:: 10/2021

Corona und die Folgen: die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg ist ein weltweit anerkanntes Cluster für die Entwicklung und Produktion hochwertiger Fahrzeuge. Sowohl Global Player aus dem Kreis der Automobilhersteller als auch weltbekannte Zulieferer haben ihren Unternehmenssitz im Land. Aber auch die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen«1 trägt zur wirtschaftlichen Bilanz dieses Sektors bei. Angesichts von Corona stellt sich die Frage, in welcher strukturellen Verfassung sich diese Sparte des Handels Ende 2019 vor dem Einsetzen der Pandemie befand und welche konjunkturellen Spuren die Krise seitdem hinterlassen hat. Datengrundlage der Analyse sind die »Jahreserhebung im Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kfz« und die »Monatserhebung im Kfz-Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kfz«, die auf der Basis des Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetzes (HdlDlStatG)2 von den Statis­tischen Ämtern der Länder durchgeführt werden.

2019 – also im letzten Geschäftsjahr vor der Coronakrise – hatten rund 15 900 Rechtliche Einheiten3 mit 17 800 Niederlassungen mit Tätigkeitsschwerpunkt »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« ihren Sitz in Baden-Württemberg. Davon betrieben gut 5 500 schwerpunktmäßig Handel mit Kraftwagen und rund 2 700 Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör. Gut 6 900 Rechtliche Einheiten konzentrierten sich auf die Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen und knapp 800 Rechtliche Einheiten waren im Bereich Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör sowie Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern aktiv. Die Branche insgesamt verzeichnete für das Geschäftsjahr 2019 einen Umsatz von rund 40,8 Milliarden (Mrd.) Euro (Tabelle).

Personalstruktur der Branche männlich geprägt

In den baden-württembergischen rechtlichen Einheiten im »Handel, in der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« waren im Geschäftsjahr 2019 knapp 131 000 tätige Personen beschäftigt. Nahezu die Hälfte (rund 63 000) arbeitete im Handel mit Kraftwagen. Die Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen bot knapp 41 000 Arbeitsplätze, der Handel mit Kraftwagenteilen und Kraftwagenzubehör gut 24 000 und im Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und Kraftradzubehör, Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern waren 2019 rund 3 300 Personen tätig.

Was die Personalstruktur angeht, zeigt sich die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« 2019 als männlich geprägt: Knapp 78 % der tätigen Personen waren Männer. Mit einem Anteil von knapp 22 % war Teilzeitbeschäftigung in diesem Wirtschaftsbereich verhältnismäßig eher selten anzutreffen.

Im Branchendurchschnitt acht tätige Personen je Rechtliche Einheit

Bei den Rechtlichen Einheiten der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« handelte es sich 2019 zum großen Teil um Kleinunternehmen. In rund 73 % der Rechtlichen Einheiten arbeiteten weniger als sechs Personen, nahezu die Hälfte der Rechtlichen Einheiten beschäftigte ein bis zwei Personen. Bei lediglich 6 % der Rechtlichen Einheiten der Branche (1 008 von rund 15 900) waren 20 oder mehr Personen tätig. Die relativ kleine Gruppe der beschäftigungsstärksten Einheiten erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2019 mit rund 31 Mrd. Euro allerdings rund 76 % des gesamten Branchenumsatzes im Land.

Im Branchendurchschnitt waren 2019 in einer Rechtlichen Einheit im »Handel, in der Instandhaltung und in der Reparatur von Kraftfahrzeugen« acht Personen tätig. Deutlich unterschritten wurde dieser Wert in den Rechtlichen Einheiten des Handels mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör, Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern. Hier waren im Durchschnitt nur vier Personen tätig, in der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen sechs und in Rechtlichen Einheiten, die mit Kraftfahrzeugteilen/-zubehör oder mit Kraftfahrzeugen handeln durchschnittlich neun bzw. elf Personen.

