:: 7/2021

Zum Stand der ökologischen Landwirtschaft in Baden-Württemberg 2020

Ökologische und konventionelle Landwirtschaft im Vergleich

Der positive Trend zu mehr Ökolandbau setzt sich kontinuierlich fort. Das zeigt die Zahl der Betriebe, die im Rahmen der Landwirtschaftszählung (LZ) 2020 angaben, ihren landwirtschaftlichen Betrieb vollständig oder teilweise ökologisch, nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung (EG) Nr. 834/20071, zu bewirtschaften: Die Anzahl der Betriebe beträgt 4 459. Diese Betriebe bewirtschaften eine ökologische Fläche von knapp 173 700 Hektar (ha), das entspricht einem Anteil von 12,3 % an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF). Seit 1999, als die Frage zur ökologische Bewirtschaftung zum erstem Mal in die amtliche Agrarstatistik aufgenommen wurde, ist ein stetiger Zuwachs zu verzeichnen. Damals betrug die LF der Öko-Betriebe mit zumindest teilweise ökologischer Bewirtschaftung etwa 77 200 ha. Seither hat sich die Fläche fast verdreifacht. Ob sich dagegen das hochgesteckte Ziel des Landes, mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz und dem Aktionsplan »Bio aus Baden-Württemberg«, bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 30 % bis 40 % Ökoflächen erreichen lässt, ist aus heutiger Sicht noch ungewiss.

Aus der Landwirtschaftszählung 2020 steht eine breite Palette an Informationen zu Aufbau, Entwicklung und Struktur landwirtschaftlicher Betriebe zu Verfügung. Mithilfe dieser Informationen können die Betriebe auch in ökologische und konventionelle Betriebe unterschieden und miteinander verglichen werden. Die Ergebnisse der LZ 2020 zeigen, dass es deutliche Unterschiede zwischen konventionellen und ökologisch bewirtschafteten Betrieben gibt. Das betrifft zum Beispiel die Tierhaltungsverfahren oder die anteilsmäßige Verteilung von Ackerland und Dauergrünland, aber auch die Betriebsstruktur mit Arbeitskräften und Einkommenskombinationen, wie beispielsweise die Verarbeitung und Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Schaubild 2).

Öko-Landwirtschaft – Ein anhaltender Trend

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg nimmt ab. Im Gegensatz dazu gewinnt die ökologische Landwirtschaft weiter an Popularität. Heute bewirtschaften knapp 4 500 Betriebe nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung (siehe auch Tabelle 3). Das sind 11,4 % aller Betriebe, die bei der LZ erfasst wurden. Die Anzahl der Öko-Betriebe nahm seit 2010 um etwa 45 % zu. Etwa jeder neunte Inhaber bzw. jede neunte Inhaberin bewirtschaftet seinen/ihren Betrieb mittlerweile ökologisch. Im Jahr 2010 waren es nur 6,8 % der Betriebe oder etwa jeder fünfzehnte Betrieb, der ökologisch bewirtschaftet wurde. Die LF der Öko-Betriebe beläuft sich im Jahr 2020 auf insgesamt 182 100 ha. Davon werden jedoch nur etwa 173 700 ha ökologisch bewirtschaftet, da es auch teilumgestellte Betriebe gibt. Teilumgestellte Betriebe bewirtschaften nur einen klar abgegrenzten Betriebsteil auf ökologische Art und Weise. Die Bewirtschaftung nach ökologischen Kriterien erfolgt damit auf 12,3 % der gesamten LF in Baden-Württemberg. Das ist im Vergleich zu 2010 eine Zunahme um über 76 %.

