:: 8/2021

Verdienste in Baden-Württemberg im Corona-Jahr 2020

Ergebnisse der Vierteljährlichen Verdiensterhebung

Wie wirkte sich die Corona-Krise auf die Verdienste der Beschäftigten in Baden-Württemberg in 2020 aus? Die Frage nach der Verdienst- und Arbeitszeitentwicklung unter Corona-Bedingungen stellt sich dabei nicht nur aus rein ökonomischen Gesichtspunkten. Viele Menschen verbringen normalerweise einen großen Teil ihres Tages mit und in der Arbeit. Wie viel Geld einer Person letztlich zur Verfügung steht, beeinflusst zudem maßgeblich das tägliche Leben in vielen Bereichen bis hin zum persönlichen (Sicherheits-)Empfinden.1 Damit haben Arbeitszeit und Verdienst einen nicht unerheblichen Einfluss auf das gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Leben des/der Einzelnen als auch gesamtgesellschaftlich gesehen. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitszeit und Verdienste ändern. Anhand der Ergebnisse der Vierteljährlichen Verdiensterhebung sollen daher im Folgenden Verdienste und Arbeitszeit der Arbeitnehmenden im Land für das Jahr 2020 näher betrachtet werden.

Im Frühjahr 2020 erreichte die Corona-Pandemie Deutschland. Dies zog etwa ab Mitte März verschiedene politische Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und Lockdowns zur Eindämmung des Infektionsgeschehens nach sich, was zum Beispiel Schul-, Laden- und Betriebsschließungen und damit auch einen deutlichen Anstieg von Kurzarbeit in den Wirtschaftsunternehmen zur Folge hatte. Im weiteren Jahresverlauf gab es entsprechend der Pandemieentwicklung Lockerungen oder erneute Verschärfungen der Maßnahmen, wobei verschiedene Wirtschaftsbereiche wie zum Beispiel Einzelhandel (ohne Lebensmittel), Gastronomie, Beherbergung oder körpernahe Dienstleistungen stärker von den Einschränkungen betroffen waren als etwa systemrelevante Bereiche wie das Gesundheitswesen oder die Energieversorgung. Durch die starke Inanspruchnahme von Kurzarbeit durch die Betriebe ging die durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Jahr 2020 merklich zurück. Zudem nahm im Jahresdurchschnitt der Bruttomonatsverdienst (ohne Sonderzahlungen), ebenfalls als Folge der Auszahlung von Kurzarbeitergeld, welches als staatliche Lohnersatzleistung nicht in die Verdienststatistik einfließt, erstmals seit der Finanzkrise 2009 wieder ab. Auch wenn der Südwesten, was die Verdienste betrifft, im Ländervergleich weiterhin eine vordere Position belegt, ist der durchschnittliche Lohnrückgang im stark von der Corona-Krise geprägten Jahr 2020 sowohl nominal als auch real (preisbereinigt) sehr deutlich.

Monatlicher Durchschnittsverdienst erstmals seit 2009 wieder gesunken

Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 37,4 Wochenstunden erhielten Vollzeitbeschäftigte im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich in Baden-Württemberg im Jahr 2020 (ohne Einbezug der Sonderzahlungen) einen durchschnittlichen Bruttoverdienst von 4 205 Euro im Monat (falls nicht anders ausgewiesen, Bruttoverdienste im Folgenden immer ohne Sonderzahlungen2). Damit ist der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst im Vergleich zum Vorjahr, in welchem er noch bei 4 253 Euro lag, um – 1,1 % gesunken. Dies war zum letzten Mal im Jahr der Finanzkrise 2009 der Fall, als der Bruttomonatsverdienst gegenüber 2008 mit – 0,4 % leicht zurückging (von 3 307 auf 3 293 Euro/Monat (Schaubild 1). Die in der amtlichen Statistik erfassten Verdienste beinhalten ausschließlich die von der Arbeitgeberseite gezahlten Verdienste, nicht das Kurzarbeitergeld, das eine Lohnersatzleistung der Bundesagentur für Arbeit ist, und das Einkommensverluste der Arbeitnehmenden abfedern soll (siehe i-Punkt »Vierteljährliche Verdiensterhebung«).

