:: 12/2021

Steigende Schülerzahl an allgemeinbildenden Schulen – Trendwende an beruflichen Schulen

Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen für allgemeinbildende und berufliche Schulen in Baden-Württemberg bis 2030

An allgemeinbildenden Schulen ist in den nächsten Jahren mit einem Anstieg der Schülerzahl zu rechnen. Bis zum Schuljahr 2030/31 könnte sie von gut 1,095 Millionen (Mill.) im Schuljahr 2020/21 auf knapp 1,219 Mill. Schülerinnen und Schüler zunehmen. Diese Entwicklung wird in unterschiedlichem Ausmaß alle Schularten betreffen. An den Grundschulen könnte die demografische Entwicklung ab dem Schuljahr 2029/30 aber wieder zu einer Trendumkehr und zu einer sinkenden Schülerzahl führen. Die beruflichen Schulen bekommen derzeit die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt zu spüren. Mittelfristig ist bis zum Schuljahr 2025/26 ein weiterer Rückgang der Schülerzahl von 407 800 auf 388 600 möglich. Erst danach dürfte der Trend steigender Schülerzahlen die beruflichen Schulen erreichen. Im Schuljahr 2030/31 könnten an ihnen 393 100 Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Die Zahl der Abschlusszeugnisse, die eine Hochschulzugangsberechtigung eröffnen, könnte von 2020 bis 2030 um 4 % auf 59 900 zurückgehen. Ein ähnliches Ausmaß dürfte auch der Rückgang bei den mittleren Bildungsabschlüssen haben. Dagegen wird wohl im Vergleich zu 2020 die Zahl der Hauptschulabschlüsse bis 2030 leicht ansteigen.

Die künftige Entwicklung von Schülerzahlen wird von vielen Faktoren beeinflusst. Die wichtigste Einflussgröße ist dabei die demografische Entwicklung. Im für den Schulbesuch relevanten Altersbereich wird diese vorrangig durch die Geburtenhäufigkeit und die Wanderungsbewegung bestimmt. Änderungen der Geburtenhäufigkeit wirken sich eher mittelfristig über die Zahl der Einschulungen auf die Entwicklung der Schülerzahlen aus. Wanderungsbewegungen können dagegen schon sehr kurzfristig Auswirkungen auf die Schülerzahl haben. Dies hat der Zustrom von Flüchtlingen und Schutzsuchenden im Jahr 2015 gezeigt.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die Entwicklung der Schülerzahlen sind bildungspolitische Entscheidungen und die Reaktionen von Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten auf diese Entscheidungen. Die Einführung der Gemeinschaftsschule als neue Schulart, die Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, die inklusive Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit einem Anspruch auf sonderpädagogische Förderung an Regelschulen und die Rückverlegung des Einschulungsstichtags sind einige solcher Entscheidungen. Auch die vorübergehende Aussetzung »regulärer« Klassenwiederholungen im Schuljahr 2020/21 aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schulunterricht zählt hierzu.

Die Corona-Pandemie hat darüber hinaus verdeutlicht, dass auch Ursachen, die weder dem demografischen noch dem Bildungsbereich zuzurechnen sind, die Entwicklung der Schülerzahlen massiv beeinflussen können. Durch die ungewissen wirtschaftlichen Aussichten ist die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Jahr 2020 in Baden-Württemberg gegenüber dem Vorjahr um 8,5 % zurückgegangen.1 Dadurch verringerte sich auch die Schülerzahl der Teilzeit-Berufsschulen als Bestandteil des dualen Ausbildungssystems. Andere vollzeitschulische Bildungsgänge verzeichneten hingegen einen Anstieg ihrer Schülerzahl.