Öko-Betriebe sind größer

Die durchschnittliche Betriebsgröße von Öko-Betrieben unterscheidet sich von der konventionell wirtschaftender Betriebe. Laien verbinden mit ökologischer Landwirtschaft oft eine romantisierende Vorstellung mit kleinbäuerlichen Betrieben. Jedoch ist die Betriebsgröße bei vollumgestellten Betrieben mit 41,9 ha überdurchschnittlich groß. Eine extensive Wirtschaftsweise hat einen vergleichsweise großen Flächenbedarf und ist vor allem bei Öko-Grünlandbetrieben gegeben. Ein konventioneller Betrieb in Baden-Württemberg hat eine Durchschnittsfläche von 35,5 ha (siehe auch Schaubild 1). In beiden Bewirtschaftungsformen führt der Strukturwandel zu größer werdenden Betrieben. In den letzten 10 Jahren ist die durchschnittliche LF bei Öko-Betrieben um 4,8 ha und bei konventionellen Betrieben um 4,2 ha gewachsen.

Mehr Personengesellschaften bei Öko-Betrieben

Die Rechtsform Einzelunternehmen verweist mit einem hohen Anteil von 88 % auf die traditionellen, familiären Strukturen in den baden-württembergischen Betrieben. Auch im Öko-Landbau ist diese vorherrschend (Anteil 82,4 %). Jedoch haben die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und andere Personengemeinschaften eine größere Bedeutung (15,6 %). Wenn auch auf unterschiedlichem Niveau, ist sowohl für ökologisch wie konventionell wirtschaftenden Betriebe ein Rückgang der Einzelunternehmung festzustellen. Generell deutet dies darauf hin, dass sich neben den größeren Betriebsstrukturen, neue Modelle gemeinsamer Bewirtschaftung und alternative Methoden entwickeln. GbRs werden aber auch häufig als eine Übergangsrechtsform genutzt, bei denen Betriebszusammenschlüsse bestehende Betriebe temporär vereinigen.

Etwa 38,8 % der Öko-Betriebe wirtschaften im Haupterwerb,2 bei konventionellen Betrieben liegt der Anteil der Haupterwerbsbetriebe bei einem guten Drittel. Durch die aufwendigere Art der Betriebsführung in Ökobetrieben, die auch mehr Anpassung an die natürlichen Kreisläufe erfordert, ist diese Art der Bewirtschaftung weniger für den Nebenerwerb geeignet. Der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe ist daher bei Ökobetrieben geringer (61,2 %), als bei konventionellen Betrieben (65 %).

Schonende Landbewirtschaftung durch vielfältigen Anbau

Die Ackerfläche bei den Öko-Betrieben beträgt etwa 71 100 ha (Tabelle 1). Die konventionelle Ackerfläche ist dagegen rund zehnmal so groß (739 200 ha). Das Getreide zur Körnergewinnung spielt eine große Rolle und ist im konventionellen Bereich auf knapp 59 % der Ackerfläche vertreten. Im ökologischen Landbau fällt es mit einem Anteil von etwa 46 % deutlich geringer ins Gewicht. Die bedeutendste Fruchtart im Ökolandbau sind die Futterleguminosen (19 700 ha), erst dann folgt, wie im konventionellen Bereich die wichtigste Fruchtart, der Winterweizen (15 500 ha). Unter den Getreidearten ist der Öko-Anteil bei Sommermenggetreide, Hafer und sonstigem Getreide besonders ausgeprägt. Bei Hafer beispielsweise beträgt der Öko-Anteil knapp 25 %. Während Hafer im konventionellen Anbau an Bedeutung verliert, nimmt er im Ökolandbau Platz 2 unter den angebauten Getreidearten ein. Bei Roggen und Wintermenggetreide liegt der Ökoanteil bei 22,1 % und bei Sommerweizen bei 18,5 %.

