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Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Stuttgart 2000 bis 2019

Teil 2: Vergleich mit den anderen Großstädten Deutschlands

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat ihren Erwerbstätigenstand zwischen 2000 und 2019 um 15 ½ % ausgebaut, und zwar vor allem aufgrund eines sehr starken Anstiegs im zweiten Zeitabschnitt 2010 bis 2019; in der 1. Dekade 2000 bis 2010 hat die Zahl der Erwerbstätigen praktisch stagniert. Dieser zweigeteilte Verlauf wurde in großem Maße durch das Verarbeitende Gewerbe bestimmt, wo die Erwerbstätigenzahlen von 2000 bis 2010 um über 17 % abgenommen und danach bis 2019 um respektable 24 % zugenommen haben. Der Rückgang in der 1. Dekade wurde durch die Finanzkrise 2008 bis 2010 erheblich verschärft, der anschließende Erwerbstätigenaufbau war umso beachtlicher. Sowohl die Finanzkrise als auch die rasche und nachhaltige Erholung haben auch die überwiegend unternehmensbezogenen beziehungsweise warenorientierten Dienstleistungsbereiche einbezogen. Dagegen haben sich die eher personenbezogenen Dienstleistungen im gesamten Zeitraum durch ein kontinuierliches Wachstum ausgezeichnet.1

Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, wie sich die Situation in Stuttgart im Vergleich zu den anderen Großstädten Deutschlands darstellt.2

Erwerbstätige insgesamt

Wie Schaubild 1 zeigt, hat die Erwerbstätigkeit im Zeitraum 2000 bis 2019 in Stuttgart (+ 15,5 %) stärker zugenommen als in Deutschland (+ 13,3 %), aber neun der 15 größten Städte mit jeweils mehr als 400 000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben besser abgeschnitten als die baden-württembergische Landeshauptstadt. Besonders kräftige Zunahmen um mehr als ein Fünftel haben zum einen die beiden ostdeutschen Städte Leipzig (+ 26,1 %) und Dresden (+ 22,5 %) erfahren, und zwar als Ausdruck eines Wiedererstarkens von Industrie, Handwerk und Dienstleistungsgewerbe nach dramatischem wirtschaftlichem Einbruch und erheblichem Beschäftigungsrückgang in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung; der Spitzenreiter Berlin (+ 27,7 %) ist mit seinem früheren Ostteil ebenfalls noch hierunter zu subsumieren. Zum anderen haben neben Berlin auch die anderen drei Millionenstädte Köln (+ 25,0 %), München (+ 24,2 %) und Hamburg (+ 22,9 %) einen besonders starken Aufschwung erfahren; offensichtlich waren also innerhalb der untersuchten 19 Jahre die großen Metropolen besonders attraktiv für neue Arbeitsplätze und Arbeitskräfte. Dies wird dadurch weiter unterstrichen, dass auf den nächsten Rängen mit Zunahmen um ein Fünftel und mehr ebenfalls zwei ökonomisch starke Städte rangieren, nämlich Frankfurt am Main (+ 21,6 %) und Düsseldorf (+ 20,0 %); danach folgen Dortmund (+ 18,2 %) und Stuttgart (+ 15,5 %).

Dass Stuttgart nicht ganz zu den anderen größeren Städten mit hoher Wirtschaftskraft aufschließen konnte, hängt mit der erwähnten Entwicklung im 1. Jahrzehnt 2000 bis 2010 und insbesondere dem krisenbedingten Einbruch an dessen Ende zusammen. Im Einzelnen hat die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2000 und 2010 lediglich um 0,1 % zugenommen, schlechter hat nur Duisburg mit – 0,4 % abgeschnitten, wie Schaubild 1 zeigt. Zuwachsraten von 9,4 % in Leipzig oder 9,1 % in Dresden als Ergebnis eines erfolgreichen Aufholprozesses blieben damit für Stuttgart unerreicht. Aber auch die anderen Städte mit durchweg höheren Wachstumsraten im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 haben den Grundstein dafür schon in dieser 1. Dekade gelegt.