Für die Vorausberechnung von Schülerzahlen ist also mehr nötig, als das bloße Verschieben der aktuellen Schülerzahlen um eine Klassenstufe nach oben. Es müssen auch Annahmen über die Auswirkungen von Einflussgrößen getroffen werden, die sich auf die künftige Entwicklung auswirken und heute bereits absehbar sind (i-Punkt »Methodik der Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen«). Grundlagen der Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen sind die Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 2020/21 und die Hauptvariante der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg.2

An den Grundschulen wird die Schülerzahl zunächst noch zunehmen

Seit dem Schuljahr 2003/04, in dem knapp 1,308 Mill. Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und privaten allgemeinbildenden Schulen unterrichtet wurden, sinkt deren Schülerzahl.3 Im Schuljahr 2020/21 lag sie bei gut 1,095 Mill. In den letzten Jahren hat sich dieser Rückgang allerdings deutlich abgeschwächt. Bereits für das Schuljahr 2020/21 war die Trendwende zu einem Wiederanstieg erwartet worden.4 Jedoch war die Schülerzahl im Vergleich zum Vorjahr noch um rund 3 200 gesunken. Insbesondere an den Grundschulen lag die letztjährige Vorausberechnung deutlich zu hoch. Entgegen dem dort seit 2014/15 vorherrschenden Trend steigender Werte war die Schülerzahl der Grundschulen im Schuljahr 2020/21 um fast 1 200 auf 380 214 Schülerinnen und Schüler zurückgegangen.

Der Beginn des Wiederanstiegs der Schülerzahl der allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg wird nun für das Schuljahr 2021/22 erwartet. Die aktuelle Vorausberechnung ergibt hier einen Wert von 1,1 Mill. Schülerinnen und Schülern. Bis zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Schuljahr 2030/31 könnte die Schülerzahl weiter bis auf knapp 1,219 Mill. ansteigen. Sie läge dann gut 11 % über der 2020/21 verzeichneten Zahl (Tabelle 1).

Der leichte Rückgang der Schülerzahl an den öffentlichen und privaten Grundschulen im Schuljahr 2020/21 dürfte nur eine kurze Episode gewesen sein. Bis zum Schuljahr 2028/29 könnte sie weiter bis auf 432 400 zunehmen. Schwächer besetzte Elternjahrgänge lassen dann bis zum Schuljahr 2030/31 ein Absinken auf 430 600 Grundschülerinnen und -schüler erwarten. Dies wären immer noch gut 13 % mehr als 2020/21.

Stärkerer Anstieg der Schülerzahlen an weiterführenden Schulen in der zweiten Hälfte des Vorausberechnungszeitraums

Bei den auf der Grundschule aufbauenden Schularten ist in den kommenden Jahren mit einer Trendwende hin zu einer wieder steigenden Schülerzahl (Werkreal- und Hauptschulen, Realschulen) oder mit einer Fortsetzung des Anstiegs (Gymnasien, Gemeinschaftsschulen) zu rechnen (Schaubild 1). Die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Werkreal- und Hauptschulen dürfte nur noch wenig unter den im Schuljahr 2020/21 erreichten Wert von 44 980 absinken. Für die nächsten 5 Schuljahre ergibt die Vorausberechnung jeweils ein Ergebnis von etwas über oder unter 43 000 Schülerinnen und Schülern. Der Anteil der Werkreal- und Hauptschulen an den Übergängen von der Grundschule auf eine weiterführende Schule hatte sich im Schuljahr 2020/21 leicht auf 6,3 % erhöht. In den 4 vorhergehenden Schuljahren hatte er jeweils knapp unter 6 % gelegen. Diese Stabilisierung des Übergangsverhaltens wird zusammen mit stärker besetzten Altersjahrgängen bis zum Schuljahr 2030/31 für einen Wiederanstieg der Schülerzahl sorgen. Dann dürften 47 700 Jugendliche an einer Werkreal- und Hauptschule unterrichtet werden. Diese Zahl läge um 6 % über dem Wert des Schuljahres 2020/21.