Feldfutterbau und Hülsenfrüchte spielen eine besondere Rolle

Leguminosen3 zur Ganzpflanzenernte, wie zum Beispiel Klee oder Luzerne, werden insgesamt von gut 9 300 Landwirten auf knapp 46 200 ha Fläche in Baden-Württemberg gesät. Als Hauptfrucht werden sie auf gut 42 % dieser Flächen ökologisch angebaut. Diese Futterleguminosen haben in der ökologischen Landwirtschaft eine große Bedeutung, da betriebseigenes Tierfutter von vielen Verbänden (siehe i-Punkt »Das europäische Bio-Siegel« und Abbildung) vorgeschrieben ist. Ein anderer Aspekt, der bei Bio-Betrieben wichtig ist, ist die Fruchtfolge. Dabei spielen die Leguminosen, trotz hoher Ansprüche an die Standortbedingungen, eine große Rolle. Denn ihre Wurzeln gehen eine Symbiose mit Knöllchenbakterien (Rhizobien) ein, die der Stickstoffbindung im Boden dienen. Dieser ist besonders wichtig, da für den Öko-Landbau nur eine stark begrenzte Anzahl an mineralischen Düngemitteln und grundsätzlich keine chemisch-synthetischen Stickstoffdüngemittel zugelassen sind.

Im Öko-Landbau setzten auch viele Betriebe auf Hülsenfrüchte zur Körnergewinnung (ohne frisch geerntete Hülsenfrüchte, diese zählen zum Gemüse): Mehr als 40 % aller Hülsenfrüchte werden auf 7 600 ha nach ökologischen Richtlinien angebaut. Wichtigste Öko-Hülsenfrucht ist die Ackerbohne auf knapp 2 400 ha. Auch der ökologische Anteil der Ackerbohne ist mit 75 % besonders hoch. Die Süßlupine führt mit insgesamt 240 ha Anbaufläche in Baden-Württemberg ein absolutes Nischendasein. Der ökologische Anteil an der Fläche ist mit 60 % allerdings stark vertreten. Die weiße Lupine besitzt nicht nur pflanzenbauliche Vorteile, sondern ist auch für die Tierfütterung und Humanernährung geeignet. Von den insgesamt knapp 8 000 ha Sojabohnen im Land werden bisher dagegen nur gut 25 % ökologisch angebaut.

600 ha Öko-Sonnenblumen

Der Anteil von Sonnenblumen an den Ölfrüchten beträgt insgesamt nur etwa 4 %, dagegen ist der Öko-Anteil mit einem Drittel auf einer Fläche von ca. 600 ha bemerkenswert hoch. Raps, die mit Abstand wichtigste Ölfrucht im konventionellen Anbau, wächst hingegen fast ausschließlich auf konventionellen Feldern (knapp 41 000 ha); auf weniger als 1 % wächst ökologischer Raps. Bei den Kartoffeln ist eine leichte Zunahme seit 2010 zu verzeichnen: von etwas unter 10 % stieg der Öko-Anbau auf über 13 % auf einer Fläche von gut 700 ha.

Der Anbau von Zwischenfrüchten ist gut für Böden, beispielsweise zum Erosionsschutz. Sie wirken auch positiv auf das Klima, da die Zwischenfrüchte als Bienenwiesen oder schnell nachwachsenden Rohstoffen zur Energiegewinnung dienen können. Ein weiterer Vorteil der Begrünung ist eine Unterbrechung der Hauptkulturen, die zur Anbaudiversifizierung beiträgt und eine temporäre organische Schutzschicht für den Boden darstellt. Der Flächenanteil an Zwischenfruchtanbau von ökologischen Betrieben entspricht dem Anteil von konventionellen Betrieben: Es werden jeweils auf etwa 24 % der Ackerfläche Zwischenfrüchte angebaut.

Starker Zuwachs im Gemüse- und Obstbau

Die Fläche, auf der Gemüse und Erdbeeren angebaut wird, beträgt in ganz Baden-Württemberg 13 100 ha. Der Anteil des ökologischen Gemüse- und Erdbeeranbaus stieg seit 2010 um knapp 5 Prozentpunkte auf 15,4 %. Der Anteil der Öko-Betriebe im Gemüsebau beträgt dagegen etwa 20,6 %. Öko-Betriebe im Gemüse- und Erdbeerbau bewirtschaften im Durchschnitt also kleinere Flächen oder anders formuliert: der großflächige Anbau von Gemüse und Erdbeeren ist eher in konventionellen Betrieben zu finden.