Branchenumsatz je Rechtliche Einheit knapp unter Bundesdurchschnitt

Auch was die Umsatzstrukturen betrifft, erwies sich die Wirtschaftsabteilung »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« 2019 als eine heterogene Branche: Der mit Abstand umsatzstärkste Bereich war der Handel mit Kraftwagen, der 2019 einen Jahresumsatz von 27,9 Mrd. Euro erwirtschaftete. Weit abgeschlagen auf den Plätzen 2 und 3 folgten der Handel mit Kraftwagenteilen und Kraftwagenzubehör (Jahresumsatz 2019: 7,8 Mrd. Euro) und die Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen mit 4,6 Mrd. Euro Jahresumsatz. Der Bereich »Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und Kraftradzubehör; Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern« wies im Vergleich dazu mit 506 Millionen (Mill.) einen recht bescheidenen Jahresumsatz auf.

Im Durchschnitt erzielte jede Rechtliche Einheit der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« in Baden-Württemberg im Geschäftsjahr 2019 einen Umsatz von 2,6 Mill. Euro (Vergleichswert Umsatz je Rechtliche Einheit Deutschland insgesamt: 2,7 Mill. Euro). Dabei lag der durchschnittliche Umsatz je Rechtliche Einheit im Handel mit Kraftwagen mit 5,1 Mill. Euro und im Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör (2,9 Mill.) um ein Vielfaches über dem durchschnittlichen Umsatz von Rechtlichen Einheiten, deren Tätigkeitsschwerpunkt auf der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen (657 000 Euro) bzw. auf dem Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör, Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern (651 000 Euro) lag.

Bundesweit umfasste die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« 2019 rund 112 000 Rechtliche Einheiten mit rund 127 000 Niederlassungen und mehr als 903 000 tätigen Personen. Der Gesamtumsatz der deutschen Rechtlichen Einheiten dieses Wirtschaftsbereichs belief sich im Jahr 2019 auf knapp 303 Mrd. Euro. Mit einem Umsatz von 312 000 Euro je tätiger Person lag die Umsatzproduktivität baden-württembergischer Rechtlicher Einheiten 2019 unter dem deutschen Durchschnittswert von 335 000 Euro je tätiger Person.

Onlinehandel vor allem mit Kraftwagenteilen und -zubehör etabliert

2019, also im letzten Geschäftsjahr vor Corona, stammten 9,9 % des Gesamtjahresumsatzes der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« aus dem Onlinehandel. Branchenintern übernimmt in Sachen eCommerce seit Jahren vor allem der Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör eine Vorreiterrolle: Hier wurden 2019 bereits rund 46,6 % des Umsatzes über den Kanal Onlinehandel generiert – 2009 lag der Anteil in dieser Sparte noch bei 11,2 %. Innerhalb von 10 Jahren hat sich damit der Anteil des Onlinehandels am Gesamtumsatz in diesem Bereich mehr als vervierfacht. Auch im Bereich Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör, Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern gingen 2019 bereits rund 16,6 % des Umsatzes auf den Onlinehandel zurück. Im Gegensatz spielten die neuen Möglichkeiten des Onlinehandels beim Kauf eines Autos auch 2019 keine wesentliche Rolle: Lediglich 0,9 % des Gesamtumsatzes im Handels mit Kraftwagen wurden per Onlinehandel erwirtschaftet. Und auch für den Wirtschaftsbereich Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen kam dem Onlinehandel mit nur 1,1 % Umsatzanteil eine untergeordnete Rolle zu (Schaubild 1).