Der zurückhaltenden Erwerbstätigenentwicklung im 1. Jahrzehnt folgte in Stuttgart ein rasantes Wachstum der Erwerbstätigenzahlen in den anschließenden 9 Jahren, der Anstieg um 15,4 % war lediglich in den Metropolstädten Berlin (+ 22,2 %), München (+ 20,6 %), Frankfurt (+ 16,8 %) und Köln (+ 16,5 %) noch ausgeprägter. Die beachtliche Steigerungsrate Stuttgarts war aber nicht hoch genug, um die Stagnation in den 10 Jahren zuvor so auszugleichen, dass sich die baden-württembergische Landeshauptstadt im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 wenigstens über den Durchschnitt der Großstädte setzen konnte. So haben jeweils niedrigere Zuwachsraten nach 2010 in Leipzig (+ 15,3 %), Hamburg (+ 13,3 %), Dresden (+ 12,3 %), Düsseldorf (+ 11,8 %) und Dortmund (+ 8,9 %) ausgereicht, um diese Städte im Gesamtzeitraum dennoch vor Stuttgart zu platzieren. Die Steigerungsraten in Hannover, Bremen, Nürnberg und Essen blieben im ersten Zeitabschnitt mit + 1,3 % bis + 2,0 % zwar leicht über der Entwicklung in Stuttgart, im zweiten Abschnitt mit + 6,5 % bis + 11,9 % aber darunter. Das Schlusslicht bildete in beiden Abschnitten Duisburg mit – 0,4 % und + 5,0 %.

Verarbeitendes Gewerbe

Wie ausgeführt wurde der Verlauf der Erwerbstätigkeit Stuttgarts maßgeblich durch das Verarbeitende Gewerbe bestimmt, das im Jahre 2000 immerhin noch 17,3 % aller Erwerbstätigen Beschäftigung geboten hat. Schaubild 2 veranschaulicht die Entwicklung dieses Wirtschaftsbereichs in Stuttgart im Vergleich zu den anderen Großstädten.

Unmittelbar ins Auge springt zunächst eine erhebliche Differenzierung zwischen den Städten. So steht in der 1. Dekade (2000 bis 2010) einem Anstieg in Leipzig um ein Zehntel (+ 9,9 %) ein Rückgang in Frankfurt um über ein Viertel (– 25,7 %) gegenüber, was einer Spannweite von 35,6 Prozentpunkten entspricht. In den nachfolgenden 9 Jahren (2010 bis 2019) war der Unterschied zwischen dem Spitzenreiter Leipzig (+ 38,7 %) und dem Schlusslicht Essen (– 9,8 %) mit 48,5 Prozentpunkten noch größer. Schließlich belief sich im Gesamtzeitraum (2000 bis 2019) die Differenz auf 82 Prozentpunkte, wiederum zwischen Leipzig (+ 52,2 %) und Essen (– 29,8 %).

Auffallend ist weiterhin, dass nur die beiden ostdeutschen Städte Leipzig und Dresden sowohl zwischen 2000 und 2010 (+ 9,9 % und + 4,0 %) als auch zwischen 2010 und 2019 (+ 38,7 % und + 13,7 %) auf einen Erwerbstätigenzuwachs im Verarbeitenden Gewerbe zurückblicken konnten. In allen großen Städten Westdeutschlands war die Entwicklung 2000 bis 2010 negativ, außer in Duisburg sogar mit zweistelligem Rückgang! 2010 bis 2019 waren immerhin in acht westdeutschen Großstädten positive Zuwachsraten zu verzeichnen, dagegen weiter negative Raten vor allem in den Ruhrgebietsstädten Duisburg (– 5,5 %) und Essen (– 9,8 %) sowie in Nürnberg (– 3,0 %), Frankfurt (– 3,1 %) und Düsseldorf (– 5,9 %).