Bio-Obst wird mittlerweile auf knapp 3 400 ha in Baden-Württemberg angebaut, das entspricht einem Anteil von über 16 % der Obstflächen. Die Betriebe mit ökologisch erzeugtem Obst machen dagegen nur einen Anteil von 9,6 % aus. Das bedeutet, dass diese Öko-Betriebe überdurchschnittlich große Obstflächen mit 6,4 ha bewirtschaften. Im konventionellen Betrieb werden durchschnittlich nur auf 3,5 ha Obstfläche angebaut. Seit 2010 ist eine Zunahme der Öko-Obstfläche von knapp 87 % zu verzeichnen, obwohl sich die Baumobst- und Beerenobstanlagen insgesamt (konventionell und öko) innerhalb dieser 10 Jahre kaum verändert hat (+ 6 ha). Es handelt sich damit um einen Umstellungsprozess, der für den Absatz von Tafelobst wie von Wirtschaftsobst zur Weiterverarbeitung von Bio-Obst ausreichend lukrativ ist und von Verbraucherinnen und Verbrauchern angenommen wird.

Tierhaltung: Mehr artgerechte Haltungsverfahren

Das Ziel der ökologischen Landwirtschaft ist es, eine artgerechte Tierhaltung zu praktizieren. Es soll möglichst Futter aus eigener Produktion verwendet werden, lange Transportwege sind zu vermeiden und ein ausgewogenes Verhältnis von Vieh und Fläche ist vorgeschrieben. Mit der flächengebundenen Tierhaltung soll die Anreicherung an Stickstoff in Grund- und Oberflächengewässern vermieden werden. Generell lässt sich sagen, dass die ökologischen Richtlinien den Tieren eine artgerechtere Haltung ermöglichen sollen. Zum Beispiel durch eine maximal festgelegte Belegung von Ställen pro Quadratmeter und eine maximale Gruppengröße, außerdem ist Auslauf im Freien vorgeschrieben. Diese strengeren Standards tragen zum allgemeinen Tierwohl bei.

In Baden-Württemberg hielten am Stichtag 1. März 2020 etwa 2 500 Betriebe Vieh nach ökologischen Richtlinien. Das entspricht etwa 57 % der Öko-Betriebe. Der Anteil bei den konventionellen Betrieben die Vieh halten, entspricht in etwa dem der ökologischen Betrieben (55 %). Die Anzahl der viehhaltenden Betriebe lag 2010 bei 1 970 und ist damit über 570 Betriebe gewachsen (absolute Zunahme). Jedoch waren es damals noch rund 65 % der Öko-Betriebe, die auch Tierbestände verzeichneten. Der relative Rückgang deutet darauf hin, dass sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Tierhaltung strukturelle Veränderungskräfte wirksam sind, und das trotz der großen Wertschätzung, die die Tierhaltung in ökologischen Betrieben genießt. Eine vermehrte Spezialisierung der Betriebe bei einer großen Vielfalt an Produktionslinien ist die Folge. Insbesondere bei den Schweinen hat die durchschnittliche Viehbestandsgröße je Betrieb in den letzten 4 Jahren zugenommen (+ 60,9 %) (Tabelle 2). Auch bei Legehennen und Masthühnern haben die Durchschnittsbestände um ein Fünftel bzw. ein Drittel zugenommen. Die Aussichten für die Produzenten sind positiv: Der Kauf von Bio-Lebensmitteln hat sich laut BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V.) während der Corona-Pandemie stark verändert: eine Umsatzsteigerung um 22,3 % wurde im Jahr 2020 erzielt.4