Im Schuljahr 2020/21 waren 209 552 Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und privaten Realschulen unterrichtet worden. Dies war die geringste Schülerzahl seit dem Schuljahr 2009/10, in dem 246 779 Schülerinnen und Schüler gezählt worden waren. Diese rückläufige Tendenz sollte im laufenden Schuljahr 2021/22 gestoppt werden, wobei die Zunahme zunächst wohl nur ein geringes Ausmaß haben wird. Im Schuljahr 2025/26 würden demnach 213 800 Schülerinnen und Schüler eine Realschule besuchen. Bis 2030/31 könnte ihre Zahl dann bis auf 235 200 ansteigen. Dies wäre ein Anstieg um gut 12 % gegenüber dem Schuljahr 2020/21.

Mit 42,5 % hatte die Übergangsquote von der Grundschule auf das Gymnasium im Schuljahr 2020/21 den niedrigsten Wert seit der Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung im Schuljahr 2012/13 angenommen. Dennoch war erstmals seit dem Schuljahr 2009/10 wieder ein Anstieg der Schülerzahl an den öffentlichen und privaten Gymnasien zu verzeichnen. Mit 295 640 Schülerinnen und Schülern lag sie um knapp 1 500 höher als im Jahr zuvor. Vom Schuljahr 2021/22 bis zum Schuljahr 2024/25 ergibt die Vorausberechnung für die Gymnasien mit leichten Schwankungen Werte, die meist knapp über 297 000 liegen. Erst danach gewinnt die Zunahme der Schülerzahl aufgrund stärker besetzter Altersjahrgänge an Dynamik. Bis zum Schuljahr 2030/31 könnte sie sich auf 320 500 erhöhen. Dies wäre die höchste Schülerzahl seit dem Ausscheiden des letzten vollständigen G9-Jahrgangs zum Ende des Schuljahres 2011/12. Sie läge damit um gut 8 % über dem Niveau des Schuljahres 2020/21.

Die Gemeinschaftsschulen erreichten im Schuljahr 2020/21 mit 13,6 % die bislang höchste Übergangsquote von der Grundschule. Gemeinschaftsschulen sind mittlerweile nahezu flächendeckend in den Stadt- und Landkreisen eingerichtet. An den meisten Standorten ist inzwischen der Aufbau bis zur Klassenstufe 10 vorangeschritten. Nur wenige Gemeinschaftsschulen können bislang eine gymnasiale Oberstufe anbieten. Aufgrund dieser Entwicklung dürfte die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Gemeinschaftsschulen in den nächsten 4 bis 5 Jahren nur wenig über den im Schuljahr 2020/21 erreichten Wert von 85 358 ansteigen. Ähnlich wie bei den anderen weiterführenden Schularten wird die Zunahme auch an den Gemeinschaftsschulen erst in der zweiten Hälfte des Vorausberechnungszeitraums stärker ausgeprägt sein. Bis zum Schuljahr 2030/31 könnte ihre Schülerzahl dann gegenüber dem Schuljahr 2020/21 um fast 12 % auf 95 500 zulegen.

Eine vergleichbare Entwicklung wird auch bei den Freien Waldorfschulen und den drei öffentlichen Schulen besonderer Art erwartet. Die Schülerzahl der Freien Waldorfschulen könnte von 23 149 im Schuljahr 2020/21 bis 2030/31 auf 26 700 ansteigen. Im Schuljahr 2020/21 waren an den Schulen besonderer Art 3 919 Schülerinnen und Schüler unterrichtet worden. Im Schuljahr 2030/31 könnten es 4 300 sein.

Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot weiter steigend

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, die an einer allgemeinen Schule inklusiv unterrichtet wurden, stieg im Schuljahr 2020/21 gegenüber dem Vorjahr um rund 100 auf 8 990 an. Die Schülerzahl der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) erhöhte sich ebenfalls leicht um rund 550 auf 52 440. Seit dem Schuljahr 2010/11 hat sich somit die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot um knapp 16 % gesteigert. Der Anteil dieser Kinder und Jugendlichen an der gleichaltrigen Bevölkerung hat sich in diesem Zeitraum von 3,6 % auf 4,6 % erhöht. Für die Vorausberechnung wird angenommen, dass dieser Anteil bis 2022 weiter auf 4,7 % zunimmt (i-Punkt »Besondere Annahmen für allgemeinbildende Schulen«).