Die nach den beiden sächsischen Städten günstigste Entwicklung konnte Stuttgart verbuchen. Zwar war der Rückgang der Erwerbstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe zwischen 2000 und 2010 mit – 17,2 % durchaus gewaltig, er ist aber unter den westdeutschen Großstädten nur in Duisburg (– 7,2 %), in Hamburg (– 13,8 %) und in Bremen (– 15,2 %) geringer gewesen. Vor allem aber fiel der anschließende Aufschwung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt mit + 23,8 % sehr stark ins Gewicht, er war nur in Leipzig (+ 38,7 %) deutlicher ausgeprägt. Wie sehr sich Stuttgart zwischen 2010 und 2019 von den meisten anderen Großstädten abgehoben hat, wird dadurch unterstrichen, dass neben Dresden (+ 13,7 %) nur noch Hannover (+ 15,8 %) und München (+ 15,2 %) überhaupt zweistellig zulegen konnten. Es ist kein Zufall, dass alle genannten Städte ein wichtiges Standbein in der Produktion von Automobilen einschließlich Zulieferteilen haben, die nach der Finanzkrise 2010 generell gut zugelegt hat.

Im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 ist dadurch die Erwerbstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe in den beiden ostdeutschen Städten Leipzig und Dresden mit 52,2 % beziehungsweise 18,3 % besonders stark angestiegen. Unter den westdeutschen Großstädten konnte nur Stuttgart – aufgrund seiner enormen Zuwachsraten im zweiten Zeitabschnitt – zwischen 2000 und 2019 ebenfalls einen Erwerbstätigenaufbau um immerhin 2,6 % verbuchen. Bereits mit negativer Erwerbstätigenentwicklung folgten Hamburg (– 6,9 %) und Hannover (– 9,8 %), wo die Verringerungen immerhin noch einstellig ausgefallen sind. Wenigstens noch unter einem Fünftel blieb der Erwerbstätigenabbau im Laufe dieser 19 Jahre in Bremen (– 11,5 %) und Duisburg (– 12,4 %) sowie in den Metropolen München (– 12,4 %), Köln (– 16,3 %) und Berlin (– 19,6 %); in den verbleibenden fünf Großstädten fiel er merklich höher aus.

Fest steht damit auch, dass die – im Vergleich zu anderen Großstädten – relativ zurückhaltende Entwicklung der gesamten Erwerbstätigkeit in Stuttgart nicht auf das Verarbeitende Gewerbe zurückzuführen ist, die Ursache vielmehr bei den Dienstleistungsbereichen gesucht werden muss.

Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation

Tatsächlich blieb Stuttgart bei der Erwerbstätigenentwicklung 2000 bis 2019 im Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation mit einem Plus von 10,9 % sowohl hinter dem Bundesdurchschnitt (+ 11,2 %) als auch hinter mehreren Großstädten zurück und landete auf dem neunten Platz; dies geht im Einzelnen aus Schaubild 3 hervor. Im 1. Jahrzehnt 2000 bis 2010 wurde der zehnte Rang erreicht, und zwar mit einer Verminderung um 2,6 % bei einer bundesdurchschnittlichen Steigerung um 1,6 %. Immerhin wurde in der Entwicklung nach 2010 mit + 13,9 % die siebte Stelle unter den großen Städten erlangt und das Bundesergebnis (+ 9,5 %) übertroffen.