Nachholbedarf bei Öko-Milchvieh-Betrieben

In Baden-Württemberg werden insgesamt 928 800 Rinder von etwa 13 300 Betrieben gehalten, davon etwa 11,5 % nach ökologischen Richtlinien in 1 900 Betrieben. Der Anteil rinderhaltender Öko-Betriebe beläuft sich damit auf 14,2 %. Mehr als 45 % aller Betriebe mit Rinderhaltung halten auch Milchkühe. Insgesamt werden etwa 35 300 Milchkühe (10,8 %) nach ökologischen Richtlinien gehalten (Öko-Milchkühe 2016: 29 400). Trotz eines Zuwachses der Milchkuhbestände um 20 %, betreiben nur etwa 40 % der Ökobetriebe mit Rinderhaltung auch Milchproduktion. Das hat sich in den letzten 10 Jahren kaum verändert. Zum einen liegt es daran, dass die Molkereien neue Öko-Betriebe nur mit Zurückhaltung aufgenommen haben, um den Marktwert von Bio-Milch nicht zu verschlechtern. Zum anderen hat sich die Erzeugung von Rindfleisch auf extensiven Grünlandbetrieben mit Mutterkuhhaltung etabliert, die sehr viel Weidehaltung einbezieht. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass ein Wachstum der Öko-Milchviehhaltung weniger aus dem vorhandenen Bestand an Rinderhaltern (ohne Milcherzeugung), sondern in erster Linie durch Umstellung konventionell produzierender Milchbetriebe zu erwarten ist.

Bei den Milchkühen dürfen insgesamt ein Viertel aller Milchkühen (konventionell und öko) auf einer Weide grasen, für durchschnittlich etwas mehr als 24 Wochen im Jahr. Bei den Milchkühen von Öko-Betrieben sind es über 83 %.

Im Jahr 2010 wurden nur 0,7 % aller Schweine nach ökologischen Richtlinien gehalten (Anzahl gerundet: 14 400). Die durch Angebot und Nachfrage bedingten starken Preisschwankungen für Schweinefleisch machen eine Umstellung auf ökologische Schweinehaltung wenig profitabel. Auch steht das hochwertige Schweinefutter oft in Konkurrenz zum direkten Verkauf der Marktware, zum Beispiel Weizen. Trotzdem steigt der Anteil der ökologischen Schweinehaltung auf 1,9 % im Jahr 2020 und der Schweinebestand beläuft sich auf etwa 31 300 Tiere. Dieser leichte Aufwärtstrend steht im Gegensatz zu den rasch sinkenden konventionellen Schweinebetrieben. Insgesamt ist die Schweinehaltung in Baden-Württemberg rückläufig. Das liegt unter anderem an den stetig wachsenden Anforderungen, auch bei der konventionellen Schweinehaltung. Eine gestiegene Nachfrage nach Bio-Fleisch lässt einen vermehrten Umstellungsprozess in der Zukunft vermuten. Dennoch bleibt Bio-Schweinefleisch bei dem gegebenen Ausgangsniveau auf absehbare Zeit ein Nischenprodukt.

Insgesamt hat die Geflügelhaltung mit Fleisch- und Eiproduktion seit 2010 stark zugenommen. Die Anzahl der Betriebe nahm um etwa 43 % zu. Der Öko-Geflügelbestand hat sich in den letzten 10 Jahren sogar mehr als verdoppelt und entspricht nun einem Anteil von 9,2 % (2010: 4,9 % Bio-Geflügel). Auch bei der Zahl von ökologisch gehaltenen Schafen ist ein Anstieg von 18 000 auf 26 300 Tiere zu verzeichnen. Damit stieg ihr Anteil um 3,6 Prozentpunkte auf knapp 11 %. Eine besonders große Veränderung gab es bei der Ziegenwirtschaft: 2010 wurden schon etwa ein Viertel aller Ziegen nach ökologischen Standards gehalten, 2020 sind es fast ein Drittel.

