:: 7/2021

Straßenverkehrsunfälle von Güterkraftfahrzeugen in Baden-Württemberg

Sinkende Tendenz trotz steigender Fahrleistung

Die Zahl der Unfälle mit Güterkraftfahrzeugen auf baden-württembergischen Straßen ist 2020 – im Jahr der Corona-Pandemie – erneut gesunken. Damit setzte sich die rückläufige Tendenz an Unfällen mit Personenschaden weiter fort, trotz des steigenden Bestands an Güterkraftfahrzeugen und der zunehmenden Fahrleistung. Häufigste Unfallursache war bei Unfällen mit Personenschaden 2020 eine mangelnde Abstandshaltung, während Alkoholeinfluss bei Fahrerinnen und Fahrern von Güterkraftfahrzeugen deutlich seltener festgestellt wurde als beispielweise bei Fahrerinnen und Fahrern von Personenkraftwagen.

Deutlicher Rückgang der Unfälle mit Güterkraftfahrzeugen in 2020

Im Jahr 2020 waren Güterkraftfahrzeuge an 2 620 Unfällen mit Personenschaden beteiligt; das waren 568 Unfälle weniger (– 17,8 %) als 2019. Von den Beteiligten verunglückten insgesamt 73 Personen tödlich, 690 Verkehrsteilnehmende wurden schwer verletzt und weitere 2 803 leicht verletzt.

Gleichfalls rückläufig war die Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen an Unfällen mit schwerwiegendem Sachschaden im engeren Sinne (i.e.S., siehe i-Punkt). Hier sank die Zahl der registrierten Unfälle ausgehend von 1 636 Unfällen im Vorjahr auf 1 379 Unfälle (– 15,7 %) (Schaubild 1).

Der für das Jahr 2020 zu beobachtende starke Rückgang zum Vorjahr dürfte dabei in erster Linie dem geringeren Verkehrsaufkommen infolge der Corona-Pandemie geschuldet sein. So verzeichnete beispielsweise die automatische Straßenverkehrszählung der Landesstelle für Straßentechnik1 an ihren Zählstellen einen Rückgang des allgemeinen Kraftfahrzeug-Verkehrs zwischen – 15,9 % auf Landesstraßen und – 17,3 % auf Bundesautobahnen.

Kleine Lkw häufiger beteiligt als große Lkw

Über alle Verkehrsbeteiligungsarten (einschließlich Fußgänger) hinweg betrachtet, waren an Unfällen mit Personenschaden 2020 knapp 59 000 Personen beteiligt. Unter diesen rund 59 000 Beteiligten waren wiederum 2 973 Personen Fahrerinnen und Fahrer von Güterkraftfahrzeugen, das entspricht einem Anteil von 5 % (Tabelle 1).

Innerhalb der Gruppe der Güterkraftfahrzeuge waren Lastkraftwagen (Lkw) bis einschließlich 3,5 Tonnen (t) zulässiges Gesamtgewicht am häufigsten an Unfällen mit Personenschaden beteiligt (43,2 %). Dabei verunglückten sie in Relation zum entsprechenden Kfz-Bestand jedoch eher selten: knapp zwei Drittel aller in Baden-Württemberg zugelassenen Güterkraftfahrzeuge (59,7 % Stand 01.01.2020) waren Lkw bis 3,5 t. Dem gegenüber stehen Sattelzugmaschinen, auf die 4,6 % der im Südwesten zugelassenen Güterkraftfahrzeuge sowie 27,5 % aller unfallbeteiligten Güterkraftfahrzeugen entfielen. Überproportional waren auch Lkw über 3,5 t bei den Unfallbeteiligten vertreten: auf sie entfielen 24,9 % der Unfallbeteiligungen mit Personenschaden sowie 13,3 % des Güterkraftfahrzeugbestands.2 Allerdings ist die Bestandsbezogene Analyse nur sehr bedingt aussagekräftig, da das Unfallgeschehen in Baden-Württemberg, insbesondere bei den größeren Güter-Kfz, stark von Beteiligten mit Zulassung außerhalb Baden-Württemberg geprägt ist.3

Nach Ortslage betrachtet verunglückte 2020 mehr als jedes zweite Güterkraftfahrzeug außerorts (58,9 % der Unfälle mit Personenschaden). Dabei waren Autobahnen (27 %) etwas seltener Ort des Unfalls als Landstraßen und andere außerörtliche Straßen (32 %). 41,1 % der Fahrer waren in Unfälle innerhalb geschlossener Ortschaften involviert.

