:: 8/2021

Mittelstädte in Baden-Württemberg

Zur Bevölkerungsentwicklung in Kommunen mit 20 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern

»Deutsche Städte locken«1 oder »Die Bürger zieht es in die Städte«2 – so oder so ähnlich lauteten Schlagzeilen in den vergangenen Jahren. Dabei standen die Großstädte, also die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, bei der Beschreibung dieses »Trends in die Stadt« im Fokus. Dagegen wurden sogenannte Mittelstädte mit 20 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern von der Wissenschaft, der Politik und den Medien weniger beachtet, obwohl sie als Wohnstandorte und Versorgungszentren von großer Bedeutung sind.3 Immerhin fast ein Drittel der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger lebt in Städten dieser Größenordnung.

Wie sich die Mittelstädte in demografischer Hinsicht im Südwesten im Vergleich zu den kleineren Kommunen einerseits und zu den Großstädten andererseits entwickelt haben, wird im Folgenden näher beschrieben. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die 16 sogenannten großen Mittelstädte des Landes mit 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern gerichtet.

Der Begriff Mittelstadt wird international nicht einheitlich definiert und bezeichnet je nach nationalem Kontext unterschiedliche Stadtgrößen. In Deutschland zählen üblicherweise Städte mit einer Einwohnerzahl zwischen 20 000 und 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu den Mittelstädten. Darüber hinaus werden neben der Einwohnerzahl oftmals auch noch weitere Indikatoren wie die Zentralität oder die Funktionalität bei der Abgrenzung von Mittelstädten herangezogen.4 Schließlich wird diese Kategorie noch weiter differenziert und zwar in kleine Mittelstädte mit 20 000 bis 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie in große Mittelstädte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.5 Diese Differenzierung soll im Folgenden zugrunde gelegt werden.

78 kleine und 16 große Mittelstädte im Südwesten

Im Jahr 2020 gab es in Baden-Württemberg 94 Kommunen mit 20 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Damit leben knapp 3,5 Millionen (Mill.) oder rund 31 % der insgesamt 11,1 Mill. Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger in Mittelstädten. Davon zählen 78 Städte mit weniger als 50 000 Einwohnern zu den kleinen Mittelstädten. Große Mittelstädte gibt es damit lediglich 16, in denen aber immerhin knapp 1,1 Mill. Menschen leben (Tabelle 1). Die meisten Gemeinden Baden-Württembergs, nämlich derzeit 998, haben weniger als 20 000 Einwohnerinnen und Einwohner; Großstädte mit über 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern gibt es neun.

Die Karte (Schaubild 1) zeigt, dass sich vor allem die großen Mittelstädte sehr ungleich über das Land verteilen. Immerhin sechs der 16 Städte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern zählen zur Region Stuttgart. In den Regionen Mittlerer Oberrhein, Ostwürttemberg und Bodensee-Oberschwaben sind es immerhin jeweils zwei. Dagegen gibt es in den Regionen Rhein-Neckar, Heilbronn-Franken, Nordschwarzwald und Donau-Iller keine einzige Stadt dieser Größenordnung.

Wie haben sich nun die Mittelstädte im Vergleich zu den kleineren Kommunen einerseits und den Großstädten des Landes andererseits entwickelt? Anhand von Schaubild 2 wird deutlich, dass sich die Bevölkerungsentwicklung innerhalb des Landes in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert hat. Noch in den 1970er- bis 1990er-Jahren war die Dynamik in den Kommunen mit jeweils unter 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern am höchsten und in den Großstädten am geringsten; in den 1970er-Jahren ist die Einwohnerzahl in den Städten mit über 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern sogar zurückgegangen (Schaubild 2a). Die Mittelstädte nahmen bis in die 1990er-Jahre eine mittlere Position ein, wobei die Entwicklung in den kleinen Mittelstädten mit 20 000 bis 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern jeweils günstiger als in den großen Mittelstädten mit 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern war.

Ab der Jahrtausendwende bis etwa Mitte des vergangenen Jahrzehnts hatten dagegen vor allem die Großstädte im Land für Zuziehende an Attraktivität gewonnen, während die Dynamik in den kleineren Gemeinden tendenziell geringer wurde.6 Die Mittelstädte nahmen in diesem Zeitraum wiederum eine mittlere Position ein. Nun aber lag der Einwohnerzuwachs im Zeitraum 2011 bis 2016 in den großen Mittelstädten etwas über dem der kleinen Mittelstädte (Schaubild 2b).