Für den weiteren Anstieg der Schülerzahl der SBBZ sind allerdings vorrangig stärker besetzte Geburtsjahrgänge verantwortlich. So könnte sich der seit dem Schuljahr 2016/17 anhaltende Trend bis 2030/31 fortsetzen. In diesem Schuljahr könnten gemäß dem Ergebnis der Vorausberechnung 58 200 Schülerinnen und Schüler ein SBBZ besuchen, 11 % mehr als im Schuljahr 2020/21. Weitere 10 700 Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot würden dann inklusiv an einer Regelschule unterrichtet werden. Gegenüber dem Basisschuljahr 2020/21 der Vorausberechnung würde die Gesamtzahl dieser Kinder und Jugendlichen somit um 12 % zunehmen.

Die SBBZ sind in Förderschwerpunkte (FSP) gegliedert. Der zahlenmäßig größte unter ihnen ist der FSP Lernen. 17 825 Schülerinnen und Schüler besuchten im Schuljahr 2020/21 ein SBBZ im FSP Lernen. Auch unter den inklusiv unterrichteten Schülerinnen und Schülern hatte dieser FSP mit 5 801 Schülerinnen und Schülern den weitaus größten Anteil. Bis zum Schuljahr 2030/31 könnte sich die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler im FSP Lernen auf 26 800 erhöhen, von denen 19 900 an einem SBBZ und 6 900 an einer Regelschule unterrichtet würden.

Berufliche Schulen zunächst noch von den Auswirkungen der Pandemie beeinflusst

Die Schülerzahl der öffentlichen und privaten beruflichen Schulen5 in Baden-Württemberg ist im Schuljahr 2020/21 um fast 5 200 auf 407 788 zurückgegangen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Entwicklung und damit auf den Ausbildungsstellenmarkt verstärkten dabei die grundlegende Tendenz schwächer besetzter Altersjahrgänge.6 Wie eingangs erwähnt war dies vor allem an den Teilzeit-Berufsschulen zu spüren, während manche andere Bildungsgänge durch das Ausweichen von Jugendlichen auf Alternativen zur dualen Berufsausbildung profitiert haben. Noch bis Mitte 2021 wurde aufgrund der zur Verfügung stehenden Ausbildungsmarktdaten angenommen, dass die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge im Jahr 2021 noch einmal deutlich unter dem niedrigen Wert des Jahres 2020 liegen dürfte.7 Bestenfalls wurde davon ausgegangen, dass der Vorjahreswert geringfügig übertroffen werden könnte.8 Erst im Sommer dieses Jahres zeichnete sich eine spürbarere Erholung bei den Neuabschlüssen von Ausbildungsverträgen ab.9 Daher wird für diese Vorausberechnung in Abstimmung mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg eine schrittweise Erholung des Ausbildungsmarkts bis 2023/24 angenommen, was entsprechend auch bei den Bildungsgängen zu berücksichtigen ist, die alternativ zu einer Berufsausbildung gewählt werden können (i-Punkt »Besondere Annahmen für berufliche Schulen«).

Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und privaten beruflichen Schulen würde gemäß dieser Annahmen bis zum Schuljahr 2022/23 weiter deutlich auf 391 300 absinken. Bis 2025/26 wäre dann nur noch ein leichter Rückgang auf 388 600 zu erwarten, bevor im Anschluss daran die Schülerzahl bis zum Schuljahr 2030/31 auf 393 100 ansteigen könnte, wenn wieder stärker besetzte Altersjahrgänge in die berufliche Bildung wechseln (Tabelle 2). Damit läge sie um knapp 4 % unter dem Wert des Schuljahrs 2020/21.

Vor allem der starke Rückgang der Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen führte im Schuljahr 2020/21 zu einem Absinken der Schülerzahl an den öffentlichen und privaten Teilzeit-Berufsschulen gegenüber dem Vorjahr um rund 5 900 auf 186 511. Bis 2022/23 könnte sich die Schülerzahl weiter auf 176 900 verringern. Stärker besetzte Geburtsjahrgänge dürften in den Folgejahren eine Trendumkehr bewirken. Im Schuljahr 2030/31 würde die Schülerzahl gemäß den Annahmen dieser Berechnung bei 182 500 liegen. Sie wäre dann aber immer noch rund 2 % niedriger als das Ausgangsniveau des Schuljahres 2020/21 (Schaubild 2).