Nach Art der Verkehrsbeteiligung betrachtet spiegelt sich die unterschiedliche Nutzung der Fahrzeuge wider: So verunglückten Sattelzugmaschinen, die häufig im Fernverkehr unterwegs sind, in 51,4 % der Fälle auf Autobahnen und zu 27,2 % auf Landstraßen. Hingegen ereigneten sich bei Lkw bis 3,5 t (beispielsweise Verteilverkehre, Paketdienste, Handwerkerfahrzeuge) 50,7 % der Unfälle mit Personenschaden innerhalb von Ortschaften; das Unfallgeschehen auf Autobahnen spielt mit einem Anteil von 17 % eine nur untergeordnete Rolle. Auch Lkw über 3,5 t waren mit einem Anteil von 44,5 % überwiegend an Innerortsunfällen beteiligt, 36,5 % verunglückten außerorts (ohne Autobahnen).

Verletzungsschwere für Unfallgegner höher

Von den 2 620 Unfällen mit Personenschaden, an denen Güterkraftfahrzeuge beteiligte waren, hatten 1 926 Unfälle zwei Unfallbeteiligte, bei 580 Unfällen waren drei und mehr Verkehrsteilnehmer beteiligt. Bei 114 Unfällen verunglückten Güterkraftfahrzeuge dagegen allein.

Die häufigsten Unfallgegner von Güterkraftfahrzeugen waren mit deutlichem Abstand Pkw. Von den 1 926 Unfällen mit zwei Beteiligten waren bei 1 154 Unfällen ein Güterkraftfahrzeug und ein Pkw beteiligt. Während bei diesen Unfällen keiner der Fahrerinnen und Fahrer, bzw. auch keiner der Mitfahrerinnen und Mitfahrer von Güterkraftfahrzeugen getötet wurde, verloren 22 Pkw-Nutzende ihr Leben. Mit 201 schwer- und 1 018 leichtverletzten Pkw-Nutzenden gegenüber 33 schwer- bzw. 238 leichtverletzten Nutzerinnen und Nutzern von Güterkraftfahrzeugen zeigen sich auch hier deutliche Unterschiede in der Schwere der Unfallfolgen. Dass sich die Zahlen so stark unterscheiden, dürfte in erster Linie an der verhältnismäßig großen Masse der Güterkraftfahrzeuge liegen. So hatten die unfallbeteiligten Güterkraftfahrzeuge im Durchschnitt ein Leergewicht von 5,5 t, bei den beteiligten Pkw lag das durchschnittliches Leergewicht bei nur 1,4 t.4

Ebenfalls häufige Unfallgegner von Güterkraftfahrzeugen sind Fahrradfahrerinnen und -fahrer. Mit dieser Verkehrsbeteiligungsart kam es 2020 zu insgesamt 259 Unfällen, bei denen fünf Fahrradfahrende tödlich verunglückten, 50 schwer verletzt wurden und 204 leichte Verletzungen erlitten. Unter den Fahrerinnen und Fahrern der Güterkraftfahrzeuge gab es dabei zwei Leichtverletzte.

Alkohol vergleichsweise selten Unfallursache

Die häufigsten Fehlverhalten, die Fahrerinnen und Fahrern von Güterkraftfahrzeugen bei Unfällen im Jahr 2020 angelastet wurden, waren – wie bereits auch in den Vorjahren – Fehler bei der Einhaltung des Abstands. Bei Unfällen mit Personenschaden wurde in 397 Fällen ein Verstoß gegen die Abstandsregeln festgestellt, das entsprach 134 Verstößen je 1 000 beteiligten Lkw- und Zugmaschinenfahrerinnen und -fahrern.