In den letzten Jahren zeichnet sich erneut eine Trendwende ab: Seit Ende 2016 fiel das Plus in den Großstädten hinter das der anderen Kommunen zurück, während sich zwischen den Mittelstädten einerseits und den kleineren Gemeinden andererseits kaum Unterschiede zeigen.

Große Mittelstädte mit überdurchschnittlichem Einwohnerzuwachs

Für den gesamten Betrachtungszeitraum, also von 20117 bis 2020, lag das Einwohnerplus in den großen Mittelstädten mit 6,8 % etwas höher als im Landesdurchschnitt (+ 5,7 %). Dieser überdurchschnittliche Anstieg ist ausschließlich auf relativ hohe Wanderungsgewinne zurückzuführen. Dagegen entsprach der Geburtensaldo, also die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen, dem Landesdurchschnitt (Tabelle 2).

Den stärksten Einwohnerzuwachs verzeichneten allerdings die Großstädte mit 7,1 %. Im Schnitt dieser neun Großstädte war zwar der Wanderungsgewinn etwas geringer als bei den großen Mittelstädten, jedoch erzielten sie – im Gegensatz zu den Kommunen der anderen Gemeindegrößenklassen – einen, wenn auch relativ geringen Geburtenüberschuss. Ursächlich hierfür war die enorme Zuwanderung von jungen Menschen in den vergangenen 2 Jahrzehnten, wodurch die Alterung der Bevölkerung langsamer als in kleineren Kommunen verlaufen ist. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt deshalb in den Großstädten im Schnitt mit knapp 42 Jahren um immerhin fast 2 Jahre niedriger als im Landesmittel (Tabelle 2).

Abwanderung von Älteren

Die Bevölkerungsentwicklung sowie deren regionale Unterschiede wurden in den vergangenen Jahren ganz entscheidend vom Wanderungsgeschehen und nur zu einem kleineren Teil von Geburtenüberschüssen bzw. Geburtendefiziten bestimmt (Tabelle 2). Anhand von Schaubild 3 wird außerdem deutlich, dass sich das Wanderungsgeschehen der Kommunen auch je nach Altersgruppe sehr stark unterscheidet: Bei den 18- bis unter 30-Jährigen, die die mit Abstand höchste Mobilität aufweisen, erzielten die Kommunen mit zunehmender Einwohnerzahl höhere Wanderungsgewinne.8 Ursächlich hierfür war und ist, dass junge Erwachsene zum Studium, zur Ausbildung oder zum Einstieg in das Berufsleben in die Hochschul- und Arbeitsplatzzentren des Landes zogen.

Spiegelbildlich dagegen das Wanderungsgeschehen der unter 18-Jährigen sowie der 30- bis unter 60-Jährigen, bei denen nicht zuletzt familiäre Motive das Umzugsgeschehen dominieren und sich die Abwanderung von Familien aus den (Groß-)Städten in den vergangenen Jahren verstärkt hat.9

Bei den 60-Jährigen und Älteren waren die Wanderungsverluste in den großen Mittelstädten und vor allem in den Großstädten besonders stark. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Wanderungsgeschehen älterer Menschen nicht zuletzt davon bestimmt wird, dass viele ausländische Staatsangehörige nach der Beendigung ihres Berufslebens wieder in ihre frühere Heimat zurückkehren. Ausländerinnen und Ausländer leben aber überdurchschnittlich oft in den Arbeitsplatzzentren und damit in den größeren Städten. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist deshalb – wie Tabelle 2 zeigt – in den einzelnen Gemeindegrößenklassen sehr unterschiedlich.

Mittelstädte entwickelten sich in Ballungsräumen und ländlichen Gebieten ähnlich

Bisher wurden die Mittelstädte ohne Berücksichtigung ihres räumlichen Kontexts betrachtet. Von Interesse ist aber auch, ob deren Entwicklung – wie eingangs angesprochen – in Ballungsräumen anders als in eher ländlich geprägten Gebieten, in denen sie eine größere Zentralität für das Umland aufweisen,10 unterschiedlich verlaufen ist. Für eine solche differenzierte Betrachtung wurde auf die Raumkategorien nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg zurückgegriffen. Dieser untergliedert das Land in Verdichtungsräume, in Randzonen um die Verdichtungsräume, in Verdichtungsbereiche im ländlichen Raum sowie in den Ländlichen Raum im engeren Sinne (i. e. S.) (vergleiche i-Punkt).