Aufwendungen im Jahr 2019: 39,2 Mrd. Euro

Die baden-württembergischen Rechtlichen Einheiten der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« hatten im Geschäftsjahr 2019 Aufwendungen in Höhe von 39,2 Mrd. Euro. Über drei Viertel dieser Aufwendungen, insgesamt rund 29,7 Mrd. Euro entfielen auf den Bezug von Handelswaren. Der zweitgrößte Ausgabenposten waren die Personalkosten, also Bruttoentgelte und Sozialabgaben, für die knapp 4,8 Mrd. Euro aufgewendet wurden. Für bezogene Leistungen und andere betriebliche Aufwendungen, also für Steuerberatung, Fuhrpark, Werbung, Telefon, Internet und Ähnliches gaben die Rechtlichen Einheiten insgesamt 2,4 Mrd. Euro aus. Die Ausgaben für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe beliefen sich auf 1,4 Mrd. Euro und für betriebliche Steuern und Abgaben auf 191 Mill. Euro. Der Anteil der Aufwendungen am Umsatz insgesamt lag in der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« bei rund 96,1 %. Im Handel mit Kraftwagenteilen lag dieser Anteil sogar bei rund 99,2 %, bei der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen bei 84,0 %.

Investitionsintensität 2019 bei 20 Euro je 1 000 Euro Umsatz

Von den Rechtlichen Einheiten, die zur Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« gehören, wurden im Geschäftsjahr 2019 Bruttoinvestitionen in Höhe von 825 Mill. Euro getätigt. Investiert wurde vor allem in Maschinen, Einrichtungen und Fahrzeuge (624 Mill.) sowie in die Einrichtung, den Umbau und in die Erweiterung von Gebäuden (72 Mill. Euro). Bezogen auf den gesamten Wirtschaftsbereich lag die Investitionsintensität 2019 im Geschäftsjahr vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie bei 20 Euro je 1 000 Euro Umsatz. Auch was die Bruttoinvestitionen betrifft, erweist sich die Branche als sehr heterogen: Während von Rechtlichen Einheiten im Bereich Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen im Durchschnitt 51 Euro je 1 000 Euro Umsatz investiert wurden, waren es im Bereich Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör, Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern 41 Euro, im Handel mit Kraftwagen 18 Euro und im Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör lediglich noch 9 Euro je 1 000 Euro Umsatz.

Bundesweit wurden im Jahr 2019 von Rechtlichen Einheiten der Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« im Durchschnitt 19 Euro je 1 000 Euro Umsatz investiert. Die Investitionen bewegten sich dabei zwischen 33 Euro je 1 000 Euro Umsatz bei Rechtlichen Einheiten, die im Bereich Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen tätig waren und 12 Euro je 1 000 Euro Umsatz im Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör.

Vor Corona: umsatzstarke Jahre – dann der Einbruch

Die baden-württembergischen Rechtlichen Einheiten im Handel, in der Instandhaltung und in der Reparatur von Kraftfahrzeugen erzielten im Jahr 2019 an der Schwelle zu Corona höhere Umsätze als 2018. Der nominale Umsatz lag 2019 um 6,3 % über dem des Vorjahres. Real, das heißt unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, stiegen die Branchenumsätze um 4,4 %. Der Blick zurück in die Vergangenheit bis 2010 zeigt, dass mit Ausnahme von 2012 (der reale Umsatz blieb im Vergleich zum Vorjahr gleich) durchgängig zum Teil kräftige jährliche Steigerungen des nominalen und des realen Umsatzes verbucht werden konnten. Das stärkste Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr von nominal 8,0 % und real 7,2 % wurde 2015 erzielt (Schaubild 2).

Zu Beginn des Krisenjahrs 2020 gelang es den baden-württembergischen Rechtlichen Einheiten des »Handels, der Instandhaltung und der Reparatur von Kraftfahrzeugen« zunächst noch, an die erfreuliche Umsatzentwicklung Entwicklung der Vorjahre anzuknüpfen: Im Januar 2020 fuhren sie ein stattliches Umsatzplus von nominal 8,5 % bzw. real von 6,9 % und im Februar konnte mit einem Ergebnis von nominal 1,7 % bzw. von real 0,1 % das Umsatzniveau des Vorjahresmonats immerhin noch gehalten werden – dies trotz global bereits um sich greifender Pandemie. Von März bis Mai 2020 folgten dann harsche Umsatzeinbrüche im zweistelligen Bereich: die realen Umsätze fielen im März 2020 um 18,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat, im April 2020 gar um 39,8 % und im Mai 2020 noch um 27,5 %. Im Zug der anschließenden Erholung übertrafen die Umsätze im Juli 2020 das reale Ergebnis aus dem Vorkrisenmonat Juli 2019 um 5,1 % und im Dezember 2020 sogar um 15,5 %. Anfang 2021 war dann coronabedingt im Januar mit – 24,2 % erneut ein außerordentlich tiefer Umsatzeinbruch zu verzeichnen, der aber durch die anschließende positive Entwicklung zumindest teilweise kompensiert worden sein dürfte.