An der Spitze bei Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation lag Berlin mit den jeweils höchsten Wachstumsraten von 35,4 % im Gesamtzeitraum und 30,9 % von 2010 bis 2019. Recht ausgeprägt waren die Steigerungsraten zwischen 2000 und 2019 auch in weiteren Städten mit signifikanter Ausrichtung auf Tourismus und Logistik, so in Leipzig und Frankfurt (jeweils + 25,7 %), in München (+ 25,5 %) und Hamburg (+ 20,1 %) sowie in Dresden (+ 15,1 %) und Düsseldorf (+ 13,9 %). Allerdings ist die Entwicklung dieser sieben besonders dynamischen Städte in den beiden Teilabschnitten recht unterschiedlich verlaufen. Beispielsweise stand 2000 bis 2010 einer Stagnation in München (– 0,5 %) und Dresden (+ 0,4 %) ein Anstieg in Leipzig um 11,7 % gegenüber, dem einzigen zweistelligen Zuwachs übrigens in diesem ersten Zeitabschnitt; bei den anderen entwicklungsstarken Städten bewegten sich die Wachstumsraten 2000 bis 2010 zwischen 3,4 % in Frankfurt und 6,8 % in Hamburg. 2010 bis 2019 war die Steigerung der Erwerbstätigenzahlen außer in Berlin (+ 30,9 %) noch in München (+ 26,2 %) und Frankfurt (+ 21,7 %) um mehr als ein Fünftel besonders ausgeprägt.

In gewisser Hinsicht mit Stuttgart vergleichbar war der Verlauf in den Städten Köln, Nürnberg, Hannover und Bremen mit einer Verminderung der Erwerbstätigkeit zwischen 2000 und 2010 um 0,1 % bis 4,8 %, jedoch einer anschließenden Steigerung um 9,3 % bis 17,2 % und dem Ergebnis einer Zunahme im Gesamtzeitraum um 7,9 % bis 11,6 %. Am unteren Ende rangierten schließlich die drei Ruhrgebietsstädte, unter denen Dortmund für 2000 bis 2019 wenigstens ein leichtes Plus verzeichnen konnte (+ 4,4 %), aber Essen (– 2,3 %) und Duisburg (– 2,8 %) ihren Erwerbstätigenstand in diesem Wirtschaftsbereich sogar abbauen mussten.

Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen

Wie Schaubild 4 zeigt, hat Stuttgart im Reigen der Großstädte beim Wachstum der Erwerbstätigkeit des Bereichs Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen noch schlechter abgeschnitten. Im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 hat es nur zum vorletzten Platz 14 gereicht, doch konnte sich Stuttgart mit + 21,1 % immerhin noch vor der Messestadt Hannover (+ 17,4 %) platzieren. Auch die Finanzmetropole Frankfurt am Main hat mit + 23,1 % um weniger als ein Viertel zugelegt. Bei allen drei Städten dürfte dabei ein Basiseffekt zu Buche schlagen, also ein schon 2000 überdurchschnittlich hohes Niveau des dortigen Beschäftigtenstandes, für Stuttgart abzulesen aus dem Anteil dieses Bereichs an der gesamten Erwerbstätigkeit in Höhe von 25,6 %.

Die drei Städte lagen schon in der 1. Dekade 2000 bis 2010 gemeinsam am Ende der Skala, Stuttgart mit + 6,9 % wiederum am zweitletzten Platz hinter Frankfurt (+ 7,8 %) und vor Hannover (+ 5,8 %). Im zweiten Zeitabschnitt 2010 bis 2019 konnte Stuttgart gemeinsam mit Hamburg (+ 13,4 %) immerhin Platz 9 behaupten.

Für die Gesamteinordnung nicht unwichtig ist die Tatsache, dass es sich beim Bereich Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen um den dynamischsten aller vier Wirtschaftsbereiche handelt: In Deutschland wurden von diesen überwiegend unternehmensorientierten Dienstleistern sowohl 2000 bis 2010 mit + 23,6 % als auch 2010 bis 2019 mit + 12,8 % und in der Folge im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 mit + 39,5 % die höchsten Zuwachsraten erzielt. Und auch in den 15 Großstädten waren die Steigerungsraten im 19-jährigen Zeitraum durchweg zweistellig, lediglich in Stuttgart, Frankfurt und Hannover zwischen 2000 und 2010 sowie in Dortmund von 2010 bis 2019 (+ 8,0 %) ist das prozentuale Wachstum nur einstellig ausgefallen.