Anhand von Schaubild 4a wird deutlich, dass die großen Mittelstädte in den Verdichtungsräumen im Zeitraum 2011 bis 2016 das höchste Einwohnerplus erzielen konnten. Damit lag deren Zuwachs – im Gegensatz zu den anderen Raumkategorien – höher als in den kleinen Mittelstädten.11 Den schwächsten Zuwachs verzeichneten die großen Mittelstädte in den Verdichtungsbereichen des ländlichen Raums. Insgesamt betrachtet waren allerdings die Entwicklungsunterschiede zwischen verdichteten Gebieten einerseits und stärker ländlich geprägten Räumen eher moderat. Dies gilt auch für den Zeitraum 2016 bis 2020, wobei nun allerdings die Dynamik der Mittelstädte in den Verdichtungsräumen etwas hinter diejenige der anderen Raumkategorien zurückgefallen ist (Schaubild 4b).

In Zeiten bzw. in Teilräumen des Landes, in denen Wohnraum knapp ist, hängt die Bevölkerungsentwicklung ganz entscheidend von der Bautätigkeit ab. Anhand von Schaubild 4a wird diesbezüglich deutlich, dass der Wohnungsbau in den Mittelstädten aller Raumkategorien im Zeitraum 2011 bis 2016 nicht mit der jeweiligen Bevölkerungsentwicklung Schritt halten konnte – mit Ausnahme der der kleinen Mittelstädte im Ländlichen Raums i. e. S. Seither hat sich der Einwohnerzuwachs deutlich abgeschwächt, die Bautätigkeit lag nun im Zeitraum 2016 bis 2020 jeweils höher (Schaubild 4b).12

Große Mittelstädte: Höchster Einwohnerzuwachs in Böblingen

Wie eingangs angemerkt, stehen die Mittelstädte oftmals im Schatten der Großstädte. Dies gilt damit sicherlich auch für die 16 großen Mittelstädte mit 50 000 bis 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Zu diesen namhaften Kommunen zählen unter anderem die Kur- und Bäderstadt Baden-Baden – der einzige Stadtkreis des Landes mit weniger als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern – sowie fünf Oberzentren, die als Standorte großstädtischer Prägung die Versorgung eines Gebiets von mehreren hunderttausend Einwohnerinnen und Einwohnern mit hoch qualifizierten und spezialisierten Einrichtungen und Arbeitsplätzen gewährleisten sollen.13 Im Folgenden werden diese Städte etwas näher betrachtet.

Schaubild 5 belegt, dass die Bevölkerungsentwicklung der großen Mittelstädte in den vergangenen Jahren recht unterschiedlich verlief. Das mit Abstand stärkste Plus erzielte im Zeitraum 2011 bis 2020 die Stadt Böblingen. Anhand von Schaubild 5 wird aber auch deutlich, dass die Entwicklung Böblingens lediglich im Zeitraum 2011 bis 2016 weit überdurchschnittlich war und seither nur noch knapp dem Durchschnitt der großen Mittelstädte entsprach. Ähnlich war die Entwicklung in Ludwigsburg mit zunächst sehr hohen und anschließend nur noch unterdurchschnittlichen Zuwächsen. Ganz anders dagegen der Verlauf insbesondere in Rastatt: Die Barockstadt konnte seit 2016 das höchste Plus erzielen, während der Einwohnerzuwachs zuvor unter dem Durchschnitt der großen Mittelstädte lag.

Werden wiederum die Ergebnisse der sogenannten Bevölkerungsbilanz, also die einzelnen Komponenten der Bevölkerungsentwicklung betrachtet, so zeigt sich Folgendes: Das höchste Einwohnerplus Böblingens seit Ende 2011 ist nicht nur auf relativ hohe Wanderungsgewinne, sondern auch auf eine günstige Geburten-Sterbefall-Relation zurückzuführen (Schaubild 6). Lediglich Tübingen weist einen noch höheren positiven Geburtensaldo auf, was auf die mit Abstand jüngste Bevölkerung der 16 großen Mittelstädte zurückzuführen ist: Das Durchschnittsalter lag Ende 2019 in der Universitätsstadt bei lediglich 39,3 Jahren, im Schnitt der Großen Mittelstädte waren es dagegen 43,2 Jahre (Tabelle 2).