Mit deutlichem Abstand folgten Verstöße gegen Vorfahrtsregeln (87 Verstöße je 1 000 Beteiligte) sowie nicht angepasste Geschwindigkeit (81 Verstöße je 1 000 Beteiligte). Die Unfallursachen »Fehler beim Abbiegen« (43-mal je 1 000 Beteiligte) sowie »Rückwärtsfahren« und »falsche Straßennutzung« (je 39-mal pro 1 000 Beteiligte) folgten auf dem vierten bzw. fünften Platz.

Vergleichsweise selten war dagegen die Beteiligungsursache Alkohol. Rein rechnerisch wurde bei 1 000 Beteiligten rund achtmal ein Alkoholeinfluss festgestellt. Zum Vergleich: Bei Fahrerinnen und Fahrern von Pkw waren es 24 Personen je 1 000 Beteiligten, bei Fahrerinnen und Fahrern von Krafträdern mit amtlichem Kennzeichen wurde 2020 bei rund 17 von 1 000 Beteiligten ein Alkoholeinfluss festgestellt.

Langfristige Entwicklung – weniger Unfälle trotz steigender Fahrleistung

Innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte ging die Zahl der Unfälle mit Personenschaden, an denen Güterkraftfahrzeuge beteiligt waren, insgesamt zurück. Dabei sank die Zahl der Unfälle mit Lkw und Zugmaschinen zwischen 1991 und 1994 zunächst von über 4 043 Unfällen leicht auf 3 522, stieg aber bis zum Jahr 2000 auf 4 920 Unfälle an. Anschließend sanken die Unfallzahlen im Trend wieder und erreichten 2020 ein Niveau von 2 620 polizeilich registrierten Unfällen. Damit lag das Unfallgeschehen 2020 deutlich unter dem Ausgangsniveau der Betrachtung von 1991(– 35,2 %).

Allerdings: die Zahl der Unfälle mit schwerwiegendem Sachschaden i. e. S. sank im selben Zeitraum deutlich stärker (– 66,7 %) als die Zahl der Unfälle mit Personenschaden.5

Ähnlich entwickelte sich die Zahl der bei Unfällen mit Güterkraftfahrzeugen verunglückten Personen. Auch hier sanken die Zahlen ausgehend von 5 623 verletzten oder getöteten Personen ab 1991 zunächst leicht ab, stiegen bis zum Jahr 2000 aber nochmals deutlich auf 7 046 Verunglückte an. Von dort nahm die Zahl der Verunglückten in der Tendenz erneut ab und erreichte 2020 einen Tiefstand von 3 566 Verunglückten – ein Rückgang von 36,6 % gegenüber den Werten von 1991. Die Zahl der getöteten Unfallbeteiligten sank zwischen 1991 und 2020 von 204 auf 73 Getötete (– 64,2 %). Besonders stark rückläufig war die Zahl derer, die selbst nicht Lkw-Nutzende sondern beispielsweise beteiligte Pkw- und Fahrrad-Nutzende waren. Die Zahl der getöteten Güterkraftfahrzeugnutzenden lag mit 20 Personen nur etwas unter dem Wert aus 1991. Damals kamen 24 (Mit-)Fahrerinnen und Fahrer von Güterkraftfahrzeugen im Straßenverkehr ums Leben (Tabelle 2).

Innerhalb der Güterkraftfahrzeugarten entwickelten sich die Zahl der Unfälle mit Personenschaden je nach Verkehrsbeteiligungsart stark unterschiedlich. So sank die Unfallzahl bei den Lkw über 3,5 t mit den Jahren um deutliche 71,5 % (– 1 861 Unfälle), während die Unfallzahlen der Lkw bis 3,5 t sowie die der Sattelzugmaschinen um 40,9 % (+ 373 Unfälle) bzw. 47,2 % (+ 262 Unfälle) stiegen (Schaubild 2).

Gegenläufig zu den Unfallzahlen hat sich die im Rahmen der Güterverkehrsstatistik berechnete Jahresfahrleistung des Güterkraftverkehrs in Baden-Württemberg seit 1991 beinahe verdoppelt. Ausgehend von 7,3 Milliarden Kilometern (Mrd. km) in 1991 stieg die berechnete Fahrleistung auf 13,5 Mrd. km in 20196 (Schaubild 1). Für das Jahr 2020 lagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Beitrags noch keine Zahlen vor, allerdings dürfte die Fahrleistung aufgrund der Corona-Pandemie und der damit rückläufigen Konjunktur nicht weiter gestiegen sein.7 Zwischen 1991 und 2019 sank die Zahl der Unfälle mit Personenschaden bezogen pro 1 Million gefahrene Kilometer von 0,6 (1991) auf 0,2 (2019).