Schülerzahlen der Berufskollegs und der beruflichen Gymnasien mit ähnlicher Entwicklung

Das Berufskolleg hatte im Schuljahr 2020/21 mit 59 457 Schülerinnen und Schülern das berufliche Gymnasium als zahlenmäßig größte Vollzeit-Schulart an den beruflichen Schulen im Land abgelöst. Insbesondere Bildungsgänge, an denen neben einer beruflichen Ausbildung auch die Fachhochschulreife erworben werden kann, verzeichneten einen starken Zulauf. Dadurch war die Schülerzahl der Berufskollegs entgegen dem Trend der letzten Jahre um fast 1 800 angestiegen. Ursache hierfür dürfte das Ausweichen von Jugendlichen in Bildungsgänge außerhalb der dualen Berufsausbildung aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie gewesen sein. In den nächsten Jahren wird die demografische Entwicklung aber wohl wieder den Verlauf der Entwicklung bestimmen und bis 2025/26 zu einem Rückgang auf 56 000 Schülerinnen und Schüler führen. Bis 2030/31 könnte dieses Niveau bei nur minimal steigender Tendenz erhalten bleiben. Mit 56 300 wäre die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Berufskollegs dann um gut 5 % geringer als im Schuljahrs 2020/21.

Die Schülerzahl der öffentlichen und privaten beruflichen Gymnasien lag im Schuljahr 2020/21 mit 59 309 knapp unter der der Berufskollegs. Mit einem Rückgang um 800 Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum Vorjahr hatte sich der seit dem Höchststand im Schuljahr 2015/16 anhaltende rückläufige Trend – wenn auch abgeschwächt – fortgesetzt. Die Ergebnisse der Vorausberechnung lassen erwarten, dass sich diese Entwicklung noch 5 weitere Jahre bis 2025/26 fortsetzen wird. Dann wäre mit 56 100 Schülerinnen und Schülern der Tiefpunkt erreicht. Bis 2030/31 könnte die Schülerzahl der beruflichen Gymnasien wieder leicht auf 56 700 zunehmen. Ab dem Schuljahr 2021/22 wäre bei dieser Entwicklung die Schülerzahl der beruflichen Gymnasien wieder geringfügig größer als die der Berufskollegs.

Neuordnung der Berufsvorbereitung verstärkt Anstieg an Berufsfachschulen

Im Schuljahr 2020/21 wurden an den öffentlichen und privaten Berufsfachschulen 56 064 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, fast 1 200 mehr als im vorigen Schuljahr. Ausschlaggebend für diesen Anstieg war der Ausbau der dualen Ausbildungsvorbereitung, die im Rahmen der Neuordnung der ausbildungsvorbereitenden Bildungsgänge in den nächsten Jahren die Regelform des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf (VABR) und das Berufseinstiegsjahr (BEJ) ersetzen soll. Dieser Effekt wurde wohl noch durch Jugendliche verstärkt, die aufgrund der Pandemie keine duale Berufsausbildung antreten konnten oder wollten. Dagegen war im Bereich der Pflegeausbildung an Berufsfachschulen ein Rückgang um fast 700 Schülerinnen und Schüler im 1. Ausbildungsjahr zu verzeichnen. Bis zum Schuljahr 2023/24 könnte die Schülerzahl der Berufsfachschulen demografisch bedingt zunächst auf 54 900 sinken. Die fortschreitende Integration des VABR dürfte früher als bei Berufskollegs und den beruflichen Gymnasien zu wieder steigenden Schülerzahlen und zu einem insgesamt etwas stärkeren Anstieg führen.10 Im Schuljahr 2030/31 könnte die Schülerzahl der Berufsfachschulen mit 57 000 sogar etwas über den Werten dieser beiden anderen Schularten liegen und auch knapp 2 % über dem Niveau von 2020/21.