Bautätigkeit maßgeblich für die Bevölkerungsentwicklung

Erwartungsgemäß zeigt sich – wie bereits angesprochen – ein starker Zusammenhang zwischen Bevölkerungszuwachs und Wohnbautätigkeit: Das höchste Bevölkerungsplus Böblingens wurde durch den größten Anstieg des Wohnungsbestandes ermöglicht; Tübingen mit dem zweitstärksten Einwohnerzuwachs konnte auf den zweitstärksten Zuwachs bei der Bautätigkeit »bauen« (Tabelle 2). Für das günstige Ergebnis Tübingens war sicherlich nicht nur der enorme Zuzug von Studierenden maßgeblich, sondern auch, dass die Entwicklung der Arbeitsplätze in den vergangenen Jahren sehr dynamisch verlief (Tabelle 2).

Ganz anders gestaltet sich dagegen die Bevölkerungsbilanz Baden-Badens: Die Altersstruktur der Bevölkerung war entscheidend dafür, dass die Kur- und Bäderstadt aufgrund ihrer sehr alten Bevölkerung in erheblichem Umfang Einwohnerinnen und Einwohner durch Sterbefallüberschüsse verloren hat. Dass der Anstieg der Einwohnerzahl seit 2011 dennoch nur leicht unter dem Schnitt der großen Mittelstädte lag, ist auf die höchsten Wanderungsgewinne der 16 Mittelstädte zurückzuführen (Schaubild 6). Und diese Attraktivität Baden-Badens für Zuziehende spiegelt sich sicherlich auch in den mit Abstand höchsten Gästeübernachtungszahlen wider (Tabelle 2).

Neben der Bautätigkeit bzw. der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum sind für die regional unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung in den großen Mittelstädten eine Vielzahl weiterer Faktoren entscheidend. Diesbezüglich spielen sicherlich Sonderfaktoren wie das Vorhandensein einer Hochschule eine Rolle, aber auch das regionale Arbeitsplatzangebot und die generelle Attraktivität einer Stadt sind hier zu nennen. Ob eine Stadt für Zuziehende attraktiv ist, wird insbesondere durch das Kultur- und Freizeitangebot, die Einkaufsmöglichkeiten, die Gastronomie, den ÖPNV, die medizinische Infrastruktur sowie die örtlichen Kinderbetreuungsangebote bestimmt. Sabine Beißwanger und Sabine Weck fassen dies wie folgt zusammen: »Die Wanderungsbilanz spiegelt die Summe der individuellen Entscheidungen über den Zuzug in bzw. den Abzug aus einer Region wieder.«14

Fazit und Ausblick

Die Mittelstädte Baden-Württembergs haben sich in den vergangenen Jahren durchaus positiv entwickelt. Gegenüber dem Jahr 2011 konnten sowohl alle kleinen als auch alle großen Mittelstädte Einwohnerzuwächse erzielen. Dennoch war – erwartungsgemäß – die Dynamik regional sehr unterschiedlich: Bei den kleinen Mittelstädten reichte der Einwohnerzuwachs von lediglich 1 % in Schramberg bis zu beachtlichen 25 % in Bad Krozingen. Bei den großen Mittelstädten war die Spannweite deutlich geringer und reichte von + 3 % in Aalen bis gut + 11 % in Böblingen.

Mit welcher künftigen Entwicklung ist zu rechnen? In den letzten Jahren haben die Großstädte zunehmend Einwohnerinnen und Einwohner an das (weitere) Umland verloren. Es stellt sich deshalb die Frage, ob sich dieser Trend fortsetzen wird und, falls ja, ob hiervon nur die Groß- oder aber auch die Mittelstädte betroffen sein werden. Wären dann die Mittelstädte hiervon nur »abgeschwächt« tangiert oder könnten sie sogar von der Abwanderung aus den Großstädten profitieren? Und welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf das regionale Wanderungsgeschehen? Wird diese die Abwanderung aus den Städten zusätzlich verstärken?

Eine Antwort auf diese Fragen ist sicherlich nicht pauschal möglich. Tendenziell dürfte aber gelten, dass die aufgrund von Corona neu geschaffenen Möglichkeiten des Arbeitens aus dem Home-Office zu einem »Trend aus der Stadt« führen könnten. Denn wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur noch 1 Tag oder 2 Tage in der Woche zur Arbeit fahren müssen, werden sie längere Fahrtstrecken in Kauf nehmen. Es könnte deshalb ein Umzug weg von den Arbeitsplatzzentren gerade dort verstärkt stattfinden, wo es im Umland (noch) deutlich günstigere Kauf- und Mietpreise gibt. Hiervon werden sicherlich auch Mittelstädte betroffen sein und zwar umso stärker, je größer die Preisunterschiede bei den Wohnungskosten gegenüber dem Umland ausfallen. Die Größe dieses Preisunterschieds dürfte gleichzeitig auch dafür entscheidend sein, ob Mittelstädte in der Nähe von Großstädten verstärkt von Zuzügen aus diesen Zentren profitieren können.