Ausweitungen der Erwerbstätigkeit zwischen 2000 und 2019 um rund die Hälfte oder mehr konnten immerhin fünf Städte und damit ein Drittel aller Großstädte verbuchen, so Leipzig (+ 59,4 %), Berlin (+ 55,7 %), Dortmund (+ 54,6 %), Köln (+ 52,6 %) und Bremen (+ 50,2 %). Immerhin mehr als zwei Fünftel betrug der Zuwachs in Duisburg (+ 46,8 %), Dresden (+ 46,1 %) und München (+ 40,9 %). Bei den beiden sächsischen Städten und wohl auch bei Berlin sowie bei den beiden Ruhrgebietsstädten haben vermutlich regionale Sonderentwicklungen beziehungsweise ein allgemeiner Nachholbedarf, ausgehend von relativ niedrigem Niveau, eine Rolle gespielt. Dies zeigt sich auch daran, dass die dahinter platzierten Städte wie Hamburg (+ 39,4 %), Düsseldorf (+ 37,9 %), Nürnberg (+ 34,5 %) und Essen (+ 31,8 %) – wie die schon erwähnten Metropolen Stuttgart, Frankfurt und Hannover – zu den insoweit schon etablierteren Städten zählen.

Wie heterogen die Entwicklung abgelaufen ist, lässt sich im Übrigen daran erkennen, dass Dortmund im ersten Teilabschnitt mit + 43,1 % einsam an der Spitze lag, im zweiten Teilabschnitt mit + 8,0 % (und damit als einzige Großstadt mit nur einstelliger Steigerungsrate) ganz am Ende, was aber insgesamt trotzdem Platz 3 mit + 54,6 % ergab. Umgekehrt belegte Duisburg zunächst nur Rang 10 mit + 19,5 %, dann hinter Berlin (+ 29,6 %) und München (+ 23,4 %) Platz 3 mit + 22,6 % und insgesamt immerhin die sechste Stelle mit + 46,8 %. Überhaupt ist das Wachstum im ersten Zeitabschnitt deutlich differenzierter ausgefallen als im zweiten Zeitabschnitt: 2000 bis 2010 lagen zwischen Dortmund (+ 43,1 %) und Hannover (+ 5,8 %) satte 37,3 Prozentpunkte, 2010 bis 2019 zwischen Berlin (+ 29,6 %) und Dortmund (+ 8,0 %) lediglich 21,6 Prozentpunkte. Im Gesamtzeitraum 2000 bis 2019 belief sich der Unterschied auf 42 Prozentpunkte zwischen Leipzig (+ 59,4 %) und Hannover (+ 17,4 %). Eine insgesamt größere Differenzierung hat, wie erwähnt, nur die Erwerbstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe erfahren mit einer Spannweite von 35,6 Prozentpunkten im ersten und 48,5 Prozentpunkten im zweiten Zeitabschnitt sowie 82 Prozentpunkten im Gesamtzeitraum.

Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte

Ganz anders stellt sich die Situation beim Bereich Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte dar, wie Schaubild 5 unterstreicht: Der Unterschied zwischen der Stadt mit dem stärksten und dem geringsten Erwerbstätigenwachstum betrug im ersten Teilabschnitt nur 14,4 Prozentpunkte (Köln + 19,8 %; Duisburg + 5,4 %), im zweiten lediglich 13,3 Prozentpunkte (Frankfurt + 19,8 %; Duisburg + 6,5 %) und insgesamt schließlich 30,7 Prozentpunkte (Köln + 42,8 %; Duisburg + 12,1 %).

Hervorzuheben ist weiterhin, dass alle Großstädte die Erwerbstätigkeit in diesem überwiegend personenbezogenen Dienstleistungsbereich ausweiten konnten, also auch die Städte Duisburg, Bremen und Essen, die in beiden Teilabschnitten die niedrigsten Veränderungsraten aufgewiesen und im Gesamtzeitraum um weniger als zwei Fünftel zugenommen haben.