Entgegen der rückläufigen Entwicklung der Bruttomonatsverdienste erfuhren die Bruttostundenverdienste der Vollzeittätigen im Jahresmittel 2020 eine Steigerung um 3 % gegenüber 2019, auf nunmehr 25,85 Euro (2019: 25,10 Euro/Stunde). Dieses statistische Ergebnis erscheint zunächst überraschend. Es erklärt sich für das Jahr 2020 in erster Linie durch die coronabedingte Kurzarbeit. Die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch einige Betriebe, bei gleichzeitig erheblich geringerer Anzahl an geleisteten Arbeitsstunden, ließ den Stundenlohn insgesamt statistisch steigen (vergleiche hierzu auch »Kurzarbeit und Vierteljährliche Verdiensterhebung« im i-Punkt). Hierauf deutet auch die durchschnittlich um 4,1 % geringere Wochenarbeitszeit von Vollzeittätigen und um 3,3 % geringere wöchentliche Stundenzahl bei Teilzeitkräften im Produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr hin.

Teilzeittätige verdienten bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 23,6 Stunden (2019: 24,4 Stunden/Woche) mit 21,03 Euro brutto pro Stunde etwa 4,1 % mehr als noch 2019 (20,20 Euro/Stunde). Damit nahm der Verdienstunterschied zwischen Voll- und Teilzeitkräften zwar weiter ab, Teilzeitbeschäftigte verbuchten allerdings immer noch 18,7 % weniger Stundenlohn als ihre vollzeittätigen Kolleginnen und Kollegen (2019: – 19,5 %) (Tabelle 1).

Die Verdienste in den Wirtschaftszweigen im Vergleich

Neben den Ergebnissen für die Gesamtwirtschaft liefern die Daten aus der Vierteljährlichen Verdiensterhebung auch Einblicke in die Verdienstunterschiede zwischen den verschiedenen Branchen.

Eine Gegenüberstellung des Dienstleistungsbereichs mit dem Produzierenden Gewerbe zeigt, dass der Bruttomonatslohn ohne Sonderzahlungen im Produzierenden Gewerbe mit 4 353 Euro auch im Jahr 2020 immer noch deutlich höher lag als bei Vollzeitbeschäftigten im Dienstleistungssektor, die im Durchschnitt 4 079 Euro pro Monat verdienten. Allerdings gab es im Produzierenden Gewerbe beim Bruttomonatslohn einen Rückgang von 2,2 % gegenüber 2019, während im Dienstleistungsbereich trotz Einbruchs in einigen Branchen, insgesamt das Vorjahresniveau nahezu gehalten werden konnte. Verglichen mit den Ergebnissen der letzten Jahre führte dies zu einer weiteren Verdienstannäherung in den beiden Wirtschaftsbereichen. Brachten Vollzeitkräfte im Dienstleistungssektor 2017 durchschnittlich 11,3 % (489 Euro) weniger Geld nach Hause als Arbeitnehmende im Produzierenden Gewerbe, waren es 2018 noch 10,8 % weniger (475 Euro), 2019 betrug die Differenz dann – 8,3 % (368 Euro) und lag 2020 nur noch bei – 6,3 % (274 Euro) (Schaubild 1).

Keine Veränderung zum Vorjahr gab es beim Ranking der Branchen mit dem höchsten und niedrigsten Bruttomonatsverdienst. Spitzenreiter mit einem Durchschnittseinkommen bei Vollzeittätigen von 5 573 Euro/Monat war auch im Jahr 2020 die Informations- und Kommunikationsbranche (IuK), während der Verdienst im Gastgewerbe mit durchschnittlich 2 146 Euro/Monat um 61,5 % geringer ausfiel. Damit blieb der Durchschnittsverdienst bei IuK etwa auf dem Niveau des Vorjahrs (+ 0,2 %), wohingegen sich die durchschnittlichen Bruttomonatslöhne im Gastgewerbe mit einem Minus von 16,4 % stark verringerten. Ein ebenfalls sehr deutlicher Verdienstrückgang zeigt sich auch in der Kunst-, Unterhaltungs-, und Erholungsbranche, zu der beispielsweise Vergnügungsparks, Zoos, Fitnesszentren, Museen, Theater oder Spielhallen gehören, mit einem Minus von 10 % im Vergleich zu 2019. Dies ist vor allem auf die coronabedingten Schließungen und die daraus resultierenden Maßnahmen wie zum Beispiel die Auszahlung von Lohnersatzleistungen wie dem Kurzarbeitergeld zurückzuführen, von denen diese Branchen besonders stark betroffen waren (Schaubild 2).