Insgesamt betrachtet hat sich die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« allerdings trotz der coronabedingten konjunkturellen Achterbahnfahrt ab März 2020 mit Blick auf das Vorkrisenniveau von 2019 im Vergleich zu anderen Branchen als relativ robust erwiesen: drei von vier Sparten des Kraftfahrzeughandels konnten das Krisenjahr 2020 mit verhältnismäßig geringfügigen jährlichen Umsatzeinbußen im durchgängig einstelligen Bereich abschließen. Am stärksten negativ betroffen zeigte sich der Handel mit Kraftwagen (2020: real – 6,1 % gegenüber dem Vorkrisenniveau von 2019) gefolgt von der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen (2020: real – 5,3 %) und vom Handel mit Kraftwagenteilen und Zubehör (2020: real – 5,1 %). Demgegenüber scheint die Sparte »Handel mit Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör; Instandhaltung und Reparatur von Krafträdern« von der Krise sogar profitiert zu haben: Sie bilanzierte für das Krisenjahr 2020 gegenüber dem Vorkrisenniveau von 2019 real mit einem stattlichen Plus von 14,0 %. Dieser starke Branchen-Auftritt setzte sich im Geschäftsjahr 2021 mit einer bislang4 erfreulichen Bilanz fort: Alle Bereiche konnten gegenüber ihrem von Corona gezeichneten Vorjahresergebnis Boden gutmachen. Hier sind vor allem der Handel mit Kraftwagen (real + 15,5 %) und der Handel mit Kraftwagenteilen und Zubehör zu nennen (real + 13,9 %) (Schaubild 3).

Fazit und Ausblick

Alles in allem zeigt sich die Branche »Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen« im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen wie zum Beispiel der Gastronomie oder der Beherbergung als von Corona verhältnismäßig weniger hart getroffen. Die Einbußen gegenüber dem Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 fielen relativ maßvoll aus, teilweise brachte die Krise sogar eine Verbesserung der Ertragslage mit sich. Mit Blick auf die noch nicht vorliegenden Strukturdaten für das Geschäftsjahr 2020 stellt sich die Frage, welche Strukturveränderungen die Coronakrise in diesem Wirtschafsbereich ausgelöst bzw. verstärkt hat – zum Beispiel in Richtung mehr Online-Handel oder neue Vertriebskanäle wie Auto-Abos – und welche Auswirkungen diese für die Branche haben werden. Anhand der monatlich veröffentlichten Konjunkturdaten lässt sich die weitere Entwicklung der Ertrags- und Beschäftigungssituation aktuell verfolgen. Die kommenden Konjunktur- und Strukturdaten der amtlichen Handelsstatistik werden zeigen, wie es für diese wichtige Branche Baden-Württembergs weitergeht.

1 Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008: WZ 45.

2 Bis einschließlich Berichtsjahr 2020: Handelsstatistikgesetz (HdlStatG) vom 10.12.2001 in der jeweils gültigen Fassung. Ab Berichtsjahr 2021: Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz (HdlDlStatG) vom 22.02.2021 in der jeweils gültigen Fassung.

3 Ab dem Berichtsjahr 2018 erfolgt die Ausweisung der Ergebnisse nach Rechtlichen Einheiten – siehe i-Punkt »Rechtliche Einheiten«.

4 Datenstand zu Redaktionsschluss: 06.2021.