Besser als diese drei Städte hat Stuttgart abgeschnitten, das mit + 11,2 % zwischen 2000 und 2010 beziehungsweise + 14,1 % zwischen 2010 und 2019 sowie + 26,9 % zwischen 2000 und 2019 unter den Großstädten jeweils nur unterdurchschnittliche Zuwachsraten erreicht hat. Immerhin ist die baden-württembergische Landeshauptstadt jedoch in allen Zeitabschnitten noch über dem bundesdeutschen Durchschnitt geblieben. Überhaupt sind diese personen- und haushaltsorientierten Dienstleistungen in den meisten großen Städten überproportional angewachsen, beispielsweise im Zusammenhang mit einem allgemeinen Ausbau von Hochschul- und Gesundheitsleistungen.

Die besonders starken Verbesserungen von Köln und Frankfurt in beiden Zeitabschnitten wurden bereits hervorgehoben. Die in vier weiteren Städten ebenfalls noch beträchtlichen Zuwachsraten um rund ein Drittel (zwischen + 33,8 % in Dortmund und + 31,8 % in Nürnberg) wurden durch deutlich überproportionale Steigerungen entweder im Zeitabschnitt 2000 bis 2010 erreicht, so in Nürnberg (+ 15,2 %) und Hamburg (+ 15,0 %), oder im Zeitabschnitt 2010 bis 2019, so in Düsseldorf (+ 18,2 %) und Dortmund (+ 15,9 %). Etwas besser als Stuttgart haben 2000 bis 2019 außerdem noch vier Städte abgeschnitten, so Berlin (+ 31,1 %), München (+ 30,2 %), Dresden (+ 29,8 %) und Hannover (+ 27,3 %). Abgesehen von Dresden haben diese Städte jeweils im zweiten Zeitabschnitt stärker zugelegt.

Besonderheiten in der Entwicklung 2019 gegenüber 2018

Noch kurz ein Blick an den aktuellen Rand: Die Zahl der Erwerbstätigen hat von 2018 auf 2019 in allen Großstädten zugenommen, in Stuttgart um 0,9 % und damit genau so stark wie in Deutschland. In zwei Wirtschaftsbereichen hat Stuttgart stärker zugelegt als Deutschland, nämlich im Verarbeitenden Gewerbe mit + 3,2 % gegenüber + 0,5 % und bei Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation mit + 2,3 % gegenüber + 1,1 %; beim Bereich Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte beliefen sich die Zuwachsraten auf jeweils 1,6 %. Damit hat sich der Erwerbstätigenanstieg, der nach der Finanzkrise 2010 in allen drei Bereichen zu beobachten war, dort weiter fortgesetzt. Interessant ist außerdem, dass in den beiden Dienstleistungsbereichen alle und im Verarbeitenden Gewerbe die meisten Großstädte ihren Erwerbstätigenstand 2019 gegenüber 2018 ausgebaut haben.

Anders sieht es beim insgesamt besonders dynamischen Bereich Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen aus. Dort musste Stuttgart – nach einem ununterbrochenen Zuwachs zwischen 2010 und 2018 um 16,2 % – von 2018 auf 2019 einen Erwerbstätigenrückgang um 2,5 % hinnehmen. Auch in Deutschland folgte einer Zunahme zwischen 2010 und 2018 um 13,3 % eine leichte Abnahme von 2018 auf 2019 um 0,5 %. Hauptursache war eine Verringerung der Erwerbstätigenzahlen beim Teilbereich Finanz- und Versicherungsdienstleister,3 die aber die Bankenmetropolen Frankfurt, München, Hamburg und Düsseldorf offensichtlich nicht betroffen hat. Denn in diesen Städten ist die Erwerbstätigkeit im (umfassenden) Bereich Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen von 2018 auf 2019 – entgegen dem Bundestrend – angestiegen. Offensichtlich hat also eine Konsolidierung des Finanz- und Bankensektors stattgefunden, aus dem die Zentren gestärkt hervorgegangen sind.