Geringere Wochenarbeitszeit und weniger geringfügig entlohnte Beschäftigte

Auch die Veränderung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten ist eine Folge der Corona-Maßnahmen: Insgesamt betrachtet sank die Anzahl der bezahlten Wochenstunden im Produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich 2020 verglichen mit 2019 um 4,1 % (– 1,6 Stunden) von 39 auf 37,4 Stunden/Woche. Besonders stark ging die Wochenarbeitszeit in den Bereichen Verarbeitendes Gewerbe (35,8 Stunden/Woche, – 6,5 %), Kunst, Unterhaltung und Erholung (34,9 Stunden/Woche, – 11,9 %) und im Gastgewerbe zurück, in dem die durchschnittliche Wochenarbeitszeit einer Vollzeitkraft aufgrund von Kurzarbeit nur noch bei 32,5 Stunden lag (– 19,2 %).

Für geringfügig Beschäftigte führte die Corona-Krise 2020 nicht nur zu Verdiensteinbußen, sondern zum Teil auch zu Arbeitsplatzverlusten. Zum einen brach auch hier der Bruttomonatsverdienst fast überall stark ein, was auf eine geringere Zahl an geleisteten Stunden hindeutet.3 Nur in der IuK-Branche sind die Verdienste der geringfügig Beschäftigten deutlich gestiegen. Zum anderen sank gleichzeitig auch die Gesamtzahl der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmenden im Vergleich zu 2019 um ca. 56 000 Beschäftigungsverhältnisse bzw. – 10,4 %. Da diesem Rückgang kein entsprechender Anstieg bei den Voll- und Teilzeittätigen gegenüberstand, erfolgte hier offensichtlich kein Wechsel des Vertragsverhältnisses, sondern vielfach wurden geringfügig Beschäftigte im zurückliegenden Jahr nicht weiter beschäftigt oder sind ausgeschieden.4

Verdiensthöhe in systemrelevanten Wirtschaftsbereichen stark unterschiedlich

Im Jahr 2020 waren systemrelevante Unternehmen und Unternehmen der kritischen Infrastruktur in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, die sogenannten KRITIS-Betriebe.5 Diese Unternehmen gehören zu den Wirtschaftsbereichen, die eine wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung haben. Es handelt sich um die Sektoren Energie- und Wasserversorgung, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation, Gesundheit, Finanz- und Versicherungswesen, Transport und Verkehr, die gesamte Infrastruktur zur medizinischen und pflegerischen Versorgung, Polizei und Feuerwehr, Rundfunk und Presse, die Regierung und die Verwaltung.

Beim Blick auf die Wirtschaftszweige fällt zunächst auf, dass die Verdiensthöhen in den systemrelevanten Branchen sehr unterschiedlich sind. Hierzu zählen sowohl Branchen mit Spitzenverdiensten, als auch Wirtschaftsbereiche, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterdurchschnittlich bezahlt werden. Vollzeittätige im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation erhielten einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 5 573 Euro, die in der Energieversorgung 5 291 Euro und Vollzeitbeschäftigte der Branche zur Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen kamen auf durchschnittlich 5 090 Euro im Monat. Die Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen befanden sich dagegen mit 4 081 Euro schon unter dem Durchschnittsverdienst Vollzeittätiger in Baden-Württemberg von 4 205 Euro im Monat. Unter diesem Durchschnitt lagen ebenfalls die Branchen Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 3 748 Euro, die Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung mit 3 684 Euro, Verkehr und Lagerei mit 3 196 Euro und auch die Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung mit 4 078 Euro.

Verdienst in der Stromversorgung mehr als doppelt so hoch wie im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln

Die Statistik erlaubt noch einen detaillierteren Blick in die Gliederung der systemrelevanten Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel in die hierzu zählenden Bereiche Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln, von pharmazeutischen Erzeugnissen und von medizinischen und zahnmedizinischen Apparaten und Materialien. Sie ordnen sich in die Branche Verarbeitendes Gewerbe ein. Schon hier zeigten sich deutliche Unterschiede: Verdiente ein Vollzeitbeschäftigter in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie mit 2 933 Euro im Monat deutlich weniger als der Durchschnitt im Verarbeitenden Gewerbe mit 4 433 Euro, so wurden bei der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen mit 5 196 Euro oder von medizinischen Apparaten mit 4 103 Euro im Vergleich dazu deutlich höhere Bruttomonatsverdienste erzielt.