Bodendüngung im Zeichen der Kreislaufwirtschaft

Die Verwendung von Wirtschaftsdünger spielt in der ökologischen Landwirtschaft eine zentrale Rolle: Die Nährstoffe werden in einem Kreislaufsystem möglichst effizient in einem Betrieb erhalten. Mist und Dünger von den Tieren wird auf die Felder ausgebracht und dient den Pflanzen als Nährstoffquelle. Betriebe ohne Vieh müssen daher Wirtschaftsdünger anderer, möglichst ökologisch wirtschaftender Betreibe aufnehmen. Aufgrund von starken rechtlichen Einschränkungen wird mineralischer Dünger bei nur etwa 3,7 % der vollumgestellten Öko-Betriebe eingesetzt. Im Gegensatz dazu steht die Ausbringung von festem Wirtschaftsdünger5. Dies ist bedingt durch die Haltungsverfahren mit überwiegend Einstreu- oder Tiefstreustallungen, die vermehrt in ökologischen Betrieben vorkommen. Bei den ökologisch gehaltenen Schweinen sind etwa 75 % der Stallhaltungsverfahren mit Einstreu oder Tiefstreu (Schaubild 3). Der Vergleich von konventionellen Betrieben und vollumgestellten Öko-Betrieben mit Ausbringung von festem Wirtschaftsdünger zeigt, dass die Öko-Betriebe mit 15,2 % überproportional vertreten sind und der von ihnen ausgebrachte Anteil bei über 17 % liegt. Dabei bringen die Öko-Betriebe diesen im Durchschnitt auf etwa 21,2 ha aus, die konventionellen Betriebe verteilen ihren festen Wirtschaftsdünger auf knapp 15,4 ha.

Die Stallhaltungsverfahren mit Voll- und Teilspaltenböden machen bei ökologischen Betrieben einen kleineren Teil mit 0,1 % und 16,6 % aus. Dagegen sind im konventionellen Bereich fast 100 % der Haltungsplätze mit Spaltenböden. Hierbei fällt hauptsächlich flüssiger Wirtschaftsdünger6 an. Daher wird bezogen auf die Menge nur 8,9 % von Öko-Betrieben ausgebracht, ihr Anteil an den Betrieben beläuft sich auf 11,4 %. Dabei beträgt die durchschnittlich gedüngte Fläche von Öko-Betrieben 35,9 ha und von den konventionellen Betrieben 38,8 ha.

Neue Standbeine durch Nebeneinkünfte

Die Dringlichkeit das Einkommen aus der Landwirtschaft aufzubessern ist bei vielen Landwirten gegeben. Insgesamt gaben etwa 19 300 Betriebe an, Einkommenskombinationen zu erzielen (49,1 %).7 Darunter sind auch rund 2 500 Öko-Betriebe. Das bedeutet, dass in einer deutlichen Mehrheit (60,5 %) aller vollumgestellten Öko-Betriebe, eine Diversifizierung und Absicherung durch eine Einkommenskombination stattgefunden hat. Eine besondere Rolle nimmt hier die Verarbeitung und Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Fleischverarbeitung, Käseherstellung etc.) ein. Etwa 23 % der Öko-Betriebe haben ein Standbein in der Direktvermarktung, während es bei den konventionellen Betrieben nur jeder zehnte Betrieb ist. Ähnlich verhält es sich bei der Einkommenskombination »Fremdenverkehr mit Beherbergungen und Freizeitaktivitäten«: Knapp 8 % von allen komplett umgestellten Öko-Betrieben und 4 % der konventionellen Betriebe sind im Fremdenverkehr tätig. Gut 32 % der Öko-Betriebe produzieren erneuerbare Energien und immerhin gut 25 % der konventionellen Betriebe sind bei der Erzeugung erneuerbarer Energien vertreten. Beispielsweise können diese durch Fotovoltaik- und Windkraftanalgen, Biogasanlagen und Verwertung von schnellnachwachsenden Rohstoffen, wie zum Beispiel Raps, Mais, Holz oder die Verbrennung von Stroh erzeugt werden. Nicht dazu zählen die Anlagen, die nur für den Eigenbedarf verwendet werden.