Die ausreichende Verfügbarkeit von Wohnraum und damit verbunden moderatere Wohnungskosten sind allerdings nur ein – wenn auch wichtiger – Einflussfaktor für das regionale Wanderungsgeschehen. Bedeutsam dürfte darüber hinaus sein, wie sich die Lebensverhältnisse in Stadt und Land weiter entwickeln werden und wie diese von der Bevölkerung bewertet werden. Schließlich dürfte die künftige Entwicklung einer Kommune ganz entscheidend von den anderen bereits genannten Attraktivitätsfaktoren bestimmt werden. Die Städte untereinander, aber auch gegenüber den kleineren Kommunen und den ländlichen Teilräumen des Landes könnten deshalb mittel- und langfristig – wenn aller Voraussicht nach die Einwohnerzahlen altersstrukturbedingt sinken werden – wieder verstärkt in einem Wettbewerb um neue Einwohner stehen.

1 Deutsche Städte locken; Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 03.01.2017, https://www.iwd.de/artikel/deutsche-staedte-locken-318663/ (Abruf: 05.05.2021).

2 Röhl, Klaus-Heiner: Die Bürger zieht es in die Städte; Pressemitteilung Nr. 1 des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 14.01.2014, https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/klaus-heiner-roehl-die-buerger-zieht-es-in-die-staedte.html (Abruf: 21.07.2021).

3 Beißwenger, Sabine/Weck, Sabine: Zwischen Abkopplung und Erneuerung – Umgang mit Peripherisierung in Mittelstädten, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (Hrsg.), 3/11, S. 1, https://www.ils-forschung.de/files_publikationen/pdfs/Trends3-11.pdf (Abruf: 05.05.2020).

4 Adam, Brigitte: Mittelstädte – eine stadtregionale Positionsbestimmung, in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 8.2005, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), S. 496. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/izr/2005/Downloads/8Adam.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Abruf: 05.05.2020).

5 Beißwenger, Sabine/Weck, Sabine: Zwischen Abkopplung und Erneuerung – Umgang mit Peripherisierung in Mittelstädten, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (Hrsg.), 3/11, S. 1 ff.

6 Brachat-Schwarz, Werner: »Wer zieht in die Großstadt, wer von ihr weg?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2018«, S. 3 ff.

7 Als Vergleichsjahr wurde das Jahr 2011 und nicht 2010 gewählt, da aufgrund des Zensus 2011 die Bevölkerungsfortschreibung zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen auf eine neue Basis gestellt wurde.

8 Der Autor dankt Herrn Ingolf Girrbach für die umfangreichen Auswertungen der Wanderungsstatistik, der Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung und der Bevölkerungsfortschreibung.

9 Brachat-Schwarz, Werner/Böhm , Marcel: »Werden Großstädte für Familien immer unattraktiver?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2021«, S. 3 ff.

10 So sind beispielsweise die Mittelstädte Friedrichshafen und Ravensburg (gemeinsam mit Weingarten) im Landesentwicklungsplan als Oberzentrum im ländlich geprägten Oberschwaben ausgewiesen und haben damit eine deutlich höhere Zentralität als die Mittelstädte in der stark verdichteten Region Stuttgart mit der Landeshauptstadt als Oberzentrum.

11 Im Ländlichen Raum i.e.S. gibt es allerdings keine großen Mittelstädte.

12 Ausgenommen hiervon war die Entwicklung in den Verdichtungsbereichen des Ländlichen Raums. Dabei ist aber zu beachten, dass der Zuwachs des Wohnungsbestandes nur bis zum 31.12.2019 berücksichtigt werden konnte und nicht – wie bei der Bevölkerung – bis zum 31.10.2020.

13 Zu den Oberzentren zählen nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 folgende große Mittelstädte: Offenburg, Villingen-Schwenningen, Konstanz, Tübingen (mit Reutlingen) sowie Friedrichshafen gemeinsam mit Ravensburg und Weingarten; Baden-Baden ist ein Mittelzentrum mit oberzentralen Teilfunktionen; vgl. Landesentwicklungsplan 2002 Baden-Württemberg, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.), S. 21.

14 Beißwenger, Sabine/Weck, Sabine: Zwischen Abkopplung und Erneuerung – Umgang mit Peripherisierung in Mittelstädten, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (Hrsg.), 3/11, S. 2. https://www.ils-forschung.de/files_publikationen/pdfs/Trends3-11.pdf (Abruf: 05.05.2021).