Beschäftigte in der Elektrizitätsversorgung verdienten durchschnittlich 5 255 Euro im Monat. Die Wasserversorgung mit 4 579 Euro sowie die Abwasser- und Abfallversorgung mit 3 796 und 3 523 Euro standen damit deutlich dahinter zurück.

Auch der Handel, der nach der Systematik der Wirtschaftszweige mit der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen zusammengefasst ist, zeigte ein differenziertes Bild. Im Großhandel (ohne den Handel mit Kraftfahrzeugen) wurden im Durchschnitt monatlich 4 004 Euro verdient, im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln dagegen nur 2 187 Euro. Bei den Tankstellen, die in der Liste der kritischen Infrastrukturbereiche zur Energieversorgung zählen, wurde mit 2 726 Euro nur wenig mehr vergütet.

Etwas ausgeglichener zeigten sich die Details der Branche Verkehr und Lagerei. Darunter gibt es Daten für den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene und über Land. Die höchsten Bruttomonatsverdienste gab es hier bei der Personenbeförderung im Eisenbahnfernverkehr mit 3 608 Euro, die geringsten mit 2 773 Euro in der Güterbeförderung im Straßenverkehr.

Dem Wirtschaftszweig Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen ist der Bereich Forschung und Entwicklung untergeordnet, zu dem auch Forschung und Entwicklung in der Medizin zählen. Hier wurden 2020 mit 5 421 Euro Verdienste erzielt, die deutlich über dem allgemeinen Durchschnitt lagen.

Vollzeittätige im Gesundheits- und Sozialwesen bekamen mit 4 081 Euro monatlich im Schnitt zwar weniger als den allgemeinen Durchschnittsverdienst im Südwesten, hier gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Wirkungsorten. So erhielten Beschäftigte in Krankenhäusern und Stationären Einrichtungen wie Psychiatrien und Suchtkliniken mit 4 735 Euro/Monat und 4 823 Euro/Monat deutlich mehr Bruttoverdienst als das Personal in Pflegeheimen (3 616 Euro) sowie Alten- und Behindertenwohnheimen (3 266 Euro). Beschäftigte in Arzt- und Zahnarztpraxen lagen mit 2 964 Euro fast 30 % unter dem baden-württembergischen Durchschnittslohn (Tabelle 2).

Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern verkleinert sich nur langsam

Ein weiteres stets sehr gefragtes Ergebnis der Verdiensterhebungen ist auch immer der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen. Im Jahr 2020 erhielt ein in Vollzeit tätiger männlicher Arbeitnehmer in Baden-Württemberg im Jahresdurchschnitt einen Bruttostundenverdienst von 27,43 Euro, wohingegen eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin nur 22,02 Euro brutto für eine Stunde Arbeit verbuchen konnte. Damit fällt das Bruttoentgelt für Frauen 2020 durchschnittlich um 19,7 % geringer aus als das ihrer männlichen Kollegen.6

Auch wenn sich der Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte verringert hat (2019: Frauen 20,4 % weniger Verdienst als Männer), wird die Lücke zwischen den Verdiensten im Zeitverlauf nur langsam kleiner. So hat sich in Baden-Württemberg bei insgesamt steigenden Löhnen die Verdienstkluft zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern in den vergangenen 10 Jahren um lediglich 3,9 Prozentpunkte reduziert. Im Jahr 2010 betrug der Bruttostundenlohn für Frauen in Baden-Württemberg 16,75 Euro und war damit noch um 23,6 % geringer als der für Männer, die damals im Schnitt mit 21,93 Euro pro Stunde entlohnt wurden (Schaubild 3).

Nominallöhne um 2,9 % gesunken, Reallohn um 3,5 %

Im Jahr 2020 sind die Nominallöhne (nicht preisbereinigt) der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Baden-Württemberg gegenüber dem Vorjahr um 2,9 % gesunken. Die Verbraucherpreise legten im gleichen Zeitraum um 0,7 % zu, sodass der reale Verdienstrückgang für das Jahr 2020 sogar 3,5 % betrug (Definition siehe i-Punkt »Nomi­nal- und Reallohnindex«).

Die Nominallöhne, für deren Berechnung die Bruttomonatsverdienste inklusive Sonderzahlungen einfließen, sind zuletzt im Jahr 2009, dem Jahr der Finanzkrise, gesunken (– 1,6 % gegenüber 2008), danach stiegen die Nominallöhne jedes Jahr bis einschließlich 2019 wieder an, bevor sie 2020 erneut krisenbedingt einen Dämpfer erhielten.