Zertifizierung erfolgt nach Umstellungsphase

Es gibt Betriebe die ihre Flächen erst seit kurzer Zeit gemäß den Öko-Richtlinien bewirtschaften. Eine Öko-Zertifizierung findet jedoch erst statt, wenn die Bewirtschaftung über einen gewissen Zeitraum nach den Richtlinien erfolgt.8 Deshalb gibt es eine sogenannte Umstellungsphase, in der die Erzeugnisse noch nicht mit dem Zusatz »Bio« vermarktet werden dürfen. Diese Umstellungsfläche machen 11,3 % der ökologisch bewirtschafteten Fläche aus, etwas höher als im Jahr 2010 (8,7 %). Auch die Umstellungsfläche zählt zu den Öko-Flächen. In der Mitte des vergangenen Jahrzehnts (2016) lagen die Umstellungsflächen anteilsmäßig etwas höher (13,3 %), die Umstellungsdynamik war also größer. Als Konsequenz aus der nachlassenden Dynamik müsste ein klarer »Fahrplan zur Umsetzung ausgewählter Handlungsstränge erarbeitet«9 werden. Dies ging aus der Studie des Staatsministeriums Baden-Württemberg zum Marktpotenzial des Ökolandbaus hervor, damit das Ziel, bis 2030 den Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen auf 30 % bis 40 % anzuheben, erreicht werden kann. Laut dieser Studie müssten durch klare Kommunikation und Wissenstransfer gegenüber den Verbrauchern die Vermarktungspotenziale voll ausgeschöpft werden, damit eine wachsende Produktion auf eine wachsende Nachfrage durch die Verbraucherinnen und Verbraucher trifft. Gleichzeitig gilt es dem Preisdruck durch die Aufnahme von Bio-Produkten in Supermärkte und Discounter entgegen zu wirken. Immerhin erfährt seit 2020 die heimische und ökologische Produktion von Lebensmitteln durch die Corona-Pandemie neue Wertschätzung. Dies kommt auch der Farm-to-Fork Strategie der Europäischen Union10 zugute, die einen Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche bis 2030 auf 25 % anstrebt. Aktuell liegt dieser Flächenanteil in der ganzen EU lediglich bei 8 %.

Ausblick für die ökologische Landwirtschaft in Baden-Württemberg

Die bisherigen Wachstumsraten betrugen in Baden-Württemberg von 2010 bis 2016 jährlich 5 % und von 2016 bis 2020 jährlich 7,1 %. Bei ähnlichen Wachstumsraten wie in den letzten Jahren läge der Öko-Flächen-Anteil in 2030 bei 22 %. Um das Minimum-Ziel der Landesregierung von 30 % zu erreichen, wird jedoch eine durchschnittlich jährliche Wachstumsrate von 9,3 % benötigt. Das Ziel des Bundes bis zum Jahr 2030 20 % der Fläche ökologisch zu bewirtschaften ist dagegen bei konstantem Wachstum in unmittelbarer Reichweite.

1 Grundlage für den ökologischen Landbau ist die »Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen«.

2 Die Angaben zum Haupteinkommen und den Nebeneinkünften wurden nur für Betriebe der Rechtsform Einzelunternehmen erfasst.

3 Leguminosen sind Hülsenfrüchte zur Körnergewinnung.

4 BÖLW, 2021

5 Festmist ist ein Gemisch aus Kot, Harn, Einstreu und kann auch Futterreste und Reinigungs- oder Niederschlagswasser enthalten. Zum festen Wirtschaftsdünger zählen auch Geflügeltrockenkot und fester Biogas-Gärrest, der sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein kann.

6 Zum flüssigen Wirtschaftsdünger zählen Gülle, ein Gemisch aus Kot und Harn vermischt mit Wasser, Jauche, bezeichnet ausschließlich den Harn von Nutztieren, und flüssiger Biogas-Gärrest, der sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein kann.

7 Repräsentative Ergebnisse.

8 Für Ackerbau und Grünland sind die Flächen 2 Jahre in der Umstellungsphase. Dauerkulturen befinden sich 3 Jahre in Umstellung.

9 Studie zum Marktpotenzial des Ökolandbaus, Staatsministerium Baden-Württemberg, 2021.

10 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/eu-agrarrat-1803234 (Abruf: 04.05.2021).