschaffung von mobilen Schlachtanlagen genutzt werden.

Ausblick auf das Jahr 2021

Die Ergebnisse vom Januar 2021 zeigen, dass die Schweineschlachtmenge mit 31 800 t im Vergleich zum Vormonat abgenommen hat und nun wieder auf dem Niveau von Januar 2020 liegt. Daraus kann geschlossen werden, dass Überhänge schon im Vorjahr abgebaut und auch weniger Schweine aus anderen Bundesländern angeliefert wurden. Für den weiteren Jahresverlauf hängt das Angebot an schlachtreifen Schweinen unter anderem davon ab, in welchem Umfang die Schweinemäster neue Ferkel aufgestallt haben. Unsicherheiten ergeben sich durch die in Deutschland aufgekommene Afrikanische Schweinepest, wodurch wichtige Auslandsmärkte weggefallen sind. Auch über die künftigen Rahmenbedingungen der Schweinehaltung sind die Schweinehalter weiter im Unklaren. Es ist damit zu rechnen, dass weiterhin Betriebe, die keine wirtschaftliche Perspektive sehen, ihre Tierhaltung einstellen werden.

Die Produktion von Rindfleisch startet mit 12 000 t im Januar 2021 auf sehr niedrigem Niveau. Im Vergleich zum Vormonat waren das 8,8 % und zum Januar 2020 sogar 16,4 % weniger. Der ausbleibende Außer-Haus-Verzehr wird die Rindfleischnachfrage und damit ihre Erzeugung weiterhin beeinflussen, über das Ausmaß kann nur spekuliert werden. Vielerorts wurden Lieferdienste aufgebaut und die Mitnahme von Speisen ist weiterhin möglich. Langjährige Entwicklungen auf dem deutschen Rindfleischmarkt zeigen jedoch andere Gründe auf. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland lag im Jahr 2019 nur noch bei 97 % und damit 20 Prozentpunkte weniger als 2010. Während der Pro-Kopf-Verbrauch um 12 % gestiegen ist, ist die inländische Produktion um 6 % gesunken. Die Nachfrage wird dementsprechend zu einem größer werdenden Anteil mit Fleischimporten gedeckt. Im angesprochenen Zeitraum sind die Einfuhren um 91 200 t oder ein Fünftel angewachsen.4

1 Inklusive Lämmer.

2 Statistisches Bundesamt: Erhebung in Geflügelschlachtereien 2020.

3 Im November des Jahres 2000 trat zum ersten Mal die Rinderseuche BSE in Deutschland auf. In Baden-Württemberg kam es daraufhin im November und Dezember zu starken Rückgängen in der Fleischerzeugung.

4 BMEL: Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2020.