Ebenfalls rückläufig ist auch das bestandsbezogene Unfallrisiko, das heißt das Verhältnis von Unfällen zum Bestand an Güterkraftfahrzeugen. So stieg die Zahl der in Baden-Württemberg zugelassenen Güterkraftfahrzeuge innerhalb der letzten 30 Jahre um 81 %, während die Zahl der an Unfällen mit Personenschaden beteiligten Lkw und Zugmaschinen um 51,1 % gesunken ist. Das bestandsbezogene Unfallrisiko sank in diesem Zeitraum von 13,8 auf 4,9 Unfälle je 1 000 Lastwagen bzw. Zugmaschinen. Eine entscheidende Rolle dürften dabei die stetig verbesserte technische Ausstattung der Lkw gespielt haben, von Antiblockiersystemen über Spurwächter und Bremsassistenten.

Allerdings ist bei der Interpretation des bestandsbezogenen Unfallrisikos zu beachten, dass hier nur in Baden-Württemberg zugelassene Fahrzeuge berücksichtigt werden, am Unfallgeschehen auf baden-württembergischen Straßen jedoch auch Fahrerinnen und Fahrer von außerhalb Baden-Württembergs beteiligt sind. An den 2 620 registrierten Unfällen mit Personenschaden waren insgesamt 2 973 Güterkraftfahrzeuge beteiligt. Von diesen hatten rund zwei Drittel das Nummernschild einer baden-württembergischen Zulassungsstelle, rund 20 % hatten Kennzeichen aus anderen Bundesländern und etwa 16 % waren im Ausland zugelassen.8 Hier spiegelt sich Baden-Württembergs Bedeutung als Transitland wider. Die Fahrleistung beinhaltet als Berechnungsgrundlage dagegen alle Kraftfahrzeuge, die von den Zählstellen der Landesstelle für Straßentechnik in Baden-Württemberg ermittelt wurden, sodass das fahrleistungsbezogene Unfallrisiko eine genauere Aussage hinsichtlich Anzahl der Unfälle in Relation zum Verkehrsaufkommen erlaubt.

1 Regierungspräsidium Tübingen – Landesstelle für Straßentechnik, 2021: Automatische Straßenverkehrszählungen in Baden-Württemberg, Ergebnisse Jahr 2020.

2 Vergleichbare Anteile verzeichneten die einzelnen Güter-Kfz-Arten auch auf Bundesebene.

3 Unter den Sattelzugmaschinen hatten 2020 beispielsweise 37,7 % der an Unfällen mit Personenschaden Beteiligten ein ausländisches Kennzeichen und waren damit nicht im baden-württembergischen oder bundesdeutschen Bestand enthalten.

4 Durchschnittliches Leergewicht aller Pkw und Güter-Kfz, die 2020 an einem Unfall mit Personenschaden beteiligt waren.

5 Die Begriffsdefinition des schwerwiegenden Sachschadens i.e.S. wurde ab 1995 weiter eingeschränkt, sodass die Zahlen nur bedingt mit den Zahlen früherer Jahre vergleichbar sind.

6 Eingeschränkte Vergleichbarkeit der Zahlen vor 2010. Für weiterführende Informationen zur Methodik der Jahresfahrleistungen siehe https://www.statistik-bw.de/Glossar/456 (Abruf: 11.06.2021).

7 Die Vermutung ist angelehnt an den Mautindex, der vom Statistischen Bundesamt Destatis mit aktuelleren Daten abgerufen werden kann: https://www.destatis.de/DE/Service/EXDAT/Datensaetze/lkw-maut-artikel.html (Abruf: 11.06.2021).

8 Die Anteile geben nur eine grobe Orientierung, da seit 2015 die Kennzeichenmitnahme möglich ist und die Zuordnung nach Zulassungsbezirken daher nicht mehr in allen Fällen anhand des Kennzeichens möglich ist.