Zusammenfassung aus Sicht der Stadt Stuttgart

Die Erwerbstätigkeit in Stuttgart ist zwischen 2000 und 2019 stärker angestiegen als in Deutschland, blieb aber hinter dem Wachstum von neun der 15 größten Städte Deutschlands zurück; insbesondere die ostdeutschen Städte Leipzig, Dresden und auch Berlin sowie die Metropolen Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Düsseldorf haben besser abgeschnitten. Ursächlich für das Zurückbleiben der baden-württembergischen Landeshauptstadt war die Stagnation in der 1. Dekade, verstärkt durch Auswirkungen der Finanzkrise, von der die meisten anderen Städte offensichtlich in geringerem Maße betroffen waren. In den anschließenden 9 Jahren ist das Wachstum der Erwerbstätigenzahlen in Stuttgart deutlich besser ausgefallen, der in den ersten 10 Jahren aufgebaute Rückstand zu den meisten anderen Großstädten konnte zum Teil wieder ausgeglichen werden.

Interessanterweise ist die im Vergleich zu einigen Großstädten eher schwache Zunahme der Erwerbstätigkeit in Stuttgart nicht auf das Verarbeitende Gewerbe zurückzuführen. Tatsächlich konnte Stuttgart im Gesamtzeitraum die unter allen 13 westdeutschen Städten beste Entwicklung dieses Wirtschaftsbereichs verbuchen (+ 2,6 %) und wurde im zweiten Teilabschnitt (+ 23,8 %) lediglich von Leipzig übertroffen. Es waren also die Dienstleistungsbereiche, die für den im Gesamtzeitraum eher zurückhaltenden Erwerbstätigenaufbau gesorgt haben. Obwohl Stuttgart sowohl bei den Öffentlichen und sonstigen Dienstleistern, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte (+ 26,9 %) als auch bei den Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleistern, Immobilienwesen (+ 21,1 %) innerhalb von 19 Jahren den Erwerbstätigenstand deutlich erhöhen konnte, blieb die größte Stadt Baden-Württembergs hinter zehn beziehungsweise 13 der deutschen Großstädte zurück. Auch beim Erwerbstätigenwachstum von Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation (+ 10,9 %) konnten sich acht Städte vor Stuttgart setzen.

Wie im Verarbeitenden Gewerbe, so war auch bei den Dienstleistungen die Entwicklung in der 1. Dekade eher schwach ausgeprägt. Im Einzelnen erreichte Stuttgart zwischen 2000 und 2010 beim Bereich Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Immobilienwesen gerade einmal Platz 14, beim Bereich Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte Rang 11 und bei Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation Platz 10. Demgegenüber konnte Stuttgart im Zeitraum 2010 bis 2019 beim Wachstum dieser drei Dienstleistungsbereiche mit den Plätzen 7 und 9 deutlich bessere Plätze vorweisen. Da Stuttgart nach 2010 beim Verarbeitenden Gewerbe das hinter Leipzig zweithöchste Erwerbstätigenwachstum verbuchen konnte, hat die baden-württembergische Landeshauptstadt in dieser zweiten Phase beim Erwerbstätigenaufbau insgesamt immerhin den fünften Platz behaupten können, und zwar hinter den Metropolen Berlin, München, Frankfurt und Köln. Stuttgart ist also recht gut aus der Finanzkrise gekommen.

1 Vergleiche ausführlich Münzenmaier , Werner: »Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Stuttgart 2000 bis 2019«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2021«, S. 21–28

2 Zu den verwendeten Daten vergleiche Arbeitskreis »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« (Hrsg.): Erwerbstätigenrechnung, Reihe 2, Band 1: Erwerbstätige in den kreisfreien Städten und Landkreisen der Bundesrepublik Deutschland 1991 bis 2019 – Vorläufige Ergebnisse, Berechnungsstand: August 2020. Wiesbaden, Dezember 2020.

3 Vergleiche Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Fachserie 18, Reihe 1.1: Inlandsproduktberechnung – Erste Jahresergebnisse, Rechnungsstand: Januar 2021. Wiesbaden, Januar 2021.