An den öffentlichen und privaten Fachschulen sinkt die Schülerzahl seit dem Schuljahr 2014/15. Der rückläufige Trend dürfte sich an diesen Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung bis zum Schuljahr 2030/31 weiter fortsetzen. Die Vorausberechnung ergibt für dieses Schuljahr eine Schülerzahl von 16 600, was rund 1 900 Weiterbildungswillige weniger wären als 2020/21.

Die Ausbildung in nicht akademischen Gesundheitsberufen (zum Beispiel in den Bereichen Physiotherapie, Logopädie oder Notfallsanitäter und -sanitäterinnen) findet in Baden-Württemberg an den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens statt. An Standorten, an denen bisher die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege durchgeführt wurde, wird nun in der Regel die neu geschaffene generalistische Pflegeausbildung unter Einschluss der Altenpflege fortgeführt. Im Gegensatz zu den Berufsfachschulen, an denen im Bereich der Pflege im 1. Ausbildungsjahr ein spürbarer Rückgang der Schülerzahl zu verzeichnen war, blieb diese an den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens mit rund 3 400 nahezu konstant. Im Schuljahr 2020/21 war an den Schulen für Berufe des Gesundheitswesens mit insgesamt 20 876 Schülerinnen und Schülern ein neuer Höchststand der Gesamtschülerzahl erreicht worden. Bis zum Schuljahr 2022/23 könnte diese auf 21 300 noch leicht ansteigen. In der Folgezeit bis zum Schuljahr 2030/31 dürfte die Schülerzahl beständig bei Werten meist knapp unter 21 000 liegen.

Rund die Hälfte der Hochschulzugangsberechtigungen wird an beruflichen Schulen erworben

Im Jahr 2015 waren in Baden-Württemberg insgesamt 53 352 Hochschulreifezeugnisse ausgestellt worden. Bis 2019 war ihre Zahl aufgrund schwächer besetzter Abschlussjahrgänge um fast 8 % auf 49 145 zurückgegangen. Im Jahr 2020 sackte die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten auf 46 597 ab. Dieser starke Rückgang innerhalb eines Jahres ist in erster Linie auf die Wiedereinführung des 9-jährigen gymnasialen Bildungsgangs an einigen allgemeinbildenden Gymnasien 8 Jahre zuvor zurückzuführen. Die Schülerinnen und Schüler der 12. Klassenstufe (bzw. Jahrgangsstufe 1) dieser Schulen »fehlten« dem Abschlussjahrgang 2020. Da die Wiedereinführung damals in zwei zeitversetzten Tranchen durchgeführt wurde, wird auch 2021 noch einmal ein ähnlicher Effekt auftreten. Es wird mit 44 200 Hochschulreifezeugnissen gerechnet, bevor 2022 ihre Zahl auf 46 100 ansteigen könnte, wenn wieder ein »vollständiger« Abschlussjahrgang die Abiturprüfung ablegen wird. Grundsätzlich dürfte die Tendenz sinkender Zahlen bei den Hochschulreifezeugnissen bis weit in die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts anhalten. Erst gegen Ende des Vorausberechnungszeitraums wird eine Stabilisierung bei einem Wert von 45 100 erwartet, der gut 3 % unter dem Ergebnis von 2020 liegt. Der Anteil beruflicher Schulen am Erwerb der Hochschulreife beträgt seit einigen Jahren rund ein Drittel. Diesen Anteil dürften die beruflichen Schulen auch bis 2030 beibehalten (Tabelle 3).