Ein Blick auf die Entwicklung des Nominallohnindex im Laufe der Quartale des Jahres 2020 zeigt deutlich die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Neben der Reduzierung der Arbeitszeiten und der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld, welches nicht in die Verdienststatistik einfließt, wirkten sich beim Nominallohnidex auch der teilweise Wegfall von Sonderzahlungen wie Erfolgsbeteiligungen aus. Im 1. Quartal, das erst ab Mitte März vom ersten Lockdown betroffen war, setzte sich die positive Entwicklung der Nominallöhne der letzten Jahre mit einem Plus von insgesamt 0,8 % gegenüber dem Vorjahresquartal noch fort. Im 2. Quartal kam dann mit der Fortsetzung des Lockdowns ein starker Rückgang von 6,4 % gegenüber dem 2. Quartal im Jahr 2019, der sich im 3. Quartal, in welchem es wieder Öffnungstendenzen und Lockerungen der Einschränkungen gab, leicht abgemildert mit – 4,1 % fortsetzte. Im 4. Quartal, mit einem Minus von 1,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal, hat sich dieser Negativtrend im Jahr 2020 weiter abgeschwächt (Schaubild 4). Aktuell vorliegende Ergebnisse für das 1. Quartal 2021 weisen eine Veränderung des Nominallohnindex von – 0,9 % gegenüber dem 1. Quartal 2020 aus. Damit scheint sich zu Beginn des Jahres 2021 zumindest der Negativtrend etwas weiter abzuschwächen.

Baden-Württemberg im Ländervergleich

Mit dem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 4 205 Euro für Beschäftigte in Vollzeit im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich und einem Stundenlohn von 25,85 Euro liegt Baden-Württemberg jeweils über dem Bundesdurchschnitt von 3 975 Euro bzw. 24,07 Euro und gehört zu den Bundesländern mit den höchsten durchschnittlichen Bruttoverdiensten. Genauso wie im Vorjahr belegte der Südwesten Platz 3 im Bundesländervergleich und lag damit auch über dem Durchschnitt der Stundenlöhne der Länder des früheren Bundesgebietes von 24,78 Euro pro Stunde. Nur in Hessen (4 308 Euro/Monat bzw. 26,11 Euro/Stunde) und in Hamburg (4 449 Euro/Monat bzw. 27,05 Euro/Stunde) konnten Vollzeitbeschäftigte 2020 noch mehr Bruttolohn für sich verbuchen. Vor 10 Jahren betrug der durchschnittliche Bruttostundenverdienst in Baden-Württemberg noch 20,45 Euro gegenüber einem Bundesdurchschnitt von 19,12 Euro und belegte auch damals schon Platz 3 der Länder mit den höchsten Bruttoverdiensten nach Hamburg und Hessen.7 Daran hat sich auch im Jahr 2020, das durch die Pandemie geprägt war, an der guten Position Baden-Württembergs in Sachen Verdienste nichts geändert (Schaubild 5).

Fazit und Ausblick

Insgesamt betrachtet, hat sich im Corona-Jahr 2020 an den grundsätzlichen Strukturen der Verdienstverteilung zwischen den verschiedenen Bundesländern, Branchen oder auch den Geschlechtern nur wenig geändert, auch wenn die Auswirkungen der Krise auf die Verdienste im Einzelfall und für bestimmte Wirtschaftsbereiche sehr einschneidend waren. So wurde zum Beispiel durch Betriebsschließungen und Kurzarbeit das Gastgewerbe hinsichtlich des monatlichen Bruttodurchschnittsverdienstes noch weiter abgehängt. Aber auch das Produzierende Gewerbe musste im Vergleich zu den Vorjahren Verdiensteinbußen hinnehmen. Mit Blick auf 2021 dürfte sich die Verdienstsituation, zumindest im 1. Halbjahr nicht deutlich bessern. So waren viele Branchen im 1. Quartal 2021 weiterhin komplett im Lockdown. In vielen Bereichen, unter anderem in der Automobilindustrie, bestehen aufgrund der durch die Corona-Krise noch beeinträchtigten globalen Produktions- und Lieferketten aktuell Lieferengpässe, was die hiesige Produktion in Teilen hemmt und zu erneuter Inanspruchnahme von Kurzarbeit führt. Im Ergebnis der Vierteljährlichen Verdienststatistik, das aktuell für das 1. Quartal vorliegt, errechnete sich ein durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst von 4 256 Euro. Das sind ca. 1 % weniger als im Vorjahresquartal, in dem der Wert bei 4 302 Euro brutto pro Monat lag.