Die Fachhochschulreife kann fast ausschließlich an beruflichen Schulen – vorrangig an Berufskollegs und Fachschulen – erworben werden. Der Höchstwert war bei dieser Abschlussart im Jahr 2011 mit 21 804 Abschlusszeugnissen erreicht worden. Seitdem war ein beständiger Rückgang bis auf 15 954 Zeugnisse im Jahr 2020 festzustellen. Durch das pandemiebedingte Ausweichen auf Alternativen zur dualen Berufsausbildung könnte diese Tendenz kurzfristig unterbrochen werden. Für das Jahr 2021 wird eine Zunahme auf 16 400 Zeugnisse der Fachhochschulreife erwartet. In den nachfolgenden Jahren dürfte sich der Rückgang allerdings fortsetzen. Ab 2027 wird mit einem konstanten Niveau von 14 800 Abschlüssen gerechnet.

Die Gesamtzahl der Abschlusszeugnisse, die eine Hochschulzugangsberechtigung verleihen, lag im Jahr 2020 bei 62 551. Nach den Ergebnissen der Vorausberechnung würde sie sich bis 2030 auf 59 900 verringern, was einem Rückgang um gut 4 % entspricht. Durchgängig wird rund die Hälfte aller Hochschulzugangsberechtigungen an einer beruflichen Schule erworben.

Weiterer Rückgang bei den mittleren Abschlüssen

Der Höchstwert an mittleren Bildungsabschlüssen11 war im Jahr 2013 mit 69 538 erreicht worden. Seitdem war ihre Zahl bis 2019 um gut 16 % auf 58 239 zurückgegangen. Im Jahr 2020 war erstmals wieder ein leichter Anstieg auf 58 617 zu verzeichnen. Es ist aber zu erwarten, dass in den nächsten Jahren ein weiterer leichter Rückgang erfolgen wird und die Zahlen von 2023 bis 2028 bei Werten um 56 000 liegen dürften. Der Anstieg der Schülerzahlen wird bis 2030 voraussichtlich auch zu einem zunächst noch geringen Zuwachs bei der Zahl der mittleren Bildungsabschlüsse auf 56 500 führen. Dies wären knapp 4 % weniger Abschlüsse als 2020.

Über den gesamten Vorausberechnungszeitraum hinweg wird der mittlere Abschluss seinen Spitzenplatz unter den Bildungsabschlüssen halten können. Die Hochschulreife folgt dahinter auf dem zweiten Rang (Schaubild 3). Wie in den letzten Jahren üblich dürfte der Anteil der beruflichen Schulen am Erwerb eines mittleren Abschlusses auch in den nächsten 10 Jahren im Bereich von 13 % bis 14 % liegen.

Leichter Anstieg der Hauptschulabschlüsse

Aufgrund des sehr starken Rückgangs der Schülerzahl an den Werkreal- und Hauptschulen hat sich die Zahl der Hauptschulabschlüsse in den letzten 15 Jahren bis 2019 halbiert. Dabei verlief die Entwicklung in diesem Zeitraum nicht immer linear. Gelegentlich gab es Strukturbrüche mit überdurchschnittlichen Rückgängen oder vereinzelten Zunahmen, meist als Folge bildungspolitischer Entscheidungen. Im Jahr 2020 war die Zahl der Hauptschulabschlüsse mit 23 767 fast gleichauf mit dem Vorjahreswert. Mehr als ein Viertel aller Zeugnisse wurden dabei von einer beruflichen Schule ausgestellt. In der aktuellen Vorausberechnung erreicht die rückläufige Entwicklung im Jahr 2024 mit 23 100 Hauptschulabschlüssen ihren Wendepunkt. Bis 2030 könnte die Zahl der Hauptschulabschlüsse dann auf 24 200 anwachsen. Sie läge damit fast 2 % über dem Wert von 2020.

Mit 5 612 hatte die Zahl der Schulabgänge ohne Hauptschulabschluss fast wieder das niedrige Niveau des Jahres 2013 erreicht, als 5 517 Abgänge ohne Hauptschulabschluss verzeichnet worden waren. Insgesamt steigende Schülerzahlen lassen aber erwarten, dass diese Zahl in den Jahren bis 2030 wieder etwas auf 6 300 ansteigen könnte. Diese Zahlen enthalten auch die hauptsächlich an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren erworbenen Abschlüsse in den Förderschwerpunkten »Lernen« sowie »Geistige Entwicklung«. Im Jahr 2020 wurden 2 318 Abschlusszeugnisse im FSP »Lernen« und 1 118 im FSP »Geistige Entwicklung« ausgestellt. Damit hatten sie einen Anteil von etwas über 61 % an den Abgängen ohne Hauptschulabschluss. Man darf diese somit nicht in ihrer Gesamtheit mit »Schulabbrüchen« gleichsetzen.

Unsichere Rahmenbedingungen erfordern eine regelmäßige Aktualisierung

Vorausberechnungen der Schüler- und Schulabschlusszahlen gehören zu den Planungsgrundlagen für die Bildungspolitik, sind aber zum Beispiel auch für die Akteure auf dem Ausbildungsstellenmarkt von Interesse. Sie können allerdings keine genaue Prognose der künftigen Entwicklung sein. Bildungspolitische Entscheidungen können ebenso wie Änderungen in den Rahmenbedingungen die Entwicklung der Schüler- und Schulabschlusszahlen innerhalb kurzer Zeit spürbar beeinflussen. Die stufenweise Verlegung des Einschulungsstichtags in den Schuljahren 2020/21 bis 2022/23, das Aussetzen von Klassenwiederholungen aufgrund ungenügender Leistungen am Ende des Schuljahrs 2019/20 und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Entscheidung für eine Berufsausbildung sind aktuelle Beispiele hierfür.

Die Effekte dieser Einflussgrößen können nur aufgrund aus heutiger Sicht plausibler Annahmen in die Vorausberechnung einbezogen werden. Es ist daher regelmäßig zu prüfen, ob die reale Entwicklung mit diesen Annahmen übereinstimmt. Gegebenenfalls sind diese Annahmen bei Vorliegen neuer Erkenntnisse zu revidieren. Eine jährliche Aktualisierung der Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen, wie sie vom Statistische Landesamt Baden-Württemberg seit 2014 durchgeführt wird, erscheint bei den aktuellen Rahmenbedingungen weiterhin angebracht.

1 Vergleiche Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung 172/2021 vom 28.06.2021: Die beliebtesten Ausbildungsberufe 2020, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2021172 (Abruf: 02.11.2021).

2 Brachat-Schwarz, Werner: »Zuwanderung schwächt künftigen Alterungsprozess der Bevölkerung ab«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2019«, S. 3–8.

3 Schülerzahl ohne Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen des Zweiten Bildungswegs.

4 Vergleiche Wolf, Rainer: »Im Schuljahr 2030/31 ist mit gut 1,61 Millionen Schülerinnen und Schülern zu rechnen«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2020«, S. 22–29.

5 Einschließlich der Schulen in den Geschäftsbereichen des Sozialministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum.

6 Vergleiche Wolf , Rainer: »Beeinflusst »Corona« jetzt auch noch die Entwicklung der Schülerzahlen?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2020«, S. 15 ff.

7 Vergleiche Eckelt, Marcus/Schauer, Jennifer: Ausbildungsmarkt droht das zweite Jahr in Folge einzubrechen. Blog Aus- und Weiterbildung der Bertelsmann-Stiftung vom 29.06.2021, https://blog.aus-und-weiterbildung.eu/ausbildungsmarkt-droht-das-zweite-jahr-in-folge-einzubrechen/ (Abruf: 02.11.2021).

8 Vergleiche Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2021. Bonn 2021, S. 57 ff, https://www.bibb.de/dokumente/pdf/bibb-datenreport-2021.pdf (Abruf: 02.11.2021).

9 Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt August 2021. Nürnberg August 2021, S. 28 ff, https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/202108/arbeitsmarktberichte/monatsbericht-monatsbericht/monatsbericht-d-0-202108-pdf.pdf;jsessionid=1AFE4163E1496AF254DA4EE55D54B93D?__blob=publicationFile&v=1 (Abruf: 02.11.2021).

10 Das BEJ zählt formal zur Schulart Berufsfachschule.

11 Realschulabschluss, Fachschulreife oder gleichwertiger Bildungsabschluss.