Zudem legte der Verbraucherpreisindex seit Jahresbeginn unter anderem durch Wegfall der coronabedingten Mehrwertsteuersenkungen und Erhöhung der CO2-Bepreisung vor allem auf Kraftstoffe stetig zu.8 Die deutlich steigenden Preise drücken wiederum die Reallöhne.

Es gibt aber auch Anzeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs: So erholte sich die Südwestindustrie (Verarbeitendes Gewerbe) in den zurückliegenden Monaten langsam.9 Mit Beginn des Jahres 2021 erhöhte sich der gesetzliche Mindestlohn zunächst von 9,35 auf 9,50 Euro/Stunde und wurde zum 1. Juli 2021 weiter auf 9,60 Euro/Stunde angehoben. Dies dürfte sich vor allem bei den Verdiensten in stark vom Mindestlohn geprägten Branchen wie dem Gastgewerbe bemerkbar machen. Die seit etwa Anfang/Mitte Mai schrittweisen Lockerungsmaßnahmen bei sinkenden Infektionszahlen, verbunden mit Öffnung von Einzelhandel, Gastronomie etc., stimmen ebenfalls positiv.10 Wo die Reise wirtschaftlich hingeht und wie sich dies auf die Verdienste auswirken wird, hängt wohl maßgeblich von der weiteren Pandemie-Entwicklung und den daraus resultierenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen in den kommenden Monaten ab.

1 Dazu gibt es zahlreiche Studien, zum Beispiel Bernard, Elena 2021: Geld macht doch glücklich, in: Bild der Wissenschaft, Ausgabe 7/2021; basierend auf Matthew Killingsworth (University of Pennsylvania) 2021: Proceedings of the National Academy of Science, https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/geld-macht-doch-gluecklich/ (Abruf: 17.06.2021) oder Osberghaus, Daniel 2021: Einkommenseinbußen durch Corona lassen Risikobereitschaft sinken, in: ZEWnews des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, Ausgabe Mai 2021.

2 Die Sonderzahlungen entsprechen den »sonstigen Bezügen« gemäß den Lohnsteuerrichtlinien. Dies sind unregelmäßige, nicht jeden Monat geleistete Zahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Leistungsprämien, Prämien für Verbesserungsvorschläge, Vergütungen für Erfindungen oder der steuerliche Wert (geldwerter Vorteil) von Aktienoptionen.

3 Die Anzahl der bezahlten Stunden wird bei den geringfügig entlohnten Beschäftigten in der Vierteljährlichen Verdiensterhebung nicht erhoben.

4 Vermutlich spielt hier die Tatsache eine Rolle, dass geringfügig Beschäftigte kein Kurzarbeitergeld erhalten können.

5 KRITIS-Liste BW Version 1.0 / Stand 08.04.2020, abgerufen aus dem Internet-Angebot des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg https://wm.baden-wuerttemberg.de/ (Abruf: 28.05.2021).

6 Eine Bereinigung um branchen-, berufs- und qualifikationsspezifische Einkommensunterschiede ist bei diesem Ergebnis nicht erfolgt, daher wird von einem »unbereinigten Verdienstunterschied« gesprochen.

7 Detaillierte Zahlen finden sich in der Fachserie 16 Reihe 2.3 »Verdienste und Arbeitskosten Arbeitnehmerverdienste« des Statistischen Bundesamtes, aktuellste Veröffentlichung: Jahr 2020, erschienen am 24.03.2021.

8 Vergleiche Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung 138/2021 vom 31.05.2021: Verbraucherpreisindex im Mai 2021, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2021138 (Abruf: 07.06.2021).

9 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung 139/2021 vom 01.06.2021: Südwestindustrie im April 2021: 30 000 Personen weniger beschäftigt als im Vorjahresmonat, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2021139 (Abruf: 07.06.2021).

10 Vergleiche Corona-Verordnung des Landes vom 13. Mai in der ab 7. Juni 2021 gültigen Fassung sowie Corona-Verordnung des Landes vom 25. Juni 2021 in der ab 28. Juni 2021 gültigen Fassung, https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/aktuelle-infos-zu-corona/aktuelle-corona-verordnung-des-landes-baden-wuerttemberg/ Abruf: 14.07.2021).